Ludwig Preller
Griechische Mythologie Theogonie, Götter
Ludwig Preller

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4. Poseidon.

Der Herrscher über das Meer und das ganze Gebiet des flüssigen Elements, wie Zeus über den Himmel und seine Götter und Erscheinungen, Pluton über Erde und Unterwelt 443 gebietetΖεὺς ἐνάλιος Aesch. fr. 334.. Daher sich im Poseidon alle Eigenschaften zur persönlichen Einheit durchdringen, welche bei den übrigen Göttern dieses Kreises vereinzelt vorkommen.

Sein Name drückt die flüssige Natur im weitesten Umfange aus. Die älteren Formen sind das dorische Ποτιδᾶς (daher der Name der Stadt Potidaia) und das ionische Ποσίδης und Ποσείδης (daher das Fest Ποσίδεια und Ποσιδήιον), woraus weiterhin Ποσειδάων, Ποσειδῶν, dor. Ποτιδάν Ποτειδάν, aeol. Ποτίδαν Ποτείδαν geworden istΠοσίδεια Fest auf Mykonos und Tenos C. I. n. 2330–2333, Ποσείδιον häufig als Vorgebirge, Ποσιδήιον T. des Poseidon Od. 6, 266, der Mt. Ποσειδεών oder Ποσιδεῖος, auf Samos Ποσιδεών. Vgl. die Städtenamen Ποτιδανία Ποσειδανία Ποσειδωνία u. A. b. Ahrens dial. Aeol. p. 123, Dor. p. 198. 243 sqq. 571., Welcker Gr. G. 1, 623.. Die Wurzel ist dieselbe wie in den Wörtern πότος ποτίζω ποταμός. Also die Macht des Flüssigen überhaupt, die auch auf der Erde in Flüssen und Quellen wirkt, mit ihnen die Erde tränkt und befruchtet, daher Poseidon mit Demeter und Dionysos eng verbunden und ein Liebhaber aller Nymphen ist. Obwohl dieser Character des Poseidon allerdings weit mehr in den landschaftlichen Localsagen als in der allgemein gültigen, durch den epischen Gesang begründeten Mythologie zu Tage tritt.

Hier ist er vielmehr vorzugsweise der Meeresherrscher, dem es bei der Theilung unter den drei Kroniden zugefallen ist πολιὴν ἅλα ναιέμεν αἰεί Il. 15, 190 und der von dort aus über alle Fluth gebietet. Immer wird seine Wohnung, sein Palast in der Tiefe des Meeres gedacht und auch seine beiden ältesten Cultusstätten Aegae und Helike bedeuten eigentlich das Meer oder die Meeresküste, wo sich die Wogen brechen. Seinen Palast zu Aegae schildert die Ilias 13, 10 ff., wo Poseidon von dem höchsten Gipfel der waldigen Samothrake, welche Insel, ein hoch aus dem Meere aufgestiegener Bergrücken, gerade am Eingange in den Hellespont liegt und einen Ueberblick über die ganze Gegend gewährt, das Schlachtfeld von Troja beobachtet und darauf um den bedrängten Griechen beizustehen zunächst sein Gespann von Aegae holt:

      ἔνϑα τέ οἱ κλυτὰ δώματα βένϑεσι λίμνηςAuch bei Hesiod th. 931 u. Eur. Tr. 1 wohnt Poseidon in der Tiefe des Meeres, vgl. die Dichtungen vom Hephaestos und vom Dionysos Il. 6, 136; 18, 399, die Nereiden b. Apollon. 4, 772, Venus b. Apulei. M. 5, 28. In der Ilias wird eher ein Aegae an der Südspitze von Euboea, Od. 5, 381 das an der Küste von Achaja vorauszusetzen sein.
χρύσα, μαρμαίροντα τετεύχαται, ἄφϑιτα αἰεί.

444 »Er schirrt seine Rosse, die schnell dahinfliegenden mit ehernen Hufen und goldnen Mähnen, und selbst in goldne Waffen gehüllt fährt er nun über die Wogen, und es hüpfen unter ihm rings die Thiere des Meeres aus ihren Schlupfwinkeln hervor, denn wohl kennen sie ihren Herrn, und das Meer macht freudig Bahn. Die Rosse aber fliegen leichten Schwunges und kein Tropfen feuchtet von unten die eherne Achse.« Diese Rosse des Poseidon das sind die Meereswogen und die Meeresstürme wie sie dahin fahren und rollen, denn immer dachten die Alten und denken die Südländer zum Theil noch die undulirend laufenden und dabei tragenden Wogen unter dem Bilde von Rossen, für deren Schöpfer und Bändiger eben deshalb gleichfalls Poseidon galt. Und der schimmernde Wogenpalast in der Tiefe des Meeres von Aegae ist eigentlich auch nur eine Umschreibung des wogenden und brandenden Meeres, welches diesen Namen von demselben Stamme bekommen hat, der in den Namen Aegaeon Aegeus und des Aegaeischen Meeres hervortritt, so wie in den Ortsnamen Aegion Aegira Aegina, in den Wörtern αἰγιαλὸς αἰγιάλεια und darin daß man αἲξ; und αἶγες geradezu für die zwischen Felsen und Klippen brandenden Wogen und Wellen sagte, weil sie hüpfen und springen wie dieseArtemid. 2, 12 καὶ γὰρ τὰ μεγάλα κύματα αἶγας ἐν τῇ συνηϑείᾳ λέγομεν – καὶ τὸ φοβερώτατον πέλαγος Αἰγαῖον λέγεται. Schol. Lykophr. 135 Αἰγαῖον δὲ τὸ πέλαγος ἐκλήϑη ὅτι δίκην αἰγὸς ἀλμάτων κυματοῦται. Nehmlich αἲξ von ἀίσσειν in der Bedeutung jeder heftigen Bewegung, s. oben S. 94, [Anmerkung 196]. Nach Andern wurden die Klippen und Inseln des Meeres mit Ziegen verglichen, Varro l. l. 7, 22 mare Aegaeum quod in eo mari scopuli in pelago vocantur ab similitudine caprarum aeges, vgl. Paul. p. 24. Allgemein war das Aegaeische Meer als ein wildes und stürmisches verrufen, vgl. Himer. ecl. 13, 2, Dionys. P. 131 und die lebendige Schilderung des Aristides.. Eben deshalb suchte man auch jenes Aegae des alten epischen Gesanges an verschiedenen Stellen, später gewöhnlich am Strande von Achaja, wo das älteste Stammesheiligthum des ionischen Poseidon lag, mit größerem Rechte aber doch wohl an einem Punkte des Aegaeischen Meeres, entweder am Strande der Insel Euboea, wo es sogar mehr als einen Ort gab welcher Veranlassung zu jenem Namen gegeben haben konnteEine Insel oder Klippe in der Gegend von Karystos und dem verrufenen Vorgebirge Geraestos, Hesych Αἰγαί, νῆσος πρὸς τῇ Εὐβοίᾳ, ἱερὸν Ποσειδῶνος, vgl. Semos den Delier, dessen Name zu ergänzen ist, b. Sch. Apollon. 1, 1165 τὸ Αἰγαῖον πέλαγος οἱ μὲν ἀπὸ τῆς περὶ Κάνας αἰγὸς ἐπώνυμον γεγονέναι φασίν, οἱ δὲ ἀπὸ τῆς Καρυστίας τῆς Αἰγαίης ὀνομαζομένης. Und zweitens eine Stadt Aegae am Euripos, Anthedon schräge gegenüber, wo Strabo 8, 386; 9, 405 das älteste H. des Aegaeischen Poseidon sucht, vgl. Schol. Il. 13, 21., oder im offnen Meere zwischen Tenos und 445 ChiosPlin. 4, 51 Aegaeo mari nomen dedit scopulus inter Tenum et Chium verius quam insula, Aex nomine a specie caprae, quae Graecis ita appellabatur, repente e medio mari exsiliens. Cernunt eum a dextra parte Andrum navigantes ab Achaja, dirum ac pestiferum. Vgl. Nikokrates b. Schol. Il. a. a. O., oder endlich an der Küste von Aeolis in der Gegend von Kane, gegenüber dem Gestade von Mytilene. Und so drückt auch der Name Ἑλίκη, nach welchem Poseidon in einem weitverbreiteten achaeischen und ionischen Culte Ἑλικώνιος hieß, ursprünglich die schlängelnde Bewegung der Meereswogen aus, von ἕλιξ und ἑλίσσω, daher auch für den Ursprung dieses Namens verschiedene Ortschaften angenommen wurden. Auch ist Ἀμφιτρίτη, die Gemahlin des Poseidon als des Meeresherrschers, eine Personification des rings umrauschten und tosenden Meeres, von τείρω τρίζω τρύζω, sie und ihr Sohn Τρίτων, den sie vom Poseidon gebiert, sammt seiner Tochter, der tiefaufwogenden Βενϑεσικύμη (Apollod. 3, 15, 4). Ferner sind die gewöhnlichen Symbole dieses Cultus demselben Vorstellungskreise entlehnt. Namentlich der Dreizack, den Poseidon fast immer, die übrigen Meeresgötter oft in ihren Händen führen und der in Poseidons Händen zur magischen Stoßwaffe wird, mit welcher er bald Giganten bändigt (Apollod. 1, 2, 1) bald das Meer aufwühlt (Od. 5, 291) bald die Erde erschüttert und aus harten Felsen rieselnde Quellen oder sprengende Rosse hervorlockt: sei es nun daß er ursprünglich nichts weiter bedeutete als die Harpune des Thunfisch- oder DelphinenjägersAesch. Sieben 131 ὅ ϑ' ἵππιος ποντομέδων ἄναξ ἰχϑυβόλῳ μαχανᾷ Ποσειδᾶν, Hesych u. A. v. ἰχϑυόκεντρον, vgl. Böttiger Amalthea 2 S. 302–336, Müller Handb. § 356, 5. Dagegen erklärt sich Welcker Gr. G. 1, 628 ff., welcher die τρίαινα mit Plut. Is. Osir. 76 für ein Sinnbild des dritten Reiches hält, welches dem Poseidon bei der Theilung der Kroniden zugefallen. Für den Blitz spricht die herkömmliche Vorstellung des Dreizacks, fulmen trisulcum, Varro b. Non. p. 435. oder daß er eine Uebertragung des dreizackigen Blitzes des Herrschers im Himmel auf den Herrscher des Meeres wäre, etwa so daß dieses Symbol ursprünglich dem karischen Zenoposeidon angehört und sich von diesem angesehenen Gottesdienste weiter über das Mittelmeer verbreitet hätte. Ein anderes sehr gewöhnliches Symbol des Meeres und 446 aller Fluth, wie sie in stürmischen Wogen die Erde überschwemmt und brüllend dahertobt, war der Stier, den wir schon als Sinnbild der tobenden Flüsse kennen gelernt haben. Eben so sehr eignete er dem Poseidon, der deshalb ταύρεος Ποσειδῶν heißt und mit dunklen Stieropfern, hin und wieder auch mit Stierkämpfen geehrt wurde, namentlich in Thessalien und zu Ephesos in Ionien, wo die beim Feste des Poseidon dienenden Opferknaben ταῦροι genannt wurden wie die der Artemis zu Brauron geheiligten Mädchen ἄρκτοιAthen. 10, 25, vgl. Od. 3, 5, Hesiod sc. Herc. 104, Hesych Ταύρεια ἑορτή τις ἀγομένη Ποσειδῶνος, Artemid. Oneir. 1, 8 ταύροις δ' ἔτι κατὰ προαίρεσιν ἐν Ἰωνίᾳ παῖδες Ἐφεσίων ἀγωνίζονται – καὶ ἐν Λαρίσσῃ πόλει τῆς Θετταλίας οἱ τῶν κατοικούντων εὐγενέστατοι, wo mit Recht eine Feier des Poseidon vorausgesetzt wird, Lukian Hermot. 20.. Endlich der Delphin, im Poseidonischen Cultus wie in dem des Apollon ein Symbol des friedlichen und beruhigten Meeres, daher auch den freundlichen Nereiden eigen und in verschiedenen Sagen der Vermittler unverhoffter Hülfe aus der Gefahr des MeeresWie in der bekannten Geschichte des Taras und des Arion. Vgl. dessen Gesang b. Aelian. N. A. 12,45 ὕψιστε ϑεῶν, πόντιε χρυσοτρίαινε Πόσειδον, γαιάοχ' ἐγκύμον' ἀν' ἅλμαν· βραγχίοις περὶ δὲ σὲ πλωτοὶ ϑῆρες χορεύουσι κύκλῳ, κούφοισι ποδῶν ρίμμασιν ἐλάφρ' ἀναπαλλόμενοι, σιμοί, φριξαύχενες, ὠκύδρομοι σκύλακες, φιλόμουσοι δελφῖνες, ἔναλα ϑρέμματα κουρᾶν Νηρείδων ϑεᾶν, ἃς ἐγείνατ' Ἀμφιτρίτα.. Aber auch die hervorragendsten Eigenschaften Poseidons in seinem Verhältnisse zur Erde und zum festen Lande entsprechen ganz diesen Vorstellungen von seiner Meeresherrschaft, vorzüglich seine doppelte Natur als des Erschütterers und des Befestigers und Baumeisters der Erde. Denn man dachte sich die Erde auf dem Meere ruhend und von demselben getragen, weil sie in allen ihren Buchten und Busen vom Meere umgeben, in allen Tiefen und inneren Schluchten von ihm durchdrungen sei, wobei die eigenthümliche Beschaffenheit des griechischen Landes und der benachbarten Küstenländer und Inseln des Aegaeischen Meeres wohl in Anschlag zu bringen ist. Daher Poseidon γαιήοχος, der wie Atlas die Erde trägt und stütztDöderlein Horn. Glossar. S. 54 erklärt γαιήοχος mit Bekk. An. p. 229 ἀπὸ τοῦ τοῖς ὀχήμασι χαίρειν, vgl. Nitzsch im Philol. 1857 S. 10., ein ἀσφάλιος und baumeisterlicher Gott, der gewaltige Felsenmassen leicht bewegt und sie zu festen Bollwerken aneinander reiht. Aber auch Poseidon ἐννοσίγαιος und σεισίχϑων, der Erderschütterer der, wenn er seinen Dreizack in die 447 Rippen der Erde bohrt, das ganze Gebäude derselben bis in die tiefsten Wurzeln erbeben macht.

