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See- und Luftgefechte im 20. Kriegsmonat.

Gleich am 1. März konnte diesmal ein schöner Erfolg gemeldet werden: »Von unseren U-Booten wurden zwei französische Hilfskreuzer mit je vier Geschützen vor Le Havre und ein bewaffneter englischer Bewachungsdampfer in der Themse-Mündung versenkt. Im Mittelmeer wurde laut amtlicher Meldung aus Paris der französische Hilfskreuzer »La Provence«, der mit einem Truppentransport von 1800 Mann nach Saloniki unterwegs war, versenkt. Nur 696 Mann sollen gerettet sein. Das am 8. Februar an der syrischen Küste versenkte französische Kriegsschiff war, wie die Meldung des zurückgekehrten U-Bootes ergibt, nicht das Linienschiff »Suffren«, sondern der Panzerkreuzer »Admiral Charner«. Der Chef des Admiralstabes der Marine.«

Der U-Bootkrieg ging also sehr flott weiter. Handelsschiffe wurden täglich versenkt und zwar in der Nordsee, im Kanal, in der Irischen See, im Atlantischen Ozean und im Mittelmeer.

Die Engländer meldeten am 2. März: »Ein deutsches Marineflugzeug überflog heute abend einen Teil der Südostküste und warf mehrere Bomben ab. Militärischer Schaden wurde nicht angerichtet. Ein Kind im Alter von neun Monaten soll getötet worden sein.«

Aus Paris wurde am 2. März gemeldet: »Am Vormittag des 26. Februar bemerkte ein französischer Minensucher ein feindliches Unterseeboot, auf das er ohne Erfolg schoß. Als es gegen 2 Uhr nachmittags wieder auftauchte, nahm es der Minensucher unter Feuer, wurde jedoch gleich darauf von einem Torpedo getroffen und versenkt. Die Besatzung, von der zwei Matrosen verwundet sind, wurde gerettet.«

Wie aus Pariser Blättern ersichtlich war, hatte das französische Ministerium den Untergang der »Provence« 24 Stunden lang verheimlicht, um die über die Schlacht bei Verdun herrschende Beklemmung der Pariser nicht zu vermehren. Bereits am Montag vormittag hierüber vorliegende Nachrichten wurden erst Dienstag mittag herausgegeben. Die letzten über den Untergang der »Provence« eingegangenen Nachrichten gaben an, daß sie mit der Besatzung zusammen 1800 Mann an Bord hatte und daß 870 Mann gerettet worden seien. Es sollen 930 Mann untergegangen sein.

Von einem schönen Erfolg berichtete folgendes Telegramm: »Berlin, 6. März. Ein Teil unserer Marineluftschiffe hat in der Nacht vom 5. zum 6. März den Marine-Stützpunkt Hull am Humber und die dortigen Dockanlagen ausgiebig mit Bomben beworfen. Gute Wirkung wurde beobachtet. Die Luftschiffe wurden heftig, aber ohne Erfolg beschossen. Sie sind sämtlich zurückgekehrt. Der Chef des Admiralstabes der Marine.«

Ein Unterseeboot fischt eine unschädlich gemachte Mine aus dem Wasser. (Nach einer englischen Darstellung.)

In der Jahressitzung der Schiffskammer machte der Reeder Runciman, der Vater des englischen Handelsministers, eine Mitteilung, die die »Times« als eine »nervöse Entgleisung« betrachtete. Runciman sagte: »Wenn die Regierung noch ein halbes Dutzend Schiffe requiriert, so gehen die Raten von 60 auf 90 Schilling hinauf. Wir stehen vielleicht, ohne daß wir es merken, vor einer großen finanziellen Katastrophe, und ich wünschte wohl, wir könnten es dem Publikum klarmachen, wie groß die Gefahr ist, weil wir nicht imstande sind, rasch die genügende Anzahl Schiffe herzustellen.«

Wie der Pariser »Eclair« auf Grund zugegangener Nachrichten zugab, mußten sich im Mittelmeer wenigstens dreißig deutsche und österreichisch-ungarische Unterseeboote befinden, wodurch die Gefahr einer Sperrung der Zufuhr sehr gesteigert wurde. Veranlaßt durch den deutschen Unterseebootkrieg waren am 29. Februar und am 1. März nur 86 Dampfer aus den englischen Häfen ausgelaufen gegenüber 198 des Vormonats.

