Moritz v. Schwind
Künstlers Erdewallen
Moritz v. Schwind

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München, 26. April 1852 (an Schober)

Ich bin erst seit ein paar Tagen von einer Familienreise zurück, bin also erst seit sehr kurzem im Besitz Deines lieben Briefes. Wie schade! hätte ich ihn vor vierzehn Tagen bekommen, so wäre mein Weg nach Weimar und Gotha gegangen. Ich weiß, was ich zu wissen brauche, und mein Erscheinen in Weimar hätte nicht aussehen können, als wollte ich mich zudrängen, was mir nicht einfällt. Will's kommen, so will ich auch ein wenig gewünscht sein, und will's nicht – so hab' ich gelernt, ruhig zu schauen, wie schöne Wände verschmiert werden, und kann sich auch einer finden, der's besser kann als ich.

Ich bin mit der Malerei der Beethovenschen Zeichnung, die Du in Weimar gesehen hast, fertig und, Gott sei Dank, besser als ich dachte. Wie sich die modernen und nackten Sachen nebeneinander vertragen würden, konnte ich mir nicht recht vorstellen; und nun ist es da, als dürfte es nicht anders sein. Jetzt bleibt noch übrig, zu erfahren, was der Publicus dazu sagt. Wie sich's gehört, ist die nächste Arbeit schon in vollem Gang, und zwar die Geschichte des Aschenbrödel. In Ermangelung eines Tanzsaales, die alle mit halbnacktem Zeug dekoriert werden müssen, habe ich mir eine Aufstellungsweise ausgedacht, die mich über die Not hinaussetzt, erst ein Gebäude abwarten zu müssen, das so gefällig ist, sich ausmalen zu lassen. Ich bin so erwärmt für diesen Wettkampf von Schönheit, für die abwechselnden Situationen, das prächtige Personal und die abgerundete Form, in die ich glaube das Ganze gebracht zu haben, nicht zu vergessen die Freude an den errungenen Vorteilen in Bezug auf Farbe, die ich hoffe geltend zu machen, daß mir jeder Auftrag, sei er woher er wolle, nur ungelegen käme. Hat der König von Griechenland her gefunden, so kommt das nächstemal der Schah von Persien, und kommt er nicht – ich habe nicht viel, aber so viel als ich brauche, und habe ich mich seit mehr als zwanzig Jahren müssen plagen und mißbrauchen lassen, so will ich mir meine noch guten Jahre nicht wegen ein paar tausend Gulden mehr oder weniger verderben lassen.

Ich wollte, Dein Weg führte Dich einmal über München, es würde Dir gefallen, wie ich mich gesetzt habe.


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