Moritz v. Schwind
Künstlers Erdewallen
Moritz v. Schwind

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Wien, 11. Juni 1867 (an Mörike)

Sehr verehrter Freund! Ich wollte, Sie müßten einmal in eine fremde Stadt und Fresko malen, damit Sie wüßten, wie es schmeckt, wenn einem niemand schreibt. Man könnte gerade ebensogut auf dem Zobelfang sein, und da fragte es sich noch, ob die Kälte nicht noch angenehmer ist als die Hitze, die man aussteht. Es geht Tag für Tag wie in der Tretmühle und Samstags, wo aber nicht einmal ausbezahlt wird wie bei den beneidenswerten Steinhauern, tun einem alle Knochen weh.

Wissen Sie, was mich jetzt so oft erinnert? Wenn ich im Stadtpark frühstücke und zwar um sechs Uhr morgens, so kommt die leibhaftige Prinzessin »Rohtraut« mit ihrer Mama oder was es ist. Von oben bis unten vornehm: die schönsten Füßchen, prachtvolle Haare und dabei so frisch und munter, daß man ihr den zierlichsten Mutwillen zutrauen möchte. Nun wir wissen, wie sie aussieht, fehlt nichts mehr, als daß wir sie zeichnen.Was leider nicht geschehen ist.

Was macht die vierte Auflage [der Gedichte]? Mit meiner Arbeit geht's sehr vorwärts, und nächste Woche dürfte das für dies Jahr bestimmte große Bild fertig sein. Stellenweise denke ich der Fresko-Malerei einiges abgewonnen zu haben, was sie bisher für sich behalten hat. Es gibt dann noch ein halbes Dutzend Kinder, deren jedes einen Tag kostet, und etliche Korrekturen an den Arbeiten vom vorigen Jahr, dann gehen wir wieder heim und haben diese Theatergeschäfte, die jetzt im vierten Jahr spielen, glücklich vom Halse.

Für sehr ersprießlich, förderlich und angenehm würde ich einen Brief von Ihnen ansehen, mit einigen guten Nachrichten von Ihnen und den werten Ihrigen. Die Geselligkeit ist für mich, der ich weit draußen wohne und nach der Arbeit müd bin, nicht groß; dagegen die Kunstverhältnisse mit einem starken Beischmack von Bukarest oder Odessa versetzt. Leben Sie recht wohl und nehmen Sie meine Adresse mit einigem Wohlwollen in Ihr Herz auf! Schwind.


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