Ludwig Preller
Griechische Mythologie Theogonie, Götter
Ludwig Preller

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6. Triton und die Tritonen.

Auch Triton ist in älteren Mythen nur ein Bild der rauschenden Fluth (S. 148. 445) und zwar von so allgemeiner Bedeutung daß sowohl das süße Wasser der Flüsse und Seen als das des Meeres darunter begriffen werden konnte. Doch gilt er gewöhnlich für den gewaltigen, den riesigen Sohn der Amphitrite und des tosenden Erderschütterers, der mit beiden die Tiefe des Meeres in goldnem Palaste bewohnt (Hesiod th. 930). Nach der herkömmlichen Vorstellung wurde der fabelhafte Tritonsee an der libyschen Küste für seine Heimath gehalten, ein alter Mittelpunkt von kosmogonischen Sagen und von manchen Seemärchen, wie sie namentlich in der Argonautensage erzählt wurdenHerod. 4, 178 ff. 188, Apollon. 4, 1551 ff. Auch in Karthago wurden Triton und Poseidon neben einander verehrt, Polyb. 7, 9, 2, vgl. Movers Phöniz. 2, 2, 468. Vermuthlich sind diese fischschwänzigen Ungeheuer phoenikischer Abkunft. Itanos auf Kreta, eine Stadt desselben Ursprungs, zeigt den Triton auf ihren Münzen.. Die Dichter beschreiben seine Gestalt wie sie auf älteren und jüngeren Bildwerken zu sehen ist, zur Hälfte die eines Seeungeheuers zur Hälfte die eines MenschenCic. N. D. 1, 28, 78 qualis ille maritimus Triton pingitur, natantibus invehens beluis adiunctis humano corpori. Vgl. Paus. 9, 21, 1, Aelian N. A. 13, 21 und El. céram. 3, 31–35.. Auf älteren Vasenbildern ist er nicht selten beflügelt und von einem Schwane begleitet, welcher auch in manchen alten Sagen ein Sinnbild des wilden ungestümen Meeres ist. Sonst ist sein gewöhnliches Attribut die gewundene Seemuschel, auch sein Instrument auf welchem er bald stürmische bald sanfte Weisen bläst, je nachdem er die Stürme und Fluthen erregen oder die erregten wieder besänftigen 469 willVirg. A. 6, 171 ff.; 10, 209, Ovid M. 1, 330 ff., Lucan 9, 348. Von Zeit zu Zeit glaubte man diese dämonischen Gestalten des Meeres, Triton mit seiner Muschel und die Nereiden, am Strande zu sehen, s. Plin. 9, 9, wo auch von verstorbenen Nereiden die Rede ist.. Misenus, der bekannte Trompeter des Aeneas, hatte den Tod gefunden weil er mit Triton zu wetteifern wagte, und eine episodische Fabel der Gigantomachie erzählte daß selbst die Giganten, als Triton in der Schlacht auf seiner Muschelgeblasen habe, vor solchen Tönen die Flucht ergriffen hätten (Hygin P. A. 2, 23). In andern Dichtungen erscheint er als ein zudringlicher Liebhaber der SeenymphenBesonders galt Κυμοϑόη d. h. die Schnellwogige für seine Geliebte, Virg. A. 1, 144, Claudian nupt. Honor, et Mar. 155 sqq., laus Seren. 126. ΤΡΙΤΥΝ und ΓΑΛΑΤΕΑ auf einem alterthümlichen Vasenfragment, Denkm. u. F. 1854 S. 221., oder er schlägt die Felsen mit dem Dreizack wie sein Vater Poseidon, oder er fährt wie dieser mit stolzen Rossen durch die WogenAttius b. Cic. N. D. 2, 35, 89, Ovid Her. 7, 50, Claudian VI cons. Honor. 377., oder er erscheint hin und wieder an der Küste wo ihn die griechische Volkssage als gefährliches Ungethüm, lüstern und gefräßig schildert, mit welchem Dionysos und Herakles kämpften (Paus. 9, 20, 4). Da er eigentlich ein mythologischer Gattungsbegriff ist, wie Silen Pan und ähnliche Figuren, so wurde den Dichtern und Künstlern bald neben dem einen Triton ein ganzes Geschlecht gleichgearteter und gleichgebildeter Wesen (darunter auch weibliche Tritonen) geläufig. Ein Geschlecht des Meeres wie das der Satyrn, der Panisken, der Kentauren auf dem festen Lande, neckisch und verliebt, mit den Nereiden buhlend und schwärmend, auf Muscheln blasend: lebendige Bilder der rauschenden tönenden gleitenden und wandelbaren Meeresfluth mit den geheimnißvollen Mächten und Gestalten seines Innern und seiner Tiefe. Namentlich bilden Tritonen und Nereiden den sehr lebendigen und gestaltenreichen Chor und Hintergrund bei allen größeren Darstellungen und Gruppen aus dem Kreise der Seegottheiten, wie sie von den Künstlern oft abgebildet wurden und von den Dichtern oft geschildert werdenVirg. A. 5, 240. 822 ff., Ovid M. 2, 8 ff., Apul. Met. 4, 31, O. Jahn a. a. O. 169 ff. 186 ff.. So beschreibt Pausanias 2, 1, 7 ein kostbares Kunstwerk im isthmischen Heiligthum, Poseidon und Amphitrite auf einem Viergespann, in ihrer Nähe Palaemon, neben dem Gespann Tritonen, auf dem Postamente die Geburt der Aphrodite aus dem Meere in der 470 Umgebung von Nereiden und die Bilder der Dioskuren, der Galene (Windesstille), der Thalassa, des Triton, der Ino und des Bellerophon mit seinem Pegasos. In anderen derartigen Compositionen sah man auch das fabelhafte Meerespferd, das die Götter und Göttinnen der See zu tragen pflegt, den sogenannten Hippokampos und sonstige Meeresungeheuer, wie sie das dienende Gefolge des Poseidon und der Amphitrite und der Aphrodite des Meeres bildeten, Seekentauren Seerosse Stiere Widder Böcke Seedrachen u. a. Eins der berühmtesten Werke der Art war eine große und figurenreiche Gruppe des Skopas, die Plinius zu Rom sah und 36, 26 so beschreibt: Neptunus ipse et Thetis et Achilles, Nereides supra delphinos et cete et hippocampos sedentes, item Tritones chorusque Phorci et pistrices ac multa alia marina, omnia eiusdem manus, praeclarum opus etiam si totius vitae fuisset. Auch gehörten diese phantastischen Seegeschöpfe in mannichfaltiger Zusammenstellung und Belebung zu den beliebtesten Gegenständen der späteren Decorationskunst, wie wir dergleichen auf Vasenbildern Wandgemälden Mosaiken Silbergefäßen, in Terracottareliefs und auf Sarkophagen in reicher Abwechselung beobachten können, wozu die gleichartigen Schilderungen der Dichter gefällige Erklärungen bieten.


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