Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Die feste Stellung in Rußland.

Ueber die Kämpfe in Wolhynien, die wir schon in einem früheren Kapitel erzählt haben, gab die österreichische Heeresleitung am 16. November noch folgenden Bericht: »Die Kämpfe bei Czartorysk haben gestern den vollen Erfolg herbeigeführt. Der geschlagene Feind wurde aus dem Styrbogen über den Fluß zurückgeworfen. Bei seinem eiligen Rückzuge hat der Gegner alle verlorenen Ortschaften angezündet. Hiermit haben die vierwöchigen zähen und ruhmvollen Kämpfe um Czartorysk ebenso zum Rückzuge der Russen in ihre ursprünglichen Stellungen geführt wie die seinerzeit von den russischen Truppen hoffnungsvoll angekündigten Durchbruchsversuche bei Siemikowce an der Strypa.«

Die Wiener Depesche vom 18. November besagte: »Beim Aufräumen des Schlachtfeldes von Czartorysk ist erst die volle Größe des jüngst errungenen Erfolges zutage getreten. Der Feind hatte schwere Verluste. Bisher wurden 2500 Russen begraben und 400 frische Gräber gezählt. Mehrere tausend Gewehre und große Mengen Munition sind die Beute, die noch steigen dürfte. Der Gegner besaß am westlichen Styr-Ufer vier hintereinander liegende starke Stellungen mit Drahthindernissen, Stützpunkten und Flankierungsanlagen; ausgedehnte Hüttenlager mit Blockhäusern und großen Stallungen beweisen, daß er sich schon für den Winter eingerichtet hatte.«

Partie aus Veles (Köprülü) in Mazedonien.

An der Bahnstrecke Rowno–Kowel brachen in diesen Tagen die Truppen der Armee Burssilow gegen die österreichisch-ungarische Stellungslinie zwischen den Flüssen Stubiel und Putilowka vor. Das Gefecht dehnte sich von der Bahnlinie bis in die Nähe des Städtchens Olika aus und endete mit der blutigen Abweisung der Angreifer. Den offiziellen russischen Angaben gegenüber sei festgestellt, daß unsere Beute für Oktober 42 600 Gefangene, 190 Offiziere und 92 Maschinengewehre betrug. Davon entfielen nach den amtlichen deutschen Angaben 18 600 Mann, 120 Offiziere und 61 Maschinengewehre auf den deutschen Heeresbereich im Osten, auf den k. u. k. Heeresbereich entfielen 24 000 Mann, 70 Offiziere und 31 Maschinengewehre, wovon 12 400 Mann, 61 Offiziere und 22 Maschinengewehre durch deutsche Truppen unter dem k. u. k. Oberkommando erbeutet wurden.

Oesterreichisch-ungarische und russische Flieger erschienen häufig über Bessarabien und der Bukowina, um Rekognoszierungen auszuführen. Täglich kam es infolgedessen zu Luftkämpfen. Als ein österreichisch-ungarisches Flugzeug über Novosilica erschien, um die russischen Stellungen auszuspähen, wurde es sofort von russischen Flugzeugen verfolgt. Die russischen Flieger warfen Bomben nach dem österreichischen Flugzeug. Trotzdem 25 Bomben geworfen wurden und mehrere davon in unmittelbarer Nähe der Flugmaschine explodierten, kehrten die beiden Flieger unversehrt zurück. Zwei russische Bomben fielen auf rumänisches Gebiet, ohne jedoch Schaden anzurichten. An der bessarabischen Grenze war dauernd lebhafter Artilleriekampf zu verzeichnen.

Am 24. November wurde amtlich mitgeteilt: »Südöstlich von Riga fielen bei einem Vorstoß auf Bersemünde, der die Russen vorübergehend aus dem Orte vertrieb, sechs Offiziere, 700 Mann gefangen in unsere Hand, zwei Maschinengewehre wurden erbeutet. Ein vorgeschobener Posten in Janopol (nördlich von Illuxt) mußte sich vor einem russischen Angriff zurückziehen; durch Gegenangriff wurde das Gehöft wieder genommen. Vorstöße russischer Abteilungen nordöstlich von Czartorysk und bei Dubiszcze (nördlich der Eisenbahn Kowel–Rowno) wurden abgewiesen; 50 Gefangene und drei Maschinengewehre wurden eingebracht.«

Am nächsten Tage hieß es: »Bersemünde ist fest in unserer Hand. Die Zahl der Gefangenen hat sich auf neun Offiziere, 750 Mann, die Beute auf drei Maschinengewehre erhöht.«

Ein Versuch der Russen, die Misse bei Pulpe zu überschreiten, wurde am 25. November vereitelt. Feindliche Angriffe bei Bersemünde und auf der Westfront von Dünaburg wurden abgeschlagen.

