Moritz v. Schwind
Künstlers Erdewallen
Moritz v. Schwind

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Nieder-Pöcking, Sommer 1867 (an Mörike)

Sehr verehrter Freund! Jetzt wäre ich wieder in Nieder-Pöcking bei Starnberg. Sie brauchten also nicht einen so weiten Brief wie nach Wien hinunter zu schreiben, was, wie ich wohl weiß, eine zuwidere Geschichte ist, – um mich wissen zu lassen, wie es Ihnen samt Familie geht. Nach so langem Mangel an Nachrichten wäre es eine rechte Guttat, wenn Sie mir dergleichen zukommen ließen. Ich habe zu berichten, daß ich, Gott sei's getrommelt und gepfiffen, meine Arbeit in Wien ohne jeden Verdruß und ohne Krankheit oder Unwohlsein oder sonstige Störung glücklich zu Ende gebracht habe. In Anbetracht, daß der Spaß alle Tage um sieben Uhr früh angeht und, mit einer kleinen Unterbrechung von zehn bis elf, allenfalls bis fünf Uhr dauert, wenn auch nicht alle Tage, kann ich in meinen Jahren von Glück sagen, daß es so gegangen ist. Frau und Tochter haben das ihrige dazu getan, so wie mein alter Kamerad Moßdorf, der schon die Feldzüge auf der Wartburg und in Reichenhall mitgemacht hat, sich als ein Muster von Ausdauer und Freundschaft bewährt hat. Aber alles hat seinen Lohn gefunden. Die Frau kriegt einen neuen Schwiegersohn, die Tochter einen braven Mann, Medizinmann in Wien; Moßdorf eine selbständige Arbeit in seiner Heimat, die, wenn es auch wieder lausige Götter und Göttinnen sind, doch den Mann für Zeit Lebens gegen Mangel schütztKarl M., 1823 bis 1891, wurde 1847 Schwinds Schüler – der Meister schrieb damals von ihm: »Ich habe einen kleinen Sachsen in meiner Schule, der mir viel Freude macht« – und war sein Gehilfe bei der Ausführung der Fresken auf der Wartburg, in Reichenhall und Wien. Bei der selbständigen Arbeit, von der hier die Rede ist, handelt sichs um eine Darstellung der Mythe von Amor und Psyche im Schlosse zu Altenburg. ; der Maurer, der alle Tage auf dem Fleck war und ein Stück so schön angetragen hat wie das andere, hat vom Bau aus eine Gratifikation von 50 fl. erhalten nebst manchem guten Trinkgeld; und meine Wenigkeit kann sagen: ich brauche keine halbe Stunde mehr zu verkaufen, denn ich brauche kein Geld mehr, erstens und zweitens oder allererstens steht zu Mozarts Andenken die »Zauberflöte« an dem Fleck gemalt, wo sie hingehört, und das Auslachen und Nasenrümpfen hat ein End. Möge jede redliche Arbeit so ihren Lohn finden, wenn auch tamen sed tandem! Ein paar Jahre wollen wir's noch treiben. Vorderhand habe ich für die heiratende Tochter eine Titelblattzeichnung für ihr Haushaltungsbuch gemacht und ein Aquarell für den König, hoffentlich das letzte, und einiges für ein zweites gewerbliches Heft, so bequeme Sachen, denn ich bin etwas müd und bis die Hochzeit vorbei ist, kommt doch keine rechte Ruh ins Haus. Die Mörike-Zeichnungen habe ich mitgehabt und viel Freude damit gehabt. Ich bin doch noch auf Leute getroffen, die Ihre Gedichte nicht kennen. Hoffentlich büffeln sie jetzt daran.

Mit den besten Grüßen an Ihre großen und kleinen Damen Ihr alter Freund Schwind.


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