Moritz v. Schwind
Künstlers Erdewallen
Moritz v. Schwind

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München, Frühjahr 1840 (an Bauernfeld)

Lieber Freund! Deinen Verdruß über den letzten Durchfall»Damit ist vermutlich mein Lustspiel ›Ernst und Humor‹ gemeint.« Bauernfeld. begreife ich nicht nur, sondern teile ihn schon, seit ich davon hörte. Was soll man den Leuten machen, wenn ihnen solche Stücke nicht gefallen? mit Ernst ist nichts und mit Humor ist's auch nichts. Ich bin der Meinung, daß unsere Zeit, die zu nichts mehr Zeit hat, nur mit Gewalt dazu gebracht werden kann, sich vier Akte hindurch Zeit zu nehmen, sich zu unterhalten. Hol sie alle zusammen der Teufel. Das Rechte muß geschehen, clam vi et precario [insgeheim, mit Gewalt und Bitten] es ist nicht anders. Wenn Du etwas schreibst und herausgibst, wozu Du mich brauchen kannst, so disponiere ganz und gar über mich, ich werde aus jenem Fasse aufwarten, auf dem die schwarze Katz liegt.»Das ist der beste Wein, worauf die schwarze Katze sitzt.« Bauernfeld. Die Ausstellung meines Kartons [zum Kinderfries] hatte ich so eingerichtet, daß es nicht gar zu öffentlich ausfiel, nämlich nur vier Tage lang und bescheiden angezeigt. Es sah ihn indessen doch die ganze Künstlerschaft und eine gewaltige Menge Leute. Der König kam glücklich zu spät und geriet in einen schwer zu besänftigenden Zorn. »Ein König hat nicht alle Tage Zeit,« hieß es. – Mit dem Eindruck war ich sehr zufrieden. Trotz meinem losen Maul waren alle Sorten von Menschen zufrieden und darüber einstimmig, daß ich ein heiteres und lebendiges Werk zustand gebracht habe. Je besser der Mann, je besser das Lob. Mit den Zeitungsanzeigen war man allgemein unzufrieden. Ein großer und ausführlicher Artikel wurde an die Allgemeine Zeitung geschickt, aber nicht abgedruckt, worüber ich meinesteils froh bin. Ich habe bisher der Öffentlichkeit gegenüber immer im Aug gehabt, keinen Schritt vor zu tun, bevor man gewiß ist, ihn nicht wieder zurücktun zu müssen, und bin dabei gut gefahren. Wenn das Bild fertig und gut ist, dann werden und mögen sie jubilieren quantum sat [nach Herzenslust]. Den Winter über habe ich acht runde Tugenden gemalt für den Sitzungssaal der Ersten Kammer in Karlsruhe, als Weisheit, Gerechtigkeit, Stärke und Klugheit und gegenüber Frömmigkeit (pietas), Treue, Friede und Reichtum. Figuren von vier Fuß auf allerhand Thronen sitzend. Werden nächstens ausgestellt. Etwa halben April gehe ich nach Karlsruhe und habe bis dahin noch einen Karton von drei Figuren zu zeichnen, die Architektur, von Staat und Kirche beschützt, fertig zu machen und die Großherzoglich Hessische Familie für einen Lithographen. Das wird gut bezahlt und macht mir viel Spaß mit den seidenen Weibern und dem pompösen Beiwerk.

Von meinem Leben hier ist gar nichts zu sagen. Meine Familie in Wien bessert sich einigermaßen; traurig daß es bei Dir so übel geht. Lebe recht wohl und nimm mit diesem verrückten Zeug vorlieb. Grüße Herz und Niembsch, Winkler und Kifuen, Trost und Verzweiflung und schreib wieder einmal.

Dein Schwind.

 


Schubert und Vogl am Klavier
Federzeichnung von M. v. Schwind

 


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