Ludwig Preller
Griechische Mythologie Theogonie, Götter
Ludwig Preller

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6. Artemis.

Der allgemeine Name für verschiedene Gestalten der Mondgöttin. Denn der Mond ist von jeher eine der populärsten Gestalten aller Naturreligion und Mythologie gewesen, in denen sein strahlender Schimmer, seine regelmäßigen Wandlungen, sein Umlauf am Himmel, seine nahe Beziehung zum Erdenleben und sein außerordentlicher Einfluß auf die gesammte Natur, besonders auch auf den Körper und das Gemüth der Menschen, in vielen sinnigen Bildern ausgedrückt zu werden pflegt. Dabei ist des Mondes Wirkung und Einfluß so vielgestaltig und bald ein wohlthätiger bald ein schädlicher, daß auch im Cultus diese Gegensätze nicht fehlen konnten.

Der Name Artemis, welcher sich vermuthlich, wie der des Apollon und im engsten Zusammenhange mit diesem, von einem gewissen Punkte aus allmälich den verwandten Gottesdiensten mitgetheilt hat, scheint mit ἀρτεμὴς zusammenzuhängen, also die Unverletzte, die Jungfräuliche zu bedeutenIl. 7, 308, Od. 13, 43, vgl. Plato Krat. 406, Eustath. Od. 1732, 27. Der Name lautete in den Dialecten Ἄρτεμις, τος u. Ἄρταμις, τος, daher der Mt. Ἀρταμίτιος auf Rhodos und Sicilien u. das Vorgeb. Ἀρταμίτιον auf Euboea, s. Ahrens Dial. Dor. p. 113, C. I. n. 1934. 2481. 5735., wie die jungfräulich spröde Natur denn immer bei der Schwester Apollons, als welche diese Göttin gewöhnlich auftritt, das vorherrschende Merkmal blieb, ohne deshalb eine mütterliche Fürsorge ihrer weiblichen Natur auszuschließen. So galt sie auch nach der gewöhnlichen 229 Legende von ihrer Geburt zwar für die Zwillingsschwester Apollons, welche Leto mit diesem zugleich geboren habe. Doch wurde nach einer alten und weitverbreiteten Tradition als Stätte ihrer Geburt Ortygia genannt d. h. die WachtelstätteH. in Ap. Del. 16 τὴν μὲν ἐν Ὀρτυγίη τὸν δὲ κραναῇ ἐνὶ Δήλῳ. Vgl. Strabo 14, 639, Schol. Ap. Rh. 1, 419, B. Stark Ber. d. K. S. Ges. d. W. z. Leipz. 1856 S. 62 ff., mit sinnbildlicher Auffassung dieses Vogels als eines mütterlich fruchtbaren und fürsorglichen, welcher mit jedem Frühjahre in großen Schwärmen zu den Inseln und Küsten von Griechenland zurückkehrt um dort zu brüten und seiner Jungen zu pflegen; daher auch Artemis selbst den Beinamen Ortygia führte und verschiedene mit der Geburt der Artemis zusammenhängende Märchen von der Verwandlung bald des Zeus bald der Leto bald ihrer Schwester Asteria in eine Wachtel erzähltenSchol. Pind. p. 297, Apollod. 1, 4, 1, Hygin f. 53, Serv. V. A. 3, 73, Mythogr. lat. 1, 37. Artemis Ὀρτυγία b. Soph. Tr. 214, vgl. Aristoph. Av. 870 καὶ κύκνῳ Πυϑίῳ καὶ Δηλίῳ καὶ Λητοῖ Ὀρτυγομήτρᾳ. Auch wurde Ortygia selbst personificirt und zwar in dem Sinne einer der Leto dienenden μαιεύτρια und κουροτρόφος, s. Strabo l. c. und in der Uebertragung auf Delos Kallim. Del. 2.. Man deutete dieses Ortygia gewöhnlich auf Delos, obgleich die Odyssee (5, 123; 15, 404) schwerlich an diese Insel gedacht hat; auch machten in andern örtlichen Ueberlieferungen andre Punkte auf denselben Namen und seinen mythologischen Ruhm Anspruch, namentlich in der Nähe von Ephesos, von Kalydon, endlich auch die bekannte Insel bei Syrakus, welche Gegenden sich gleichfalls sehr alter Artemisdienste rühmten. Uebrigens aber wurde diese Göttin sowohl auf Delos als in Delphi und an allen wichtigeren Cultusstätten neben Apollo verehrt, Mutter Sohn und Tochter als zusammengehörige Gruppe, wie sie auch auf den bildlichen Denkmälern des delphischen und delischen Religionskreises gewöhnlich zusammen auftreten. So wurde auch der Hyperboreermythus auf Artemis ausgedehnt, indem man sie auf Delos unter verschiedenen Namen aus jenem mythischen Vaterlande des Lichts ableitete, als Ἀργή d. i. die Schimmernde, Ἑκαέργη die Ferntreffende, Λοξώ von den krummen Bahnen des Mondlaufs der die Phantasie immer vorzüglich beschäftigte, endlich unter dem Namen Ὦπις oder ΟὖπιςUeberhaupt ist es eine Eigenthümlichkeit der Artemis daß sie sich in dem örtlichen Gottesdienste und der örtlichen Sage leicht in Heroinen verwandelt. So jene Hyperboreerinnen auf Delos, welche dort als Verstorbene verehrt wurden, aber eigentlich Artemis selbst sind. Vgl. Herod. 4, 33–35, Kallim. Del. 292, Paus. 1, 43, 4 u. über Οὖπις Et. M. v., Serv. V. A. 11, 532. Daher οὔπιγγοι d. s. Anrufungen der Art. Upis, Athen. 14, 10, Poll. 1, 38, Schol. Apollon. 1, 972., unter welcher man die Artemis überhaupt 230 bei den Ioniern, namentlich in Ephesos, aber auch in Sparta und Troezen feierte (Schol. Apollon. 1, 972), wahrscheinlich als das helle Auge der Nacht, obwohl man diesen Namen gewöhnlich von der Fürsorge (ὀπίζεσϑαι) für die Schwangeren und das weibliche Geschlechtsleben überhaupt verstand und in erweiterter Bedeutung sogar auf die Aufsicht der Nemesis übertrug. Eben so theilt sie mit Apoll Pfeil und Bogen (ἰοχέαιρα) und deren Gebrauch gegen Riesen und Ungeheuer, daher auch der Paean sowohl ihr als dem Bruder galt. So erscheinen die Geschwister auch bei solchen Kämpfen gewöhnlich zusammen, obgleich einige der Riesen, namentlich Tityos und Orion, vorzüglich als ihre Feinde gedacht wurden. Auch ist sie die schnelle Todesgöttin in demselben Sinne wie Apollon, tödtet mit diesem die Niobiden und pflegte in allen Fällen eines plötzlichen Todes, namentlich wo Mädchen und Frauen getroffen wurden, als die Ursache davon gedacht zu werdenIl. 6, 205. 428; 21, 482. Od. 11, 172. 324; 15,478. Mit Apollon zusammen Od. 15, 410. Vgl. Hipponax fr. 30 ἀπὸ σ' ὀλέσειεν Ἄρτεμις, σὲ δὲ κωπόλλων.. Ferner war sie an der Seite ihres Bruders auch Λυκεία, Δελφινία, Δαφνία oder Δαφναία, und hatte so gut an den Erndtefesten der Thargelien Pyanepsien und Theoxenien ihren Antheil als an den Apollinischen Künsten der Musik, einigen selbst an denen der Weissagung und Kathartik.

