Moritz v. Schwind
Künstlers Erdewallen
Moritz v. Schwind

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Rom, 1. Juni 1835 (An Schaller)

Teuerster Freund Schiller! cosa vol dire questo [was ich sagen will]: alle Tage laufe ich auf die Post und immer niente, niente. Ich denke zwar immer, es müsse schon unterwegs sein, aber ich muß am Ende doch je eher je besser anfragen, was es für einen Haken hat. Bedenke, wie unangenehm es wäre, hier pumpen zu müssen, und schicke entweder alles, was du hast, am besten in Form eines Wechsels an Torlognia, oder schreibe, was zu schreiben ist, damit ich mich von Wien aus verproviantiere, ma presto prestissimo. Ich habe mich hier schon sehr fleißig umgesehen, kann aber nur sagen, daß alle Beschreibungen nicht passen, besonders in Bezug auf die Raffaelischen Sachen. Die Teppiche werde ich heute sehen.

Mir für meinen Teil wird es immer klarer, daß, wenn man mich in München nicht so beschäftigt, daß ich mit allen Kräften arbeiten kann, so sitz ich gleich auf und gehe nach Wien. Zu verhungern braucht man nicht, wenn man etwas leistet, das ist gewiß und das übrige liegt nicht in unserer Hand. Bei Overbeck war ich noch nicht, auch nicht bei Thorwaldsen. Morgen gehe ich in die französische Akademie, um einmal zu sehen, was diese Kerls machen. O Dio wäre nur einer von Euch da, der Wein ist so famos gut, daß um jede Flasche schad ist, die nicht von ordentlichen Leuten getrunken wird. Wer Rom noch sehen will, der komme bald. Der Campo vaccino wird renoviert. ich glaube wahrhaftig, sie haben nicht weniger im Sinn. Das Kolosseum ist voll neuer Mauern. Der Friedenstempel mit einer schönen, hohen, dichten, gelben Stakete umgeben. Die Bögen und Säulen stehen jedes wie in einer Badwanne mit einer zarten geweihten Mauer umgeben. Es ist einzig. Im Lateran habe ich den Papst das Volk segnen sehen, es geht dabei zu wie bei den Englischen Reitern!

Geht ihr fleißig Kegel scheiben? Ich rede so leicht davon, München zu verlassen, aber es wird mir schwer werden, denn ich habe diese Leute so gern. Was macht Merz, Schütz? es schreibt keiner trotz meinen schönen Versen. Leb wohl und laß mich nicht in diesem schönen Lande von Unruhe gequält werden, ich glaube oft, du bist krank oder weiß der Teufel, was geschehen ist. Adio. Schwind.


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