Ludwig Preller
Griechische Mythologie Theogonie, Götter
Ludwig Preller

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11. Pluton und Persephone.

Pluton ist der Zeus der tiefen Erde und der Unterwelt, Ζεὺς χϑόνιος und καταχϑόνιος, die herrschende Macht, der König über alle anderen Mächte der Unterwelt und über die 622 Verstorbenen (ἔνεροι i. q. inferi). Persephone ist an seiner Seite was Hera im Himmel ist, die Iuno inferna, averna, stygia oder wie sonst die Dichter die Unterwelt umschreibenVirg. A. 6, 138, Ovid M. 14, 114, Stat. Th. 4, 526..

Das Wesen dieser Herrschaft ist das Dunkel und die gestaltlose Unsichtbarkeit. Daher heißt es Il. 15, 187 ff. τρίτατος δ' Ἀίδης ἐνέροισιν ἀνάσσων – λάχε ζόφον ἠερόεντα, denn ζόφος ist eben das dichte Dunkel, zunächst das des Sonnenuntergangs, aber hier gleichbedeutend mit ἔρεβος. Seine Wohnung in der Tiefe ist deshalb δόμος Ἄιδος oder Ἀίδαο, er selbst Ἀίδης oder Ἀιδωνεύς, denn nur diese beiden Formen sind gebräuchlich, d. h. der Fürst jener geheimnißvoll unsichtbaren Welt in der tiefen Erde, woher alles Irdische kommt und wohin Alles wieder zurückgenommen wirdSo hieß ein Fluß am troischen Ida Ἀιδωνεύς, weil er nehmlich ins Unsichtbare der tiefen Erde verschwand, Paus. 10, 12, 2.. Ein altes Symbol dieser Unsichtbarkeit ist der sogenannte Helm oder die Kappe des Aïdes (Ἄιδος κυνέη), die der Tarn- oder Nebelkappe der nordischen Sage entspricht. Ursprünglich hatte sie die allgemeinere Bedeutung einer bergenden Nebelhülle, daher Il. 5, 845 Athena diesen Helm aufsetzt, bei Anderen Hermes, und auch die Heroen Perseus und Herakles bedienen sich ihrerHesiod. sc. Herc. 22 Ἄιδος κυνέη νυκτὸς ζόφον αἰνὸν ἔχουσα. Arist. Acharn. 390 σκοτοδασυμπυκνότριχά τιν' Ἄιδος κυνῆν. Vgl. Apollod. 2, 4, 2, Zenob. 1, 41 p. 15 ed. Gott. Sie entspricht im Wesentlichen der Nebelkappe unsrer Geister, Grimm D. M. 431, und ist das Gegentheil des Nimbus d. h. des ätherischen Glanzes, der von den Göttern ausgeht, oder vielmehr dessen Negation. Eustath. p. 613, 24 ἔστι δὲ κατὰ τοὺς παλαιοὺς νέφος τι πυκνότατον ἡ τοῦ Ἅιδου κυνέη, δι' οὗ καὶ ϑεοὶ ἀφανεῖς ἀλλήλοις γίνονται, ὡς εἶναι ταυτὸν κυνῆν Ἅιδου δῦναι καὶ ὑπὸ παχυτάτῳ νέφει γενέσϑαι.. Doch gehört sie vor allem dem im Dunkel und im Nebel einheimischen Fürsten der Unterwelt, dem sie nach Apollodor 1, 2, 1 vor dem Titanenkampfe von den Kyklopen gebracht wurde, wie dem Zeus der Blitz, dem Poseidon der Dreizack.

Uebrigens geräth man hinsichtlich dieses unterirdischen Paares auf sehr verschiedene Vorstellungen, je nachdem man entweder dem Epos oder den im Volke und in den volkstümlichen und mystischen Culten gegebenen Anschauungen folgt.

