Moritz v. Schwind
Künstlers Erdewallen
Moritz v. Schwind

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München, 1. Juni 1859 (an Hähnel)

Lieber alter Freund! Es tut mir leid, Dir keine erwünschte Antwort auf Deine freundliche Einladung geben zu können. Es ist nichts fertig, was des Schickens wert wäre, obgleich ich seit Vollendung der sieben Raben ziemlich fleißig war. Sieben Kartons für Glasmalereien, worunter, komisch genug, auch die trauernden Juden vorkommen, kosten schon eine hübsche Zeit. Seit Ostern arbeite ich ausschließlich an den Bildern für einen großen gotischen Flügelaltar in die Frauenkirche. Die heiligen drei Könige, zehn Fuß breit, zwölf hoch. Maria Geburt und Tod, fünf Fuß breit und hoch vier. Passionsbilder ebensogroß und noch vier kleinere Bilder aus dem Leben Mariä. Das alles muß bis Oktober übers Jahr fertig sein. Ich habe mich dieser Arbeit lange gewehrt, weil aber die frommen Kirchenmaler, – beiläufig gesagt, das nichtsnutzigste Pack in der ganzen Künstlerschaft – die vom Kirchenmalen steinreich geworden sind, Forderungen machten, die die Kirche nicht bezahlen kann, habe ich mich dazu verstanden. Nebenbei ist es mir lieber, es bleibt eine Arbeit von mir in der Kirche als in dem lumpigen Magazin von Pinakothek, wo man doch nur für die Lohnbedienten arbeitet. Daneben habe ich fortgearbeitet an einer Sammlung kleiner lyrischer Bilder, von denen ich nichts ausstelle und nichts verkaufe, bis ihrer vierzig etwa beisammen sind, die ich mir zusammengestellt habe. Ich habe zu oft die Erfahrung gemacht, daß ein einzelnes solches Bild unter hundert andern gar nie zur rechten Geltung kommt, also versucht man's einmal so. Einige zwanzig sind teils fertig, teils angefangen, und wenn ich an der Kirchenarbeit müde werde, mache ich wieder ein paar.

Unsere alte Freundin, die Fürstin Wittgenstein, war mehrere Wochen hier. Kaulbach hat die junge in ganzer Figur und vollem Schmuck gemalt. Es ist eine gescheite und gute Frau, aber das ewige Propagandamachen für Liszt ist doch am Ende unerträglich. Mir ist sie in einem fort angelegen, ihre Tochter als die Heldin eines Märchens zu benützen und solches Zeug! Ich habe übrigens ein Engagement mit einer Fee, die sich gewaschen hat,vermutlich mit der Melusine. aber das Ding wird immer größer und jetzt habe ich keine Zeit. Ich könnte schon noch fünf bis sechs gesunde Jahre brauchen, um auszuführen was bereit liegt.

Bendemann geht also wahrscheinlichst wieder nach Düsseldorf! Es ist nicht anders! Je weiter einer herunterkommt, desto willkommener ist er den großen Herrn. Seine Stelle in Dresden wird leider nicht wieder besetzt, sonst hätte ich meinen Freunden zugemutet, sich für mich an den Laden zu legen; mir wäre nichts lieber, als hier fortzukommen. Ausgestellt wird wenigstens nie wieder etwas, steht also zu erwarten, ob nicht nach Umständen die kleine Sammlung, wenn sie fertig ist, zuerst in Dresden auftritt. Leb recht wohl, empfiehl mich bestens Deiner Frau und schreib wieder einmal Deinem Freund Schwind.


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