Ans Wien wurde am 7. März berichtet: »Der Luftangriff unserer Marineflieger auf Ancona hat große Wirkungen gehabt. Er hat die militärischen Anlagen in Mitleidenschaft gezogen und auch sonst in der Stadt großen Schaden angerichtet. Der Angriff erfolgte nachmittags. Das Geschwader wurde vorher gesichtet und sein Herannahen auf Ancona durch Alarmschüsse angezeigt. Als unsere Flieger über Ancona erschienen, begannen die Abwehrgeschütze unaufhörlich gegen die Aviatiker zu feuern, die unerschrocken die Bomben auf die militärischen Anlagen und Gebäude abwarfen und nach tüchtig vollbrachter Arbeit trotz heftiger Beschießung unversehrt ihren Ausgangspunkt erreichten.«

Der deutsche Marinestab berichtete von einem Luftangriff auf die russische Schwarzmeerflotte: »Am 8. März vormittags wurde bei Kaliakra nordwestlich Warna im Schwarzen Meer ein russischer Schiffsverband, bestehend aus einem Linienschiff, fünf Torpedobootzerstörern und mehreren Frachtdampfern, von deutschen Seeflugzeugen angegriffen und mit Bomben belegt. Es wurden Treffer auf Zerstörern beobachtet. Trotz heftiger Beschießung durch die Russen kehrten sämtliche Flugzeuge unversehrt heim.«

Nach einer Meldung der »Bulgarischen Telegraphen-Agentur« wurde amtlich bekannt: »Das russische Torpedoboot »Leitenant Putschtschin« stieß am 9. März auf eine Mine und sank. Vier Offiziere und elf Mann der Besatzung wurden von bulgarischen Soldaten geborgen.«

Einen abermaligen schlagenden Beweis dafür, wie die jetzt von der Londoner Regierung abgeleugneten Anordnungen der britischen Admiralität von englischen Fracht- und Passagierdampfern ausgelegt wurden, bildete das Verhalten der »Kashgar« von der »Peninsular and Oriental Line«, eines Schwesterschiffes der untergegangenen »Persia«. Eine indische Zeitung berichtete darüber aus Kalkutta: »Passagiere des hier am 3. Dezember angekommenen P. u. O.-Dampfers »Kashgar« wissen von einem Gefecht mit einem Unterseeboot im Mittelmeer zu erzählen. Der Dampfer hatte 150 Passagiere an Bord, darunter viele Frauen. Bei sehr klarer Luft sichtete der Ausguckmann 1000 Fuß auf Steuerbord entfernt das Periskop eines Unterseebootes. Sofort – es war 1 Uhr nachmittags – eröffneten die Geschütze des »Kashgar« das Feuer. Das Unterseeboot verschwand eine Zeit aus Sicht und einige bange Minuten folgten, doch war von eigentlicher Panik an Bord der »Kashgar« nichts zu merken. Ein Schrei aller an Deck befindlichen Passagiere wurde gehört, als das Periskop diesmal 1200 Fuß auf Backbord entfernt, dann plötzlich wieder auftauchte. Nun feuerte die »Kashgar« einen zweiten scharfen Schuß, der nach Aussage einiger Zeugen das Unterseeboot traf. Jedenfalls verschwand letzteres nun sofort und wurde nicht mehr gesehen, obgleich scharfer Ausguck gehalten wurde.«

Die deutsche Kronprinzessin Cecilie beglückwünscht einen Marineflieger zu seinen Erfolgen.

Das französische Blatt »Eclair« setzte 10 000 Franken für diejenige Mannschaft aus, die im Umkreise von zehn Seemeilen von der französischen Küste ein Tauchboot versenkte oder kaperte!

Am 14. März wurde amtlich mitgeteilt: »In weiteren Kreisen der Bevölkerung wird immer wieder das Gerücht verbreitet, daß der verschärfte U-Boot-Krieg, wie er in der Denkschrift der Reichsregierung an die neutralen Mächte angekündigt worden ist, nicht durchgeführt oder aufgeschoben werden würde. Diese Ausstreuungen sind vollständig unwahr. Niemals und bei keiner verantwortlichen Stelle ist eine Verzögerung oder ein Unterlassen dieses U-Boot-Krieges in Betracht gekommen. Er ist in vollem Gange.«