Dort ist die Vorstellung von dem Dunkel der tiefen Erde zu der von der Unterwelt geworden, mit einem Palaste, mit Gärten und Hainen, mit begrenzenden Flüssen und allerlei 623 Schrecknissen, wie davon gleich ausführlicher die Rede sein wird. Darin herrschen und walten Ζεύς τε καταχϑόνιος καὶ ἐπαινὴ Περσεφόνεια (Il. 9, 457), ein schreckliches Paar, die unversöhnlichen Feinde alles frischen Lebens, in das sie immer von neuem Tod und Verderben hineinsenden, verhaßt den Göttern und Menschen. Der König der Unterwelt ist in dieser Hinsicht der gerade Gegensatz zum Apoll, welcher so licht ist wie jener finster, so heiter wie jener traurig, so reich an Lust und Gesang wie jener verschlossen und schweigsamVgl. die Ausführung dieses Gegensatzes b. Plut. de El ap. Delph. 21. Λέγεται δὲ ὁ μὲν Ἀπόλλων ὁ δὲ Πλούτων καὶ ὁ μὲν Δήλιος ὁ δὲ Ἀιδωνεὺς καὶ ὁ μὲν Φοῖβος ὁ δὲ Σκότιος, καὶ παρ' ᾧ μὲν αἱ Μοῦσαι καὶ ἡ Μνημοσύνη, παρ' ᾧ δὲ ἡ Λήϑη καὶ ἡ Σιωπή, καὶ ὁ μὲν Θεώριος καὶ Φαναῖος ὁ δὲ Νυκτὸς ἀιδνᾶς ἀεργηλοῖό τε Ὕπνου κοίρανος. καὶ ὁ μὲν βροτοῖσι ϑεῶν ἔχϑιστος ἀπάντων, πρὸς ὃν δὲ Πίνδαρος εἴρηκεν οὐκ ἀηδῶς· κατεκρίϑη δὲ ϑνατοῖς ἀγανώτατος ἔμμεν. Εἰκότως οὖν Εὐριπίδης εἶπεν· Λοιβαὶ νεκύων φϑιμένων ἀοιδαί, ἃς ὁ χρυσοκόμας Ἀπόλλων οὐκ ἐνδέχεται. καὶ πρότερος ἔτι τούτου ὁ Στησίχορος· μάλα τοι μάλιστα παιγμοσύνας φιλέει μολπάς τ' Ἀπόλλων, κάδεα δὲ στοναχάς τ' Ἀίδας ἔλαχεν., der ganz unbändige und gewaltsame Gott des Todes, der von keinem Opfer, keiner Spende wissen mag, bei dem kein Gebet gilt und welcher eben deshalb in seiner Bedeutung des Todesgottes auch nur ausnahmsweise von den Menschen verehrt wurdeIn Elis s. Paus. 6, 25, 3, vgl. Schol. Il. 9, 158, Eustath. p. 744, 3, die sich auf einige Verse des Aeschylos in seiner Niobe berufen: μόνος ϑεῶν γὰρ Θάνατος οὐ δώρων ἐρᾷ, οὐδ' ἄν τι ϑύων οὐδ' ἐπισπένδων ἄνοις, οὐδ' ἔστι βωμὸς οὐδὲ παιωνίζεται· μόνου δὲ Πειϑὼ δαιμόνων ἀποστατεῖ. Gewöhnliche Epitheta sind στυγνός, ἄγριος, σκληρός, ἀμείλικτος, ἀδάμαστος, wie im Deutschen der grimmige, der bittere Tod, Grimm D. M. 808.. An seiner Seite thront Persephone, in dieser Auffassung furchtbar und ernst wie die altnordische Hel, die Herrin und Führerin der schrecklichen Erinyen (Il. 9, 569 ff.), die Inhaberin des versteinernden Medusenhauptes (Od. 11, 635), finster und grausam gegen das Leben, an welches sie wohl gar selbst die Hand des Todes legtHorat. Od. 1, 28, 20; 2, 13, 21, Virg. A. 4, 698. Lykophron Al. 49 kennt eine Persephone λέπτυνις d. i. οἷον λεπτύνουσα τὰ σώματα τῶν ἀποϑνησκόντων, also wie ein Dämon der Verwesung. Ein sehr gewöhnlicher Ausdruck für das Grab ist ϑάλαμος Περσεφόνης, Kammer der Persephone, vgl. Pind. Ol. 14, 20 μελανοτείχης δόμος Περσεφόνας.. Und ohne Zweifel sollte dieses auch durch ihren ältesten und eigentlichen Namen Περσεφόνη ausgedrückt werden, welcher wie die ähnlichen Wortbildungen Τισιφόνη, Γοργοφόνη, Θηροφόνη zu erklären ist, also Tod und Verderben aussagt.

