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Stellungskrieg im Osten im Februar 1916.

Nachdem sich die Russen Anfang Januar in Bessarabien furchtbare Schläge bei ihrem Versuch, die österreichisch-ungarischen und deutschen Stellungen zu durchbrechen, geholt hatten, gab es im Februar an der Ostfront nur geringwertige Gefechte. Obwohl seit der großen Schlacht bei Toporoutz zehn Tage verstrichen und die feindlichen Aktionen bedeutend vermindert waren, wurden kleinere militärische Unternehmungen beiderseits fortgesetzt. Der Kanonendonner war in Czernowitz täglich hörbar. Besonders heftig waren die Kämpfe in der Nacht zum 26. Januar in der Gegend von Bojan. Die Russen konnten die verlorenen Positionen nicht zurückerobern. Am 28. griffen wir bei Toporoutz mit vollem Erfolge an und machten viele Kriegsgefangene. In der darauf folgenden Nacht begann wieder die feindliche Offensive, die aber ebenfalls erfolglos war.

Eine stärkere russische Abteilung wurde am 1. Februar von deutschen Streifkommandos an der Wiesielucha südlich von Kuchecka Wola (zwischen Stochod und Styr) angegriffen und aufgerieben. Vor der Brückenschanze nordwestlich von Uscieszko wurde der Feind durch Minenangriffe zum Verlassen seiner vordersten Gräben gezwungen. An einzelnen Stellen der Nordostfront fanden Patrouillenkämpfe statt.

Nordöstlich von Bojan scheiterte am 3. Februar ein gegen unsere Vorpositionen gerichteter russischer Handstreich. In Ostgalizien und an der wolhynischen Front wurde beiderseits rege Fliegertätigkeit entfaltet. Eines der russischen Geschwader warf sechs Bomben auf Buczacz ab, wobei zwei Einwohner getötet und mehrere verletzt wurden. Ein anderes verwundete durch eine Bombe nordöstlich von Luck drei eben eingebrachte russische Kriegsgefangene. Unsere Flugzeuggeschwader belegten mit Erfolg die Räume westlich von Czortkow und nördlich von Zbaraz mit Bomben, sonst stellenweise Geschützkampf.

Ein österreichisch-ungarisches Flugzeuggeschwader hatte am 4. Februar den östlich von Krzemieniec liegenden russischen Etappenort Szumsk mit Bomben beworfen. Zahlreiche Gebäude standen in Flammen.

Am gleichen Tage bombardierte ein deutscher Zeppelin die Festung Dünaburg.

Eine in der Nacht zum 6. Februar von uns genommene russische Feldwachstellung auf dem östlichen Schara-Ufer an der Bahn Baranowitschi–Ljachowitschi wurde erfolglos angegriffen. Der Gegner mußte sich unter erheblichen Verlusten zurückziehen. Südwestlich Widsy fiel am 6. Februar ein russisches Flugzeug, dessen Führer sich verflogen hatte, unversehrt in unsere Hand.

Es berichteten amerikanische Sanitätsleute, die aus Rußland in Bergen eingetroffen waren, Petersburg gleiche einem einzigen, riesigen Lazarett. Die Straßen seien von Verwundeten überfüllt. Die Militärbehörden erklärten, daß die russischen Verluste im Kriege drei Millionen Tote, Verwundete und Vermißte betrugen.

Oberst Prinz Oskar von Preußen war an der Ostfront durch Granatsplitter am Kopf und einem Oberschenkel leicht verwundet worden. Prinz Oskar von Preußen hatte sich im September 1914 infolge von Ueberanstrengungen eine akute Herzschwäche zugezogen, zu deren Heilung er sich damals zunächst in ärztliche Pflege nach Metz und dann nach Bad Homburg begab. Auch Prinz August Wilhelm hatte sich im Heeresdienst eine Verwundung zugezogen, als er im November 1914 auf einer dienstlichen Fahrt bei einem Automobilunfall einen komplizierten Unterschenkelbruch und eine Kiefernkontusion erlitt. Ebenso war Prinz Joachim, der jüngste Sohn des Kaisers, schon im August 1914 an der Ostfront verwundet worden. Kaiser Wilhelm hatte demnach bereits drei kriegsverwundete Söhne.