Uebersehn wir den Poseidonscultus nach seiner örtlichen Ausbreitung, so treffen wir zunächst in Thessalien und Boeotien auf viele sehr alte Stammsitze desselben. Thessalien hatte seine Thalbildung vorzüglich den Wasserfluthen und einem stürmischen Erdbeben zu verdankenτὸ γὰρ περὶ Λάρισσαν πεδίον ϑάλατταν εἶναι τὸ παλαιὸν πολλὰ τεκμηριοῖ Aristid. 2 p. 468., Boeotien mit seiner reichlichen Bewässerung und seinen großen innern Wasserbecken wies gleichfalls in vielen Spuren auf die Neptunische Gottheit zurück. Ueberdies waren über beide Landschaften die Minyer und jene aeolischen Völkerstämme ausgebreitet, welche ritterliche Uebungen mit kühner Seefahrt verbanden und auf ihren Schiffen nicht weniger waghalsig waren als auf ihren Kriegswagen und auf ihren Rossen. Daher die vielen Stammsagen dieser Gegenden, welche auf Poseidon zurückgehen, wie die von der Liebe des Gottes zur Tyro, der schönen Tochter des Salmoneus, die von ihm den Pelias und den Neleus gebiert; und zwar war es, wie wir aus Pindar P. 4, 138 erfahren, Poseidon Πετραῖος, der Felsenspaltende, welcher den Thessaliern vermittelst eines Durchbruchs der Berge ihr schönes Thal geschaffen hatteHerod. 7, 129, Philostr. Im. 2, 14, Schol. Pind. P. 4, 246., von welchem diese Heldenstämme sich ableiteten. Der eine, der des Pelias, gebot über Iolkos und führte von dort die ritterlichen Argonauten, der andere, der des Neleus, uns so wohl bekannt durch den reisigen Nestor, pflegte seinen Poseidon am sandigen Strande von Pylos zu verehren (Od. 3, 5–9). Aber auch Minyas, der Stammvater der Minyer, galt für einen Sohn des Poseidon, desgleichen Achaeos Phthios und Pelasgos, die erdichteten Urmenschen von anderen thessalischen Landschaften (Dionys. H. 1, 17), auch Aeolos und Boeotos, welche die Sage auf mehr als eine Weise vom Poseidon ableitete. Und so finden wir den Gott der Fluth in Boeotien sowohl in dem kadmeischen Theben als in dem minyeischen Orchomenos unter den ältesten Gottheiten, vorzüglich aber bei Onchestos am Eingange der Niederung des kopaischen Sees, welches Heiligthum zwischen beiden Staaten ungefähr in der Mitte lag und nach der Andeutung alter Sagen von beiden Seiten gleichmäßig bedacht wurde (Paus. 9, 37, 2).

