Moritz v. Schwind
Künstlers Erdewallen
Moritz v. Schwind

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Nieder-Pöcking, 6. September 1866 (an Mörike)

Amice doctissimus!
S. V. B. E. E. V.

Possibiliter jam habebis per viam ferream acceptum paccetum cum imaginibus, quas pinxi in castello expectante, quod barbari dicunt Vartburg, et narrationem de septem corvis aut sorore fideli. Spero, quod tibi faciunt aliquid gaudium et adjunxeris eas collectioni tuae. Insuper venit in hac litera facies mea ad memoriam perpetuam. Dies in societate et in atriis tuis it super millia et plango solummodo unum, quod impediti praesentia hospitum non possuimus loquare de illustrationibus musicalibus,Auf Deutsch: »Gelehrtester Freund. Hoffentlich geht's Ihnen gut, ich bin zufrieden. Möglicherweise haben Sie das Eisenbahnpaket mit den Zeichnungen, die ich auf dem wartenden Kastell, so die Barbaren Wartburg nennen, gemacht habe, und die Erzählung von den sieben Raben oder der treuen Schwester schon erhalten. Ich hoffe, daß sie Ihnen einiges Vergnügen machen und Sie sie Ihrer Sammlung einverleiben. Obendrein kommt in diesem Briefe mein Bildnis zum ewigen Gedenken. Der Tag in Ihrer Gesellschaft und Ihren Wänden geht über tausend und ich beklage einzig, daß wir, durch die Anwesenheit der Gäste behindert, nicht über die musikalischen Bilder sprechen konnten.« Der Schluß heißt: »Sie sollen nur kommen, samt Vater und Mutter, wir haben Betten und Kammern. Mit ausgezeichnetem Respekt Ihr Freund und Diener M. v. Schwind. Hole der Teufel sämtliche Stahlfedern.« worüber ich gerne Ihre Meinung eingeholt hätte. Nehmen Sie mir nicht übel, daß ich Ihnen ein sehr übel geratenes Exemplar von den »sieben Raben« schicke; ich habe aber kein anderes mehr und neu kostet der Spaß 45 fl. Die lassen Sie sich nicht schenken.

Ich bin sehr froh, daß Sie durch meinen frühen Auszug nicht in Ihrem Schlaf gestört worden sind. Der Morgen mit seinem frischen Nebel war sehr angenehm. Zu Haus fand ich alles wohl, und See und Wald gefallen mir besser als je. In das Arbeiten mit der Brille muß ich mich nach und nach finden. Den ganzen Sommer habe ich keine gebraucht. Hoffentlich imponiert Ihnen die Probe einer reinen Latinität, mit der ich mein Schreiben eröffnet habe, so weit, daß Sie mir die lateinischen Zeilen, mit denen Sie mein altes Bildchen so trefflich exponiert haben, aufschreiben und zuschicken. Ich habe diesmal ein sehr einfaches Mittel angewandt, mir über das Einpacken wegzuhelfen; ich habe nämlich zu einem gesagt: Seien Sie so gut und packen Sie das ein, Adresse H. D. &c. Das könnten Sie auch tun.

Jetzt bedanke ich mich auch für genossene unvergleichliche Gastfreundschaft und wünsche nur, ich könnte sie recht bald erwidern oder wieder in Anspruch nehmen, wozu aber vorderhand wenig Aussicht ist. Bitte der Frau Gemahlin, die weiß Gott Mühe genug gehabt hat, und der nicht minder geplagten Frl. Schwester meine schönsten Empfehlungen und den zwei kleinen Wesen meine schönsten Grüße. Meine kleine Helene wäre sehr begierig, sie kennen zu lernen. Veniant solummodo cum patre et matre, habemus lectos et cammeras.

Cum respecto egregio              
amicus et servus
                    M. v. Schwind.

Auferrat diabolus omnes pennas ferreas!


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