Die österreichische Heeresleitung meldete am 8. Februar: »Durch helleres Wetter begünstigt, herrschte gestern an der ganzen Nordostfront lebhaftere Geschütztätigkeit vor. Nordwestlich von Tarnopol griffen die Russen in der Nacht von gestern auf heute einen unserer vorgeschobenen Infanterie-Stützpunkte wiederholt an. Es gelang ihnen, vorübergehend einzudringen, jedoch wurden sie nach kurzer Zeit wieder hinausgeworfen.«

Feldmarschall Hindenburg berichtete am 9. Februar: »Kleinere russische Angriffe in der Gegend von Illuxt (nordwestlich von Dünaburg), sowie gegen die am 6. Februar von uns genommene Feldwachstellung an der Bahn Baranowitschi– Ljachowitschi wurden abgewiesen.«

Am 10. Februar lautete die deutsche Meldung: »Bei der Heeresgruppe des Generals von Linsingen und bei der Armee des Generals Grafen von Bothmer wurden Angriffe schwacher feindlicher Abteilungen durch österreichisch-ungarische Truppen vereitelt.«

Der österreichische Bericht vom 10. Februar besagte: »Der Feind entwickelte gestern in Wolhynien und an der ostgalizischen Front erhöhte Tätigkeit gegen unsere Vorposten. Bei der Armee des Erzherzogs Joseph Ferdinand führte er wiederholt und an verschiedenen Stellen Aufklärungs-Abteilungen bis zur Stärke eines Bataillons gegen unsere Sicherungslinien vor. Es kam insbesondere im Abschnitt des oberösterreichischen Infanterie-Regiments Nr. 14 zu heftigen Vorpostenkämpfen, die auch die Nacht über fortdauerten und schließlich mit der völligen Vertreibung des Feindes endeten. Bei einer besonders umstrittenen Verschanzung wurden etwa zweihundert russische Leichen gezählt und viele Gefangene eingebracht. Auch bei unseren Vorposten nordwestlich von Tarnopol wurde in der Nacht von gestern auf heute erbittert gekämpft. Die Russen überfielen abermals die schon in einem der letzten Berichte aufgeführte Schanze, wurden jedoch durch einen Gegenangriff wieder vertrieben. An der bessarabischen Grenze warf kroatische Landwehr ein russisches Bataillon aus einer gut ausgebauten Vorposition gegen die Hauptstellung zurück.«

In den nächsten Tagen wurden Vorstöße russischer Patrouillen und kleinerer Abteilungen an verschiedenen Stellen der Front abgeschlagen. Allen russischen Gegenbemühungen zum Trotz konnte die kroatische Landwehr die erstürmte feindliche Vorstellung beim Grenzdorf Dobronoutz behaupten und 145 Mann sowie einen Kadetten als Gefangene abführen. Die betreffende russische Stellung schob sich nördlich gegen Toporoutz vor, zwischen dem Waldgebirge Sawczyna und einer Dnjestrschleife von Uscie bis Kupie an der bessarabischen Grenze gegen den Endpunkt der Landstraße Dobronoutz–Czernowitz. Ihre Eroberung bedeutet einen wesentlichen Gewinn. In Wolhynien erneuerten stärkere russische Abteilungen ihre Versuche, vorgeschobene Feldwachen der Armee Joseph Ferdinand auf die Hauptlinie zurückzudrängen und in diese selbst einzudringen. Zumeist scheiterten die Angriffe schon an der Aufmerksamkeit der Feldwachen und der präzisen Wirkung der österreichisch-ungarischen Artillerie, die das Vorfeld durch flankierendes und frontales Schrapnellfeuer sperrte. In anderen Fällen mußten die russischen Eindringlinge mit dem Bajonett aus den Deckungslöchern der Feldwachen hinausgeworfen werden, wobei sich besonders das ungarische Infanterie-Regiment Nr. 82 auszeichnete.

Am 13. Februar wurden bei Baranowitschi zwei von den Russen noch auf dem westlichen Schara-Ufer gehaltene Vorwerke gestürmt.

Eine Straße in Kut-el-Amara, wo die Engländer von den Türken eingeschlossen wurden, nachdem sie auf ihrem Vormarsch nach Bagdad bis hierher zurückgeworfen wurden.

Der österreichische Generalstab hatte am 12. Februar gemeldet: »Gestern wurden abermals zahlreiche russische Aufklärungs-Abteilungen abgewiesen, es kam auch zu stärkeren Geschützkämpfen. Vom Feind unter schwerstes Artilleriefeuer genommen, mußte in den Nachmittagsstunden die schon mehrfach genannte Vorpostenschanze nordwestlich von Tarnopol geräumt werden. Die Russen setzten sich in der verlassenen Stellung fest, wurden aber in der Nacht durch einen Gegenangriff in heftigem Kampfe wieder hinausgeworfen.«