Man meldete gleichzeitig aus Bukarest: »Die Schiffahrt im Schwarzen Meer ist durch die Tätigkeit der deutschen Unterseeboote nahezu gänzlich lahmgelegt. Es heißt, daß die deutschen Unterseeboote zwischen Odessa und den Donau-Mündungen mehrere russische Frachtdampfer versenkt haben, wodurch eine bedeutende Stockung im Nachschub von Munition und Verpflegung für die russischen Truppen an der bessarabischen Grenze eingetreten sei.«

Am 18. März, vormittags, wurde unweit Sebenico das österreichische Spitalschiff »Elektra« von einem feindlichen Unterseeboot bei guter Sicht und hellem Sonnenschein ohne jede Warnung zweimal anlanziert, einmal getroffen und schwer beschädigt. Ein Matrose ist ertrunken, zwei Krankenschwestern des Roten Kreuzes wurden verwundet. Eine krassere Verletzung des Völkerrechts kann man sich zur See kaum denken. – Am gleichen Vormittag hat eines unserer Unterseeboote vor Durazzo einen französischen Torpedobootzerstörer Typ »Fourche« torpediert. Der Zerstörer sank binnen einer Minute. K. u. k. Flottenkommando.

Der deutsche Admiralstab gab bekannt: »Zu der amtlichen Bekanntmachung des holländischen Marine-Departements über den Untergang des Dampfers »Tubantia«, daß nach eidlichen Aussagen des ersten Offiziers, vierten Offiziers und Ausguckpostens des Dampfers eine Torpedolaufbahn deutlich gesehen worden sei, wird hiermit festgestellt, daß ein deutsches Unterseeboot nicht in Frage kommt. Da die Stelle, wo der Unfall der »Tubantia« stattgefunden hat, weniger als dreißig Seemeilen von der niederländischen Küste entfernt ist, und somit innerhalb des in der Bekanntmachung vom 4. Februar 1915 als für die Schiffahrt nicht gefährdet angegebenen Gebietes liegt, kann weiterhin erklärt werden, daß dort keine deutsche Minen gelegt sind.«

Bombensichere und terrassenförmig angelegte Unterstände in den Dünen an der flandrischen Küste.

Eine französische amtliche Meldung besagte: »Der Torpedobootzerstörer »Renaudin« ist im Adriatischen Meer am 18. März morgens von einem feindlichen Unterseeboot versenkt worden. Drei Offiziere, darunter der Kommandant und der zweite Offizier, sowie 44 Mann werden vermißt. Zwei Offiziere und 34 Mann wurden von dem französischen Torpedoboot aufgenommen, das den »Renaudin« begleitete.« – Der Torpedobootzerstörer »Renaudin« war wohl identisch mit dem in dem letzten amtlichen Bericht des österreichisch-ungarischen Flottenkommandos erwähnten Torpedobootzerstörer vom Typ »Fourche«, die sich beide gleichen.

Vor der flandrischen Küste fand am 20. März früh ein für uns erfolgreiches Gefecht zwischen drei deutschen Torpedobooten und einer Division von fünf englischen Zerstörern statt. Der Gegner brach das Gefecht ab, nachdem er mehrere Volltreffer erhalten hatte und dampfte mit hoher Fahrt aus Sicht. Auf unserer Seite nur ganz belanglose Beschädigungen.

Ein Geschwader unserer Marineflugzeuge belegte am 19. März nachmittags Anlagen in Dover, Deal und Ramsgate trotz starker Beschießung durch Landbatterien, und feindliche Flieger ausgiebig mit Bomben. Es wurden zahlreiche Treffer mit sehr guter Wirkung beobachtet. Alle Flugzeuge sind wohlbehalten zurückgekehrt.

Der englische »Reuter« meldete: »In Schiffahrts- und anderen Kreisen herrscht große Erregung über eine aus dem Auslande eingetroffene Meldung, daß der Generaldirektor Ballin einigen Direktoren der Holland–Amerika-Linie bei einem Besuche in Hamburg mitgeteilt habe, die deutsche Regierung beabsichtige, mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln jeden Handel und Verkehr durch Dampfer zwischen England und anderen europäischen Ländern, gleichgültig ob neutral oder nicht, zu unterbinden. Man habe keine Ursache, die Richtigkeit der Meldung anzuzweifeln. Diese deutsche Drohung wurde schon durch die Versenkung zahlreicher neutraler Dampfer in letzter Zeit beleuchtet.« – Daß es sich hier wieder einmal um eine ganz gemeine Lüge von »Reuter« handelte, bewies nachstehendes Telegramm Ballins an den Direktor der Holland–Amerika-Linie in Rotterdam: »Hierher wird gemeldet, daß Sie gesagt haben sollen, ich hätte Ihnen mitgeteilt, daß Deutschland auf die Vernichtung nicht nur der feindlichen, sondern auch neutraler Tonnage ausgeht. Das kann doch sicherlich nur ein von anderer Seite erfundenes böswilliges Gerücht sein; denn daß hier die freundlichsten Gefühle für Holland bestehen, brauche ich Ihnen nicht zu sagen. Herzliche Grüße. Ballin.«