Inzwischen hörten wir mal wieder ein Lob der deutschen Fürsorge aus russischem Munde. Eine russische Zeitung hob nämlich in einem langen Artikel die bewunderungswürdige umfassende deutsche Vorbereitung für den neuen Winterfeldzug hervor, die alle russischen Hoffnungen auf die Hilfe des Frostes als neuen Verbündeten zuschande machen müßte. Die deutschen Soldaten seien mit Wollsachen und warmer Unterkleidung so gut versorgt, daß die Kälte ihnen keinen Schaden mehr zufügen könne. Vielfach seien sie auch mit Schlafsäcken versehen, so daß sie den ganzen Winter ohne Obdach zubringen könnten. Die Schützengräben seien mit Stroh und Matten ausgepolstert und mit transportierbaren Wärmeräumen ausgestattet. Ferner sei für schneeweiße Mäntel gesorgt, so daß sie vom Schnee nicht zu unterscheiden sind. Auch die Wälle vor den Schützengräben seien mit schneeweißen Tüchern bedeckt. Es verlaute, Kaiser Wilhelm und Hindenburg hätten befohlen, daß kein einziger deutscher Soldat unter der russischen Kälte leiden solle; der russische Winter sei damit sozusagen auf deutschen Befehl aufgehoben. Für die deutschen Soldaten sei somit bis ins kleinste, ja sogar bis zur Pedanterie gesorgt. Hätten die Russen in dieser Beziehung etwas von den Deutschen gelernt, wäre manche unangenehme Ueberraschung ausgeblieben. Das Blatt schloß mit einem Appell an alle russischen Patrioten, dem Heere weißes Leinenzeug in großen Mengen zur Verfügung zu stellen.

Amtlich verkündete das Kriegspressequartier: »Die amtlichen russischen Berichte der letzten Tage bauschen kleine Patrouillen-Plänkeleien zu großen Erfolgen auf und nennen gern Verlustziffern, die den Stand der kämpfenden Truppen-Abteilungen überschreiten. Der russische Bericht vom 25. November meldet, daß die Russen bei Siemikowce unsere Stellungen gestürmt und unsere Truppen an die Strypa zurückgeworfen haben sollen. Dieser Bericht kann sich nur auf ein Geplänkel auf der Höhe Mogila bei Siemikowce beziehen, wohin wir Patrouillen zur Beobachtung vorgeschoben hatten, als die Russen sich in ihre Winterstellungen zurückzogen. In der Nacht vom 23. November waren zwei russische Bataillone über die Mogila-Höhe vorgestoßen, vor denen unsere Patrouillen natürlich zurückgingen. Als die Russen in das Infanterie- und Artilleriefeuer unserer Stellungen kamen, mußten sie sich unter starken Verlusten zurückziehen. Die Höhe Mogila wurde von uns wieder besetzt und ist seither unverändert in unserem Besitz.«

Ein deutsches Flugzeuggeschwader griff am 29. November die Bahnanlagen von Ljachowitschi (südöstlich von Baranowitschi) an.

An der wolhynischen und ostgalizischen Front hatte nunmehr mit Eintritt strenger Kälte der zweite Winterfeldzug begonnen, der zunächst überall den Charakter des Stellungskrieges wahrte. Größere Offensivaktionen verboten sich durch die Schneeverhältnisse. Andererseits war seit langer Zeit Vorsorge getroffen, daß das Zufrieren der Flüsse, Teiche und Sümpfe dem Gegner keine unliebsamen Ueberraschungen ermöglichte. Sowohl in den Pripjetsümpfen wie am Styr, an der Ikwa und Strypa waren für diesen Fall breite Hinderniszonen geschaffen worden, hinter denen schrapnellsichere und heizbare Deckungen eingebaut waren. Noch weiter rückwärts waren hinter diesen mehrfachen Grabenlinien ganze Ortschaften wohnlicher Unterstände errichtet worden. Da auch die Winterausrüstung und Schutzmittel gegen die Kälte rechtzeitig ausgeteilt wurden, sahen die Soldaten den Unbilden und Härten des zweiten Winterfeldzuges in ruhiger Zuversicht und Erwartung des siegreichen Abschlusses entgegen.

