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Das Zusammenbrechen des englischen Dardanellenkrieges.

In den ersten Tagen des Januar 1916 fanden an der Dardanellenfront noch heftige Kämpfe statt, dann aber sahen die Engländer ein, daß die deutsch-türkischen Kanonen nicht zu erobern waren, und flohen eiligst von der Gallipoli-Halbinsel.

An der Dardanellenfront bei Sedd-ul-Bahr wurden am 1. und 2. Januar Artillerie- und Bombenkämpfe fortgesetzt. Ein Kreuzer und ein Monitor nahmen eine Zeitlang an dem Feuergefecht teil. Die türkische Artillerie zwang sie durch ihr Gegenfeuer zum Rückzuge. Ein Monitor beschoß eine Stunde lang die türkischen Batterien an der Meerenge, ohne einen Erfolg zu erzielen. Ein Torpedoboot wurde auf der Höhe von Beschike von einem türkischen Geschoß getroffen und ergriff die Flucht. Ein türkisches Wasserflugzeug warf drei Bomben auf die Lager des Feindes bei Sedd-ul-Bahr. Die Batterien an der Meerenge beschossen erfolgreich den Landungsplatz und die feindlichen Speicher bei Sedd-ul-Bahr und zerstörten mehrere Speicher.

Aus dem Kriegspressequartier wurde über einen Kampf berichtet, der bei Sawie in Persien zwischen Gruppen von freiwilligen eingeborenen Kriegern und Russen stattgefunden hatte. Die Russen wurden geschlagen; sie verloren zwei Maschinengewehre und einen Kraftwagen und hatten 180 Verwundete. Eine andere Gruppe von Kriegern, die nördlich von Hamadan die Russen angegriffen hatte, nahm diesen zwei Kanonen ab.

Das Hauptquartier teilte am 4. Januar mit: »An der Irakfront wurden alle Versuche der bei Ali Gharbi aufgestellten feindlichen Abteilungen, den englischen Truppen bei Kut-el-Amara zu Hilfe zu kommen, zurückgewiesen. An der Kaukasusfront am linken Flügel aussetzendes Infanterie- und Artilleriefeuer. An der Dardanellenfront schleuderte in der Nacht vom 2. zum 3. Januar ein Torpedoboot einige Geschosse in der Richtung von Ari Burun und zog sich dann zurück. Bei Sedd-ul-Bahr beschoß unsere Artillerie bis zum Morgen die Stellungen des Feindes und seine Lager zwischen Sedd-ul-Bahr und Teke Burun. In dieser Nacht beschoß ein Kreuzer und am 3. Januar zwei Kreuzer wirkungslos eine Zeitlang unsere Stellungen. Unsere Artillerie traf zweimal einen dieser Kreuzer.«

Die englischen Behörden hatten eine Kundmachung erlassen, wonach jedem, der Angaben über die Anwesenheit deutscher Unterseeboote im Aegäischen Meer machen konnte, fünfzigtausend Franken angeboren wurden.

Am 5. Januar teilte das Hauptquartier mit: »An der Dardanellenfront fand am 4. Januar vormittags ein ziemlich lebhaftes Artillerieduell und Bombenwerfen statt. Der Feind richtete hauptsächlich gegen unser Zentrum und den rechten Flügel sein Feuer, an dem ein feindlicher Kreuzer und ein Panzerschiff teilnahmen. Am Nachmittag beschossen ein Panzerschiff und ein Monitor heftig dieselben Stellungen, verursachten dabei aber nur in einem sehr kleinen Teil unserer Gräben unbedeutenden Schaden. Unsere Artillerie erwiderte energisch und beschoß sehr wirksam die Landungsstellen bei Sedd-ul-Bahr und Teke Burun sowie eine Truppenansammlung. Unser Feuer erreichte einen feindlichen Kreuzer, der daraufhin sein Feuer einstellte. Am 3. Januar beschossen unsere anatolischen Batterien heftig die Landungsstellen bei Sedd-ul-Bahr und Teke Burun. Die Erwiderung des Feindes blieb unwirksam, obwohl er eine erhebliche Menge Munition verschwendete. Am 4. Januar beschossen dieselben Batterien feindliche Truppen, die bei Sedd-ul-Bahr, in der Umgegend von Sedd-ul-Bahr und bei Teke Burun arbeiteten, und erzielten gegen sie erhebliche Wirkung. Eins unserer Wasserflugzeuge unternahm einen gelungenen Erkundungsflug in der Richtung auf Imbros und über Sedd-ul-Bahr und schleuderte dabei drei Bomben auf die Landungsstelle nördlich von Sedd-ul-Bahr und auf dort liegende Schiffe. Unsere Beute bei Ari Burun erhöhte sich um zweitausend Kisten Handgranaten, eine Feldküche mit vollständigem Material und eine Menge Kisten mit Artillerie-Munition.«