Zwei schöne Erfolge zur See berichteten folgende Depeschen:

»Der Postdampfer »Sussex« (5686 Tonnen), der den regelmäßigen Dienst zwischen Dieppe und Folkestone versah, ist im Kanal torpediert worden. Der Dampfer hatte 530 Fahrgäste, meist Franzosen, an Bord. Die Besatzung zählte 50 Mann. Es scheint noch nicht gesunken zu sein. Andere Schiffe leisten ihm Beistand.« – Es handelte sich um das alte, aber schnelle Passagier-Kanalboot »Sussex« der London–Brighton and South East Eisenbahn-Gesellschaft, das im Frieden den Dienst zwischen Dieppe und Newhawen versah, und im Kriege eines der wenigen Boote war, die noch einen notdürftigen Passagierverkehr zwischen Frankreich und England (auf der »Kriegsroute« Dieppe–Folkestone) aufrecht hielten.

Der Postdampfer der Mississippi and Dominion Steamship Co. »Englishman« war untergegangen. Nach der letzten Meldung waren 68 Ueberlebende geborgen worden. – Der Postdampfer »Englishman« war 5257 Tonnen groß, 1891 erbaut und in Liverpool beheimatet.

Wie aus Washington gemeldet wurde, hatten die Alliierten die Anregung des amerikanischen Staatssekretärs Lansing, die Handelsschiffe zu entwaffnen, im wesentlichen abgelehnt. Dem Vernehmen nach bereitete Lansing ein Rundschreiben vor, in dem die Haltung der Vereinigten Staaten in dieser Frage auseinandergesetzt werden sollte. Ueber »Verhandlungen« kamen die »neutralen« Amerikaner unter ihrem »überneutralen« Präsidenten Wilson nie hinaus!

Ueber den ruhmvollen Untergang eines deutschen Hilfskreuzers nach siegreichem Gefecht erfuhren wir aus amtlicher Quelle Folgendes: »Berlin, 24. März. Nachrichten zufolge, die von verschiedenen Stellen hierher gelangt und neuerdings bestätigt sind, hat am 29. Februar in der nördlichen Nordsee zwischen dem deutschen Hilfskreuzer »Greif« und drei englischen Kreuzern sowie einem Zerstörer ein Gefecht stattgefunden. S. M. S. »Greif« hat im Laufe dieses Gefechts einen großen englischen Kreuzer von etwa 15 000 Tonnen durch Torpedoschuß zum Sinken gebracht und sich zum Schluß selbst in die Luft gesprengt. Von der Besatzung des Schiffes sind etwa 150 Mann in englische Kriegsgefangenschaft geraten, deren Namen noch nicht bekannt sind. Sie werden von den Engländern, die über den ganzen Vorfall das strengste Stillschweigen beobachten, von jedem Verkehr mit der Außenwelt abgeschlossen. Maßnahmen hiergegen sind eingeleitet. Der Chef des Admiralstabes der Marine.«

Welchen Zweck der »Greif« mit seiner Fahrt in der Nordsee verfolgte, war unbekannt. Vielleicht sollte das Schiff eine ähnliche Unternehmung ausführen, wie seinerzeit die am 4. März glücklich in den heimatlichen Hafen nach erfolgreicher Tätigkeit in der Handelsschiffszerstörung zurückgekehrte »Möwe«. Wenn also unter Umständen die kühne Fahrt des »Greif« auch bald ihr Ende erreichte, so blieb der Erfolg immerhin ein großer. Das Indieluftsprengen des Schiffes, um nicht in die Hände des Feindes zu fallen, legt Zeugnis ab von dem Heldengeist, der in unserer Flotte wohnt. Erfreulicherweise schien der größte Teil der Besatzung gerettet zu sein. Ein Hilfskreuzer wird wenig mehr Köpfe Besatzung gehabt haben, als die angegebene Zahl, die in Gefangenschaft geriet.