Französisches Panzerautomobil mit Maschinengewehr, das in den grundlosen Straßen bei Strumitza stecken geblieben ist, wird von den Bulgaren angegriffen und trotz hartnäckiger Verteidigung erobert. (Nach einer englischen Zeichnung.)

Achtundsechzig Jahre Kaiser von Oesterreich.

Anfang Dezember 1915 – gerade als der serbische Größenwahn, der Habsburgs Monarchie bedrohte, zerschmettert worden war – beging der edle Kaiser Franz Joseph sein achtundsechzigjähriges Regierungs-Jubiläum. Von heißem Dank erfüllt, würdigte ganz Oesterreich-Ungarn das segensreiche Wirken des angestammten Herrschers, der als hochragendes Vorbild der Pflichttreue allen voranleuchtet. Je größer die Zahl der Feinde wurde, um so enger scharten sich Oesterreich-Ungarns Völker um den Thron, um so fester wurde ihr Entschluß, für den Herrscher und das Vaterland Hab und Gut, Leib und Leben einzusetzen. Der hingebungsvolle Opfermut der Völker Oesterreich-Ungarns trug reiche Frucht, denn alle Pläne der Feinde sind zunichte geworden. Schulter an Schulter mit den heldenmütigen Armeen des Deutschen Reiches, dessen Herrscher an dem altbewährten Bündnisse in unerschütterlicher Treue festhielt, haben Oesterreich-Ungarns tapfere Heere ihre siegreichen Fahnen weit nach Rußland hineingetragen, in innigem Zusammenwirken mit deutschen und bulgarischen Truppen Serbien niedergerungen, dessen leitende Männer in wahnwitziger Verblendung den ungeheuren Weltbrand entzündeten, der die Monarchie vernichten sollte, und hielten mit bewundernswerter Ausdauer und ungebrochener Kraft seit mehr als einem halben Jahre den unausgesetzten Angriffen der Italiener stand, welche treulos dem einstigen Bundesgenossen in den Rücken fielen.

Kaiser Wilhelm zum Besuch beim Kaiser Franz Joseph.

Am 28. November besuchte Kaiser Wilhelm den greisen österreichisch-ungarischen Herrscher im Schlosse Schönbrunn bei Wien. Beide Herrscher hatten sich während der bisherigen Kriegsdauer noch nicht persönlich gesehen.

Mit großer Begeisterung wurde Kaiser Wilhelm in Wien aufgenommen. Die Stadt hatte reichen Schmuck angelegt. Bei der Audienz hielt Bürgermeister Dr. Weiskirchner an Kaiser Wilhelm die folgende Ansprache:

»Eure Majestät hatten die Gnade, am 21. September 1910 das Rathaus der Stadt Wien durch Allerhöchst Ihren Besuch auszuzeichnen. Eure Majestät hatten damals von der Estrade des Festsaales zu den Wiener Bürgern bedeutungsvolle, unvergeßliche Worte gesprochen, welche noch heute in unseren Herzen widerhallen, und insbesondere hat das damals von Euerer Majestät geprägte Wort des ›Bundesgenossen in schimmernder Wehr‹ in unserer Kriegszeit tiefe und ewige Bedeutung erlangt. Zur dauernden Erinnerung an diesen denkwürdigen Tag in der Geschichte des Wiener Rathauses hat der Gemeinderat beschlossen, eine Medaille prägen zu lassen, und hat die Ausführung unserem heimischen Meister Professor Marschall übertragen. Und heute obliegt mir als dem derzeitigen Oberhaupte der Stadt Wien die ehrenvolle Aufgabe, Euerer Majestät die Bitte zu unterbreiten, diese Medaille als Huldigung der Stadt Wien überreichen zu dürfen.«

Kaiser Wilhelm sprach seine vollste Anerkennung über die Medaille aus, mit der ihm eine außerordentliche Freude bereitet werde, und ersuchte den Bürgermeister, seinen Dank auch den Herren der Wiener Gemeindeverwaltung zu übermitteln. Hierauf zog Kaiser Wilhelm den Bürgermeister in ein längeres Gespräch über einzelne Zeitfragen und verabschiedete ihn in huldvollster Weise.

Im eroberten Serbien: Verlassene Läden werden als Pferdeställe benutzt.


 << zurück weiter >>