Aus dem k. u. k. Kriegspressequartier wurde in einer anderen »Lügensache« gemeldet: »Die größte Lüge, die bisher in der Presse der Entente zur Veröffentlichung gelangt ist, bildete die Meldung der »Agence Havas« des Inhalts, daß ein großer Teil der Skodawerke in Pilsen, insbesondere das Erzeugungs-Etablissement unserer schweren Mörser, durch eine Explosion vernichtet worden sei. Diese Sensationsnachricht wurde in den Zeitungen des feindlichen Auslandes mit großer Freude verbreitet und auch in der neutralen Presse mit Ausdrücken des Bedauerns abgedruckt. Es wird hiermit amtlich festgestellt, daß sich in den Skodawerken überhaupt kein Zwischenfall ereignet hat, und daß die Arbeit nach wie vor überall ruhig und ungestört vor sich geht. Die Meldung der »Agence Havas« ist vollständig unbegründet und frei erfunden.«

An der Front der Armee des Generals Grafen von Bothmer fanden am 14. Februar lebhafte Artilleriekämpfe statt. Bei Grobla (am Sereth nordwestlich von Tarnopol) schoß ein deutscher Kampfflieger ein russisches Flugzeug ab; Führer und Beobachter waren tot.

Am 16. Februar griffen deutsche Flieger wiederum Dünaburg und die Bahnanlagen von Wilejka an.

Die Erfolglosigkeit ihrer Angriffsversuche hielt die Russen nicht ab, auch neuestens wieder sich unseren Stellungen zu nähern. Doch wurden sie stets zurückgeworfen. An der bessarabischen Front kam es am 13. und 15. Februar bei Tagesanbruch zu drei Sprengungen eigener Minen, die alle drei gelangen. Der Trichter und das feindliche Grabenstück wurden jedesmal von den eigenen Truppen besetzt und in die eigenen Stellungen einbezogen. Gefangene Russen sagten aus, daß am 15. früh zwei russische Kompagnien bei einer Sprengung vernichtet worden seien. Auch die Fliegertätigkeit des Feindes war neuerlich äußerst rege.

An der Ostfront war jetzt der Nachwinter mit großer Strenge eingetreten. Ein heftiges Schneetreiben benahm jede Aussicht und veranlaßte die beiderseitige Artillerie, ihre Tätigkeit fast ganz einzustellen. Auch die nächtlichen Streifereien russischer Jagdkommandos und die Ueberfälle auf die österreichisch-ungarischen und deutschen Feldwachen waren infolgedessen seltener geworden. Dank einer monatelangen Vorsorge waren jedoch unsere Truppen gegen diese neuerlichen Unbilden der Witterung trefflich geschützt, während den Vorposten durch häufigere Ablösung das Ausharren auf den vorgeschobenen Beobachtungspunkten nach Möglichkeit erleichtert wurde.

Bei Sawitsche (an der Beresina, östlich von Wischnew) brach am 19. Februar ein russischer Angriff in unserem Feuer zwischen den beiderseitigen Linien zusammen. Logischin und die Bahnanlagen von Tarnopol wurden von deutschen Fliegern angegriffen. Vor Dünaburg scheiterten russische Angriffe. Kleinere feindliche Vorstöße wurden auch an anderen Stellen der Front zurückgeschlagen.

Nordwestlich von Tarnopol beschrieb die russische Stellungslinie einen ostwärts geöffneten Bogen, der vom oberen Sereth gegen die obere Strypa verlief. Siebzehn Kilometer westlich der Stadt war diesem Bogen eine stark ausgebaute Stellung vorgeschoben, die sich am Wosuszkabach auf den Waldhügel beim Dorfe Kozlow stützte. Da diese Vorstellung das Ufergelände der Strypateiche um einige zwanzig Meter überhöhte, bot sie den russischen Feldwachen und Artilleriebeobachtern einen günstigen Beobachtungsstand. Deshalb wurde am 26. Februar diese uns unangenehme Vorstellung von österreichisch-ungarischen Jagdkommanden angegriffen. Sie drangen in verwegenem Ueberfall in die russische Vorstellung. Die Besatzung wurde geworfen und entfloh, soweit sie nicht im Nahkampf niedergemacht oder gefangen genommen worden war. Die deutschen und österreichisch-ungarischen Flieger auf der einen, die russischen und französischen Flieger auf der anderen Seite fuhren fort, an dieser Front rege Aufklärungsarbeit zu entfalten.

Der Nachwinter hatte ungeheure Schneemengen über die Ostfront ausgeschüttet. In Ostgalizien und auch zu beiden Seiten des Dnjestr war die Schneedecke mehrere Meter stark. Zehntausende fleißiger Hände waren unausgesetzt damit beschäftigt, die Laufgräben und rückwärtigen Zufahrtswege auszuschaufeln.


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