Moritz v. Schwind
Künstlers Erdewallen
Moritz v. Schwind

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Frankfurt, 12. Januar 1845 (an Bauernfeld)

Liebster Freund! Vor allem meinen besten Glückwunsch zu dem Erfolg, den »der deutsche Krieger« hat. Ich hoffe, es wird keinen nachträglichen Verdruß mit der Zensur geben. Das Gedicht vom Zollverein hat mir sehr gut gefallen. Soll ich nicht das Eisenbahngedicht, das Du meiner Frau ins Stammbuch geschrieben hast, an den Grenzboten-Redakteur schicken?

Von unserm guten Niembsch sind vor ein paar Tagen Nachrichten gekommen, d. h. ein Brief vom Hofrat Zeller, des Inhalts: daß vor dem Frühjahr von einer Genesung nicht die Rede sein könne – daß die Genesung seines Geistes ganz bedingt sei in einer vollkommenen Herstellung seiner körperlichen Zustände, und daß diese letzte noch auf gutem Wege sei, indem er bei Appetit sei, zusehends besser aussehe, aber noch immer der Wohltat eines ungestörten Schlafes entbehre. Möge das Beste zustande kommen. Ein Brief von Justinus Kerner, den ich gelesen, (J. war zwei Tage in Winnenthal) erzählt, daß er immer einen Tag ganz wohl sei, den andern von Anfällen heimgesucht. Ein Gedicht, das er diktierte, zeigt von großer Traurigkeit, aber von ganz ungeschwächter Kraft des Ausdrucks, der Bilder und des Reims. Er könnte es in seinen besten Tagen gemacht haben. Seine Braut benimmt sich in ihrem großen Unglück wie man's nur wünschen kann und, was gar selten ist, die Schwiegermutter auch. Wenn er sich, wie zu hoffen steht, erholt, so erwartet ihn ein Leben, das der Mühe wert ist. – Den Gedanken, nach Frankfurt zu kommen, gib ja nicht auf. Allerwenigstes wollen wir nach Koblenz und zurück fahren mit einem Schiff voll Frauen, die sich können sehen lassen. Die hiesigen Poeten, Gutzkow an der Spitze, sehe ich samstäglich in der »indischen Gesellschaft am Ganges«, oder vielmehr im Ganges Augsburger Pagode so und so vieltes Viertel des Brama Bethl oder Spargl oder Melone &c. Den Theaterdirektor kenne ich auch gut und kann ich Dir etwas dienen, stehe zu Diensten. Nach Paris zu gehen würden mich nur sehr starke Hindernisse abhalten. Es ist die Hauptstadt von Deutschland, was nützt da viel reden. Zeigt sich die Möglichkeit, ans Brett zu kommen, ziehe ich ganz hin. Die Leutchen haben nicht den Lokalstolz, natürlich weil sie überhaupt keine Freude an der Heimat haben.

Bei Gutherz empfiehl mich bestens. Gratuliere zu den schönen Töchtern. Die meinige, namens Anna Karolina,Sie vermählte sich später mit Justizrat Dr. Jakob Siebert in Frankfurt a. M. und starb 1891. ist bis jetzt von sehr erträglichen Reizen, aber tüchtig gebaut und schlagt in die Rasse der Mutter. Ich war viel geplagt mit Unwohlheiten der Frau, die ihr nicht erlauben auszugehen, und so kann sie sich in der Zimmerluft nicht erholen. Er scheint aber am Ende zu sein. Der Sängerkrieg ist endlich auf der Leinwand angefangen. Er ist bestellt vom Städelschen Institut in Frankfurt, nebenbei gesagt um 7400 fl., was man in Wien nicht bekommt.

Spaun alles Schöne, seiner Frau, Schwester, Kindern und Bekannten. Leb recht wohl und schreib wieder einmal. Vergiß nicht einiges an Kifuen, der uns bald alle protegieren wird.

Dein alter Freund Schwind.


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