Indessen wurde Artemis in sehr vielen Fällen auch allein und als selbständige Gottheit gedacht und gerade da pflegt die ihr eigenthümliche Natur am meisten hervorzutreten. Es ist die einer nächtlichen Himmels- und Lichtgöttin, daher sie nicht allein mit Pfeil und Bogen, sondern auch mit der Fackel (φωσφόρος σελασφόρος) und mit dem Polos ausgestattet wurde, auch mit der Spindel (χρυσηλάκατος, H. in Ven. 16. 118, H. 27, 1), welche obwohl den meisten weiblichen Gottheiten eigentümlich, doch immer eine schaffende und emsig geschäftige Thätigkeit ausdrückt. So wirkt und webt nun auch Artemis und zwar in Wald und Busch, in Quellen und Wiesen, denn dieses idyllische Stillleben der freien Natur in Bergen und Gründen ist immer ihr eigentliches Gebiet, weil die Vegetation und vieles Andere in den 231 südlichen Ländern in der frischen Nacht- und Morgenluft und unter den stillen Ergüssen des Mondlichtes am besten gedeiht. Namentlich galt der Thau für eine Gabe des Mondes, daher Herse, die personificirte Thauspenderin, von Alkman eine Tochter des Zeus und der Selene genannt wurde; wie man denn überhaupt dem Monde eine das feuchte Element aus Quellen und Flüssen an sich ziehende und in Regen Thau und Nebel wieder zur Erde hinabsendende Kraft zuschriebCic. N. D. 2, 19, 50 multaque ab ea (luna) manant et fluunt, quibus et animantes alantur augescantque et pubescant maturitatemque assequantur quae oriuntur e terra. Vgl. Plut. Symp. 3, 10, 3, Philolaos bei Böckh S. 111 und die Stoiker b. Plut. Is. Osir. 41, Porphyr d. antr. Nymph. 11.. Daher Artemis als rüstige Jägerin zwar vorzüglich in den Bergen und Wäldern heimisch und eine Göttin der gesammten Thierwelt ist, doch dringen ihre goldenen Pfeile d. h. die Strahlen des Mondlichtes auch über das Meer (Hom. H. 27) und sie waltet so gut im Feuchten als in den Bergen. Ueberall war das sehr bestimmt ausgesprochen durch ihre Verehrung an Flüssen und Quellen, auf feuchten Wiesen und an Häfen, als ποταμία, λιμναία, λιμνᾶτις, λιμενοσκόπος u. s. w.Kallim. Dian. 39. 259. Catull 34, 9–12 montium domina silvarumque virentium saltuumque reconditorum amniumque sonantum. Horat. Od. 1, 21, 5 laetam fluviis et nemorum coma. Ἐκβατηρία Ἀρτ. ἐν Σίφνω Hesych, Θερμία in Mytilene ἡ τὰς πηγὰς τὰς ϑερμὰς ἔχει, C. I. n. 2172. 73, Aristid. 1 p. 503 Ddf.. Daher ihre beständige Umgebung mit Nymphen, den Nymphen der Berge und der Flüsse, mit denen sie bald jagt bald in schattigen Hainen und auf blumigen Wiesengründen tanzt und spielt und Blumen sammelt oder in den Quellen badet. Dabei dachte man sie sich sehr schön, daher man sie schlechthin καλλίστη zu nennen und die schönsten Frauen und Jungfrauen mit der Artemis zu vergleichen pflegteOd. 4, 122 von der Helena, 17, 36; 19, 54 von der Penelope. Od. 6, 151 Ἀρτέμιδί σε ἐγώ γε Διὸς κούρῃ μεγάλοιο εἶδός τε μεγεϑός τε φυήν τ' ἄγχιστα εἴσκω. Sappho nannte sie mit besonderem Nachdruck ἀρίστη καὶ καλλίστη, Paus. 1, 29, 2, καλλίστη auch Pamphos b. P. 8, 35, 7, vgl. 1, 29, 2, Eurip. Hippol. 64 ὦ κόρα Λατοῦς Ἄρτεμι καὶ Διὸς καλλίστα πολὺ παρϑένων, Arist. Ran. 1359 Ἄρτεμις καλά., aber als strenge und jungfräulich herbe Schönheit, von hoher Gestalt und von ragendem Wuchse, so daß sie unter den umgebenden Nymphen immer die schönste und die ragendste ist. Gewöhnlich wurde sie jagend oder sonst in rascher Bewegung gedacht, hoch aufgeschürzt einherschreitend, bisweilen auch zu 232 Wagen oder zu PferdeHom. H. 9, wo sie zu Wagen vom Ufer des Meles durch Smyrna zum Bruder nach Klaros fährt, vgl. Pind. Ol. 3, 26 Λατοῦς ἱπποσόα ϑυγάτηρ u. Paus. 5, 19, 1., als hyperboreische Lichtgöttin von Greifen getragen oder gezogen, ausnahmsweise auch wohl beflügelt.

Es scheint daß man der Artemis in Athen zu Anfang jedes Monates und am sechsten Monatstage opferteTheoph. char. 10, vgl. Horat. Od. 3, 19, 9 da lunae propere novae. Am 6 Thargelion wurde zu Delos der Geburtstag der Artemis, am 7 der des Apoll gefeiert, Diog. L. 2, 44, daher b. Apollod. 1, 4, 7 Artemis der Leto bei der Geburt ihres Bruders Hebammendienste thut. Die Feier der A. Munychia am 16 galt dem Vollmond Plut. d. glor. Ath. 7.. Unter den Monaten aber war ihr insbesondere der der Frühlingsnachtgleiche heilig, welcher bei den Ioniern gewöhnlich Artemision, bei den Doriern und übrigen Griechen Artemisios, in Athen nach dem ihr geweiheten Thiere und der Jagd desselben Elaphebolion hieß. Denn die Hirschkuh galt durch ganz Griechenland für das ihr liebste ThierOd. 6, 104 τερπομένη κάπροισι καὶ ὠκείης ἐλάφοισιν, Pind. Ol. 3, 29 Schol., Kallim. Dian. 98, Strabo 8, 343, Paus. 6, 22, 5., daher sie in Olympia und Elis den Beinamen ἐλαφία oder ἐλαφιαία führte. Doch waren ihr als einer Göttin der Berge, der Wälder und der Jagd und Viehzucht überhaupt auch die Ziegen und BöckeIn Brauron wurden der Artemis Ziegen geopfert, auch in Thessalien, Samos und sonst, Hesych v. Βραυρώνια u. καπροφάγος, Antonin Lib. 13. Möglich daß dabei eine Beziehung auf Sturm und Wogen (αἴξ ἀίσσειν s. oben S. 94, [Anmerkung 196]) zu Grunde lag. Doch begleitet die Ziege oder der Bock auch die A. Agrotera, Paus. 7, 26, 2. 4, vgl. die A. Κνακαλησία Κνακεᾶτις und Κναγία in Arkadien u. Lakonien, P. 3, 18, 3; 8, 23; 3, 53, 5 von κνάξ κνακός κνάκων d. i. der Bock von gelblicher Farbe, und Welcker A. D. 2, 67 ff. t. 3, 5. und die wilden Thiere geweiht, in Aetolien und andern Gegenden der wilde Eber, in Arkadien und in den attischen Culten der Artemis Brauronia und Munychia die Bärin, das starke Thier des Waldes, welches mit jedem Frühjahr von neuem erwacht, so daß in diesen Gottesdiensten sogar Artemis selbst oder ihre Priesterinnen unter dem Sinnbilde der Bärin gedacht wurden. Auch drückt sich in dieser Symbolik der sie umgebenden Thierwelt der Wechsel ihrer eignen Natur zwischen bald freundlicheren bald zürnenden Stimmungen aus, da man namentlich in Arkadien Aetolien und an den Küsten der griechischen Gewässer viel vom Zorn der Artemis zu erzählen wußte. So sandte sie den Aetolern den wüthenden Eber in ihre Saaten, von dem die kalydonische Sage erzählte, und die 233 griechische Flotte hielt sie durch Stürme im Hafen von Aulis zurück, weil Agamemnon ihre heilige Hirschkuh getödtet hatte. Aber gewöhnlich wendet sie sich von der Jagd zu Spiel und Tanz, wie Artemis denn ohne Tanz gar nicht zu denken war und auch als eine musikalische Göttin, welche sich wie Apollo der Leier oder der Flöte und des Gesanges erfreut, in Arkadien und sonst überall verehrt und von der Landesjugend mit entsprechenden Gesängen und Tänzen gefeiert wurdeH. in Ap. P. 19 ff., in Ven. 19. 118, in Cer. 424, Hymn. 27, 11–20, vgl. Il. 16, 182 und das Sprichwort πότε δ' Ἄρτεμις οὐκ ἐχόρευσε; Auf der Schale des Sosias hat A. die Leier in der Hand und ist von ihrer Hirschkuh begleitet. Vgl. E. Braun Artemis Hymnia, Rom 1842, El. céramog r. 2 pl. 7. 42. 50. 50 A. 70. 72, Mon. d. Inst. 1855 t. 3. 4.. Dann pflegen sich die Musen und Chariten und Aphrodite und Athena und andere schöne Göttinnen und Nymphen zu ihrem heitern Treiben zu gesellen. Aber als Bärin sucht sie scheu das Dickicht des Waldes und in manchen alterthümlichen Diensten forderte sie einst Menschenopfer.