Nicht weniger nachdrücklich wurde aber auch die Bevölkerung des ganzen Peloponnes auf die Verehrung des mächtigen 448 Gottes der Wasserfluthen hingewiesen, sowohl in seinen inneren Landschaften als an seinen rings vom Meere umflossenen Küsten. Gleich am Eingange zur Halbinsel traf man auf die alten Heiligthümer am Isthmos, die mit der Zeit zu einem Nationalgottesdienst für alle Griechen wurden. Dann waren Korinth Nauplia Troezen und die benachbarte Insel Kalauria voll von der Verehrung PoseidonsIn Troezen hängt die Sage von Aegeus und Theseus mit dem Poseidonsdienste zusammen, auch hieß es das Poseidonische und führt auf seinen Münzen den Dreizack, Plut. Thes. 6. Der Poseidonsdienst ist von dort nach Halikarnaß gekommen, C. I. n. 2655. Ueber Kalauria s. Strabo 8, 374, Paus. 2, 33 und die Inschr. b. Rangabé Antiq. Hellen. 2 p. 163. Ein Ποσειδῶν Καλαυρεάτης in Attika s. Monatsberichte d. Berl. Akad. 1853 S. 573., letztere besonders berühmt durch ihre für Handel und Schifffahrt einer früheren Zeit bedeutungsvolle Poseidonische Amphiktyonie, bei welcher Hermione, Epidauros, Aegina, Athen, Prasiae in Lakedaemon, Nauplia und das boeotische Orchomenos betheiligt gewesen waren, wie durch das Asyl, in welchem Demosthenes seinen Tod gefunden. Man erzählte daß Poseidon diese Insel von den Apollinischen Gottheiten eingetauscht habe, indem er der Leto dafür Delos, dem Apollo Delphi überließ: ein bildlicher Ausdruck des Anspruchs welchen beide Gottheiten, sowohl die der Fluth als die des Lichtes an solche felsige Stätten machten, wie sie in den griechischen Gewässern und an den Küsten so häufig sind. Weiter die südlichen Vorsprünge des Peloponnes, Malea und Taenaron, besonders dieses Vorgebirge der alte Sitz eines eigenthümlichen Poseidonsdienstes, welcher wahrscheinlich wie der stammverwandte auf der Insel Thera und der von Kyrene minyeischen Ursprungs warPaus. 3, 25, 4 ἐπὶ δὲ τῇ ἄκρᾳ ναὸς εἰκασμένος σπηλαίῳ καὶ πρὸ αὐτοῦ Ποσειδῶνος ἄγαλμα, vgl. Plut. Sap. conv. 17, Suid. ἔνϑα Ποσειδῶνος ἱερὸν Ἀσφαλείου, Steph. B. v. Die Sage von der Rettung des Arion war dort heimisch, auch wurde in derselben Gegend ein Fest Ταινάρια gefeiert, Hes. Ueber den T. des Poseidon u. die Höhle, wo neuerdings viele Votivbronzen, meist Stiere und Pferde, gefunden worden, s. Bursian Abh. d. K. Bayersch. Ak. d. W. 7, 777 ff. Ueber den Zusammenhang mit Thera, wo Poseidon gleichfalls in einer Felsengrotte verehrt wurde, Böckh üb. d. v. Hrn. v. Prokesch auf Thera gef. Inschr. Berl. Ak. 1836 S. 48 u. Franz Elem. epigr. 54 sqq.. Ferner treffen wir in Messenien zu Pylos, in Elis an vielen Stellen der Küste, besonders in dem berühmten Tempel auf dem Vorgebirge Samikon, in dessen Nähe Manche das alte Pylos suchten, endlich an der Küste von Achaja eine ganze Kette von 449 Poseidonsdiensten, wie diesem Gott denn ziemlich alle Vorgebirge heilig warenΣάμος ist eigentlich eine felsige Höhe, als Insel oder als Vorgebirge (daher Σάμος Θρηνικίη Il. 13, 12 d. i. Samothrake), sonst ῥίον, wo die stürmischen Wogen sich brechen (Od. 3, 295), daher die achaeisch-aetolische Meeresenge von Rhion und Antirrhion, τὰ ῥία b. Thuk. 2, 86, welche gleichfalls dem Poseidon heilig war, dem dort ein Fest unter dem Namen Ῥῖα oder Ῥίεια gefeiert wurde dessen in der Sage vom Tode Hesiods gedacht wird, s. Plut. Sap. conv. 19. Auch die Athenienser opferten hier nach einem Seesiege dem Theseus und Poseidon, Paus. 10, 11, 5.. Namentlich gab es in Achaja zwei alte Cultusorte unter dem Namen Aegae und Helike, deren schon die Ilias 8, 203 als zwei alter Mittelpunkte der peloponnesischen Poseidonsverehrung gedenkt und von denen Aegae mit der Zeit verfallen war (Herod. 1, 145, Paus. 7, 25, 7), Helike aber zwei Jahre vor der Schlacht bei Leuktra d. i. Ol. 101, 4 durch ein furchtbares mit einer Sturmfluth verbundenes Erdbeben verschlungen wurde (Strabo 8, 384, Diod. 15, 49, Paus. 7, 24, 4). Endlich im Innern der Halbinsel war ganz Arkadien voll von der Verehrung des Gottes der Fluthen und der Rossezucht, der sich auch in diesen innern Thälern und Bergen durch viele merkwürdige Erscheinungen offenbarte, durch tiefe Höhlungen und unterirdische Wasserbecken , in denen die Flüsse bald verschwanden bald wieder hervortraten, am meisten in der Gegend von Pheneos und StymphalosDiod. 15, 49, bei der Erzählung von jenem Erdbeben, nach welchem man aller Orten dem Poseidon opferte, διὰ τὸ δοκεῖν τὸ παλαιὸν τὴν Πελοπόννησον οἰκητήριον γεγονέναι Ποσειδῶνος καὶ τὴν χώραν ταύτην ὥσπερ ἱερὰν τοῦ Ποσειδῶνος νομίζεσϑαι καὶ τὸ σύνολον πάσας τὰς ἐν Πελοποννήσῳ πόλεις μάλιστα τῶν ἀϑανάτων τὸν ϑεὸν τιμᾶν τοῦτον. Vgl. E. Curtius Peloponn. 1 S. 35 ff. 185 ff.. Ueberdies birgt Arkadien in seinem Innern viele schöne Thäler, welche Ackerbau und Viehzucht, namentlich die Pferdezucht begünstigten, daher Poseidon hier häufig als Hippios neben Hermes νόμιος und Pan, ja als Gemahl der Demeter und Vater der Persephone verehrt wurde, was zu verschiedenen eigenthümlichen Sagenbildungen Veranlassung gegeben hatte. Besonders hatte Mantinea einen sehr alterthümlichen Cultus des PoseidonPaus. 8, 10, 2. 3. Die Priester des P. waren die angesehensten des Orts. Nach Bacchylides führten die Mantineer die Waffe des Poseidon, den Dreizack im Schilde, Schol. Pind. Ol. 11, 83 und nach Pindar a. a. O. trug der Mantineer Samos, Sohn des Halirrhothios d. h. des Wogenbrausers, den ersten Sieg mit dem Viergespann in Olympia davon. Auch die Ἱπποκράτεια der Arkadier bei Dion. Hal. 1, 33 beweisen die frühe und weite Verbreitung des Dienstes des P. Hippios in Arkadien., doch begegnen uns dieselben Formen des 450 Gottesdienstes und der Sage auch zu Pheneos und in der Gegend von Thelpusa und Phigalia, wo jene Fabeln von der Liebe des Poseidon zur Ackergöttin vorzüglich zu Hause waren.

Endlich die attisch-ionischen Poseidonsdienste, welche gewöhnlich von den peloponnesischen Stammsitzen in Achaja und der Gegend von Troezen abgeleitet wurden und in älterer Zeit in der Feier zu Kalauria und auf dem Isthmos, später zu Athen und auf Euboea sowie auf den Inseln Skyros und Tenos, endlich in den asiatischen Panionien auf dem Vorgebirge Mykale feste Mittelpunkte der ionischen Stammessage und Stammesverbindung gewonnen hatten, wie die Ionier denn von jeher dem Seeleben sehr ergeben waren. Die ältesten Ueberlieferungen der Art schließen sich an die Sage vom Aegeus und Theseus an, von denen jener der zum Heros gewordene Poseidon selbst ist, dieser sein Sohn und Stellvertreter in der Welt der Heroen, der mit seinen Thaten und Abenteuern auf der See und auf dem festen Lande die ältesten Bewegungen und Schicksale des ionischen Stammes unter der Obhut seines Stammgottes von Aegae mythisch ausdrückt. In Athen beweist das Eindringen des Poseidon Erechtheus in die alten Genealogieen des Landes und sein Verhältniß zur kekropischen Burggöttin (S. 161), wie mächtig der Einfluß des ionischen Stammes gewesen. Es ist auch hier der Aegaeische und Helikonische Poseidon, nach welchem letzteren in alter Zeit der später Agra genannte Hügel am Ilissos Helikon hießKlidem. bei Bekk. Anecd. p. 326, vgl. Paus. 7, 24, 4., der ungestüme Meeresherrscher welcher mit der Landesgöttin um den Besitz der Burg gekämpft und als Merkmal seiner Macht auf dem Burgfelsen die sogenannte Triaina oder ϑάλασσα zu ewigem Angedenken hinterlassen hatte, wie man von einem gleichen Streite der beiden Götter auch zu Troezen erzählte. Doch zeigte der Cultus beide als Versöhnte und gleichmäßig um das Wohl des Landes Besorgte, sowohl auf der Burg von Athen wo nur noch das Giebelfeld des Parthenon mit seinen Bildern an den Streit der Götter erinnerte, als in der Nähe der Stadt auf einem Hügel in der Gegend des Demos Kolonos wo sie als ἵπποι neben einander verehrt wurden, endlich auf dem südlichen Vorgebirge der attischen Halbinsel, welche gleichfalls beiden geheiligt warS. oben S. 172 u. Aristoph. Eq. 559 ὦ χρυσοτρίαιν', ὦ δελφίνων μεδέων Σουνιάρατε, ὦ Γεραίστιε παῖ Κρόνου. Tempelschatz Ποσειδῶνος ἐπὶ Σουνίω Mtsber. d. Berl. Akad. 1853 S. 573. Πεντετηρὶς ἐπὶ Σουνίω, ein ἀγὼν νεῶν s. Herod. 6, 87, Schoemann op. 1, 315, Sauppe d. inscr. Panath. Gott. 1858 p. 11. Im Piraeeus ἀγὼν Ποσειδῶνος mit cyclischen Chören Plut. X orat. 7, 13.. Auch die Insel Euboea mit der benachbarten attischen 451 Tetrapolis und der Insel Skyros gehörte zu den ältesten Sitzen des ionischen Stammes, daher auch in diesen Gegenden der Poseidonscult von nicht geringer Bedeutung war. Auf der südlichen Spitze der Insel war das Vorgebirge Geraestos die Stätte alterthümlicher Heiligthümer Feste und Sagen: ein Cultus welcher wie der Beiname Γεραιστὸς oder Γεραστὸς eine allgemeine Bedeutung für den ionischen Stamm gehabt zu haben scheint, da er sich in Troezen und auf dem Vorgebirge Sunion wiederfindetΓεραστὸς und Γεραιστὸς von γέρας γεραίρω, vgl. die attischen γεραραὶ oder γεραιραὶ und das Γεραίστιον in Arkadien παρὰ τὸ γέρας ὅτι τίμιόν ἐστι, διὰ τὸ ἐκεῖ τὸν Δία σπαργανωϑῆναι und Νύμφαι Γεραιστιάδες zu Gortys in Kreta, ὅτι τὸν Δία τρέφουσαι ἐγέραιρον Et. M. Ein Mt. Γεράστιος in Sparta, Γεραίστιος in Troezen, Γεραίστια in Euboea, Schol. Pind. Ol. 13, 159 ἄγεται Ποσειδῶνι διὰ τὸν συμβάντα χειμῶνα ἐν Γεραιστῷ, also mit Erinnerungen an Aias den Lokrer. Vgl. Strabo 10, 446, Steph. B. v. Γέραιστος.. Der lokrisch-opuntischen Küste gegenüber hatte sich auch später noch der Name Aegae behauptet, und daß endlich Skyros gleichfalls ein alter Mittelpunkt der ionischen Poseidonssage gewesen wird sich aus den Ueberlieferungen von Theseus ergeben. Unter den Kykladen war Tenos durch seinen Cult des Poseidon und der Amphitrite berühmt, zu welchem sich jährlich eine große Menge Volks von den benachbarten Inseln zu festlichen Schmausereien und gemeinschaftlichen Berathungen vereinigteStrabo 10, 487, Corp. Inscr. n. 2329–2334. Pos. führte auf Tenos u. a. den Beinamen ἰατρὸς Clem. Protr. p. 26 P. Auf Delos der Aegaeische Pos. u. die Nereiden Virg. A. 3, 74, Athen. 7, 47, ἱππηγέτης nach Tzetz. Lykophr. 767. Auf Naxos Kampf mit Dionysos u. s. w.. Endlich die zwölf Städte des kleinasiatischen Ioniens pflegten beim Vorgebirge Mykale, früher unter dem Vorstande von Priene, später unter dem von Ephesos im Dienste des Helikonischen Poseidon die Stammesfeier der Panionien zu begehen, daher sich derselbe Dienst auch bei den einzelnen Bundesgliedern fandHerod. 1, 148, Strabo 8, 384; 14, 639, Schol. Il. 20, 404. Heiligthümer des Helikon. Pos. in Milet und Teos Paus. 7, 24, 3.. Und zwar hielten diese Ionier den Poseidon Helikonios zu Helike in Achaja für das ursprüngliche Heiligthum ihres Stammes und wünschten eben deshalb auf die Mahnung des pythischen Orakels wo möglich das alte Cultusbild des Poseidon oder doch Abbilder davon zu erlangen, wozu die Bewohner von Helike nicht ihre Erlaubniß geben wollten. Daher man, als bald darauf Helike durch jenes Erdbeben 452 zerstört wurde, dieses für eine Folge des Zornes des Poseidon hieltDiod. 15, 49, Aelian N. A. 11, 19, Paus. 7, 24, 4..