Streitkräfte des Emirs von Afghanistan hatten unlängst die Grenze überschritten und waren in Nordindien eingefallen. Wie der in Bagdad erscheinende »Sedal Ikdam« mitteilte, hatten zwischen indischen Truppen und etwa 10 000 Afghanen ein erbitterter Kampf stattgefunden, in dem die Engländer eine empfindliche Niederlage erlitten. Die Gärung unter der mohammedanischen Bevölkerung Nordindiens hatte durch die Erfolge der Afghanen neue Nahrung erhalten. Die englischen Behörden bemühten sich, durch drakonische Maßnahmen die revolutionäre Bewegung einzudämmen.

Die Russen hatten in einer Stärke von mehr als 2000 Mann die Ortschaft Scheno in Persisch-Aserbeidschan angegriffen, die von türkischen Truppen und Freiwilligen besetzt worden war. Sie wurden jedoch zurückgeworfen und bis in die Umgegend von Urmia verfolgt, wobei sie schwere Verluste erlitten.

Die türkischen Blätter veröffentlichten mit starken Verspätungen eintreffende Berichte aus dem Jemen, denen zufolge türkische Truppen unter Befehl des Obersten Said-Bei nach erfolgreichen Kämpfen sich Aden näherten. Es sei den türkischen Truppen mit Hilfe der Araber gelungen, in mehreren Kämpfen die englischen Truppen trotz deren Unterstützung durch die Kriegsschiffe zurückzuwerfen. Angesichts des Anmarsches der Türken hätten die einheimischen Stämme, die es bisher mit den Engländern hielten, sich dem Heiligen Kriege angeschlossen. Den Ausschlag habe dabei die Haltung des Imam der Zeidis, Jachia Hamid ed Din, gegeben, den der Sultan zum Wesir ernannte und dem er hohe Auszeichnungen verlieh. Die Blätter sagten, das Erscheinen der siegreichen Türken vor den Toren von Aden würde für Arabien ein geschichtliches Ereignis von hoher Wichtigkeit bedeuten.

Der Bericht des türkischen Hauptquartiers vom 7. Januar lautete: »An der Irakfront keine Veränderung. An der Kaukasusfront ein unbedeutendes Gefecht zwischen den Vorposten. Am Abschnitte von Milo überraschte unser Posten einen feindlichen und tötete sechs Mann. An der Dardanellenfront dauerte auf dem rechten Flügel und in der Mitte der Artilleriekampf, der zeitweise heftig wurde, an. Ein Kreuzer und ein Monitor des Feindes beschossen eine Zeitlang die Umgebung von Altschi Tepe und zogen sich dann zurück. Unsere Artillerie brachte eine Haubitzen- und eine Feldbatterie zum Schweigen und beschoß mit Erfolg die feindlichen Lager bei Sedd-ul-Bahr. Unsere Batterien an der anatolischen Küste beschossen zeitweilig die Landungsstellen bei Sedd-ul-Bahr und Teke Burun. Leutnant Ryck Boddike griff ein französisches Flugzeug, das die Meerenge überflog an, beschädigte es und brachte es auf die anatolische Küste dicht bei Akbasch nieder. Das feindliche Flugzeug wird leicht wiederhergestellt werden können. Der französische Flieger wurde tot aufgefunden. Im Abschnitt von Anaforta fanden wir zweitausend Kisten mit Infanterie-Munition, 130 Fuhrwerke und ein eingegrabenes Maschinengewehr.«

Auf Mudros (Insel Lemnos) befand sich seit geraumer Zeit der stärkste Stützpunkt für die englisch-französische Flotte. Die zunehmende Tätigkeit der deutschen und österreichisch-ungarischen U-Boote hatte bei dem Flottenkommando jetzt die Besorgnis wachgerufen, daß es den verwegenen Führern dieser Boote gelingen könnte, Eingang in den Hafen von Mudros zu finden. Um einer solchen Möglichkeit vorzubeugen, wurden mehrere Schiffe in der Hafeneinfahrt versenkt.

Eine sehr enge Stelle im Suezkanal, mit hohen Uferböschungen, welche die Engländer stark befestigt haben.