Eine solche Göttin des freien Naturlebens hat die Anlage sich überall anzusiedeln, daher ihr Cultus über alle Berge Städte und Flüsse verbreitet warMenander d. encom. 1, 3 von dem Dichter Alkman: τὴν μὲν γὰρ Ἄρτεμιν ἐκ μυρίων ὀρέων, μυρίων δὲ πόλεων, ἔτι δὲ ποταμῶν ἀνακαλεῖ.. Aber vor allen anderen Ländern war doch Arkadien ihr liebstes Revier, das Land der ins Unendliche mannichfaltigen Bergeshöhen und Bergesthäler, mit quellenden Flüssen und schattigen Wäldern, wo Artemis vom Taygetos bis zum Erymanthos jagen konnte, umgeben von ihren Nymphen, eine Lust ihrer Mutter (Od. 6, 102). Da waren wenig Höhen und Tiefen, Wälder und Quellen, wo sie nicht ihr Heiligthum, ihre eigenthümlichen örtlichen Beinamen, ihren geweiheten Jagdbezirk, ihre heiligen Thiere hatte. Ja sie galt in Arkadien auch für die Stammmutter der Bevölkerung, nehmlich in der Sage von der Kallisto, der Tochter Lykaons, welche erst die spätere Sagendichtung aus Scheu vor dem jungfräulichen Character der Artemis mißverstanden hatPaus. 8, 35, 7, Schol. Theokr. 1, 123. Die Fabel b. Apollod. 3, 8, 2, P. 8, 3, 3, Ovid M. 2, 409 ff., Hygin P. Astr. 2, 1. Bei Eurip. Hel. 375 ff. wird Kallisto in eine Löwin verwandelt, vgl. Clem. Ro. Hom. 5, 13 von den Verwandlungen des Zeus Καλλιστοῖ τῇ Λυκάονος ἠγριώϑη λέων καὶ ἄλλον τίκτει Ἀρκάδα.. Es ist die schöne Mondgöttin selbst, die in Arkadien als καλλίστη schlechthin verehrt wurde, und zwar in der schon besprochenen symbolischen Gestalt der Bärin. Vom Himmelsgotte Zeus, dem auf dem lykaeischen Berge 234 verehrten Landesgotte, ist sie die Stammmutter des Bärenvolkes der Ἀρκάδες, denn die alte Fabel wollte auch in diesem Namen der Bevölkerung die rauhe Natur und Sitte dieses peloponnesischen Alpenlandes ausgedrückt finden, obwohl auch das Gestirn der Bärin am Himmel in diese Sage mit hineinspielt. Außerdem wurde Artemis durch ganz Arkadien als Ὑμνία, als die Frühlingsgöttin der Lust und des Gesanges verehrt (Paus. 8, 5; 8, 13, 1), ferner als Δέσποινα d. h. als Herrin der Wälder und des gesammten Thierreichs, auch der Rossezucht (P. 8, 10; 4, 14, 4) und als Ἡγεμόνη d. h. als die Führerin auf schwierigen und gefahrvollen Wegen, daher sie in Arkadien und sonst für die Begleiterin und Führerin der ihr Kind suchenden Demeter galt, welcher sie mit ihren Fackeln vorgeleuchtet hatte und neben welcher sie deshalb oft verehrt wurdePaus. 8, 37, 1. 2, vgl. 47, 4, Kallim. Dian. 227, Antonin Lib. 4, Paul. p. 104. Iuvenalia: Diana enim viarum putabatur dea, daher ἐνοδία und ἐλευσινία παρὰ Λάκωσιν καὶ ἐν Σικελία und εὐπορία ἐν Ῥόδω nach Hesych, προπυλαία in Eleusis, P. 1, 38, 6, στροφαία in Erythrae (wie Hermes στροφαῖος), wo es auch ein nach alterthümlicher Weise angebundenes Bild der Artemis gab, Athen. 6, 74, Schol. Pind. Ol. 7, 95..

In anderer Beziehung sind die lakonischen und messenischen Dienste bemerkenswerth: der von Karyae im obern Eurotasthale wegen der alterthümlichen und zierlichen, dem Dionysosdienste verwandten Tänze, mit welchem die Karyatiden d. h. die Mädchen des im Dickicht der Nußbäume gelegenen Ortes ihre Artemis Καρυᾶτις zu feiern und dadurch die Künstler zu noch zierlicheren Nachbildungen zu veranlassen pflegtenPaus. 3, 10, 8; 4, 16, 5, Meineke An. Alex. 360 sqq.: am Flusse Tiasa ein Heiligthum der Artemis Κορυϑαλία d. h. der für das Wohl der kleinen Knaben mit geweihten Lorbeerzweigen verehrten, zu welcher an den Tithenidien d. h. dem Ammenfeste die Ammen ihre Pfleglinge trugenAthen. 4, 16, vgl. Hesych v. κορυϑαλία, κορυϑαλίστριαι, κυριττοί, Et. M. κορυϑάλη, Eustath. Od. p. 1856, 33. Ἀλήϑεια und Κορυϑάλεια die Ammen des Apoll, Plut. Symp. 3, 9, 2. Es ist Dorismus für κοροϑαλία. Art. παιδοτρόφος in Messenien P. 4, 34, 3. Ἄρτεμιν δέ φασιν εὑρεῖν τὴν τῶν νηπίων παίδων ϑεραπείαν καὶ τροφάς τινας ἁρμοζούσας τῇ φύσει τῶν βρεφῶν, daher κουροτρόφος Diod. 5, 73., während bei andern Gelegenheiten auch ihr ländliche Chöre und allerlei volksthümliche Lustbarkeiten aufgeführt wurden: am Rücken des Taygetos auf einem Hügel (δέρρα d. i. δειρὴ) das der Artemis Δερρεᾶτις, welche durch die schönen Gesänge (καλαβοίδια), mit denen sie 235 gefeiert wurde, bekannt warHesych v. καλαβοίδια, Paus. 3, 20, 7, Steph. B. v. Δέρα, Ahrens Dial. Dor. p. 48, 20. Ap. δειραδιώτης auf einer Anhöhe (δειρὰς) in Argos, P. 2, 24, 1.. Endlich an der Grenze von Messenien und Lakonien das aus den messenischen Kriegen berühmte Heiligthum der A. Λιμναία oder Λιμνᾶτις in LimnaeStrabo 8, 362, P. 4, 4, 2, Tacit. A. 4, 43, Roß Reisen im Pelop. S. 1–23. Art. ἐλεία in Messenien und Triphylien, Str. p. 350, Hesych., von welchem der spartanische Dienst der Artemis Orthia im Quartiere Limnae, auf den ich zurückkommen werde, abgeleitet wurde. So war auch Elis reich an feuchten Gründen und bebuschten Hügeln und deshalb voll von Heiligthümern der Artemis, der Aphrodite und der Nymphen (Strabo 8, 343). Und zwar wurde Artemis mit besonderem Ansehn an der Mündung des Alpheiosstromes als Ἀλφειωνία oder Ἀλφείουσα d. h. als nährende Göttin des großen Hauptstromes von Arkadien und Elis verehrtAuch Ἀλφειαία Paus. 6, 22, 5, vgl. Pind. P. 2,7, Virg. A. 3, 692 ff., Ovid M. 5, 572 ff, Strabo 6, 270, Diod. 5, 3, P. 5, 7, 2. Ἀρτεμίσια in Syrakus Liv. 25, 23, Plut. Marc. 18., ein Dienst welcher von selbst nach Sicilien hinüberführt. Denn bis dahin läßt die Sage den Flußgott Alpheios die behende Quellnymphe Arethusa verfolgen, bis er sie auf der syrakusischen Artemisinsel Ortygia erreicht, dem Sitze der Artemis Potamia, deren Kopf uns die schönen Münzen von Syrakus mit schilfdurchflochtenem oder im Netze getragenem Haare und von Fischen umgeben zeigen. Eine seit Pindar oft wiederholte Fabel zu welcher ein lebhafter Verkehr zwischen beiden Küsten, die reichliche Strömung jener Quelle und die Gleichartigkeit des Dienstes der Artemis, endlich die Gewöhnung der Griechen an unterirdischen Lauf der Ströme und unterirdische, hin und wieder selbst unter den Meeresgrund reichende Wasserleitungen Veranlassung gegeben haben. Ferner war Aetolien seit alter Zeit ein Lieblingssitz der Artemis, namentlich in der Gegend von Kalydon, wo auch ein Ortygia lag und Artemis neben ihrem Bruder unter dem Beinamen Λαφρία verehrt wurde, welcher Dienst sich auch über Achaja und Messenien verbreitet hatteStrabo 10, 459, P. 4, 31, 6; 7, 18, 6. 7, Suid. v. βαϑεῖα und βαϑύπλουτος. Nach Anton. Lib. 40 wäre dieser Dienst dem der kretischen Britomartis verwandt und auch über Corfu verbreitet gewesen, vgl. Herakl. Pont. r. p. 17.. Auf Euboea war Amarynthos in der Nähe von Eretria ein alter Mittelpunkt des Artemisdienstes, wo ihr die Amarynthien in bessern Zeiten mit großer Pracht und 236 Herrlichkeit gefeiert wurden und die Heiligthümer der A. Ἀμαρυσία oder Ἀμαρυνϑία ehedem einen Mittelpunkt für ionische Stammesverbindung gebildet hattenStrabo 10, 448, Liv. 35, 38, Schol. Pind. Ol. 13, 159. Rangabé Antiq. Hellen. 2 n. 689. 1232. Auch zu Athmonon in der Nähe von Athen (j. Marúsi) wurde diese Artemis verehrt, und vermuthlich stammte auch die zu Myrrhinus verehrte A. Κολαινίς aus Euboea, s. Paus. 1, 31, 3, Hes. v. Ἀμαρύσια, Schol. Ar. Av. 873, C. I. Gr. n. 528. Außerdem ist das Artemision auf Euboea, wo die Seeschlacht stattgefunden, berühmt, Simonides Epigr. C. I. n. 1051 τοὶ μὲν ὑπ' Εὐβοίας ἁλίῳ πάγῳ, ἔνϑα καλεῖται ἁγνᾶς Ἀρτέμιδος τοξοφόρου τέμενος.. Endlich in Attika wurde Artemis sowohl als ἀγροτέρα als in der allgemeineren Bedeutung der Mond- und Naturgöttin verehrt, in Athen selbst und auf der Munychia und zu Brauron. Als ἀγροτέρα d. h. als Göttin des Wildes und der JagdIl. 