Unter den dorischen Colonieen hatten Halicarnaß in Karien und Poseidonia (Paestum) in Lucanien ihre Poseidonsdienste von Troezen empfangen, welche Stadt gleichfalls den Namen Poseidonia führte, während in TarentHorat, Od. 1, 28, 29 Neptunus sacer custos Tarenti, vgl. Müller Dor. 2, 369, Welcker kl. Schr. 1, 89 ff. Κάλαβρος ein Bruder des Ταίναρος, welcher wieder für einen Bruder des Γεραιστὸς galt, Steph. B. Auf Peloron derselbe Höhlentempel wie auf Taenaron, s. oben S. 353, [Anmerkung 1071] u. Diod. 4, 85., dessen Gründer Taras für einen Sohn des Poseidon galt, minyeische Geschlechtsbeziehungen zu dem alten Dienste von Taenaron zu Grunde lagen, von welchem vermuthlich auch der mit der Orionssage verbundene Dienst des Poseidon auf dem Vorgebirge Peloron abstammte. Dahingegen Potidaea, die bekannte Stadt auf der thrakischen Chalkidike, und Kerkyra ihre Culte von Korinth erhalten hatten. Noch andere Stätten dieses Gottesdienstes sind deshalb merkwürdig, weil sie auf ausländischen Ursprung oder Verschmelzung griechischer und nichtgriechischer Elemente zurückführen, besonders manche Inseldienste, bei denen man am natürlichsten auf die sogenannte Minoische, eigentlich karisch-lelegische Meeresherrschaft und das in diesen Kreisen sich immer wiederholende orientalische Element zurückgeht. Die Einwirkung phoenikischer Religion liegt am deutlichsten vor bei dem Poseidonsdienste auf RhodosDiod. 5, 55. 58, nach welchem die dortigen Priester des Poseidon aus einem Geschlechte phoenikischer Abkunft gewählt wurden. Vgl. die διαδικασία Φαληρέων πρὸς Φοίνικας ὑπὲρ τῆς ἱερωσύνης τοῦ Ποσειδῶνος b. Dionys. H. de Dinarcho 10.. Dagegen verehrten die Karer noch später in ihren asiatischen Absiedlungen, namentlich zu Mylasa, einen Meeresgott unter dem Namen Osogos, den die Griechen durch Ζηνοποσειδῶν erklärenὈσογὼς oder Ζεὺς Ὀσογὼς war der einheimische Name, s. Böckh zu C. I. n. 2700. Vgl. Strabo 14, 659, wo die älteren Ausgaben Ὠσογὼ haben und Paus. 8, 10, 3, wo der Name verdorben ist. Auch b. Aristot. d. part. an. 3, 11 p. 673, 17 und b. Gran. Licinian. p. 45 P. scheint der Name wiederhergestellt werden zu müssen, s. Meineke Arch. Ztg. 1857 p. 103. Ein Ζηνοποσειδῶν mit Blitz und Dreizack auf geschnittenen Steinen etruskischer Abkunft b. Panofka verlegene Mythen 1, 4, 5, vgl. Dens. bei Gerhard D. und F. 1851 n. 27 t. 27 und Vinet le dieu marin Aegaeon p. 4.: ein Gott welcher übrigens nicht blos die Eigenschaften des Zeus und des Poseidon, sondern auch die des Apollon oder Helios umfaßt zu haben scheint, 453 wie dieser letztere denn auch bei den Griechen nicht selten z. B. in Rhodos und Athen, auf dem Vorgebirge Taenaron, auf dem Isthmos von Korinth und an andern Punkten neben Poseidon verehrt wurdeO. Müller Aeginct. p. 27, K. F. Hermann im Philol. 1854 p. 700..

In den Sagen vom Poseidon und dem Mythenkreise seiner Umgebung pflegt besonders das Gebietende Starke Trotzige seiner Meeresnatur hervorgehoben zu werden. Bei Homer ist er ein gewaltiger Gott, mächtiger Kronide, aber jünger als Zeus und deshalb, obwohl leicht erzürnt und widerspenstig (S. 130), doch weniger mächtig als der erstgeborne Weltherrscher mit der Alles bezwingenden Kraft seines Blitzes und zur rechten Zeit nachgiebig. Als Herrscher des Meeres heißt er εὐρυκρείων (Il. 11, 751), ποντομέδων ἄναξ (Aesch. Sieben 131), εὐρυμέδων (Pind. Ol. 8, 31). Von den Vorgebirgen, auf den Inseln, in den Häfen gebietet er mit seinem Dreizack, ein starker ungestümer unbändiger Gott, daher εὐρυσϑενής (Od. 13, 140) und ἐρισφάραγος (H. in Merc. 187) oder ἐρίκτυπος der Dumpftosende (Hesiod th. 456), oder εὐρυβόας (Cornut. 22), oder wie er bei Plautus Trin. 4, 1, 6 beschrieben wird: te omnes saevomque severumque atque avidis moribus commemorant, spurcificum immanem intolerandum vesanumHesych ἀεσίμαινα, ἡ τοῖς πνεύμασι τῶν ἀνέμων μαινομένη· ϑαλάσσης δὲ τὸ ἐπίϑετον.. In diesem Sinne wurde auch seine Gestalt und körperliche Bildung gedacht, mit dunkelwallenden Locken (κυανοχαίτης), mächtig gewölbter Brust (εὐρύστερνος, vgl. Il. 2, 479), mit Augen die wie das Meer bläulich schimmernγλαυκοὶ Paus. 1, 14, 5, vgl. Cic. N. D. 1, 30, 83 isto enim modo dicere licebit Iovem semper barbatum, Apollinem semper imberbem, caesios oculos Minervae, caeruleos esse Neptuni. und in der Umhüllung eines dunklen Mantels (Cornut. 22). Eben dahin gehört sein Kampf mit anderen Göttern um den Besitz eines Landes, mit Pallas um Athen und Troezen, mit Helios um Korinth, mit Hera um Argos, mit Zeus um Aegina, mit Dionysos um Naxos, mit Apoll um Delphi (Plut. Symp. Qu. 9, 6). Desgleichen die Meeresungeheuer (κήτη) die er aus der See sendet, wie die aus der Fabel der Hesione und der Andromeda bekannten, auch jene wilden Stiere die auf sein Gebot aus der empörten Meeresfluth ans Land steigen um die Fluren zu verwüsten und die Menschen zu tödten, wie der kretische und der marathonische Stier in der Herakles- und 454 Theseussage und der welcher nach ausgesprochenem Fluche des Theseus seinen Sohn Hippolytos vernichtet, von welcher Erscheinung Euripides Hippol. v. 1198 ff. eine furchtbar schöne Beschreibung machtAuch die deutschen und nordischen Sagen kennen diese aus dem Wasser aufsteigenden Pferde und Stiere, J. Grimm D. M. 458.. Vollends haben die Abkömmlinge des Poseidon gewöhnlich ganz diesen Character des wilden und ungestümen Meeres, wie schon die Alten dieses hervorgehoben habenCic. N. D. 1, 23, 63 Quid de sacrilegis, quid de impiis periurisque dicemus? Tubulus si Lucius umquam, si Lupus aut Carbo Neptuni filius, ut ait Lucilius, putasset esse deos, tam periurus aut tam impurus fuisset? Bei Aristophanes hieß ein zudringlicher Riese Ἱλάων Sohn des Poseidon, Hesych. Vgl. Gell. N. A. 14, 21, Serv. V. A. 3, 241.. So die riesigen und gewaltthätigen Laestrygonen und Orion und unter den Kyklopen Polyphemos, ferner der gewaltthätige Kyknos der trojanischen Sage und vollends jene Recken und Unholde der Heraklessage, der libysche Antaeos und der aegyptische Busiris, in der Argonautensage der Bebrykerfürst Amykos, in der Theseussage Korynetes Prokrustes Kerkyon und Skiron. Eben deshalb war ihm unter den Monaten vorzüglich der der stürmischen Jahreszeit des Winters vor der Sonnenwende geweiht, der bei den Ionen allgemein Poseideon hießAnakreon nach Bergk poet. lyr. p. 776 ed. 2 Μεὶς μὲν δὴ Ποσιδηιὼν ἕστηκεν, νεφέλαι δ' ὕδωρ βρύουσιν, Δία δ' ἄγριοι χειμῶνες κατάγουσιν. Vgl. Theophr. char. 28 καὶ τῷ ψυχρῷ λούεσϑαι ἀναγκάζει τῇ τοῦ Ποσειδῶνος ἡμέρᾳ d. h. wo es am kältesten war. Es war der 8 Poseideon, welcher auch dem Theseus heilig war, Plut. Thes. 36., weil sich die Majestät des Meeres dann am großartigsten offenbarte, wie die des Zeus im Donnergewölk. Denn von Poseidon kommen alle Stürme Wogen und Schiffbruch, wie aus der Odyssee bekannt ist (4, 500 ff.; 5, 282 ff.; 23, 234 ff.). Er vernichtet im furchtbaren Sturme den Frevler Aias den Lokrer und zerstört zum Heile der Griechen die persische Flotte an der Küste Sepias, wofür er als Σωτὴρ verehrt wurde (Herod. 7, 192). Obwohl er eben so oft als ἀσφάλιος angerufen wurde d. h. als Gott des beruhigten Meeres und der ungefährdeten SchifffahrtAristid. in Nept. p. 30 Ddf., Appian b. civ. 5, 98., vorzüglich in den Häfen und auf den Vorgebirgen. Als solcher beschwichtigt er die aufgeregten Götter und Wogen der Fluth, wie Virgil dieses beschreibt, sendet günstige Fahrwinde und führt das Schiff mit sanfter Hand in den HafenIl. 9, 362, Pind. l. 6, 37 ἀλλὰ νῦν μοι Γαιάοχος εὐδίαν ὄπασσεν ἐκ χειμῶνος. Epicharm b. Athen. 7, 114 αὐτὸς ὃν Ποτειδὰν ἄγων γαύλοισιν ἐν φοινικοῖς. Poseidon und Aphrodite auf demselben Viergespann, alterthümliches Vasenbild der El. céram. 3, 15.. Natürlich war 455 überhaupt jede Art von Betrieb oder Verkehr auf dem Meere dem Poseidon heilig und unterthan (Diod. 5, 69), Fischfang Handel Schifffahrt, auch der Krieg auf dem Meere, und zwar mit allen Wechselfällen und Erfolgen. So wurde namentlich der Seesieg dem Poseidon zugeschrieben, der deshalb auf Inseln und Küsten häufig als τροπαῖος verehrt wurde. Alle Seehelden und Sieger zur See pflegten sich daher mit seinen Attributen zu schmücken oder für seine Günstlinge zu geltenVgl. das Anathem der Spartaner zu Delphi, P. 10, 9, 4 Λύσανδρος στεφανούμενος ὑπὸ τοῦ Ποσειδῶνος., wie in hellenistischer Zeit Antigonos und Demetrius mit einer ganz besondern Huld des Poseidon auf ihren Münzen und anderen Denkmälern prahlten und in gleichem Sinne später Sextus Pompejus und Agrippa den Gott des Meeres verherrlichten.

