Moritz v. Schwind
Künstlers Erdewallen
Moritz v. Schwind

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München, 28. Juni 1866 (an Schädel)

Lieber alter Freund! In der Freundschaft ist das neue Jahr eine Art österliche Zeit, wo man sich wieder nähert, in Ermanglung anderer Anregung. Meine zwei Töchter sitzen am Klavier und studieren an Deinen Liedern. Die kleine, die sehr gute Ohren hat und eine ganz hübsche Stimme, bringt sie in ihrer unbefangenen Weise ganz gut zustand. Ich bin also in der richtigen Atmosphäre, an Dich zu schreiben. Tatsächliches hat sich eine Menge zugetragen. Nie hat mir mein kleines Malepartus am See so gut gefallen, als wie ich an einem schönen Tage wiederkehrte und die Meinigen zufällig am Bahnhof waren. Ich blieb noch bis Anfang Oktober draußen und machte mit Behagen meine Sammlung von Gerätschaften fertig. Zwanzig Blätter mit fünfzig bis sechzig Gegenständen, Uhren, Oefen, Schmuckkästln, Gartengeschirren, Spiegeln und was weiß ich alles. Sie machten einiges Aufsehen und wurden für die Nürnberger Gewerbschule um 1000 fl. angekauft. Die konnte ich gut brauchen, denn das Haus hatte ein neues Dach nötig und die Badhütte einen neuen Steg. Ich machte mich daran, gewisse Gelegenheitsgedichte zu sammeln und solche die ich im Kopf hatte aufzuzeichnen, kurz ich richtete mich ein, behaglich zu privatisieren, da kam ein Hofrat aus Wien, um mit mir wegen Bildern in das Foyer des Opernhauses zu unterhandeln. Es stehen da vierzehn Büsten von Kompositeuren und über jeder ist eine Lünette zehn zu zwölf Schuh, vier zu sechs Schuh Durchmesser. Wer kann so was abweisen? Ich brauche die Sachen nicht selbst zu malen, weil sie eingesetzt werden, einige davon waren eigentlich schon da – für Mozart war von der Zauberflöte das Nötige übrig geblieben und den Gelegenheitsgedichten eingereiht. Ich machte also in Gottes Namen den Kontrakt am 11. November, und am 9. des nächsten Monats war ich mit den fertigen Kompositionen, in kolorierten Zeichnungen, auch noch beim Kaiser. Es fand weder bei ihm, noch beim Minister, noch beim Komitee irgend etwas den geringsten Anstand, im Gegenteil erntete ich allen möglichen Beifall. Jetzt zeichne ich an den Kartons. Anfangs Mai gehe ich nach Wien, und zwar nehme ich meine Frau und die Tochter Marie mit mir. Die Kleine wird hier trefflich untergebracht, und mein Sohn ist seit 1. Dezember als Ingenieurpraktikant in Dollnstein, zwischen Eichstätt und Nürnberg. Und was glaubst Du, wo ich in Wien meine Residenz aufschlage? Bei meiner alten Freundin, der Witwe Gutherz. Sie wohnt im eigenen Haus ganz in der Nähe des Praters, am fürstlich Rommofskyschen Garten, den sie gemietet hat. Es fand sich eine kleine Wohnung im dritten Stock mit der Aussicht in den Prater, wo wir unsre Studentenwirtschaft etablieren werden. Ich bin so froh darum, da ist meine Frau und Tochter auch gut versorgt, und wir haben Luft und was wir brauchen. Mein Bruder wohnt nicht weit, und die Schwimmschule ist auch in der Nähe.

Meine Frau ist Gott sei Dank gesund, die Marie aber mußte schon ein Paar Bälle in die Schanze schlagen, was sie übrigens sehr heiter durchführt. Leb recht wohl und schreib bald wieder einmal Deinem alten Freund Schwind. Schönste Grüße allerseits.


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