5, 51 δίδαξε γὰρ Ἄρτεμις αὐτὴ βάλλειν ἄγρια πάντα τά τε τρέφει οὔρεσιν ὕλη, 21, 470 πότνια ϑηρῶν Ἄρτεμις ἀγροτέρη, vgl. Paus. 1, 19; 7, 41, 4; 7, 26, 2, Arrian d. venat. 32. Auch ϑηροφόνος, ϑηροκτόνος u. s. w. Die Spartaner opferten ihr im Angesichte des Feindes eine Ziege, Xenoph. Hellen. 4, 2, 20, rep. Lac. 13, 7, Plut. Lyk. 22. Ueber das bei Marathon gelobte Opfer Xen. Anab. 3, 2, 12, Plut. d. Herod. mal. 26, Boeckh z. Gesch. d. Mondcyclen S. 66. In Lakonien scheint das Andenken an denselben Sieg sich bei dein Feste der Art. Karyatis erhalten zu haben, s. Prob. Prol. Virg. Bucol., aber auch des wilden Jagens der Schlacht, hatte sie einen Tempel in der Vorstadt Agrae auf der Höhe über dem Ilissos, und zwar galt dieser Göttin sowohl das Fest der Elaphebolien d. h. der Hirschjagd im ersten FrühlingsmonateArt. ἐλαμφηβόλος, ein altes und allgemein herkömmliches Epithet, ist die Hirschjägerin s. Il. 18, 319, ἀγρότεραι ἔλαφοι Od. 6, 133, Hesiod sc. Herc. 407, vgl. Soph. Tr. 214, Kallim. Dian. 262 u. A. Sie hieß auch ἑλλοφόνος, denn ἑλλὸς ist ἔλαφος, Et. M., C. I. n. 5943. In Athen wurden an den Elaphebolien Hirsche geopfert, Bekk. An. 249. Zu Hyampolis in Phokis war auch dieses Fest ein Siegesfest, Plut. virt. mul. 2. Bilder der A. ἀγροτέρα und ἐλαφηβόλος auf attischen Münzen b. Beulé p. 214. 287. als das am sechsten Boedromion für den Sieg bei Marathon dargebrachte Dankopfer von fünfhundert Ziegen. Ferner wurde sie im Monate Munychion (April) als Μουνυχία d. h. als nächtlich leuchtende Vollmondsgöttin (μουνυχία für μονονυχία) auf der nach ihr benannten Halbinsel und Hafenfestung des Piraeeus verehrt und in diesem Sinne am Feste der Munychien am 16ten mit Opferkuchen beschenkt, welche mit Lichtern besteckt den Namen und die Gestalt des Vollmondes hattenAthen. 14, 53, Poll. 6, 75, Suid. Et. M. v. ἀμφιφῶτες, vgl. Kallim. Dian. 259 πότνια Μουνυχίη λιμενοσκόπε u. Welcker Gr. G. 1, 570. Der Legende zufolge b. Eustath. Il. 331, 26, Paroem. 1 p. 402; 2 p. 397 kann sie von der Brauronia nicht wesentlich verschieden gewesen sein. Auch hier scheint ein Siegesfest, und zwar das der Schlacht bei Salamis, mit der Feier verbunden gewesen zu sein, Plut. d. glor. Ath. 7.. Endlich wurden in nicht mehr 237 bestimmbarer Zeit, aber wahrscheinlich auch in dieser Jahresperiode, wo die Schifffahrt begann, aber das Meer noch stürmisch zu sein pflegt, die Brauronien gefeiert, ein vorzüglich für die Frauen bedeutsames Fest der alten Mondgöttin von Brauron, bei welchem die Mädchen von ihren zarten Jahren bis zu ihrer Verheirathung unter dem an das Symbol der Bärin erinnernden Cultusnamen ἄρκτοι in safranfarbenen Kleidern Dienste leistetenArist. Lysistr. 645 Schol., Harp. Suid. Hes. v. ἄρκτος, ἀρκτεία, ἀρκτεῦσαι und Βραυρώνια, vgl. Herod. 4, 145; 6, 138. Auch die Ἑλενηφόρια hingen vermuthlich mit diesem Feste zusammen, Poll. 10, 191, Athen. 6, 1. Als Mondgöttin hieß diese Göttin Αἰϑοπία d. h. Brandgesicht, ein Name der sich in verschiedenen gleichartigen Diensten wiederholte, Steph. B. Hes. s. v., Anthol. 6, 269; 7, 705.. Auch auf der Burg von Athen gab es ein Heiligthum dieser Göttin und noch jetzt kann man dort die Spuren dieses Dienstes in vielen zierlichen Mädchenbildern verfolgen, welche ihr vor der Vermählung als Weihgeschenke dargebracht wurden.

Also eine Gottheit von außerordentlich weit verbreitetem Einfluß, auch für sehr verschiedene Beschäftigungen, Lebensstufen und ethische Stimmungen des menschlichen Lebens. So erscheint A. auch als Göttin der Saaten, sowohl in jener alten Sage von dem kalydonischen Eber als in denen von Brauron, wo man eine verderbliche Hungersnoth von ihr ableiteteVgl. Kallim. Dian. 124, Catull 34, 17 tu cursu dea menstruo metiens iter annuum rustica agricolae bonis tecta frugibus exples.. Vorzüglich blieb sie indessen immer die Göttin der Berge und der Wälder mit allem in denselben sich bewegenden Natur- und Thierleben und dadurch bestimmten Beschäftigungen der Menschen, nicht allein der Jagd und der Jäger, sondern auch der Hirten, welche bei den Festen der Artemis in Lakonien und Sicilien zuerst den bukolischen Gesang geübt haben sollenProleg. Theoer. p. 4. 5 ed. Ahrens, Serv. Prob. Prol. Virg. Bucol.. Auch dachte man sich alle Thiere des Feldes und des Waldes unter ihren Schutz gestellt, namentlich die jungen und die wilden Thiere, daher sie auf alterthümlichen Bildwerken wie eine Mutter des Gebirgs junge Pardel und Löwen zu tragen oder mit ihren Fellen bekleidet zu sein pflegtAesch. Ag. 135, Paus. 5, 19, 1 am Kasten des Kypselos eine geflügelte Artemis καὶ τῇ μὲν δεξιᾷ κατέχει πάρδαλιν τῇ δὲ ἑτέρᾳ τῶν χειρῶν λέοντα, ganz wie die alterthümlichen Bildwerke b. Gerhard Denkm. u. Forsch. 1854 t. 61–63. Auch wurden ihr sowohl wilde als zahme Thiere geopfert, P. 7, 18, 7.. Ihr Einfluß auf das Meer und die 238 Schifffahrt sollte mehr anerkannt werden als gewöhnlich geschiehtVgl. Kallim. Dian. 225 ff., Plut. Lucull. 13.; er konnte den Alten um so weniger verborgen bleiben, da sie den Einfluß des Mondes auf alle Fluth auch sonst scharf beobachtet und in manchen Mythen und Märchen ausgedrückt haben. Was das menschliche Geschlecht betrifft so ist A. am meisten mit der Kinderpflege und mit dem weiblichen Geschlechte beschäftigt. Wie in Sparta jener Artemis Korythalia die männliche Jugend empfohlen wurde, so wurde bei den Ioniern an den Apaturien das Haar der Knaben der Artemis dargebrachtHesych v. κουρεῶτις. Als eine Göttin der Gesundheit, welche in ihrem Dienste aber auch leicht beschädigt werden konnte, zeigt sich Artemis auch in den Beinamen κονδυλῖτις, ποδάγρα u. χελυτίς b. Clem. Protr. p. 32. 33 P. und fast überall verehrten die jungen Mädchen in der Artemis die Schutzgöttin ihrer jungen Jahre, daher sie ihr bis zur Vermählung als Kanephoren oder unter andern Namen zu dienen und vor derselben eine Locke oder andern Schmuck und Spielzeug ihrer jungen Jahre zu opfern pflegtenSchol. Theokr. 2, 66, vgl. die κανηφόρος ϑεᾶς Ἀρτέμιδος C. I. n. 4362 und Art. Εὐπραξία (wie Aphrodite Πρᾶξις b. Paus. 1, 43, 6) mit einer Abbildung in Relief aus Sicilien Ann. d. Inst. 1849 t. H., Brunn p. 264–69. Die Weihinschriften der Anthol. 6, 276. 277. 280.. Auch gehört dahin Artemis χιτώνη oder χιτυωία, unter welchem Namen sie in Attika Milet Syrakus und an andern Orten verehrt wurde, vermuthlich weil die Mädchen ihr den jungfräulichen Chiton weihten oder auch den Gürtel, daher sie in Athen λυσίζωνος hießKallim. Dian. 225, Iov. 77, Athen. 14, 27, Steph. B. v. χιτώνη, Hesych v. Κιϑωναία, vgl. Herod. 1, 8 ἅμα δὲ κιϑῶνι ἐκδυομένῳ συνεκδύεται καὶ τὴν αἰδῶ γυνὴ und die Ἐκδύσια der Leto b. Anton. Lib. 17. Art. λυσίζωνος Suid. Hesych v., Schol. Apollon. 1, 288.. Ferner Artemis λοχία oder λοχεία d. i. die Göttin der Entbindung, welcher Cultus sich mit dem der Eileithyia von Delos aus vorzüglich unter den Griechen ionischer Abstammung verbreitet hatteVgl. oben S. 229 und das Skolion b. Athen. 15, 50 ἐν Δήλῳ ποτ' ἔτικτε τέκνα Λατώ, Φοῖβον χρυσοκόμαν ἄνακτ' Ἀπόλλω ἐλαφηβόλον τ' ἀγροτέραν Ἄρτεμιν, ἃ γυναικῶν μέγ' ἔχει κράτος, Eurip. Suppl. 958, Hippol. 166, Arist. Thesm. 742, Plut. Symp. 3, 10, 3, Anthol. 6, 242. 271–73.. Ganz natürlich schließen sich daran die Vorstellungen von der 239 Artemis als einer Göttin des leiblichen Gedeihens im weitesten Sinne des Wortes, daher sie als Heilgöttin und Σώτειρα auch in den Städten viel verehrt wurde (Kallim. Dian. 130 ff.).

