Ludwig Preller
Griechische Mythologie Theogonie, Götter
Ludwig Preller

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6. Die übrige Litteratur.

Die übrige Litteratur verhielt sich zu dem Mythus auf sehr verschiedene Weise, je nach den besonderen Zielen jeder Gattung, aber zu thun hatten alle mit ihm und bis auf die streng wissenschaftliche konnte ihn nicht leicht eine umgehen, so wichtig war er für das gesammte nationale Leben, sowohl als Vehikel der meisten religiösen Vorstellungen als weil er durch die Poesie und Kunst immer mehr zu einer überall gegenwärtigen Thatsache der Bildung und des Geschmacks geworden war. Die Dichter sangen und sammelten und überarbeiteten diese alten Fabeln immer von neuem, bis an die letzten Grenzen des Heidenthums und der alten Welt, wobei aus dem hellenistischen und römischen Zeitalter besonders solche Gedichte zu beachten sind, in denen entweder neue mythologische Stoffe oder neue Gesichtspunkte ihrer Ueberarbeitung zuerst zur Anwendung kamen, z. B. die Dichtung von den Metamorphosen, von den mythologischen Liebeshändeln, von den Sternbildern u. s. w. Die Geographen und Historiker erzählten, sichteten und deuteten, bald nach genealogischen bald nach chronologischen oder chorographischen Rücksichten, oder sie bemühten sich aus litterärischen und örtlichen Quellen die mythologische Tradition so vollständig als möglich zu sammeln, in welcher Beziehung aus älterer Zeit Pherekydes und Hellanikos, aus späterer die Atthiden-Schreiber und der große Haufe der Mythographen und Alterthümler zu bemerken sind. Unter den Geographen sind besonders Strabo und Pausanias wichtig, beide für die örtliche Kenntniß von Griechenland und der gräcisirten Welt, Pausanias dadurch daß er einen großen Theil des griechischen Mutterlandes unter den Antoninen bereiste, indem er die Merkwürdigkeiten der Religion und Kunst von Ort zu Ort beschrieb und die örtlichen Sagen und Legenden sammelte. Endlich die Philosophen verhielten sich zu den Mythen entweder abweisend und skeptisch, oder sie benutzten sie als bildlichen und biegsamen Stoff um durch Deutung und allegorische Erklärung ihre eigenen Meinungen damit zu unterstützen, wie die Pythagoreer, Plato und einige Akademiker, besonders die Stoiker, zuletzt die Neuplatoniker. Noch andere Philosophen oder Theologen, und diese sind für die Mythologie und 19 noch mehr für die Religionsgeschichte von vorzüglicher Wichtigkeit, suchten auch wohl auf das religiöse Leben unmittelbar einzuwirken, indem sie den Gottesdienst in ihrem Sinne umzugestalten oder ausländische Culte einzuführen strebten, wohin namentlich diejenigen Dichter gehören, welche unter dem erborgten Namen alter mythischer Sänger ganze neue mythologische Systeme zum Behufe gewisser mysteriöser Religionsübungen schufen, besonders die Pythagoriker und Orphiker. Dahingegen andere Schriftsteller einer falschen Aufklärung zu Liebe von der gesammten Religion und Mythologie nachzuweisen suchten daß sie nichts weiter als eine künstliche Erfindung und der Kern davon eine einfache prosaische Geschichte sei, eine in der historischen Litteratur seit Ephoros sehr verbreitete Art die Mythen zu überarbeiten, welche man Pragmatismus nennt oder Euhemerismus, letzteres nach einem Schriftsteller der in dieser Manier am allerweitesten gegangen war. Ferner brachte es der litterarische Bedarf und der Unterricht von selbst mit sich daß eigene Hülfsbücher des mythologischen Studiums entstanden, unter denen die durch die ältere Mythographie der Griechen bestimmte Bibliothek des Apollodor und die meist aus dramatischen Dichtern geschöpften Fabeln Hygins die bekanntesten sind, abgesehen von so manchen anderen mythologischen Sammlungen und Abhandlungen, wie deren sehr verschiedenartige noch erhalten sindDie kleinere griechische Litteratur dieser Art ist gesammelt von Th. Gale Opusc. Mythologica phys. et eth., Amstel. 1688, und von A. Westermann Μυϑογράφοι, Brunsv. 1843, vgl. auch L. Ann. Cornutus de Nat. Deorum ed. F. Osann, Gott. 1844. Die lateinische von Th. Muncker Mythographi lat., Amstelod. 1681. 2 Voll. und von G. H. Bode Scriptores rer. myth. lat. tres, Cell. 1834. 2 Voll.. Endlich sind zu erwähnen die erklärenden Anmerkungen oder Scholien der Grammatiker zu den mythologischen Dichtern älterer und neuerer Zeit (Homer, Pindar, Sophokles, Euripides, Aristophanes, Apollonios,. Rhodios, Theokrit, Virgil u. A.), von denen aus sonst verlorenen Schriftstellern manches Seltene gerettet ist.


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