Andere Sagen und Bilder beziehen sich auf seine erderschütternde und erdbefestigende Natur, weswegen er σεισίχϑων, χαιήοχος, ϑεμελιοῦχος (Cornut.) und im gewöhnlichen Sinne des Wortes ἀσφάλιος oder ἀσφάλειος hieß. Ein Homerischer Hymnus 22, 2 nennt ihn γαίης κινητῆρα καὶ ἀτρυγέτοιο ϑαλάσσης, Aristophanes Wolken 566 τὸν μεγασϑενῆ τριαίνης ταμίαν, γῆς τε καὶ ἁλμυρᾶς ϑαλάσσης ἄγριον μοχλευτήνPind. I. 4, 19 (3, 37) κινητὴρ γᾶς. Soph. Trach. 502 τινάκτωρ γαίας.. Die Ilias malt solche Verwüstung während des Götterkampfes, wo Zeus von oben donnert und blitzt, Poseidon von unten die Erde erschüttert, daß sie in ihren Gipfeln und Grundfesten erbebt und Aïdoneus, der Fürst der Schatten darüber in seiner Tiefe erschrocken vom Throne aufspringt, in der Angst daß Poseidon ihm die Decke über dem Kopfe zerreiße (Il. 20, 54 ff.). Daher leitete man alle Erdbeben von diesem Gotte ab und verehrte ihn besonders in den Gegenden die solchen Erschütterungen ausgesetzt waren, wie in Sparta, wo unter Agesipolis während eines Erdbebens das ganze Volk einen Paean zum Poseidon ἀσφάλιος sang (Xenoph. Hellen. 4, 7, 4, Paus. 3,11, 8), auf den griechischen Inseln, welche von solchen Plagen viel zu leiden hatten und von denen namentlich die Sporaden des aegaeischen Meers, wie man glaubte, ihre Existenz einer großen Katastrophe der Vorzeit verdanktenKallim. Del. 30 ff., Diod. 5, 47, Orph. Argon. 1286 ff. Daher verschiedene Heiligthümer am Eingange des Pontos Euxinos Aristid. p. 35 Ddf. und an der Meeresenge von Rhegion, wo man gleichfalls eine gewaltsame Losreißung Siciliens von Italien annahm, Diod. 4, 85, Dionys. P. 473. Von Apamea Strabo 12, 579., auch zu Apamea in Phrygien, 456 obwohl es mitten im festen Lande lag. Ueberhaupt pflegte man alle Merkmale gewaltsamer Erderschütterung, vorzüglich die Spalten und Risse in Felsenwänden und die kühnen Klippen und Gebilde, woran die Inseln und Küsten in Griechenland so reich sind, von dem Dreizacke Poseidons abzuleiten; daher derselbe eine nothwendige Figur des Gigantenkampfes war und namentlich die Insel Nisyros für ein von Kos abgerissenes Felsenstück galt, welches Poseidon auf den Giganten Polybotes oder Ephialtes geschleudert habe (S. 60). Von dem Stoße in den Burgfelsen von Athen zeugen noch jetzt drei tiefe Spalten unter der großen Eingangshalle zum Erechtheum, durch die der Glaube des Alterthums sogar von Zeit zu Zeit die Fluthen des erregten Meeres in der Tiefe rauschen hörte, und eines ähnlichen Wunders, einer salzigen Quelle auf festem Lande, rühmte sich auch das alte Heiligthum zu Mantinea und das des karischen Osogos zu MylasaPaus. 8, 10, 3. Auch zu Aphrodisias in Karien gab es einen Brunnen mit Seewasser, P. 1, 25, 6.. Bei andern Gelegenheiten, wo die Natur feste Massen, Inseln oder Berge, aus dem Schooße des Meeres hervortrieb, pflegte man des Poseidon ἀσφάλιος zu gedenken; daher als bei Thera im J. 237 v. Chr. während eines vulkanischen Ausbruchs eine neue Insel auftauchte, die Rhodier gleich hinschifften und diesem Poseidon ein Heiligthum stifteten (Strabo 1, 57). Aus denselben Vorstellungen erklärt sich endlich die Dichtung von den Pforten zum Tartaros, die Poseidon gebaut (oben S. 52) und die von dem Mauerbau des Poseidon zu Troja im Dienste des Laomedon, daher derselbe Gott diese Mauern bei der Zerstörung der Stadt auch wieder mit seinem Dreizack vernichteteIl. 7, 452; 21, 446, Virg. A. 2, 610, vgl. Il. 12, 27 ff. Auch Byzanz rühmte sich seine Mauern von Poseidon und Apollon erhalten zu haben, Hesych. Mil. orig. Cp. 12.. Ueberhaupt war er auch in dieser Beziehung sowohl der Erregende als der Besänftigende, der Zerstörer und der Wiederaufbauer; ja Poseidon galt überhaupt für den Gott des festen Grundes, worauf der Mensch sein leicht zerstörtes Haus baut, daher man ihm hin und wieder Maulwürfe opferte, offenbar weil sein Element den Boden der Erde maulwurfsartig zu durchdringen schienCornut. 22. Poseidon δωματίτης Paus. 3, 14, 7. Πόσειδον ὃς αμφότερα αἴληχας, κινεῖν τε καὶ σώζειν Aristid. 1 p. 437 nach einem Erdbeben in Smyrna wo Poseidon auch durch andre Merkmale von sich zeugte, ib. 378..