Ueber den letzten Angriff unserer Marineluftschiffe in der Nacht zum 6. März, über den sich die englische Presse fast völlig ausgeschwiegen hatte, wurde folgendes mitgeteilt: Der Angriff galt vornehmlich den militärischen und Hafenanlagen am Humber. Die Luftverhältnisse waren so, daß die Luftschiffe ihre Aufgabe mit außerordentlichem Erfolge ausführen konnten und die Wirkungen auch gut zu beobachten in der Lage waren. Bei weitem am schwersten hat Hull, besonders seine Hafenanlagen, durch den Angriff gelitten. Am Humberkai wurde ein Magazin mit Munitionsvorräten und in den Alexandra-Docks ein Magazin mit Regierungsvorräten vollständig zerstört. Die Kaimauer hat so schweren Schaden erlitten, daß sie teilweise erneuert werden muß. Eine ganze Anzahl von Ladekränen wurde vernichtet. Auch in den New-Joint-Docks wurde schwerer Schaden angerichtet. Ein großer Dampfer am Humberkai und ein Benzintankdampfer wurden schwer beschädigt. Ein größeres Kriegsschiff wurde am Bug, ein anderes am Hinterschiff schwer getroffen. Von dem letzteren Fahrzeug wurden außerdem die beiden Schornsteine fortgerissen und der hintere Mast und das Hinterteil des Schiffes zum größten Teil zerstört. Auch in der Stadt Hull selbst war der Schaden groß. Ein großes Lagerhaus wurde getroffen und brannte nieder. Die Bahnanlagen sind stark beschädigt worden. Im alten Stadtteil sind zwei Häuserblocks völlig zertrümmert worden. Die Collier Street soll ein einziger Trümmerhaufen sein. Außerdem dürfte der Angriff noch mancherlei Schäden im Gefolge gehabt haben, die uns bisher nicht bekannt geworden sind.

Am 26. Mai wurde amtlich gemeldet: »Von zwei durch ein Kreuzergeschwader und einer Zerstörerflottille begleiteten Mutterschiffen sind gestern früh fünf englische Wasserflugzeuge zum Angriff auf unsere Luftschiffanlagen in Nordschleswig aufgestiegen. Nicht weniger als drei von ihnen, darunter ein Kampfflugzeug, wurden durch den frühzeitig benachrichtigten Abwehrdienst auf und östlich der Insel Sylt zum Niedergehen gezwungen. Die Insassen – vier englische Offiziere und ein Unteroffizier – sind gefangen genommen. Bomben wurden nur in der Gegend von Hoyer-Schleuse abgeworfen. Schaden ist nicht angerichtet.

Eine norwegische Zeitung brachte eine Meldung ihres Pariser Korrespondenten, derzufolge von fünf deutschen Unterseebooten, die an der Marokkoküste aus neutralen Dampfern ihren Vorrat an Brennstoff ergänzten, zwei durch ein englisches Geschwader vernichtet worden sind. Wir erfuhren dazu von zuständiger Stelle, daß die Nachricht völlig aus der Luft gegriffen war. Mit großer Regelmäßigkeit wiederholten sich in der feindlichen und teilweise auch in der neutralen Presse derartige Lügenmeldungen über angebliche Unterseebootsverluste der Mittelmächte, deren durchsichtiger Zweck war, die eigene Ohnmacht gegenüber den empfindlichen und sich immer noch steigernden Schiffsverlusten zu verschleiern.

Das Geschäftszimmer eines Infanterieregimentes in einem bombensicheren Keller im Westen.

Die Kriegsgewinne der englischen Reeder waren ungeheuer groß. In der französischen Kammersitzung bezeichnete ein Abgeordneter als die Ursache der ungeheuren Frachtenteuerung u. a. die Verluste von Schiffen durch die deutschen Tauchboote, welche durch die wenigen Neubauten bei weitem nicht ausgeglichen würden. Als Beispiel wurde angeführt, daß die Fracht von England nach Marseille vor dem Kriege 15 Schilling kostete und jetzt 115 bis 130. Das genüge, um das Land an den Ruin zu bringen. Die Reeder hätten 1915 500 Millionen Kriegsgewinne eingestrichen. Als Zeichen der wachsenden Kohlennot in Frankreich dürfte ein Ministerialerlaß dienen, der unter Erneuerung gleicher früherer Verordnungen eine Beschränkung der Beleuchtung städtischer Siedelungen in noch weitergehendem Maße forderte, um so größere Mengen von Kohlen für die Bedürfnisse der Landesverteidigung verfügbar zu machen.