624 Der gewöhnliche Cultus kannte zwar auch diesen Gott des Todes und der Unterwelt, aber doch mehr aus dem Naturleben, wie wir ihn schon aus der Sage vom Raube der Persephone und aus den Festen ihres Beilagers mit Pluton kennen gelernt haben, also wie er sich im heißen Sommer offenbarte und etwa auch im Winter, der Jahreszeit des Todes, die in einigen Gegenden gleichfalls dem Aïdoneus geweiht gewesen zu sein scheintWenigstens erklärt sich der makedonische Monat Αὐδυναῖος oder Αὐδωναῖος, der dem December und Januar entspricht, am natürlichsten als dialektische Umwandlung für Ἀιδωναῖος.. Weit vertrauter aber war das Volk mit der Vorstellung eines in der Erde wohnenden und schöpferisch wirksamen Gottes nach Art des italischen Tellumo, eines Gottes der Befruchtung, wie namentlich Hesiod W. T. 465 dem Landmann empfiehlt beim Pflügen zum Zeus der Erde und zur Demeter zu beten (εὔχεσϑαι δὲ Διὶ χϑονίῳ Δημήτερί ϑ' ἁγνῇ) und des Reichthums, in welchem Sinne er ganz allgemein Πλούτων genannt wurde, der Reichthumsspender, wobei zunächst an Getreidesegen zu denken ist: ein Name der sich zuerst bei den attischen Dichtern findet, also vielleicht aus dem eleusinischen Cultus stammtAesch. Pr. 806, Soph. Autig. 1200, Eurip. Alk. 360, Aristoph. Plut. 727. Später lautet der Name gewöhnlich Πλουτεύς, wie in vielen Grabschriften, C. I. n. 569. 1067. 2655b. 3123. 4588. u. A. Vgl. Lukian Tim. 21 ὁ Πλούτων ἅτε πλουτοδότης καὶ μεγαλόδωρος ἐών. Orph. H. 18, 5 πλουτοδοτῶν γενεὴν βροτέην καρποῖς ἐνιαυτῶν. Nach Hesych v. εὔπλουτον κανοῦν verstand man unter πλοῦτος speciell τὴν ἐκ τῶν κριϑῶν καὶ τῶν πυρῶν περιουσίαν.. Daher Empedokles sein Element der Erde gelegentlich durch den bildlichen Ausdruck φερέσβιος Ἀιδωνεὺς umschreibt und Bildwerke diesen Gott bald wie Dionysos mit einem Füllhorn bald wie Demeter mit einem Zweizack (δίκελλα), dem Instrumente des Ackerbaus, in der Hand darstellenPluton mit dem Füllhorn gelagert, bei ihm Perephatta sitzend, Innenbild einer Schale aus Vulci, Mon. d. Inst. 5, 49, und mehr Beispiele b. Welcker A. D. 3, 305. Der Zweizack auf Vasenbildern und andern Bildwerken s. Welcker A. D. 3 t. 12 S. 94, Gr. Götterl. 