457 Einen milderen Character, so zu sagen den einer continentalen Fruchtbarkeit, offenbart Poseidon in solchen Sagen welche ihn als einen Gott des süßen Wassers, also der Flüsse und Quellen und des daher entsprießenden Segens schildern, in welchen Fällen sich seine Bedeutung ganz der des Okeanos und der Flußgötter nähert. So sagt Aeschylos Sept. 307 von der Dirkaeischen Quelle: ὕδωρ τε Διρκαῖον εὐτρεφέστατον πωμάτων ὅσων ἵησιν Ποσειδῶν ὁ γαιάοχος Τηϑύος τε παῖδες, und bei Plato Krit. 113 E läßt Poseidon auf der Insel Atlantis zwei Quellen und allerlei Nahrung entspringenServ. V. Ge. 1, 12 quoniam Neptunus et fluminibus et fontibus et omnibus aquis praeest, ut ipse docet Ge. 4, 29. So wurden auch die Nereiden bisweilen zu den Okeaninen gerechnet, Schoemann op. 2, 165.. Daher dieser Gott auch in den Flüssen waltend gedacht (Pind. Ol. 6, 58) und an Quellen und Brunnen als νυμφαγέτης und κρηνοῦχος, an Landseen als ἐπιλίμνιος verehrt wurdePaus. 2, 2, 7, Hesych ἐπιλίμνιος, Cornut. 22. Die Erscheinung des Poseidon, der Amphitrite, des Nereus und der Nereiden bedeutet nach Artemid. 2, 38 sowohl Erdbeben als Regen.. Unter den landschaftlichen Sagen tritt diese Bedeutung vorzüglich in denen von Arkadien Troezen und Argolis hervor. Nach der Sage von Troezen (Paus. 2, 30, 6; 32, 7) hieß die Landschaft ursprünglich ’Ὠραία d. i. die Blühende und ihr erster Einwohner Ὦρος d. i. der Zeitiger hatte eine Tochter Ληίς, was dasselbe bedeutet wie ἄρουρα, ἀλωή. Diese gebiert von Poseidon den Ἄλϑηπος, von welchem die Landschaft Ἀλϑηπία genannt wurde, welche Namen mit ἀλϑαίνω zusammenhängen. Althepos gründet ein Heiligthum der Demeter Thesmophoros, neben welcher Poseidon als φυτάλμιος verehrt wurde d. h. der durch sein Naß die Erde befruchtendeCornut. 22 φυτάλμιον αὐτὸν ἐπωνόμασαν ἐπειδὴ τοῦ φύεσϑαι τὰ ἐκ τῆς γῆς γινόμενα ἡ ἐν αυτῇ δηλονότι ἰκμὰς παραίτιός ἐστιν. Vgl. Plut. Sap. conv. 15, Symp. Qu. 5, 3, 1; 8, 8, 4. P. γενέϑλιος Apollon. 2, 3, in Sparta Paus. 3, 15, 7, γενέσιος 2, 38, 4., also derselbe Poseidon den die attischen Phytaliden, ein Geschlecht der Pflanzer, neben andern Göttern des vegetativen Segens verehrten (Paus. 1, 37, 1), und der uns oben S. 79 aus der Fabel von den Aloiden bekannt geworden ist; in der Uebertragung auf menschliche Geschlechter führte er auch den Namen γενέϑλιος und γενέσιος. Weiterhin wird in jenen Genealogieen von Troezen auch Anthes und das Geschlecht der Antheaden d. i. 458 der Blühenden von Poseidon abgeleitet, dessen Priesterthum dieses Geschlecht auch in Halikarnaß erblich inne hattePaus. 2, 30, 7, Böckh z. Corp. Inscr. n. 2655.. Und so wußte auch die argivische Landessage von diesen quellenden Wundern des Poseidon zu erzählen. Die Umgegend von Argos war von Natur arm an Quellen, man sagte weil Poseidon der Landschaft zürnte da Inachos sie nicht ihm, sondern der Hera zugesprochen hatte. Desto wichtiger war die quellenreiche Niederung von Lerna, wo der schöne Sprudel der Ἀμυμώνη d. h. der Tadellosen noch jetzt bei aller Verwilderung des fruchtbaren und sagenreichen Wiesengrundes in üppigen Ergüssen aus der Erde aufquillt. Die Sage erzählte daß Amymone eine der Töchter des Danaos gewesen sei, die der Vater in diese Gegend gesendet habe um Wasser zu schöpfen. Von einem Satyr bedrängt schreit sie um Hülfe, da erscheint Poseidon, gewinnt die Liebe der schönen Danaide und belohnt ihre Hingebung dadurch daß er seinen Dreizack in die Erde bohrt und damit jene Quelle, Andere sagten drei Quellensprudel hervorlockte. Nehmlich auch hier zeigte man eine τρίαινα d. h. die Merkmale der drei Zinken der Poseidonischen Waffe. So ward Poseidon auch auf dem karischen Vorgebirge Triopion neben Apollo und den Nymphen verehrt (Schol. Theokr. 17, 69) und überall galt er, nicht weniger als sein Bruder Zeus, für einen feurigen Liebhaber der Nymphen und Nereiden; daher die mit Poseidon erzeugten Söhne viele örtliche Sagen und Märchen beschäftigten, in denen bald die stürmischen Eigenschaften des Seegottes bald die ritterlichen des Gottes der Rossezucht, aber auch nicht selten die befruchtenden des Quellengottes hindurchblickenProp. 2, 26, 46 Neptunus fratri par in amore Iovi. Vgl. Iustin M. ad gentil. 2, Clem. Al. Pr. p. 27, Arnob. 4, 26, Iul. Firm. p. 16. Neptuni filii Hygin f. 157..

Aus demselben Grunde wurde Poseidon in Arkadien als Liebhaber der Ackergöttin Demeter und in andern Gegenden, namentlich auf den Inseln, neben Dionysos dem Spender des Weines und der Baumfrucht verehrtGerhard A. V. t. 47, Panofka Poseidon u. Dionysos Berl. 1845., endlich in noch andern Gegenden, und zwar liegt dabei eine alte Ueberlieferung des aeolischen Volksstamms zu Grunde, als einer der wichtigsten Beförderer der Viehzucht. Namentlich gehört dahin die Sage von der Arne, der Tochter des Aeolos, der personificirten Lämmertrift, welche bald die Pflegemutter Poseidons bald seine Geliebte und 459 Mutter des Boeotos, des unter den Rindern Aufgewachsenen genannt wird: ein Name welcher überall wiederkehrt wo Boeoter gewohnt haben, wie der diesem Volke von seiner thessalischen Heimath her eigenthümliche PoseidonsdienstDiod. 4, 67, Steph. B. Et. M. v. Ἄρνη und Βοιωτία, Tzetz. Lykophr. 644, vgl. Müller Orchom. 391, zur Karte d. nördl. Griechenl. S. 18. Kopf der Arne mit Widderhörnern auf Münzen von Kierion und von Metapont, Ann. d. Inst. 19, 222 t. L., Arch. Ztg. 1853 t. 58, 7. 8. S. 115. 116.. Desgleichen die Sage von der Geburt des Poseidon wie man sie in Mantinea erzählte, daß Rhea den eben gebornen unter eine Heerde weidender Lämmer versteckt (wonach eine Quelle den Namen Arne führte) und dem Kronos statt seiner ein junges Fohlen gegeben habe wie statt des Zeus einen Stein (Paus. 8, 8, 2). Ferner die Sage daß Poseidon in einen Widder verwandelt mit der in ein Lamm verwandelten Theophane den goldnen Widder der Argonautensage erzeugt habeHygin f. 3 und 188, Arch. Ztg. 1845 S. 37..

Indessen blieb das Pferd doch immer vorzugsweise das Poseidonische ThierStesichoros b. Schol. Il. 6, 507 κοιλωνύχων ἵππων πρύτανις Ποσειδῶν. Schon Serv. V. Ge. 1, 12 erklärt: ideo dicitur equum invenisse, quia velox est eius numen et mobile sicut mare. Noch jetzt werden in Italien die großen Wellen cavalloni genannt., wahrscheinlich wegen seiner schnellen Beweglichkeit, durch die es an die muthig sich bäumenden, kühn vorandringenden und sich überstürzenden Wellen von selbst erinnert; genug des Pferdes Ursprung Zucht und Pflege sammt allen daran sich anschließenden ritterlichen Uebungen ist in den meisten örtlichen Sagen und Culten des Poseidon das immer wieder hervorspringende Bild. So in der alten und oft verherrlichten Sage von der Tyro, der hochgebornen, anmuthsreichen Tochter des Salmoneus, die vom Poseidon die Mutter der sagenberühmten Könige Pelias und Neleus, vom Kretheus die von anderen aeolischen Stammeshelden ist, wie schon die Od. 11, 235 ff. erzählt und Pindar und Sophokles weiter ausführtenWelcker Gr. Trag. 312 ff., O. Jahn Arch. Aufs. 147 ff., Arch. Ztg. 1853 S. 126. Der Name Τυρὼ wird glaube ich richtig erklärt durch τυρός, weiß und zart wie Käse, Diod. 6, 10, vgl. Γαλάτεια oben S. 434, [Anmerkung 1336].. Tyro ist von Liebe entbrannt zu dem reizenden Enipeus, dem schönsten aller Flüsse. In seiner Gestalt naht sich ihr Poseidon und ruht bei ihr in der hochaufwirbelnden Fluth des Stromes, der seine Wogen wie eine bergende Grotte um das liebende Paar aufthürmt. Sie gebiert die Zwillinge Pelias und Neleus, welche 460 sie auf der Rossetrift aussetzt, wo eine Stute und eine Hündin sie ernähren, die reisigen Helden welche ihre Namen dieser wunderbaren Pflege ihrer zarten JugendΠελίας nach der gewöhnlichen Erklärung, weil eine Stute ihm durch ihren Huf das Gesicht verstümmelte, Νηλεὺς ἐπεὶ κύων κατηλέησε, Schol. Il. 10, 334. Neleus ἱππικώτατος τῶν κατ' αὐτὸν γενόμενος, Schol. Il. 11, 671. und ihren Ruhm der Pflege der ritterlichen Künste Poseidons verdankten. Erst galt es ihre Mutter zu rächen welche, während ihre Zwillinge unter den weidenden Pferden heranwuchsen, von ihrer Stiefmutter der Eisernen (Σιδηρώ), nachdem ihre Geburt bekannt geworden, entsetzlich mishandelt worden war. Ihrer schönen Haare verlustig, durch Schläge entstellt und in einem kellerartigen Gemäuer gefangen mußte sie Magdsdienste thun, eine andre Gudrun, bis die Söhne sie erkennen und die böse Stiefmutter tödten, selbst aber starke Helden und rossesfrohe Könige werden, Pelias in dem heerdenreichen Iolkos, Neleus in Pylos, beide von ihrem Vater Poseidon wunderbar gesegnet. Eine Sage deren hohes Alterthum man auch daran erkennt daß ihr mehrere gleichartige nachgebildet wurden. So die mehr in einen bukolischen Hintergrund hinüberspielende von der schönen und klugen Melanippe, die vom Poseidon die Zwillinge Aeolos und Boeotos gebiert, welche sie in einer Rindviehstallung aussetzt wo sie von einer Kuh gesäugt und von einem Stiere bewacht wurden, worauf Mutter und Söhne mit gleichem Verhängniß kämpfen, wie Euripides dieses in mehr als einer Tragödie ausgeführt hatteHygin f. 186, Welcker Gr. Trag. 840 ff.. Desgleichen die Sage von der Alope, der Tochter des eleusinischen Unholdes Kerkyon, welche von Poseidon die Mutter des Hippothoon, des Eponymen der attischen Phyle Hippothoontis ist und ihn gleichfalls aussetzt, worauf er von einer Stute gesäugt und von Hirten erzogen, Alope aber von ihrem Vater mishandelt wird, bis Theseus den Kerkyon erschlägt und dem Hippothoon zu seinem Reiche verhilft: auch diese Fabel von Euripides in einer Tragödie überarbeitetHygin f. 187, Welcker 711 ff, Alte Denkm. 2, 203 ff..