An der Dardanellenfront war in der Nacht vom 6. zum 7. Januar ziemlich lebhafter Bombenkampf auf dem rechten und linken türkischen Flügel. Am 7. Januar beschoß die türkische Artillerie vier Stunden lang mit Unterbrechungen, aber heftig die ihrem rechten Flügel gegenüberliegenden feindlichen Schützengräben und verursachte dort schwere Schäden. Im Zentrum zerstörten türkisches Artilleriefeuer und türkische Bomben einige Schützengräben und Minenwerferstellungen des Feindes. Auf dem linken Flügel schwacher Feueraustausch. Die feindliche Landartillerie, zwei Kreuzer, ein Monitor und vier Torpedoboote erwiderten das Feuer durch erfolgloses Bombardement auf die türkische Artillerie und hinter die Schützengräben. Um 2 Uhr nachmittags rief das Feuer der Türken in dem feindlichen Lager bei Teke Burun eine Feuersbrunst hervor. In der Nacht vom 6. zum 7. Januar beschossen die Batterien an der Meerenge wirksam feindliche Lager bei Sedd-ul-Bahr und am 7. Januar feindliche Batterien in der Gegend von Teke Burun. Die feindlichen Batterien bei Sedd-ul-Bahr, ein Panzer und ein Monitor, die bei Teke Burun lagen, erwiderten das Feuer ohne Erfolg. Am 8. Januar beschossen die türkischen anatolischen Batterien wirksam die Häfen von Sedd-ul-Bahr und Teke Burun, eine Gruppe feindlicher Truppen und die Täler bei Kerevizdere und Mortoliman.

Eine schöne Siegesnachricht kam aus Konstantinopel am 9. Januar: »In der Nacht haben die Engländer infolge eines heftigen Kampfes und unter großen Verlusten Sedd-ul-Bahr vollständig geräumt; nicht ein einziger ist zurückgeblieben.«

Weiter meldeten die Türken: »An der Dardanellenfront haben wir mit Gottes Hilfe den Feind nunmehr auch von Sedd-ul-Bahr vertrieben. Wir haben noch keinen ins einzelne gehenden Bericht über die Schlacht erhalten, die seit drei Tagen vorbereitet wurde und gestern nachmittag durch unseren Angriff begonnen wurde. Wir wissen nur, daß alle vor dem Kriege bei Sedd-ul-Bahr und Teke Burun angelegten Schützengräben von uns besetzt wurden und daß unsere im Zentrum vorrückenden Truppen neun Geschütze genommen haben. Große Zeltlager der Feinde fielen mit den Zelten und deren Inhalt in unsere Hände. Unsere Artillerie versenkte ein mit Truppen beladenes feindliches Transportschiff. Die außerordentlich große Beute konnte noch nicht gezählt werden. Die feindlichen Verluste dürften sehr groß sein. Einer unserer Flieger griff einen feindlichen Doppeldecker vom System Farman an und brachte ihn zum Absturz; das Flugzeug fiel in Flammen gehüllt bei Sedd-ul-Bahr nieder. Der Feind, der an dieser Front seit fast einem Jahre alle Mittel anwandte, um uns ins Herz zu treffen, hat als ganzes Ergebnis große Verluste und Einbuße an Material erlitten und wurde zur Flucht gezwungen; er hat alle Hoffnung aufgeben müssen, dank der Tapferkeit unserer Armee, die im Vertrauen auf ihr Recht eine Tapferkeit und eine Ausdauer zeigte, die es wert ist, in der Geschichte verzeichnet zu werden. Wir preisen die, die in Erfüllung ihrer Pflicht den Tod gefunden haben und danken unseren siegreichen Truppen.«

An der Irakfront griff der auf eine Division geschätzte Feind, der sich in Imam Ali Gharbi befand, in der Absicht, Kut-el-Amara zu Hilfe zu kommen, am 6. und 7. Januar unter dem Schutze von vier Kriegsschiffen die türkischen Stellungen bei Scheik Said, einen Tagemarsch zwischen diesen beiden Orten, sehr heftig an. Der Angriff wurde durch einen Gegenangriff der türkischen Truppen, die einige Gefangene machten, vollständig abgeschlagen. Die feindlichen Verluste werden auf 3000 Mann geschätzt. Besonders ein feindliches Kavallerie-Regiment erlitt sehr schwere Verluste.

