Moritz v. Schwind
Künstlers Erdewallen
Moritz v. Schwind

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Karlsruhe, 25. Mai 1843 (an Genelli)

Verehrter Freund! Meine alten Sehnsuchten und Pläne, wie man und wo man sich wieder sehen könnte, haben durch die Freundlichkeit Ihres Briefes bedeutend zugenommen. Kommt Zeit, kommt Rat. Den vielbesagten »Rhein« sollen Sie schon zu sehen bekommen, denn ich hoffe ihn dem Kronprinzen von Bayern aufzuhängen, wenigstens will ich ihn in München ausstellen.

Die Absicht, die ich mit Ihrem Manuskripte hatte, ist zum Teil vereitelt. Ich dachte den kleinen Kunsthändler Veith, der mittlerweile mit Ihnen selbst in Unterhandlung getreten ist, für die Herausgabe zu interessieren. Kann ich jetzt etwas in der Sache vermitteln oder helfen, so stehe ich zu Diensten. Der kleine Kerl ist noch immer von den besseren. Ich habe ihm meine kleinen Forderungen um einen Trumpl verkauft, um nur einmal anzufangen, die nächsten soll er schon besser bezahlen. Das Erscheinen eines Werkes wie Ihre »Hexe« müßte Folgen haben, ich kann es nicht anders glauben. Ihre Centaurenfamilie ist mein tägliches Vergnügen und meine immerwährende Verzweiflung. Ist es eine gänzliche Torheit von mir zu verlangen, daß meine Sachen kräftiger sein sollten? Ich kann mir's nicht erwehren. Mit meinem Verfahren in den hiesigen Angelegenheiten bin ich ganz zufrieden und würde, wenn ich es noch einmal zu tun hätte, gerade so, höchstens etwas stolzer verfahren. Reiht man sich einmal in diese Lumpenwirtschaft ein, so ist man verloren, und ich glaube, ich habe mich genug schinden lassen. Auf einen Gaul, der ein paar hundert Gulden wert ist, gibt man acht und schont ihn, und sein armes Talent soll man in den Mistkarren spannen. Ich habe auf ein oder ein paar Jahre Geld zum Leben, da müßte es doch wunderlich zugehen, wenn ich mich nicht sollte in Verdienst setzen können. Vorige Woche war ich in Frankfurt, wohin ich, unter uns gesagt, meine Residenz zu verlegen gedenke, da mir München versperrt ist, und habe das weltberühmte Bild von Lessing gesehen. Sie können sich von der Armseligkeit keinen Begriff machen. Diese Leute haben Blähungen im Gehirn und das halten sie für Gedanken. Huß ist nicht Huß, das Konzil ist nicht das Konzil, sämtliche Kunstfragen sind gar nicht gestellt, geschweige denn gelöst, alles zusammen auswendig gelernte Brocken und die Geilheit, Syrup ist zu wenig, des Vortrags ekelhaft. Lange wird der Jubel nicht dauern.

Leben Sie recht wohl samt Frau und Kindern und denken manchmal an Ihren Freund Schwind.

 


Bonaventura Genelli
Bleistift mit Kreide von M. v. Schwind

 


 << zurück weiter >>