Ferner gehören dahin die Sagen von dem Ursprunge des Rosses und von seiner Bändigung sammt den vielen ritterlichen Spielen, welche dem Poseidon fast in allen Gegenden von Griechenland gefeiert wurden. Daß bei diesen Rossen des Poseidon eigentlich aufquellende Wogen zu Grunde liegen, darauf 461 deutet auch der Ausdruck Virgils Ge. 1, 12 tuque o cui prima frementem fudit equum magno tellus percussa tridenti. Doch ist die mythologische Vorstellung nach ihrer angebornen Weise gleich vom Bilde zur Realität hinübergeglitten, so daß auch das wirkliche Roß ganz allgemein für ein Geschöpf des Poseidon galt und weiterhin auch die Rosse und die Schiffe in der Vorstellung wie gleichartige Wesen zusammengefaßt werdenOd. 4, 708 heißt es von den Schiffen: αἵ ϑ' ἁλὸς ἵπποι ἀνδράσι γίγνονται, περόωσι δὲ πουλὺν ἐφ' ὑγρήν. Vgl. Plaut. Rud. 1, 5, 10 nempe equo ligneo per vias caeruleas estis vectae u. Artemid. On. 1, 56.. Daher Poseidon der Herr und Meister von beiden ist, der Rosse und der Schiffe, Hom. H. 22, 4 διχϑά τοι Ἐννοσίγαιε ϑεοὶ τιμὴν ἐδάσαντο, ἵππων τε δμητῆρ' ἔμεναι σωτῆρά τε νηῶνEinen ähnlichen Vers hat Paus. 7, 21, 3 aus den Hymnen des Pamphos bewahrt ἵππων τε δμητῆρα (v. δωτῆρα) νεῶν τ' ἰϑυκρηδέμνων.. Auf örtliche Sagen von dem Ursprunge des Rosses trifft man in Thessalien Boeotien und Arkadien, nach denen Poseidon dasselbe bald mit dem Dreizack aus dem Felsen herausschlägt, bald die von ihm befruchtete Erde dasselbe gebiert. In beiden Formen erzählte davon namentlich die thessalische Sage und zwar in jenem Culte des Poseidon Petraeos, in welchem man einen hochgelegenen Felsen zeigte wo dieses erste Roß entsprungen sein sollteApollon. 3, 1244 Schol., Schol. Pind. P. 4, 246, Philostr. Im. 2, 14, Serv. u. Prob. z. Virg. Ge. 1, 12, Et. M. v. Πετραῖος. Der heilige Ort hieß Petra und in dessen Umgebung gab es campi Petraei. Der Name Σκυφίος ist wohl von σκύφος abzuleiten, Becher, Pokal, das Gefäß des Flüssigen als Symbol des flüssigen Elements, vielleicht als eingebranntes Zeichen der Pferde.. Man nannte es Σκυφίος und feierte das wunderbare Ereigniß in derselben Gegend durch ritterliche Wettkämpfe, da Poseidon auch in Thessalien nicht bloß für den Schöpfer sondern auch für den Jocher (ἴμψιος) des Pferdes galtHesych ἴμψας ζεύξας Θετταλοί, ἴμψιος Ποσειδῶν ὁ ζύγιος.. In Boeotien und Arkadien aber hieß das Poseidonische Urpferd Areion d. h. das Schlachtroß, der Streithengst, das geflügelte Wunderpferd des Adrastos, welches die Ilias kenntIl. 23, 346 οὐδ' εἴ κεν μετόπισϑεν Ἀρείονα δῖον ἐλαύνοι, Ἀϑρήστου ταχὺν ἵππον, ὃς ἐκ ϑεόφιν γένοσ ἦεν. und das alte Heldengedicht der Thebais feierte. In späteren Sagen ist auch von seiner Herkunft ausführlicher die Rede, und zwar erzählte man in Boeotien daß er es mit einer Erinys oder einer Harpyie erzeugt und dem Könige von Haliartos geschenkt habe, welcher es später dem Herakles überlassen habeHesych Ἀρίων, Schol. Il. 23, 346., in Arkadien daß Demeter 462 Erinys dieses Pferd vom Poseidon, oder nach Antimachos daß die Erde es geboren habePaus. 8, 25, 3–5 und 42.. Dahingegen die Bändigung des Rosses in der korinthischen und attischen Sage die Hauptsache war, in beiden so daß Poseidon diese Ehre mit der Athena theilte. Daher in Korinth die Verehrung des Poseidon δαμαῖος neben der Athene χαλινῖτις, in Athen beider Götter neben einander sowohl auf der Burg als in dem Demos Kolonos, wo spätere Ueberlieferungen auch vom Adrast und von der Entstehung des Rosses berichtetenEt. M. Ἱππία, Bekk. Au. 350, Schol. Soph. O. C. 712. Nach Tzetz. Lykophr. 767 scheint die thessalische Sage von der Geburt des Skyphios auch zu Kolonos erzählt zu sein. Nach Virg. Ge. 3, 113 schirrte zuerst Erichthonios vier Rosse vor den Wagen, der Zögling der Athena, vgl. Welcker A. D. 1, 113 ff.. Indessen blieb immer vorzugsweise Poseidon der ritterliche und er erscheint als solcher in vielen Bildern und Sagen, wo er entweder selbst auf prachtvollem Gespann mit geflügelten Rossen auftrittPoseidons Gespann mit geflügelten Rossen auf einem alterthümlichen Vasenbilde bei Gerhard A. V. t. 10, El. céramogr. 3, 16, vgl. den etrusk. Spiegel bei Gerhard t. 63, die Beschreibung des Colosses auf der Akropolis seiner Atlantis bei Plato Krit. p. 116 E und Himer or. 3, 10 Ἵππειον Ποσειδῶνα τιμῶσιν Ἕλληνες καὶ ϑύουσιν ἐν τῷ Ἰσϑμῷ τῷ ϑεῷ, δεικνύοντες αὐτὸν ἡνίοχον καὶ ἐν αὐτοῖς τοῖς ἀγάλμασιν.) oder seinen Lieblingen ein ähnliches Gespann schenkt, wie dem Idas als er die Marpessa entführt (S. 211), dem Pelops der mit diesen Wunderrossen den Oenomaos besiegt, auch dem Peleus, dem er nach der jüngeren Sage das wunderbar begabte Gespann schenkt welches aus der Ilias als das des Achill bekannt ist. Wunderbar sind sie alle, diese Poseidonischen Urrosse, namentlich geflügelt und mit Vernunft und Stimme begabt. Denn wie Achills Pferde diese Gabe hatten, so hatte sie auch Areion und bewies sie da er bei den Nemeischen Spielen, wo dieses Pferd der unbestrittene Sieger war, über den Tod des lieblichen Kindes Archemoros in rührende Klagen ausbrachPropert. 2, 34, 37 vocalis Arion. Stat. Theb. 6, 301 ff..