In einem Bericht meldete der englische General Hamilton, wie und warum die Gallipoli-Expedition mißlang. Zuerst gab es Verspätung, dann Uebereilung und Unterschätzung des Feindes, wodurch ganze Abteilungen in tollkühnen Angriffen niedergemetzelt wurden. Als Illustration der besonderen britischen Tüchtigkeit wird ausführlich gemeldet, wie die Truppen des Generals Birdwoods sich nach ihrer Landung so versteckten, daß die eigene Armeeleitung sie drei Tage lang nicht finden konnte. Aber auch General Stopford, der die Suvlabai-Landung kommandierte, war im dringendsten Augenblick nicht zu finden, wodurch zwei Brigaden ohne Führung dastanden, während Stopford und die Marinebehörden darüber stritten, wo der Rest der Truppen gelandet werden sollte, wobei die Marine ihren Willen durchsetzte und die neuen Truppen deshalb zu spät kamen! In dem folgenden Kampf waren die Engländer äußerst erschöpft, weshalb Stopford den weiteren Angriff einstellte, ohne zu bedenken, daß die Türken mindestens so erschöpft waren und ein Durchstoß vielleicht hätte erfolgreich sein können, was um so bedauerlicher war, als man von einzelnen Hügeln schon die asiatische Küste quer über dem Hellespont erblicken konnte.

Fast zur selben Stunde, da General Hamiltons Bericht über seine Mühen und Enttäuschungen auf Gallipoli der englischen Oeffentlichkeit unterbreitet wurde, hatten die Briten das letzte Stück Dardanellen-Halbinsel preisgegeben. Fast schien es, als wolle man den eigenen Landsleuten wie den Bundesgenossen mit einer Schilderung der trostlosen Vergangenheit leichter über die Trostlosigkeiten der Gegenwart hinweghelfen. Die Gefühle der Briten gegenüber dem Dardanellen-Unternehmen waren ja schon längst auf den Ton gestimmt: Schlimmer kann es nicht mehr kommen! Und doch mußten wir allen Verschleierungs-Versuchen der Feindespresse zum Trotz an der Auffassung festhalten, daß die Aufgabe von Gallipoli eine der schwersten Niederlagen darstellt, welche die Briten seit langem erlitten hatten. Gewiß, auch der Abzug von Sedd-ul-Bahr gelang dem Feinde, der über die See verfügte; die osmanischen Landtruppen konnten diesen Rückzug, wie auch vor drei Wochen bei Ari Burun und Anaforta, nur erschweren, nicht verhindern. Und das haben sie offenbar auch recht gründlich besorgt. Nur unter starken Verlusten konnte der Feind abbauen. Aber war es auch der Form nach ein »freiwilliger« Rückzug, er versinnbildlichte den Zusammenbruch eines Unternehmens, von dem sich die Feinde die größte, wenn nicht entscheidende Wirkung auf den Fortgang der Operationen versprachen. Die Einfahrt in die Meerengen sollte erzwungen, die Türkenmacht vernichtet werden. Und dann sollten von Osten, Südosten und Westen her die Mittelmächte erdrückt werden. Das war den Truppen als ungeschriebene Losung mit auf den Weg gegeben, die sich Ende April 1915 bei Sedd-ul-Bahr und bei dem nördlich gelegenen Ari Burun festsetzten, festsetzten im wahrsten Sinne des Wortes. Die umsichtige, überaus bewegliche Verteidigung unter Oberleitung des deutschen Paschas Liman von Sanders, gestützt auf die unerschütterliche, zähe Standhaftigkeit der osmanischen Truppen, hatte die Feinde an ihrer Landungsstelle festgebannt. Niemals vermochten sie sich beherrschender Höhen dauernd zu versichern, auch dann nicht, als am 6./7. August an einer dritten Stelle, bei Anaforta, die Landung erzwungen wurde. Mit dem Abzug von dort und von Ari Burun am 18. und 19. Dezember 1915 gestand der Feind ein, daß der positive Zweck des Unternehmens, die Oeffnung der Meerengen und die Einnahme von Konstantinopel, vollkommen unmöglich war. Aber konnte man nicht hinein, so sollten doch die Türken nicht heraus. Daß die Lage der Truppen bei Sedd-ul-Bahr recht kritisch wurde, als die Briten Art Burun und Anaforta geräumt hatten, das werden sich die Herren in London schließlich auch gesagt haben. Die Osmanen konnten jetzt ihre Stellungen an der Südspitze der Halbinsel anfallen, ohne daß sie sich einer Flankierung von Norden her (Ari Burun) ausgesetzt sahen. Die Franzosen zogen ja denn auch ihre Truppen vollkommen aus der Dardanellenfront heraus, aber die Briten konnten sich anscheinend doch recht schwer von der Vorstellung trennen, daß an den Dardanellen alles zu Ende sei. So blieben sie vorerst auf der Südspitze von Gallipoli, und die Vierverbandspresse bemerkte das nicht ohne Genugtuung. Man versicherte, die Engländer beherrschten noch immer den Zugang zur Dardanellenstraße. Sie gaben sich den Anschein, als bedrohten sie die Verteidiger, und waren doch in Wirklichkeit deren schwerstem Feuer ausgesetzt. Schon seit Tagen meldete der türkische Heeresbericht heftige, erfolgreiche Beschießung der feindlichen Stellungen. Daß die Tage der Briten gezählt seien, das blieb der türkischen Heeresleitung offenbar nicht unbekannt. Als die Engländer sich drei Wochen früher bei Nacht und Nebel und unter dem heftigen Nachdrängen der Türken von der Suvla-Bai zurückzogen, da blieb den Verbündeten in all den Widerwärtigkeiten dieses Zuges auf Konstantinopel noch ein Trost: Die Südspitze der Halbinsel Gallipoli, die feste Stellung von Sedd-ul-Bahr, blieb in ihren Händen. Sie konnte, so versicherte man aus jenem Lager, den Ausgangspunkt für neue Operationen gegen die türkische Hauptstadt werden, konnte zum mindesten die Einfahrt in die Meerengen verriegeln. Wir wissen nicht, ob die feindlichen Heeresleitungen sich auch noch solcher Hoffnungen Hingaben. Wohl möglich, daß sie dachten, die türkische Energie zu lähmen, wenn sie wenigstens an einem Punkte der Halbinsel blieben.