Der Admiralstab meldete über den schon erwähnten Angriff auf die schleswigsche Küste: »Am 25. März morgens haben englische Seestreitkräfte einen Fliegerangriff auf den nördlichen Teil der nordfriesischen Küste herangetragen. Der Fliegerangriff mißlang völlig, wie der Heeresbericht vom 26. März bereits gemeldet hat. Zwei auf Vorposten befindliche armierte Fischdampfer sind den englischen Schiffen zum Opfer gefallen. Unsere Marineflugzeuge griffen die englischen Seestreitkräfte an und erzielten eine Anzahl Treffer; ein Torpedobootzerstörer wurde schwer beschädigt. Von unseren sofort ausgesandten Seestreitkräften stießen nur einzelne Torpedoboote in der Nacht vom 25. zum 26. auf den abziehenden Feind. Eins dieser Torpedoboote ist bisher nicht zurückgekehrt.«

Täglicher Abendapell der Zivilisten eines französischen Dorfes. Der Kommandant eines von uns besetzten französischen Ortes hält an jedem Abend zu einer bestimmten Stunde eine Nachzählung ab, um festzustellen, daß alle gemeldeten und eingeschriebenen Leute vorhanden sind und auch sonst alles in Ordnung ist.

Die Wirksamkeit des verschärften U-Bootkrieges jagte den Engländern und Franzosen heillose Angst ein. In Swansea lagen seit dem 22. März viele Schiffe, hauptsächlich aus Rußland und Frankreich, denen von den Behörden die Abfahrt verweigert wurde, wegen der vielen deutschen Unterseeboote, die in diesem Fahrwasser die Schiffe auflauerten. Ein Holländer meldete aus London, daß das abermalige Erscheinen vieler deutscher Unterseeboote in der Nähe des Nordhinder Feuerschiffes im Kanal die Schiffahrt der Verbündeten in wachsendem Maße beunruhigte. Man glaube jedoch, daß auch gegen den offenbar neuen Unterseeboottyp die Verteidigungs-Maßnahmen der britischen Admiralität genügen würden. Der Franzose Hervé beschäftigte sich in der »Victoire« mit dem beunruhigenden Wiederaufleben des deutschen Tauchbootkrieges, indem er aus dem Leserkreise folgende Einwendungen machen ließ: »Es gibt also kein Mittel, sie zu hindern? Da rühmen wir uns, die Herren des Meeres zu sein! Die Deutschen sind ebenso stark! Gewiß, ein Volk, das doppelt so zahlreich wie das französische ist, das die erste Industrie der Welt besitzt, mit dem Geist von Organisation, Initiative und Kühnheit ersten Ranges, ist offenbar eine Macht, mit der man rechnen muß. Sie hindern, ist leichter gesagt als getan. Man fand noch kein wirklich wirksames Mittel gegen sie. Die Bewaffnung der Handelsschiffe nützt nichts, weil die Unterseeboote fast unsichtbar sind. Die Seepolizei ebenso wenig, denn der große Aktionsradius der Boote macht die Polizei ohnmächtig. Die Wahrheit ist, daß die Deutschen mit einer genügenden Zahl Boote und Mannschaften England sehr wohl blockieren können. Darum müssen die Alliierten unablässig daran arbeiten, den Feind schnell zu vernichten und alle Mannschaften, die verfügbar sind in England, Italien und Rußland, ausheben, um Deutschland unter der Flut der Stürmenden schnellstens zu ersticken.«

Am letzten Tage des zwanzigsten Kriegsmonats einigten sich sämtliche Parteien des Deutschen Reichstages auf folgende Entschließung: »Nachdem sich das Unterseeboot als eine wirksame Waffe gegen die englische, auf die Aushungerung Deutschlands berechnete Kriegführung erwiesen hat, gibt der Reichstag seiner Ueberzeugung Ausdruck, daß es geboten ist, wie von allen unseren militärischen Machtmitteln, so auch von den Unterseebooten denjenigen Gebrauch zu machen, der die Erringung eines die Zukunft Deutschlands sichernden Friedens verbürgt, und bei Verhandlungen mit auswärtigen Staaten die für die Seegeltung Deutschlands erforderliche Freiheit im Gebrauch dieser Waffe unter Beachtung der berechtigten Interessen der neutralen Staaten zu wahren.«


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