Solchen Gaben und Eigentümlichkeiten gemäß waren auch die Opfer Festlichkeiten und Wettkämpfe zu Ehren Poseidons verschiedner Art. Jene blieben immer vorzugsweise Stiere und Pferde, welche nicht selten lebendig in die Fluth gestürzt wurden: auf Lesbos ein Stier, an der argivischen Küste aufgezäumte Pferde in einen aufwirbelnden Quell süßen Wassers, in welchem ein im Gebiete von Mantinea verschwundener Fluß wieder 463 hervorbrach, in Illyricum alle acht Jahre ein Viergespann von PferdenPlut. Sap. conv. 20, Paus. 8, 7, 2, Paul. p. 101, Serv. V. Ge. 1, 12. Vermuthlich ist Dyrrhachium zu verstehen, denn Dyrrhachos galt für einen Sohn des Poseidon, Appian b. civ. 2, 39. Auch Sext. Pompejus versenkte dem Poseidon lebendige Rosse, nach Andern sogar lebendige Menschen ins Meer, Dio Cass. 48, 48.. Daneben waren Stierkämpfe in seinem Culte herkömmlich und hin und wieder auch Wettkämpfe von Galeeren zur See, wie solche namentlich in dem attischen Dienste zu Sunion erwähnt werdenAristoph. Eq. 551 ἵππι' ἄναξ Πόσειδον, ᾧ χαλκοκρότων ἵππων κτύπος καὶ χρεμετισμὸς ἀνδάνει καὶ κυανέμβολοι ϑοαὶ μισϑοφόροι τριήρεις, μειρακίων ϑ' ἅμιλλα λαμπρυνομένων ἐν ἅρμασιν καὶ βαρυδαιμονούντων. Vgl. Lys. apol. Andoc. 4 νενίκηκα δὲ τριήρει μὲν ἁμιλλώμενος ἐπὶ Σουνίῳ und oben S. 446, [Anmerkung 1370] und 450, [Anmerkung 1381].. Indessen behielten auch in dieser Hinsicht den Vorzug immer die ritterlichen Wettkämpfe, wobei zu bedenken ist daß nicht allein die heroische Vorzeit des griechischen Volks als eine ritterliche geschildert wird, sondern auch später bei allen Edlen und Vornehmen die Rossezucht, die Uebung im Wettfahren, die Ausrüstung des Streitrosses und sein Gebrauch bei Gelegenheiten des bürgerlichen Pompes und in der Schlacht eine Sache des ständischen Prunks und Interesses war. Doch scheinen dieselben in der älteren Zeit noch verbreiteter gewesen zu seinVgl. Apollon. 3, 1240 οἷος δ' Ἴσϑμιον εἶσι Ποσειδάων ἐς ἀγῶνα ἅρμασιν ἐμβεβαὼς ἢ Ταίναρον ἢ ὅγε Λέρνης ὕδωρ ἠὲ κατ' ἄλσος Ὑαντίου Ὀγχηστοῖο, καὶ τε Καλαύρειαν μετὰ δῆϑ' ἅμα νίσσεται ἵπποις, Πέτρην ϑ' Αιμονίην ἢ δενδρήεντα Γεραιστόν. als nachmals, wo besonders zwei Stätten in dieser Hinsicht berühmt waren, Onchestos und der korinthische Isthmos. Onchestos lag über dem kopaischen See, gleich am Eingange des Thales wenn man von Theben kam, und scheint ganz Cultusort des Poseidon gewesen zu sein, dessen Heiligthümer sich mit dem Haine in fruchtbarer und schöner Gegend malerisch über die Anhöhe am See emporzogen. Als Pausanias Boeotien bereiste war Alles im Verfall begriffen (9, 26, 3), aber in alter Zeit werden dieser Hain des Poseidon und die dortigen Wettrennen sehr gefeiert und in der Dichtung oft erwähnt, s. Il. 2, 506, H. in Ap. Pyth. 52, wo von einem altherkömmlichen Gebrauche erzählt wird daß jeder Wagenlenker in jenem Haine dem Gott die Ehre gebend seine Rosse auszuspannen pflegte, worauf ein jedes, so wild und feurig es vor kurzem beim Rennen gewesen, von selbst sanft und ruhig geworden seiHom. H. in Merc. 185 πολυήρατον ἄλσος ἁγνὸν ἐρισφαράγου Γαιηόχου.. 464 Der Isthmos von Korinth zwischen den beiden großen Wasserbecken und Meeresstraßen und die Spiele am Isthmos sind dagegen zu allen Zeiten das Hauptheiligthum und das Hauptfest des Poseidon geblieben, und zwar in dem ganzen Umfange seiner Bedeutung für das nationale Leben der Griechen, des höchsten Seegottes und des Urhebers der Rossezucht. Eine sehr alte Feier, deren erste Begründung gewöhnlich auf den mythischen Sisyphos, der wohl selbst nur ein Bild des Meeres ist, zurückgeführt wurde. Die düsteren und schwermüthigen Gebräuche des mehr ausländischen als griechischen Melikertes mischten sich hier auf eigenthümliche Weise mit denen des ionischen Poseidon. Denn von dem ionischen Stamme und seinem Repräsentanten Theseus war die Begründung der ritterlichen Spiele dieses Gottes ausgegangen, obwohl die Ausstattung der Heiligthümer und die Aufsicht über die Spiele später von selbst den Korinthiern zufiel. Der Tempel des Poseidon lag auf einer Anhöhe bei Schoinusd. h. dem Binsendickicht, jetzt Kalamáki. In der Nähe der Heiligthümer wölbt sich eine tiefe und ziemlich breite Thalfurche, die sich ein Bach gegraben hat und deren hin und wieder unter dem Namen νάπος Ἴσϑμιον gedacht wird. in der Nähe des Diolkos, umgeben von Heiligthümern des Melikertes, der Kyklopen und anderer Dämonen des Meeres und von einem Fichtenhaine überschattet, in welchem der isthmische Agon begangen wurde. Der Siegerkranz wurde in älterer Zeit von Selinos (Eppich), später von Fichtenzweigen gewunden, von beiden zunächst mit Beziehung auf die traurige Geschichte des Melikertes; doch ist die Fichte dadurch mit der Zeit auch zu dem heiligen Baume Poseidons gewordenUeber den Selinos s. Meineke Anal. Alex. p. 82 sqq., über die Bedeutung der Fichte, die gewöhnlich eine traurige ist, Plut. Symp. Qu. 5, 3, 1, Paus. 8, 48, 2. Später erklärte man sich ihre Bedeutung in dem Culte des Poseidon dadurch daß sie das Bauholz zu Schiffen liefere.. Hier sah man auch das Denkmal der ersten Schifffahrt, die ganz verfallene und doch immer wieder hergestellte Argo, welche der Sage nach in einem Schiffswettkampfe noch einmal gesiegt hatte und darauf von Iason dem Poseidon geweiht worden warDio Chrys. 37 p. 524. Also scheint es auch hier in älterer Zeit einen ἀγὼν νεῶν gegeben zu haben., und hier weihten die Griechen nach ihren glorreichen Siegen über die Perser, die ihre eigene Seemacht begründeten, einen mächtigen Erzcoloß des Poseidon. Strabo Aristides und Pausanias beschreiben die Merkwürdigkeiten und Heiligthümer des OrtsVgl. Krause Hellenika 2, 2, 165 ff., E. Curtius Peloponn. 2, 540 ff..

465 Was die bildlichen Darstellungen betrifft so giebt es leider wenig sichere Poseidonsstatuen, so daß wir uns auf die kleineren Bildwerke und auf die Münzen solcher Städte beschrankt sehen, welche diesem Gottesdienst besonders ergeben waren, z. B. Korinth Byzanz Poseidonia u. a.Müller Handb. § 354–356, D. A. K. 2, 67–86, Braun K. M. t. 16–20. Eine Auswahl von wichtigen Münzbildern b. Panofka v. d. Einfluß d. Gotth. a. d. Ortsn., B. 1842 t. 1, 14–20. Vasenbilder El. céram. 3, 1–36.. Die gewöhnlichen Attribute waren der Dreizack und der Delphin, den er entweder auf der Hand hat oder er setzt den Fuß auf ihn; auf älteren Vasenbildern erscheint statt seiner auch der durch seine Jagd für das griechische Seeleben besonders wichtige ThunfischVgl. Hygin P. A. 2, 17, Paus. 10, 36, 4, Athen. 8, 36. Auch die Pelamys ist eine Art Thunfisch.. Außerdem wird Poseidon je nach den verschiedenen Cultusbeziehungen auf dem Stiere oder auf dem Pferde oder auf dem Seepferde reitend, zu Wagen oder in der Umgebung von Seethieren und Seegeschöpfen abgebildet. Immer ist sein Ansehn das eines sehr kräftigen Mannes und königlich, wie er auch den Scepter statt des Dreizackes führt, dem Zeus ähnlich, aber ohne Olympische Heiterkeit, vielmehr mit einem Ausdruck von Aufregung und Schwermuth, welche allen Seegöttern in einem gewissen Grade eigen ist, auch gedrungener von Gestalt, das Haupt- und Barthaar dichter und krauserS. die Erzählung von dem Gemälde des Euphranor b. Val. Max. 8, 11, 5 u. Winckelmann Werke 4, 98 und 102 tf. 8. Poseidonsmasken von wildem, finsterem Ausdruck b. Campana Op. in Plastica t. 6. 7. Als Seegott hat er bisweilen fließende Haare mit einer Bekränzung von Schilf.. Die Haltung ist bald die thronende, wie er wahrscheinlich in den Tempeln verehrt wurde, bei ehernen Colossalbildern dagegen, wie sie viel im Freien aufgestellt wurden, auf Vorgebirgen und in den Häfen, die stehende. Die Bekleidung scheint bei den Cultusbildern oft die mit dem langen ionischen Gewände gewesen zu sein, wie sie im Dienste des Poseidon Helikonios herkömmlich gewesen sein mag, bei den freistehenden Colossalbildern die mit einem leichten Ueberwurf, so daß der kräftige Gliederbau unverhüllt zu sehen ist. Solche Colossalbilder werden oft erwähnt, z. B. ein Poseidon mit dem Seepferde auf der Hand, welcher sich nach dem Untergange von Helike in dem dortigen Fahrwasser erhalten hatte und dasselbe gefährlich machteStrabo 8, 384. Vgl. die neuerdings gefundene Statue Ann. d. Inst. 29 t. E und Brunn ib. p. 187 sqq. Auf einer M. von Poseidonia befindet sich neben Poseidon ein Seedrache, δράκων ϑαλάσσιος., der sieben Ellen hohe Coloß 466 den die Griechen nach den Perserkriegen auf dem Isthmos aufstelltenHerod. 9, 81. Ein ähnliches Bild stand in dem korinthischen Hafen Kenchreae, mit Delphin und Dreizack, wie man es auf korinthischen Münzen sieht., die neun Ellen hohen Bilder des Poseidon und der Amphitrite zu Tenos von einem alten attischen Meister (Clem. v Al. Pr. p. 41), und wahrscheinlich war auch ein berühmtes Erzbild des Lysippos (Lukian Iup. Trag. 9) von dieser Art. Es scheint daß dabei zwei verschiedene Auffassungen stattfanden, die des stürmisch und mit geschwungenem Dreizack einherschreitenden Poseidon, wie man ihn auf den Münzen von Paestum sieht; wo also der Gott der stürmischen Meereswogen und der Erdbeben gemeint war, dessen Bilder auch sonst als gleichartige beschrieben werden (Philostr. Im. 2, 14). Oder es liegt mehr die Vorstellung des Poseidon Asphalios zu Grunde, der das Meer mit sichrer Macht beherrscht, die Schiffe leitet und in den Häfen waltet, namentlich bei solchen Bildern wo er ruhig dasteht, das eine Bein auf einem Felsen, der Prora eines Schiffs oder einem Delphin aufgestützt, ins Weite hinausschauend, in seiner Rechten der Dreizack der ihm aber nur zum stützenden Stabe dient. Auch an Quellen wurde er so abgebildet z. B. in Korinth (Paus. 2, 2, 7), wo der Quell aus dem Delphin unter seinem Fuße hervorströmte.


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