Eine andere Reihe von Vorstellungen und zwar sehr schönen und sinnigen knüpft bei dem jungfräulichen Character der Artemis an, da sie eine Göttin von herber und strenger Keuschheit ist und von überaus zarter und leicht verletzter Reinheit (ἁγνὴ Aesch. Agam. 135, αἰὲν ἀδμήτα Soph. El. 1239). Eben deshalb ist ihr die blühende Frühlingswiese heilig, bei den Griechen ein gewöhnliches Bild der zarten Jungfräulichkeit (Eurip. Hippol. 70 ff., Ipig. Aul. 1464. 1544), und alle keuschen Jünglinge und Jungfrauen sind ihr lieb und stehen unter ihrem Schutz. Am allermeisten tritt dieser strengsittliche Character in der schönen Sage vom Hippolytos hervor, wie sie in Troezen und Athen in alten Denkmälern und Gebräuchen begründet war und von Sophokles und Euripides in ernsten Tragoedien ausgeführt wurde. Hippolyt, der rüstige Sohn der Amazone Antiope, ist ganz der reine keusche Jüngling, der sich dem Dienste der Artemis geweiht hat und ihr vor Allen lieb ist. Ihr windet er Kränze von der heiligen Blumenflur, dem Bilde seiner eignen Reinheit, wie später ihm zu Ehren von den Jünglingen und Jungfrauen vor der Hochzeit geschah, und mit ihr jagt er in den Bergen und Wäldern, bis er als Opfer seiner eignen Keuschheit fällt, aber von seiner Schutzgöttin erhöht wird: ein Bild der Unschuld, der edlen Scham, der sittlichen Mäßigung. Daher Artemis auch die Göttin der Besonnenheit, ja der bürgerlichen Gerechtigkeit überhaupt ist und als solche in den Städten und auf den Märkten wallet, als Εὔκλεια d. i. die Göttin des guten Rufes vorzüglich der Jünglinge und der Jungfrauen, wie sie bei den Boeotern und Lokrern, auch in Athen und zu Korinth und Kerkyra verehrt wurdePlut. Aristid. 20, Paus. 1, 14, 4, Xenoph. Hellen. 4, 4, 2, wo ein Fest in Korinth Εὔκλεια erwähnt wird, wie es auf Kerkyra einen M. Εὔκλειος gab, vgl. Boeckh C. I. 2 p. 93. Nach Plutarch l. c. pflegten die Brautleute dieser Göttin vor der Hochzeit zu opfern., und als ἀριστοβούλη, eine strenge Feindin alles wilden und zuchtlosen Wesens, welches sie auch in den Städten mit ihren Pfeilen verfolgtPlut. Themist. 22, Kallim. Dian. 123ff..

Soweit die eigentlich hellenische Artemis. Noch andere Seiten und Vorstellungen des Cultes der Mondgöttin ergeben sich wenn wir gewisse theils ausländische theils weniger entwickelte 240 Dienste derselben Göttin verfolgen, welche in der Tradition von dem Artemisdienste im engeren Sinne des Wortes unterschieden werden, in der That aber doch nur solche Vorstellungen und Gebräuche des Monddienstes aufdecken, welche in dem hellenischen Artemisdienste gleichfalls angelegt gewesen, aber mit der Zeit zurückgetreten waren.

So zunächst die Artemis Orthia in Sparta, eben jener Gottesdienst im Limnaeon welchen man von dem alten, den Lakonen und Messeniern gemeinsamen Culte im Grenzgebirge ableitetePaus. 3, 16, 6. 7, Strabo 8, 362, Schol. Pind. Ol. 3, 54., obwohl sich eine Artemis Ὀρϑία oder Ὀρϑωσία auch in Arkadien und Elis, Megara und Athen fand. Der Name wird am besten durch die aufrechte Haltung des alterthümlichen Bildes erklärt, welches wie andere Idole der Art von einem umgebenden Weidegeflecht zugleich unterstützt und den Augen entzogen wurdePaus. l. c. καλοῦσι δὲ οὐκ Ὀρϑίαν μόνον, ἀλλὰ καὶ Λυγοδέσμαν τὴν αὐτήν, ὅτι ἐν ϑάμνῳ λύγων εὐρέϑη, περιειληϑεῖσα δὲ ἡ λύγος ἐποίησε τὸ ἄγαλμα ὀρϑόν. Vgl. die Legende vom Bilde der Hera auf Samos bei Athen. 15, 12. Art. Φακελῖτις von φάκελον d. i. ein Bündel Holz, Prob. Virg. Bucol. p. 3 ed. Keil, vgl. Schneidewin Diana Phacelitis Gött. 1832., daher ein gleichartiges Bild zu Rhegion in Italien, denn auch dahin hatte sich dieser Dienst verbreitet, das der Artemis Phakelitis hieß. Eine andere Eigenthümlichkeit desselben waren die einst wirklich vollzogenen Menschenopfer, an deren Stelle später in Sparta die bekannte Geißelung der Knaben am Altare dieser Göttin getreten warPaus. l. c, Xenoph. rep. Laced. 2, 9 mit der Anm. v. Schneider, Plut. inst. Lacon. 40, Philostr. v. Apollon. 6, 20, Lukian Anach. 38, Sext. Emp. Hypot. 3, 208, Suid. v. Λυκοῦργος, Tertull. ad. Martyr. 4, Hermann Gottesd. Alterth. § 27, 14; 52, 28. Doch fehlte es auch in diesem Gottesdienste nicht an Chortanz und Reigengesang der Mädchen, Plut. Thes. 31., eine dritte die Sage von der Iphigenia, welche der Artemis habe geopfert werden sollen, aber von ihr in ein fernes Land entrückt worden sei und von dort später durch ihren Bruder Orestes zurückgeführt jenes alterthümliche Cultusbild und die mildere Sitte des Gottesdienstes mitgebracht habe: eigentlich die Mondgöttin selbstArtemis Ἰηιγένεια Paus. 2, 35, 1, Hesych v., vgl. Hesiod b. Paus. 1, 43, 1 und O. Müller Dor. 1, 383. Pindar Ol. 3, 25 ff. weiß von einer Art. Orthosia und ihrer geweihten Hirschkuh bei den Hyperboreern am Istros. Nach Chersonesos führten von selbst die Dienste derselben Artemis zu Megara und zu Byzanz, s. Herod. 4, 87. 