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München, 11. August 1849 (an Marianne von Frech)
Liebe Fräulein Mimi! Über Ihren allerliebsten Brief war ich wenig erfreut, denn ich erwartete Sie selbst, und davon ist gar keine Rede, wie es scheint. Es wäre schon der Mühe wert, meine Wirtschaft anzuschauen. Man sitzt in einem selbstgebauten Atelier und schreibt abgesondert vom Haus und doch nicht auswärts. Die Pflanzungen brillant, die zwei Bäume schattig. Der Viehstand glänzend: zwei Schafe, ein Kater, die dazu gehörigen Mäuse, nebst Amseln und Finken. Die Kinder zum Aufspringen, der Keller sehr wohl versorgt. Die beiden Lachner kommen manchmal Sonntag vormittag und man trinkt eine vortreffliche Flasche. Es ist alles, was ein Pensionist verlangen kann, und wenn man sich einmal darüber getröstet hat, daß man bei besten Kräften vom großen Schauplatz abtreten muß, weil die baren Auslagen, die ein größeres Bild macht, nicht zu erschwingen sind, so ist das Ding gar nicht übel.
Ich habe gestern eine Arbeit fertig gebracht, die zwar aus einigen Bogen Papier und Bleistiften gemacht ist, jedoch als Erfindung manchen befriedigen kann. Heute früh erwachte ich auf das angenehmste, umgeben von sechs Zeichnungen, die ich schon lange zusammengedacht habe und die sich freundlichst zur Ausführung empfehlen wollten. In jetziger Zeit, wo ich an Geschichte oder nur an deutsche Nationalität nicht denken kann, ohne wütend zu werden, ist es sehr angenehm, sich in Ideen früherer hoffnungsvoller Tage zu versetzen, und indem man frühere Ideen neu aufnimmt und zur Vollendung bringt, die schönere Zeit wieder lebt. Sie werden wissen wollen, was das für Herrlichkeiten sind? Das gestern Fertige ist eine Aufführung der Beethovenschen Fantasie für Klavier, Orchester und Chor. Das heute früh Gemeldete die Geschichte von sieben Raben. Ich denke, das liegt weit genug ab von den weltbeglückenden Ideen der Neuzeit. Das erste vereinigt einige zwanzig Darstellungen, das zweite zwölf bis fünfzehn.
Wäre das nicht der Mühe wert anzuschauen, ungerechnet die schönste Hängelampe auf der ganzen Welt?»Bei mir im Haus prangt ein gemalter Lüster, den ich zu Weihnachten verfertigt habe, – das Uhlandische Gedicht ›Eberstein, Eberstein, heut nacht wird dein Schlößlein gefährdet sein‹.« (27. 1. 49 an Schädel.) Ich wollte, ich hätte meine Besoldung nicht nötig, ich könnte jetzt ganz einfach mich nach Traunkirchen setzen und Ihnen und den vortrefflichen Spaunischen Gesellschaft leisten. Gewiß hätte ich mehr Anregung davon, meine Sachen für einen solchen Kreis zu machen, wäre vollends noch der brave Linzer Spaun dabei, und Kenner und solche Kameraden, als mich von dem verschrobenen Kunsttrubel anschauen zu lassen, der mir hier das Leben langweilig macht. Ein alter Freund ist ein Schatz und wenn er auch ein Tropf ist, dann erst solche Leute!
Mir war's sonst auch leichter, einen Brief wegzuschreiben, sei's daß ich mich lustig stellte, wo ich's nicht war, sei's daß ich mich habe gehen lassen, wie's mir ums Herz war. Man nennt das gewöhnlich älter werden, wenn man weder zu sich noch zu andern das frische Vertrauen hat. Schön wär's, wenn Sie einen Ausflug hieher machten, in Wien konnte man sich weder recht sehen noch sprechen. Und doch freut's mich, daß ich da war. Ein Paar geselchte Würstl im Trienterhof wären mir lieber als das ganze Deutschland mit seinem politischen Gepfusch. Leben Sie recht wohl; wenn ich jetzt nicht schließe, laß ich den Brief wieder liegen.
Ganz gehorsamster M. Schwind.