1, 630, Bullet. Arch. 1856 p. 41. 42. Es ist die δίκελλα, ligo, bidens, ein Werkzeug das zugleich zum Umwerfen der Erde und zur Zerstörung diente, Aesch. Prom. sol. fr 190 ἵν' οὔτ' ἄροτρον οὔτε γατόμος τέμνει δίκελλ' ἄρουραν. Eur. Phoen. 1155 βοᾶ πῦρ καὶ δικέλλας ὡς κατασκάψων πόλιν. In der R. der Ceres auf einem von Albric. deor. imag. 23 beschriebenen Gemälde.. Und natürlich theilte auch Persephone diese Eigenschaften, wie sie ja eben deshalb das Kind der Demeter ist, καρποποιοῦ παῖς Δήμητρος, wie Euripides Rhes. 964 sie nennt. Sie hieß also zu Hermione 625 μελίβοια d. i. die mit süßer Nahrung Nährende, wie der alte Lyriker Lasos von Hermione in einem Hymnus auf die chthonische Demeter seiner Vaterstadt sie genannt hatteΔάματρα μέλπω Κόραν τε Κλυμένοιο ἄλοχον μελίβοιαν Athen. 14, 19, vgl. 10, 82. Πολύβοια ϑεός τις ὑπ' ἐνίων μὲν Ἄρτεμις, ὑπὸ δὲ ἄλλων Κόρη Hes. d. i. πολυβότειρα, ein Beiwort der Ge., bei andern Dichtern Πολύβοια, bei den Lakonen Φλοιά (Hes.), was von selbst an Dionysos und an üppige Fülle erinnert. Auf Bildwerken erscheint sie wie Pluton mit einem Füllhorn oder mit Aehren und einem HahnAnn. d. Inst. 19 t. F, Bullet. Nap. 5 t. 5, Wieseler D. A. K. 2, 856. Vgl. Porph. d. abst. 4, 16 καὶ τὸν ἀλεκτρυόνα δὲ ταύτῃ ἀφιέρωσαν, διὸ καὶ ἀπέχονται οἱ ταύτης μύσται ὀρνίϑων ἐνοικιδίων· παραγγέλλεται γὰρ καὶ Ἐλευσῖνι ἀπέχεσϑαι καὶ κατοικιδίων ὀρνίϑων καὶ ἰχϑύων καὶ κυάμων ῥοιᾶς τε καὶ μήλων u. s. w., dem Sinnbilde ihres Aufganges im Frühlinge, wenn die schöne Jahreszeit sie ans Licht ruft; und auch sonst wurde sie, vollends wo sie an der Seite der Demeter oder des Dionysos erschien, mit entsprechenden Beinamen und Attributen viel und oft verehrt. Dahingegen sie im Winter die finstre Göttin des Todes und der Unterwelt ist, welche, wie sie der Mutter und den Himmlischen den Rücken hatte wenden müssenLucan 6, 700 coelum matrenique perosa Persephone., nun auch selbst nichts mehr von Fruchtbarkeit und fröhlichem Leben wissen wollte.