103, C. I. n. 1064, Boeckh C. I. 2 p. 89. und ein Bild sowohl von 241 ihrem Zorne, in welchem sie sich den Augen der Menschen entzieht und Menschenblut fordert, als von ihrer Gnade, wenn ihre Priesterin heimkehrend selbst ihr Bild als Unterpfand des Segens aufstellt und ihre Verehrer zur sanfteren Weise anleitet. Das Gebiet der Entrückung wird in dieser Sage ursprünglich wie in ähnlichen Fabeln kein geographisch bestimmtes, sondern etwa der hyperboreische Norden gewesen sein, bis später die Niederlassungen der Griechen in Byzanz und an den pontischen Küsten, namentlich zu Chersonesos auf der taurischen Halbinsel zur Bekanntschaft mit einer ähnlichen Religion der dortigen Bevölkerung und in Folge deren zur Fixirung der bekannten Legende gerade an diesem Punkt geführt hat: worauf diese Artemis die taurische (Ταυρική, Ταυρώ) genannt wurde und Iphigenia und Orestes zu den Urhebern der gleichartigen Cultusbilder und Gottesdienste nicht allein in Griechenland, namentlich des spartanischen der A. Orthia, des attischen der A. Brauronia und des italischen der A. Phakelitis, sondern auch vieler andern Artemisdienste von verwandtem d. h. fanatischem und blutigem Character geworden sind, sowohl in Kleinasien, d. h. in Lydien Kappadokien und am Pontos, als in Italien, wo deshalb sogar der Dienst der Diana zu Aricia in der Nachbarschaft von Rom sich von Orestes gestiftet zu sein rühmtePaus. 1, 23, 9; 33, 1; 3, 16, 6, Strabo 4, 239; 12, 535. 537. Wie man sich in Brauron das Bild der taur. Art. durch Iphigenia zu besitzen rühmte, so zu Halae Araphenides das der A. Tauropolos, welche nun auch die taurische genannt wurde, Eurip. Iphig. T. 1450 ff, Kallim. Dian. 173, Strabo 9, 399. Auch der Monat Ταυρεὼν zu Samos und Kyzikos scheint nicht von dem Culte des Poseidon, sondern von dem der Artemis seinen Namen bekommen zu haben. Wenigstens entsprach er zu Samos dem attischen Elaphebolion.. Ja es vermischten sich, sobald man sich einmal gewöhnt hatte diese Art von Artemisdienst aus den barbarischen Gegenden von Pontos abzuleiten, mit diesen Ueberlieferungen auch die weit verbreiteten Dienste der Artemis Ταυροπόλος, welche der taurischen gleichgesetzt wurde, obwohl sie eigentlich von derselben verschieden ist. Denn das bestimmende Symbol ist hier der rennende Stier, auf welchem sitzend diese Göttin abgebildet wurde, ein gewöhnliches Sinnbild des Monddienstes, welcher übrigens auch in dieser Form ein fanatischer und blutiger gewesen zu sein scheint. So viel wir wissen wurde diese Artemis vorzüglich zu Amphipolis an der Mündung des Strymon und zwar mit Fackelläufen verehrtDiod. 18, 4, Liv. 44, 44, Anthol. 7, 705, daher auf den Münzen der Stadt die Fackel und Artemis mit gebauschtem Tuche auf dem rennenden Stier, von welchem auch die Legende erzählte, s. Phot. Suid. v. ταυροπόλος, Schol. Soph. Ai. 172 ὅτι ἡ αὐτὴ τῇ Σελήνῃ ἐστὶ καὶ ἐποχεῖται ταύροις, ἣν καὶ ταυρωπὸν ὀνομάζουσιν. Nach Diodor 2, 46; 5, 77 würde auch diese Göttin von den Völkern am Pontos stammen. Doch leitet man sie wohl besser aus Thrakien ab, vgl. Hes. βούσβατον τὴν Ἄρτεμιν Θρᾶκες., ferner hin und 242 wieder bei den ionischen Griechen Kleinasiens, wie zu Phokaea Smyrna und auf der Insel Ikaria bei SamosIn Phokaea brachte man ihr Menschenopfer Clem. Protr. p. 36 P. Von Smyrna und dem benachbarten Magnesia am Sipylos s. C. I. n. 3137, von der Insel Ikaria und dem alterthümlichen Bilde Clem. p. 40 P., Arnob. 6, 11, Strabo 14, 639, Dionys. P. 610, die Inschr. d. Berl. Monatsber. 1859 S. 753. Vermuthlich auch auf Patmos, Rhein. Mus. f. Philol. 1843 S. 335., endlich an der attischen Küste zu Halae Araphenides in der Nähe von Brauron, daher auch die attischen Dichter ihrer wiederholt gedenkenSoph. Ai. 172 als einer den Geist des Aias verdüsternden, Arist. Lysistr. 447 als einer vorzüglich den Frauen heiligen Göttin..

Einen andern Artemisdienst von eigenthümlicher Beschaffenheit findet man auf Kreta, dessen Gebirge und Flüsse überhaupt reich an Sagen von der Artemis und an eigentümlichen Gestalten des Monddienstes waren, nehmlich den der Britomartis oder Diktynna. Die Gegend von Kydonia war der Mittelpunkt dieses Gottesdienstes, welcher sich von dort nicht allein über andere Gegenden der Insel, sondern auch nach Lakonien und Sparta, ferner nach Aegina und über andere Küsten und Inseln des mittelländischen Meeres bis nach Massalia verbreitet hatteHerod. 3, 59, Kallim. Dian. 189 ff., Virg. Cir. 295 ff., Strabo 10, 479, Diod. 3, 76, Philostr. v. Apollon. 8, 30, Höck Kreta 2, 158 ff. Euripides hatte in den Kretern davon gedichtet, Schol. Ar. Ran. 1356, vgl. Eur. Hippol. 146. 1130, Arist. Vesp. 369. In Sparta war die Art. Ἰσσωρία auf dem Hügel Issorion nach Pausanias dieselbe Göttin, 3, 12, 7; 14, 2 (Hes. Steph. B. v. Ἰσσώριον); 24, 6, vgl. 10, 24, 6, C. I. n. 6764 und Plut. d. sol. an. 36.. Der Name Britomartis wird erklärt durch βριτὺ süß und μάρτις Jungfrau, der Name Diktynna (Δίκτυννα Δίκτυνα Δικτύα) durch die Legende daß Minos sie geliebt und verfolgt habe, bis sie von einem Felsen ins Meer springend sich in ausgespannte Fischernetze verfangen habe und göttlicher Ehren theilhaftig geworden sei. Auf Aegina verehrte man eine ähnliche Göttin unter dem Namen ἈφαίαPaus. 2, 30, 3, Antonin Lib. 40, Hesych v. Ἀφαία. Pindar hatte einen Hymnus an diese Göttin gedichtet. Eine verwandte Göttin scheint auch die Art. Ἀσπαλὶς zu Melite in Thessalien gewesen zu sein, Anton. Lib. 13. ἀσπαλὶς ist der Fisch, ἀσπαλιεὺς der Fischer. Artemid. 2, 35 ἁλιεῦσι (συμφέρει) διὰ τὴν λιμνᾶτιν., welcher gleichfalls auf den Sprung ins Meer 243 gedeutet wird, der vermuthlich das Verschwinden des Mondes im Meere ausdrücken sollte, wie jene Flucht durch Berge und Wälder das Umherirren des Mondes. Eine Göttin der Jäger, der Fischer, der Seefahrer, welche Land, Seen und Meere durchschweift, in Gebirgen haust, sich in Sümpfen verbirgt, auch Geburtshelferin und Heilgöttin, die bei den ionischen Griechen oft an der Seite des Apollon Delphinios verehrt wurde, der ja auch vorzüglich dem Seeleben angehörte. Kurz eine Göttin welche in allen wesentlichen Punkten der Artemis entspricht, nur daß bestimmte Beziehungen auf örtliche Eigenthümlichkeiten und Beschäftigungen mehr als gewöhnlich hervorgehoben wurden.

