Moritz v. Schwind
Künstlers Erdewallen
Moritz v. Schwind

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München, 9. Dezember 1848 (an Thäter)

Liebster Freund Thäter! Ich wünsche nur, daß Du Zeit findest, die Arbeit zu fördern; ich kann's sehr brauchen, daß mich wieder was freut. So sehr ich mir das politische Teufelszeug vom Leibe halte, so fängt es doch an, mich zu belästigen.

Den Rhein wirst Du im Kunstblatt sehr heftig getadelt finden. F. möchte gern dartun, daß der Karton im Bild nicht mehr zu erkennen ist. Nun, mich freut's, daß ich ihm das Haus verboten habe, und kümmere mich den Teufel um das Geschwätz der Lohnbedienten, und diese Bursche sind nichts anderes. Sie verdienen ihr Trinkgeld mit ihrem Geschwätz von unseren Werken. Ich mache im Augenblick kuriose Sachen, die für die Öffentlichkeit nicht geeignet sind. Der Karton zum Grafen Gleichen ist angefangen.

Tausend Dank für die Richterische Zeichnung; ich kann sie ganz herrlich benützen. Was für schöne Sachen hat der brave Kerl zu den Schererischen Kinderliedern gemacht! Wie übel nehmen wir uns dagegen aus! Daß Düsseldorf noch zu blühen gedenkt, ist stark. Vergiß nicht, wenn Du schreibst, Nachricht zu geben von Schnorrs Augenübel; es schien hier nicht unbedenklich.

Hier hatscht die Kunst ihren Weg, daß es ein Jammer ist. Immer noch die abgedroschenen Redensarten von Historie und Genre; immer noch der Deidideldum von Farbengebung und solchen Lumpereien. Mir fallen immer die Lebensgeschichten der Maler des vorigen Jahrhunderts ein: geboren da und da, ging anno so viel nach Rom, studierte den und den, und malte lieber auf Blech als auf Holz; und höchstens noch: sein Pinsel war markig. Wäre man nicht besser gleich ein Schuster, wenn von Erweiterung des Ideenkreises und von der Ausbildung der deutschen Sprache doch keine Rede ist? –

Schwanthaler haben wir begraben; er hat so entsetzlich ausstehen müssen, daß man fast froh war, als es hieß, er sei tot. Ich habe ihn in letzter Zeit wenig mehr gesehen, was mir leid tut. Wie albern ein Dreispitz mit einem Lorbeerkranz aussieht, kannst Du Dir gar nicht denken.

Merz sehe ich gar nicht mehr und lebe überhaupt mehr mit der Hofkapelle als mit den Malern. Musik ist mir lieber als Gesinnungstüchtigkeit, wie man sie jetzt trägt. Ich frage nur, wenn in der ganzen Bewegung ein Funke von Nationalstolz oder auch nur vom ordinärsten Patriotismus wäre, ob man es nicht schon in den Kunstforderungen spüren müßte? Ich habe neulich das »Es lebe die Freiheit hoch« im Don Juan wütend applaudieren hören. Die Freiheit, zu morden und Schulden zu machen, die Freiheit des Urlumpen, die samt ihm in einer halben Stunde der Teufel holt. Man muß wenigstens gestehen, die Leute sind nicht schüchtern. Hier bringen sie einen Fackelzug für Robert Blum zustande, sonst aber nicht viel. Hole die Kerls der Teufel! Das wäre mir eine schöne Freiheit!

Dein alter Schwind.


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