Es liegt in der Natur der Sache daß so widersprechende Vorstellungen der Mythologie nicht günstig waren. Möglich daß sich die ältere Volkssage hin und wieder mit diesen Göttern im Sinne von befruchtenden Mächten des Erdbodens beschäftigt hat; im weitern Verlaufe der griechischen Culturgeschichte sind sie ganz dem Halbdunkel der Mysterien anheimgefallen, welche die älteren Schilderungen der furchtbaren Götter des Todes mit den milderen Vorstellungen einer jüngeren Zeit durch Umdeutung und Verschleierung soviel als möglich in Uebereinstimmung zu setzen suchten. Daher sich ein Weiteres von ihnen kaum beibringen läßt als eben solche Umdeutungen und euphemistische Verschleierungen des älteren Begriffs, obgleich bei diesen was Pluton betrifft doch offenbar auch noch manche volkstümliche Bilder zu Grunde liegen. Im Allgemeinen ist er jetzt nicht mehr der düstre und furchtbare Gott des älteren Epos, sondern der Ehrwürdige schlechthin (κατεκρίϑη δὲ ϑνατοῖς ἀγανώτατος ἔμμεν Pindar), dessen man mit eigenthümlichem Grauen, aber doch mit Zutrauen und Hoffnung gedenkt. Genauer schildern 626 ihn viele Namen und Bilder, welche bald diese Empfindung bald die unendliche Zahl der seinem Scepter verfallenen und bei ihm verweilenden Verstorbenen, bald die Sicherheit und Schnelligkeit, mit welcher er seine Beute erjagt, in den Vordergrund stellen. So der Beiname Κλύμενος d. i. der Erlauchte, den er im Culte zu Hermione führteals angeblicher Bruder der Chthonia d. i. der Demeter., in anderen Εὔβουλος oder Εὐβουλεύς d. i. der Wohlwollende, welcher Beiname besonders in den eleusinischen und orphischen Traditionen beliebt warNikand. Al. 14, Orph. Argon. 24 c. intpp., Cornut. 35 ὡς καλῶς περὶ τῶν ἀνϑρώπων βουλευόμενον διὰ τὸ παύειν αὐτούς ποτε τῶν πόνων καὶ τῶν φροντίδων. Auch Bacchus führte diesen Beinamen (S. 556, [Anmerkung 1764]) und Zeus, dieser vorzüglich in Kyrene, Diod. 5, 72, Hesych.. Andere nannten ihn Πολυώνυμος d. i. den in vielen Culten und unter vielen Beinamen Verehrten und Verehrungswürdigen, ein Epithet welches vielen Göttern gemeinsam, aber bei diesem vorzüglich an seiner Stelle war. Oder man nannte ihn mit lebendigerer Färbung des Bildes Πολυδέγμων oder Πολυδέκτης (Hom. H. in Cer. 17. 430) d. i. den großen Wirth, den großen Gastgeber, weil man seinen Saal nach patriarchalischer Weise als Versammlungsort der bei ihm Weilenden dachte und die Verstorbenen euphemistisch τοὺς πολλοὺς oder τοὺς πλείους zu nennen pflegte. Oder man sprach, was dasselbe sagen will, von dem Zeus πολύξενος der Verstorbenen oder dem Ἅιδης πολύκοινος oder πάγκοινος, oder von dem Ἀγησίλαος d. i. dem großen Volksversammler, wie Aeschylos gelegentlich den Fürsten der Unterwelt genannt hatb. Athen. 