Moritz v. Schwind
Künstlers Erdewallen
Moritz v. Schwind

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Frankfurt, 26. Dezember 1846 (an Schaller)

Liebster Freund Schiller! Bald nach Deinem Briefe, der mir die allergrößte Freude machte, kam einer von Gärtner, worin mir die Münchner professura im Namen des Königs angeboten wurde. Ich wollte Dir erst schreiben, wenn alles in Ordnung ist, denn daß ich mit Frau und Kind so etwas nicht ausschlagen kann, versteht sich von selbst – es dauert mir aber zu lang. Ich habe es hier ganz geheim gehalten, damit die Philister nicht glauben, ich wolle mich aushalten lassen, und Du bist auch so gut und sprichst mit niemand davon als Genelli. Die Sache geht jetzt ihren Weg beim Ministerium. Ich habe eine genaue Instruktion verlangt, da ich nicht Lust habe, alles allein zu tun – habe also noch in der Hand zurückzutreten. Laß nur einmal Deine Meinung hören. Ich will Dir sagen, wie es hier steht. Durch die Berufung Lessings ist hier alles auf lange hinaus verdorben. Sie können jetzt, ohne sich zu blamieren, keinen von der andern Fahne anstellen, das Institut bleibt also eine Bubenschule und die Administratoren in den Händen eines Genrekerls und des Passavants. Es ist an Aufträge, an ein Kunstleben nicht mehr zu denken. Steinle wird auch nicht zu lange unangesteckt bleiben. Das läßt sich denken und dann fällt die Sachsenhäuser Wirtschaft auch über den Haufen. Meine Bilder verkaufen sich schwer. Zeuge dessen ich keine einzige Bestellung habe, ein schäbiges Deckenstück abgerechnet. Mit Holzschnittzeichnungen mich abzugeben ist mir zur Last, da meine Augen es nicht mehr recht aushalten wollen und es eine verdammte Last ist, Anfangsbuchstaben auszudenken und darüber wichtige Gedanken liegen lassen. Denk dazu, es käme Krankheit oder Krieg, was müßte ich mir für Vorwürfe machen Frau und Kindern gegenüber. Wenn ich den Gehalt von 1150 fl. habe und den Zins von meinem Haus, brauche ich mich um nichts mehr zu scheren und kann ohne weiters große Sachen unternehmen, oder kleine wenn es nur beliebt, mit einem Wort als Poet leben statt als Mietgaul.

Vom König von Preußen verlautet nicht das geringste. Für die Stelle in Leipzig ist von seiten der Dresdener Akademie Jäger vorgeschlagen, dem ich es herzlich gönne, aber wenn mir alle Aussichten abgeschnitten werden, soll ich auch den König von Bayern, den einzigen der an mich denkt, vor den Kopf stoßen? Dann muß ich auch sagen, wenn einem die Kunst am Herzen liegt, kann man nicht zurückbleiben, wenn einem endlich einmal ein Platz angeboten wird, wo man sie mit Muße und mit Erfolg ausüben kann. Was hab ich von aller Anstrengung in Karlsruhe? Wer kümmert sich um diese Sackgasse! Was hab ich von Frankfurt? Ich sehe dem Faß auf den Boden und die Lumpenkerls hängen mein Bild, daß es kein Mensch sehen kann, und die Frankfurter Zeitungen schweigen davon. Könnten sie unser einen ungeschehen machen, sie täten es. Was ich zu machen habe, ist mehr als eine Liebhaberei, es ist ein Beruf, und da kein anderer machen kann, was ich mache, eine Pflicht. Wie freue ich mich, meine Sachen unter Freunden zu machen, die sie verstehen und einem auch etwas raten können!

Ich mache mitunter die schönsten Pläne. Wenn der König Dein Haus einmal einreißen läßt, schauen wir den Platz zu bekommen und bauen eines hin nach unserm Bedürfnis. Wenn ich hier nur leidlich mein Haus verkaufe, habe ich zwanzigtausend Gulden, das andere wird gepumpt. Wohl ist Gott sei Dank alles bei mir. Das Bild mit den Musikanten – da ich wieder eine Partie von 26 Holzschnitten abgetan habe – wird jetzt fertig gemacht. Ich denke man wird von der Farbe auch reden können. Wo würdest Du mir raten zu wohnen? Ich denke an die Müllerstraße oder so wo. Ich hoffe Deine Gesundheit hält jetzt und im Frühjahr stellst Du Dich dann vollends her – kann sein wir reisen ein Stück zusammen, da in Linz von einer Freskoarbeit die Rede ist.Für das dortige Ständehaus; die Sache kam, dank »dem segensreichen Jahre 1848«, nicht zustande. Von meiner Frau alles Schöne.

Adio Dein alter Freund Schwind.


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