Oesterreichischer Beobachtungsstand im Karstgebirge.

Aber in erster Linie bestimmten doch wohl Gründe des Prestiges die Feinde zum Ausharren. Man wollte der Welt nicht eingestehen, daß man gänzlich fertig sei. Wie jedoch in der Kriegführung fast immer eine Halbheit mehr Schaden bringt, als ein rasches Eingeständnis einer gänzlichen Niederlage, so enthüllte diese staffelweise Räumung erst recht die Ohnmacht der Feinde. Eine völlige Aufgabe des Dardanellen-Unternehmens im Dezember 1915 hätte immerhin so gedeutet werden können, als wollten die Verbündeten nunmehr ihre Operationsbasis verlegen: etwa nach Saloniki. Indem sie sich aber auf der alten Operationsbasis auf Gallipoli zu halten versuchten, enthüllten sie schonungslos deren Schwäche. Freilich versicherten sie jetzt, daß die Räumung mit »gutem Erfolge« ausgeführt sei, und in des britischen Befehlshabers Monroe Meldung erscheint sogar der eine Tote russischen Angedenkens. Man wollte damit der Welt vorlügen, als sei alles gut gegangen. Daß die Osmanen die Feinde, welche über die See verfügten, nicht an der Abfahrt hindern konnten, daß brauchten sich die Heeresleitungen der Verbündeten wahrlich nicht zum Verdienst anzurechnen. Und die osmanische Heeresleitung war durch den Abzug keineswegs überrascht worden. Nach Meldungen aus Konstantinopel hatte man dort bereits seit einigen Tagen Kunde davon, daß der Feind bei Sedd-ul-Bahr aufräumte. Die Führung der Dardanellen-Armee, Marschall Liman von Sanders Pascha, hatte alles getan, um diese Räumungsarbeiten möglichst zu erschweren, hatte die feindlichen Stellungen wie auch die Landungsplätze für die Transportdampfer kräftig unter Feuer genommen. Am 8. Januar nachmittags schritten die Osmanen sodann zum Angriff, der den Feind zu einem beschleunigten Abzug nötigte und der ihm schwere Verluste zufügte. Am 9. Januar war die ganze Halbinsel vom Feinde gesäubert. Eine Kette von blutigen Mißerfolgen zog sich durch die acht Monate hin, seitdem Franzosen und Briten Ende April 1915 zuerst dort festen Fuß gefaßt hatten.

Die Russen verbrennen auf ihrem Rückzug eine Brücke in Galizien. Zeichnung von Hugo Braune.

Eine österreichische Fliegerabwehrkanone in einer eigenartig gebauten Stellung, um sie sofort gegen alle Seiten drehen und verwenden zu können.


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