3, 55, vgl. Kallim. lav. Pall. 130, C. I. n. 2599 u. die Inschr. a. Kreta b. Pashley 1, 152. Ἀγήσανδρος ὁ Ἀίδης Hes., oder man nannte ihn Ἰσοδαίτης d. h. den gleichen Austheiler, oder dachte sich ihn als einen starken Grundbesitzer, welcher die Verstorbenen packt um sie auf seinen Hof zu schleppenHes. ἐμπεδὴς γάμορος μάρψεν Ἀίδης· ἔμπεδον ἔλεγον τὸν Ἅιδην, ὥς Ἱππῶναξ. Jener Vers scheint eher vom Aeschylos zu sein. Ders. v. Ἰσοδαίτης, ὑπ' ἐνίων ὁ Πλούτων, ὑπὸ δὲ ἄλλων ὁ Πλούτωνος υἱός d. i. Zagreus s. oben S. 537. Nach Harpokr. Suid. ein ξενικὸς δαίμων, dem die Frauen gemeinen Standes huldigten. Zu jenem Verse vgl. Artemid. 2, 39 Πλούτων καὶ Περσεφόνη – ἀγαϑοὶ καὶ τοῖς γῆν πρίασϑαι βουλομένοις καὶ τοῖς ἐπὶ τὸ άρχειν ὁρμωμένοις· πολλῶν γὰρ ἄρχουσιν οἱ ϑεοὶ οὗτοι, in welchem Sinne auch wohl der Name Πλούτων erklärt wird, Lukian d. luctu 2 διὰ τὸ πλουτεῖν τοῖς νεκροῖς. Die Schaar des Todes b. Grimm D. M. 807.. Obwohl die gewöhnlichere Vorstellung ihn auf schnellem Wagen mit dunklen Rossen einherfahrend und seine Beute entführend dachte, in welchem Sinne der Raub der 627 Persephone gedichtet ist, daher Aïdoneus in der Ilias wiederholt κλυτόπωλος und bei Pindar χρυσήνιος heißtIl. 5, 654; 11, 445; 16, 625, vgl. Paus. 9, 23, 2. Auf den Abbildungen des Palastes des Pluton in der Unterwelt sieht man an den Wänden oft aufgehängte Räder. Sonst heißt dieser Gott bei Homer πελώριος und ἴφϑιμος, der Starke, der Gewaltige, der Riesige.. Oder man nannte ihn den großen Jäger Ζαγρεύς, welcher Name sowohl in älteren epischen Gedichten als bei Aeschylos von diesem Gotte gebraucht wurde, von letzterem aber auch für seinen Sohn, den Dionysos Zagreus, der in diesem Zusammenhange also für einen Sohn des Pluton und der Persephone und für eine Ausgeburt der tiefen Erde oder der Unterwelt galtMithin galt Zagreus zugleich für einen Sohn des Zeus und der Persephone und des Pluton und der Persephone, was auf sein Doppelverhältniß zur Ober- und Unterwelt deutet, wie bei der Persephone das zur Demeter und zum Pluton. Die wichtige Stelle über den Namen Ζαγρεὺς bei Et. M. Gud. u. Cramer An. Oxon. 2 p. 443, 8 ist nach Anleitung von G. Hermann Aesch. trag. 1 p. 331 so zu lesen: Ζαγρεὺς ὁ μεγάλως ἀγρεύων ὡς »Πότνια Γῆ Ζαγρεῦ τε ϑεῶν πανυπέρτατε πάντων« ὡς ὁ τὴν Ἀλκμαιωνίδα γράψας ἔφη. τινὲς δὲ τὸν Ζαγρέα υἱὸν Ἅιδου φασίν, ὡς Αἰσχύλος ἐν Σισύφῳ »Ζαγρεῖ τε νῦν με καὶ πολυξένῳ [πατρὶ] χαίρειν.« ἐν δὲ Αἰγυπτίοις οὕτως αὐτὸν τὸν Πλούτωνα καλεῖ, τὸν ἀγραῖον, »τὸν πολυξενώτατον Δία τῶν κεκμηκότων«, in welchen letzten Worten auf Aesch. Suppl. 157 Bezug genommen wird.. Oder endlich man stellte sich den Hades vor unter dem Bilde eines seine Schaaren weidenden Völkerhirten, der mit seinem Stabe die Verstorbenen in die »hohle Gasse« des Todes treibe, wie namentlich Pindar Ol. 9, 33 von dem Kampfe des Herakles bei Pylos dichtet, auch Hades habe mit seinem Stabe dareingeschlagen, βρότεα σώμαϑ' ᾇ κατάγει κοίλαν πρὸς ἀγυιὰν ϑνασκόντωνLa Mort de sa verge le toucha, Grimm D. M. 803..