Noch einer andern Reihe von Artemisdiensten, nun aber schon mit überwiegend asiatischen Formen, begegnen wir in Asien, nehmlich der Artemis von Ephesos und der ihr verwandten Artemis von Magnesia am Maeander, welche in Asien heimisch und von den dortigen Griechen mit ihren nationalen Vorstellungen und Gebräuchen des Artemisdienstes verschmolzen sich später von dort weiter verbreitet haben und auch in das griechische Mutterland an mehr als einer Stelle eingedrungen sind. Die Große Göttin von Ephesos wurde an der sumpfigen Thalmündung des Kayster und auf den Bergen umher verehrt, lange Zeit vor der ionischen Einwanderung, wo diese Gegenden wie die meisten Inseln und Küsten der griechischen Gewässer von Karern und Lelegern bewohnt waren. Aus dieser älteren Zeit wurde die bekannte eigentümliche Gestalt des Cultusbildes, welches für ein Diopetes galtAct. Ap. 19, 35, vgl. Kallim. Dian. 237 ff., Dionys. P. 826 ff., Paus. 7, 2, 4, Strabo 14, 639–641, Tacit. A. 3, 61, E. Guhl Ephesiaca Ber. 1843. Bei der Einweihung des von Herostratos zerstörten Tempels hatte unter andern Dichtern Timotheus von Milet mitgewirkt und dabei in seinem Gedichte die Artemis μαινάδα ϑυάδα φοιβαδα λυσσάδα genannt, was den Geist dieses Gottesdienstes gut ausdrückt, s. Macrob. S. 5, 22, 4, Meineke An. Alex. 255 sqq. Das Hauptfest der Ἀρτεμίσια oder Ἐφέσια fiel in den Mt. Artemision, Thuk. 3, 104, Dionys. H. 4, 25, C. I. n. 2954 u. A., in den Grundzügen auch später beibehalten, während sich dieser Gottesdienst im Uebrigen, je mehr Ephesos selbst aufblühte, außerordentlich glänzend gestaltete, ein religiöser Mittelpunkt des halb griechischen halb asiatischen Nationallebens der Ionen. Er war umgeben von einer zahlreichen Priesterschaft, worunter die Hierodulen und Verschnittenen wieder an Asien erinnern, reich dotirt und durch alle Mittel der Baukunst, der bildenden Kunst und der Malerei aufs glänzendste ausgestattet. Auch hier ist Artemis eine 244 Mondgöttin von ausgebreiteter Bedeutung, nicht jungfräulich gedacht, sondern mütterlich und ammenartig, wie es die vielen Brüste des Bildes ausdrückten: eine nährende und zeitigende Göttin des Erdelebens, der Vegetation, der Thiere und der Menschen. Wie die griechische Artemis wurde sie vorzüglich im Frühlinge gefeiert, wo sich alle schaffenden Naturkräfte von neuem bethätigen, und wie jene war sie sowohl in den Bergen und Wäldern als in den sumpfigen Niederungen zu Hause, eine Pflegerin und Jägerin des Wildes und Geburtsgöttin, während sie mit den übrigen asiatischen Formen des Artemisdienstes den stürmischen und fanatischen Geist ihres Gottesdienstes gemein hatte. Daher ihre Umgebung der kriegerischen Amazonen, welche der Sage nach ihren Dienst zuerst begründet und dann weiter verbreitet hatten, jene in so vielen Sagen wiederkehrenden Gestalten einer alten asiatischen Tradition, welche immer auf fanatischen Dienst einer Mondgöttin zurückweisen. Denn schon der lykische Bellerophon und der troische Priamos haben mit den Amazonen zu kämpfen, welche mit der Zeit in Folge der verwandten Gottesdienste im Innern von Kleinasien und am Pontos in der geographischen und historischen Tradition der Alten eine immer festere Stütze gewannen. Das vordere Kleinasien in der Gegend von Ephesos bis Smyrna Kyme und Troas machte die Griechen mit diesen Traditionen bekannt und durch die Griechen sind daraus jene bekannten Idealbilder einer kriegerischen Begeisterung des weiblichen Geschlechts geworden, welche mit der Zeit in der hellenischen und römischen Sagendichtung eine so außerordentliche Verbreitung gefunden und namentlich die Phantasie der bildenden Künstler zu immer neuen Schöpfungen erregt haben. Der Cultus der ephesischen Artemis muß in dieser Hinsicht besonders anregend gewesen sein, da nicht allein die Stiftungslegenden des Tempels von ihren kriegerischen Tänzen und von ihren Kämpfen erzählten, sondern auch in dem Tempel selbst Bilder der Amazonen von den größten Meistern, von Phidias, Polyklet u. A. gezeigt wurden, welche sich in den besten Mustern der noch vorhandenen Amazonenstatuen zum Theil noch jetzt nachweisen lassen. Von Ephesos hatte sich derselbe Cultus mit dem herkömmlichen Cultusbilde auch unter den übrigen Griechen Kleinasiens, aber auch nach Kreta nach Arkadien und Messenien, ja durch die Phokaeer bis nach Massalia verbreitetNach Münzen und Inschriften zu Klaros Klazomenae Samos Chios Mitylene Kyzikos u. s. Nach Messenien kam er durch Xenophon, s. Anab. 5, 3; 4–13, Paus. 5, 6, 4, vgl. P. 8, 23, 1; 30, 1. Von Massalia hatte er sich an der spanischen Küste verbreitet, Strabo 3, 159. 179. 180. 184., während in der 245 Nachbarschaft von Ephesos in Magnesia am Maeander, die nach dem Orte Leukophrys benannte Artemis Λευκοφρυηνή, auch sie durch einen glänzenden Gottesdienst und einen sehr schönen Tempel ausgezeichnet, der ephesischen wenigstens nahe verwandt gewesen sein mußXenoph. Hell. 3, 2, 19, Str. 14, 647, Boeckh zu C. I. n. 2914. Art. Λευκοφρυηνὴ in Milet, Appian b. c. 5, 9.. So war auch die Artemis Περγαία von Perge in Pamphylien eine in Asien sehr gefeierte Gottheit, besonders bekannt durch ihre Orakel und ihre wandernden BettelpriesterSuid. Phot. ἡ Περγαία, Cic. in Verr. 1, 20, 54, Ascon. p. 173, C. I. n. 4342, vgl. T. 3 p. 1160 und C. Ritter Asien 9, 2, 585 ff. Auch in Halikarnaß wurde sie verehrt, C. I. n. 2656. S. die Zusammenstellung der Cultusbilder b. Gerhard Ant. Bildw. t. 307. 308.. Ihr Bild ist auf Münzen erhalten und noch roher und unförmlicher als die Artemis von Ephesos und Magnesia. Ferner gab es in der Gegend von Sardes eine Artemis Κολοηνὴ am Gygaeischen See, einem alten Mittelpunkte nationaler Erinnerungen für die lydische NationStr. 13, 626, vgl. E. Curtius b. Gerhard Denkm. u. Forsch. 1853 n. 60. Der Gygaeische See hieß später Κολόν. Auch eine Gygaeische Athena soll an diesem See verehrt worden sein, Eustath. Il. p. 366, 3. Eine Artemis Τμωλία b. Athen. 14, 38.. Endlich war in denselben Gegenden auch sehr verbreitet der Dienst der persischen Artemis (A. Περσία Περσική) oder Anahit (Ἀναῖτις) wie sie mit ihrem einheimischen Namen hieß, eine in Persien Baktrien Medien Armenien Kappadokien, am Pontos und in Lydien verehrte Göttin des Himmels und seiner befruchtenden Gewässer, also der vegetabilischen und animalischen Befruchtung überhaupt, der Thiere und der Menschen, welche als schöne und glänzende Jungfrau gedacht und von Susa und Ekbatana bis Hierocaesarea und Sardes in vielen Tempeln angebetet wurdeWindischmann d. pers. Anahita oder Anaïtis, Denkschr. d. K. Bayersch. Ak. d. W. Bd. 8 (33), nach griechischen armenischen und persischen Quellen. Von ihrer Verehrung in Lydien, namentlich in Sardes, Hypaepa und Hierocaesarea s. Tac. A. 3, 62, Clem. Protr. p. 57 P., Paus. 3, 16, 6; 5, 27, 3; 7, 6, 4. Auch die Art. Κελκαία in Athen oder Brauron, Arrian Anab. 7, 19, C. I. n. 1947, vgl. Paus. 3, 16, 6, war wohl die persische.. Als Göttin der weiblichen Befruchtung und einer glücklichen Geburt wurde sie hin und wieder auch mit weiblichen Hierodulen umgeben und durch Prostitution geehrt, daher Manche sie mit der Aphrodite verglichen.

