Moritz v. Schwind
Künstlers Erdewallen
Moritz v. Schwind

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München, 31. Januar 1870 (an Mörike)

Sehr verehrter Freund. Ein Brief von mir, der die Ausstellung der Melusina meldet, muß sich mit dem Ihren gekreuzt haben. Wünsche alles mögliche Gute in Nürtingen. Es ist schwerer als man glaubt, einen Aufenthalt wählen; aber vor allem, glaube ich, war Ihnen Stuttgart nicht sehr ans Herz gewachsen. Also Glück auf! Gleich heute früh bin ich zu Lachner gegangen, der von dem gefragten Herrn selbst gar nichts wußte, mich aber an die rechte Schmiede schickte, nämlich an Professor Rheinberger, der desselbigen Lehrer ist und dem jede Diskretion zugetraut werden muß. Auf dem Nebenblatt werde ich mich bemühen, wörtlich aufzuschreiben. Melusina findet großen Beifall. Fast komisch ist es, daß als ganz besondere Merkwürdigkeit immer hervorgehoben wird, daß einem ein Schauer über den Buckel läuft bei der letzten Umarmung, oder daß einem das Herz aufgeht, oder kurz, daß sich der Beschauer innerlich erregt fühlt. Wer mag ein Buch lesen, oder eine Musik hören, oder ein Drama sehen, ohne einige Erregung zu spüren? Und in unsrer Kunst ist es eine Rarität! Da dank ich. Fragt sich aber sehr, ob mir dieser Umstand nicht zum Fehler angerechnet wird? »Don Juan« macht sich.»Vorderhand habe ich mich an Zeichnungen zu einer Prachtausgabe des ›Don Juan‹ gemacht. Jedenfalls liegt uns dieser Lumpazi näher als die Wittelsbacher Hausgeschichte, und auf alle diese Nixenchöre habe ich einen wahren Durst, mich mit ordentlichen Mannsbildern abzugeben.« Am 28. Jänner 1870 an Mörike. Finden Sie nicht, daß sich der alte Lachner auf Goethe auswächst?

Mit den schönsten Grüßen ganz der Ihrige

M. v. Schwind.


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