Moritz v. Schwind
Künstlers Erdewallen
Moritz v. Schwind

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Wartburg, 24. August 1855 (an Therese von Frech)

Verehrteste gnädige Frau! Wenn die alten Frauen widerwärtig sind, so geht nichts darüber, wenn sie aber charmant sind wie die Frau von Frech, so ist das auch was Allerliebstes. Vor allem wissen sie besser als die jungen, daß es einem alten Herrn wohl tut, wenn ihm ein wenig mit der Erinnerung an seine jungen Tage geschmeichelt wird, da doch wenig mehr als die Erinnerung davon übrig ist. Genug, Ihr Brief kam gestern, in einem meiner Frau eingeschlossen, zu mir auf die Wartburg, wo ich gerade noch den letzten Rest meiner Kräfte aufbiete, um die nächste Woche mit dieser unmenschlichen Arbeit fertig zu werden. Es sind jetzt gerade zwei Jahre, daß ich den Kontrakt unterschrieben habe, und nicht weniger als vierundzwanzig Bilder sind fertig. Ich zweifle nicht, daß die heilige Elisabeth besser begriffen hat als der Großherzog, daß ich mich ihr zu Ehren etwas sakrifiziert habe, und mir einige Beihilfe hat zukommen lassen. Gott sei Dank ist alle Welt zufrieden, Katholiken wie Protestanten, und ich habe mit der Vollendung dieser Arbeit alle weltlichen Sorgen so weit hinter mich gebracht, daß ich in meinem zweiundfünfzigsten Jahre so weit bin, als unsereiner in seinem zwanzigsten sein sollte, so weit nämlich, daß ich das Beste, was ich weiß, tun kann. Nach Traunkirchen zu reisen, wäre vielleicht das Allergescheiteste, daran kann ich aber jetzt nicht denken, denn erstens habe ich meine Kinder vier Monate lang nicht gesehen, und die Kleinste hat unterdessen angefangen, auf dem Chor zu singen, und zweitens habe ich ein terribles Geld ausgegeben. Freund Spaun, den ich viel tausendmal grüße, wird sich erinnern, wie man gerupft wird, wenn man an einem See ein Haus baut, und das geschah diesen Sommer zwischen Starnberg und Possenhofen, wo ich ein Stückchen Urwald gekauft habe. Es geht daraus hervor, daß ich mich endlich drein ergeben habe, mich für einen Bayern anzusehen. Ich habe mich lang genug gewehrt.

Im ganzen hat mir das Hofleben gar nicht übel gefallen, trotz des obligaten Pluzers, den ich jedes Mal losgelassen habe. Sagen Sie doch Mayerhofer, daß es mir zu leid getan hat, daß ich ihn nicht gesehen habe. Den Brief, der ihn für Mittag ankündigte, bekam ich um fünf Uhr abends, da nützte kein Nachfragen mehr. Hoffentlich trifft sich übers Jahr in Salzburg beim Mozartfest, das noch obendrein an meinem Hochzeitstag gehalten wird, alles was Füße hat. Ich werde nicht ermangeln, mich mit einer schönen Darstellung der Zauberflöte dabei zu produzieren. Sollte billigerweise auch Kenner in Bewegung gesetzt werden.

Den schönen Damen empfehle ich mich allerseits schönstens. Die beschädigte Büste wird sich ersetzen lassen, durch eine Photographie, die sich gewaschen hat. Ich wollte, ich sähe und hörte, was in Traunkirchen beisammen ist, und schätze es als ein großes Glück, wenn mitunter an mich gedacht wird. Was habe ich da für gute Tage gehabt, bei einem wie bei dem andern. Ich hätte aber in Wien verhungern können nach Belieben, und da wäre auch niemandem geholfen. Leben Sie recht wohl, gnädige Frau, und lassen Sie an diesem Geschreibsl Gnade für Recht ergehen. Ich habe schon gar keine Ruhe mehr und will lieber schließen. Nochmals tausend Grüße an die ganze verehrte Gesellschaft, und bleiben Sie freundlich Ihrem ergebensten Freund und Diener M. v. Schwind.


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