Weit dämonischer und geisterhafter ist das spätere Bild der Persephone, ohne Zweifel weil die dualistische Natur dieser Göttin und der innere Widerspruch ihres Verhältnisses zur Ober- und zur Unterwelt eine klare Vorstellung hier vollends unmöglich machte. Namentlich brachte sie ihr Kommen und Gehen auf der Oberwelt, wo sie zugleich als schaffende und belebende Macht verehrt wurde, in allerlei mystische und genealogische Beziehungen zur Aphrodite (S. 275), zum Dionysos (S. 614), auch zur Artemis in der Bedeutung einer schaffenden Macht des Frühlings, daher diese Göttin schon von Aeschylos eine Tochter der Demeter genannt worden war (Herod. 2, 156), endlich und vollends zur Hekate als der nächtlichen Göttin des 628 Natur- und Geisterlebens (S. 246), die zuletzt völlig mit der Persephone identificirt wurde. Vorzüglich waren es immer die Orphiker, die diese bildlichen Wahlverwandtschaften und gegenseitigen Berührungen der verschiedenen Gottheiten und Gottesdienste hervorsuchten und für ihre mystischen und theologischen Zwecke in episch sein sollenden Gedichten pantheistischen Inhaltes weiter ausbeuteten. Wie sehr ihnen aber dabei hinsichtlich der Persephone die populäre Tradition entgegenkam, das beweisen vorzüglich ihre Namen, wie sie auch bei den gewöhnlichen Dichtern bester Zeit und in den volkstümlichen Culten in Gebrauch waren. So nannte man sie zur Zeit des Pindar oder in Theben nicht mehr Persephone, sondern Φερσεφόνη, welcher Name bei jenem Dichter vorherrscht und von den Erklärern auf die doppelten Eigenschaften des Spendens guter Gaben und des Todes gedeutet wirdHesych ἠ φέρουσα τὸ ἄφενος τουτέστι τὸν πλοῦτον διὰ τὸν καρπόν, ἢ ἀπὸ τοῦ φέρειν ὄνησιν. Nach Plato Krat. 404 C vermied man auch diesen Namen als einen furchtbaren und sagte lieber Φερρέφαττα. Kleanthes der Stoiker b. Plut. Is. Os. 66 erklärt τὸ διὰ τῶν καρπῶν φερόμενον καὶ φονευόμενον πνεῦμα. Orph. H. 29, 16 Φερσεφόνεια, φέρεις γὰρ ἀεὶ καὶ πάντα φονεύεις.. Oder man nannte sie Περσέφασσα (Aesch. Choeph. 490, Eur. Phoen. 684) und Φερσέφασσα (Soph. Antig. 894, Eurip. Hel. 175) oder Φερσέφαττα (Aristoph. Thesm. 287), daher ein Heiligthum in Athen, welches Φερρεφάττιον hieß und ein Fest der Φερεφάττια zu KyzikosAuf Vasenbildern auch Φερέφασσα und Περρέφαττα.. Ein Name den Einige durch φωσφόρος erklärten, weil nehmlich Persephone zu den fackeltragenden Göttinnen gehörte und eben deshalb mit der Artemis und Hekate oft verwechselt wurdeEurip. Phaeth. fr. 781 p. 479 ed. Nauck σὺ δ' ὦ πυρὸς δέσποινα, Δήμητρος κόρη., die Meisten aber von φάσσα oder φάττα ableiteten, einer Art von Tauben, die sowohl das Attribut der Persephone als das der Aphrodite warenPorph. d. abstin. 4, 16 τῆς δὲ Φερρεφάττης παρὰ τὸ φέρβειν τὴν φάτταν φασὶν οἱ πολλοὶ τούνομα τῶν ϑεολόγων· ἱερὸν γὰρ αὐτῆς ἡ φάττα.: wie diese beiden Göttinnen denn in dem Zusammenhange der allegorischen Naturanschauung, wie eine und dieselbe göttliche Macht des vegetabilischen Erd- und des Liebestriebes zugleich über Leib und Seele der Menschen regiere und abwechselnd Leben und Tod spende, mit der Zeit von selbst übereinkamen. Noch euphemistischer verfährt ein Wandgemälde 629 aus den letzten Zeiten des Heidenthums, der Schmuck eines Grabes der römischen Katakomben, wo eine Verstorbene vor das thronende Herrscherpaar der Unterwelt geführt wird und darüber die Namen Dispater und Abracura zu lesen sind d. i. ἁβρὰ κούρα d. h. das zarte Mädchen d. i. das DemeterkindOrph. H. 70, 3 Φερσεφόνης ἐρατῆς κούρης καλλιπλοκάμοιο..


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