246 Endlich gehört auch Hekate in diesen Zusammenhang, obwohl sie gewöhnlich ganz von der Artemis getrennt wird. Eine sehr angesehene Göttin schon in der Hesiodischen Theogonie vs. 404–452 und in dem Homerischen Hymnus auf Demeter vs. 24. 52 ff., wo sie als engverbundene Freundin der eleusinischen Gottheiten erscheint, während jenes Gedicht sie nach ihrer eignen, sehr weit ausgedehnten Bedeutung feiertSchoemann Op. 2 p. 215–249. Bacchylides nannte die Hekate eine Tochter δαδοφόρου Νυκτὸς μελανοκόλπου, b. Schol. Ap. Rhod. 3, 467, Andre eine T. des Zeus und der Demeter, Schol. Theokr. 2, 12, welcher hinzusetzt: καὶ νῦν Ἄρτεμις καλεῖται καὶ Φυλακὴ καὶ Λᾳδοῦχος καὶ Φωσφόρος καὶ Χϑονία.. Ihre Genealogie ist eine andere als die der Artemis, denn sie ist Tochter der Asteria (der Sternennacht, Schwester der Leto) und des Titanen Perses oder Persaeos (einer theogonischen Gottheit des Lichtes), und zwar das einzige Kind dieser beiden Mächte (μουνογένεια). Indessen kommen neben dieser Genealogie noch verschiedene andere vor, ein Beweis daß sie als fremde oder später bekannt gewordene Göttin in dem griechischen Göttersystem niemals ganz sichern Boden gewinnen konnte. Es scheint daß sie ursprünglich jenen Völkern der nördlichen Küste des aegaeischen Meeres angehörte, welche die Alten insgemein Thraker nennen; wenigstens findet sich dort der Cultus ähnlicher Mondgöttinnen in verschiedenen Formen. Einer der ältesten war der auf Samothrake, wo man sie in der Zerynthischen Höhle wohnhaft dachteLykophr. Al. 77 Ζήρινϑον ἄντρον τῆς κυνοσφαγοῦς ϑεᾶς. Steph. B. v. Ζήρυνϑος, Suid. ἀλλ' εἴ τις u. Σαμοϑράκη, Schol. Ar. Pac. 277. Es gab auch eine Aphrodite Ζηρυνϑία und einen Apoll Ζηρύνϑιος an der thrakischen Küste bei Aenos, Liv. 38, 41, Ovid Tr. 1, 10, 16 ff., Nikand. Ther. 462 Schol., daher jene Höhle wahrscheinlich an der nördlichen Küste der Insel zu suchen ist. Anathematisches Relief der Hekate mit 2 Fackeln und 2 Hunden aus Thasos b. Conze Reise n. d. Ins. d. thrak. M. t. 10, 4. In Höhlen wohnt Hekate auch sonst, Hom. H. in Cer. 25, Apollon. 3, 1212 ff.; doch wurde sie auch in Thessalien zeitig verehrt, indem ihr in diesem Lande sonstiger Aberglaube und die Dienste der Persephone Βριμὼ d. i. der Zürnenden und der Artemis Φεραία d. h. von Pherae, einer in den thessalischen Ueberlieferungen oft genannten Mondgöttin, welche man wie jene Brimo mit der Hekate identificirteArt. Φεραία wurde auch in Athen Argos Sikyon u. s. verehrt, Paus. 2, 10, 6; 23, 5, Hes. v. Φεραία, C. I. n. 1837, Kallim. Dian. 259, Lykophr. 1175–80. Auf Münzen von Pherae sitzt sie mit der Fackel auf einem rennenden Pferde, als Göttin der Rossezucht. Aus Pherae stammt auch die Legende b. Schol. Theokr. 2, 36, Tzetz. Lykophr. 1180, nach welcher die T. der Φεραία, von der Mutter auf einem Scheidewege ausgesetzt, dort von Hirten gefunden und unter diesen aufgewachsen war. Ueber die in derselben Gegend verehrte Brimo Apollon. 3, 861 Schol., Lob. Agl. 1213, Welcker Gr. G. 1, 568., von selbst entgegen kamen. 247 Aber auch in Theben, in Athen und auf Aegina fand diese Göttin großen AnhangP. 2, 30, 2, Lukian nav. 15. In Athen hieß sie wie Artemis Καλλίστη Hes. Derselbe nennt eine Hekate Ζέα in Athen, wahrscheinlich als Hafengöttin, und eine H. ὑπολάμπτειρα in Milet.. Ueberall war sie einerseits der Artemis andrerseits der Persephone eng verbunden, eine nächtliche Mondgöttin und als solche Schützin (Ἑκάτη wie Ἕκατος) und zwar in derselben Bedeutung und Ausdehnung wie Artemis im Hom. H. 27, auch φωσφόρος, nur daß sie gewöhnlich als τρίμορφος d. h. als persönliche Einheit von drei verschiedenen Gestalten gedacht wurde. Darin ist die auch sonst übliche Beziehung derselben Gottheit auf alle drei Naturgebiete ausgesprochen, wie sich dieses im Hekatecultus auch in den Bildern ausdrückte welche aus drei Figuren mit verschiedenen Attributen zusammengesetzt waren, in welcher Weise sie namentlich durch den attischen Künstler Alkamenes dargestellt worden warDiese Hekate hieß ἐπιπυργιδία und stand bei dem T. der Nike Apteros am Eingange der Burg, P. 2, 30, 2. Vgl. die Bilder der Hekate b. Müller-Wieseler D. A. K. 2 n. 882–895 und Athen. 4, 66 κεφαλὰς ἔχοντες τρεῖς ὥσπερ Ἀρτεμίσιον. Artemid. 2, 37 unterscheidet eine Hekate τριπρόσωπος u. μονοπρόσωπος.. Und in dieser dreifachen Beziehung auf Himmel Erde und Meer schildert sie schon die Hesiodische Theogonie, als überall mächtig und sehr gelehrt, dabei für das menschliche Leben sehr nützlich, in Handel und Wandel, auf dem Meere, im Kriege, auch für Rossezucht Jagd und Viehzucht, endlich für Geburtshülfe und KinderzuchtAlso κουροτρόφος z. B. auf Samos, Herod. v. Hom. 30, wo die Frauen ihr auf dem Kreuzwege opfern. Kallimachos nannte Hekate mit Rücksicht auf solche Dienstleistungen Εὐκολίνη d. h. die Gefällige, Et. M. v.. Ganz besonders blieb sie indessen immer ἐνοδία, eine auf den Straßen heimische und wandernde Göttin, daher ἄγγελοςἌγγελος hieß Artemis in Syrakus, Hes. Daher das Märchen des Sophron b. Schol. Theokr. 2, 12, Hera habe vom Zeus ein Mädchen geboren und diese Ἄγγελος genannt. Die Nymphen pflegen ihrer Jugend. Als sie herangewachsen stiehlt sie den Schminktopf der Hera und giebt ihn der Europa, der T. des Phoenix, worüber Hera böse wird und sie züchtigen will. Sie flüchtet zuerst in eine Wochenstube, dann unter einen Leichenzug, worauf sie von den Kabiren am Acherusischen See (bei Cumae) gereinigt wird und seitdem mit den Verstorbenen und der Unterwelt zu thun hat. und Geliebte des Hermes. 248 Darum weihete man ihr die Thore, stiftete ihr vor den Häusern kleine Capellen und Bilder (Ἑκατεῖα) und brachte ihr zu Anfang jedes Monates allerlei Speisen dar (Ἑκαταῖα, Ἑκάτης δεῖπνα), namentlich an den Scheidewegen und Kreuzwegen, nach denen sie schlechthin τριοδῖτις d. i. Trivia genannt wurde, wie sich der Aberglaube denn von jeher mit solchen Plätzen, den natürlichen Versammlungspunkten der Menschen und der Geister, gerne beschäftigt hatArist. Vesp. 804 ὥσπερ Ἑκάτειον πανταχοῦ πρὸ τῶν ϑυρῶν, vgl. Schol. u. Hesych v., Philostr. v. Apollon. 4, 13 p. 69, 32 K., Aesch. b. Sch. Theokr.2, 36 δέσποιν' Ἑκάτη, τῶν βασιλείων πρόδομος μελάϑρων, daher ὑπομελάϑρα und πρόπυλα b. Hesych, πρόπολις C. I. n. 2796. Probe eines solchen gegen Zauber und Verunreinigung schützenden Hekatebildes b. O. Jahn in d. Ber. d. K. Sächs. G. d. W. 1855 S. 87. Ueber die ihr geweiheten Speisen, welche meist von armen Schelmen verzehrt wurden, Arist. Plut. 594 Schol., Demosth. adv. Con. 39, Bekk. An. 247. τριοδῖτις Steph. B. v. τρίοδος, Varro l. l. 7, 16.. Und so blieben nun der geisterhafte Spuk und alle dämonischen Erscheinungen der mondbeleuchteten Straßen und Kreuzwege ihr eigentümliches Gebiet, wobei zu bedenken ist daß die Alten ihre Gräber an den Straßen hatten. Es ist der bleiche Mond, wie er bei nächtlicher Weile über die einsamen Straßen und über die Gräber sein Licht ausgießt und allerlei huschende Gestalten und Geisterschwärmerei aufregt, vom Geheul der Hunde bewillkommt, welche eben deshalb der Hekate heilig warenἙκάτης ἄγαλμα φωσφόρου hatte Euripides den Hund genannt, worüber Aristophanes sich lustig machte, Plut. Is. Osir. 71, Hes. v. ἄγαλμα, Bekk. An. 330, Eustath. Od. 1467, 35, vgl. Plut. Qu. Rom. 68.. Ein unheimlicher Eindruck für jedes Gemüth, daher sie zur Göttin der Gespenster und der magischen Beschwörung schlechthin geworden ist, wie in dieser Hinsicht schon die ältere Sage die beiden Zauberinnen Kirke und Medea als lebende Bilder des Hekatedienstes kennt und namentlich die letztere mit der Zeit ganz zur Dienerin der Hekate geworden und von den Dichtern der Argonautensage oft geschildert ist. Auch Theokrit id. 2 schildert solche magische Beschwörungsgebräuche, mit denen man bald Geister citiren bald Seelen zur Liebe zwingen bald den Mond vom Himmel herab ziehen zu können glaubteArist. Nub. 750, vgl. El. céramogr. 2, 118.. Daher Hekate bei allen derartigen Beschwörungen nicht fehlen durfte, namentlich bei denen der QuacksalberVgl. das Gebet der Medea in den Rhizotomen des Sophokles b. Schol. Apollon. 3, 1214 Ἥλιε δέσποτα καὶ πῦρ ἱερόν, τῆς εἰνοδίας Ἑκάτης ἔγχος, τὸ δι' Οὐλύμπου πωλοῦσα φέρει καὶ γῆς ναίουσ' ἱερὰς τριόδους, στεφανωσαμένη δρυὶ καὶ πλεκταῖς ὠμῶν σπείρασι δρακόντων. Geisterbeschwörung und Giftmischerei war auch die Sache der s. g. τυμβάδες z. B. der thessalischen Erichtho s. Röm. Myth. 768. und der Geisterbeschwörer, zu welchem 249 Aberglauben die vielen Psychopompeen in Griechenland, Kleinasien und Italien von selbst Anleitung gaben, oder wenn es sonst dämonische Schrecknisse heraufzubeschwörenἙκάτης ἐπαγωγὴ b. Theophr. char. 16, vgl. Hesych ὠπωτῆρε u. Dio Chrys. 4, p. 83 ὡς εἰώϑασιν ἔνιοι τῶν περὶ τὰς τελετὰς καὶ τὰ καϑάρσιν μῆνιν Ἑκάτης ἱλασκόμενοί τε καὶ ἐξάντη φάσκοντες ποιήσειν u. s. w., Lukian Philops. 14. 22, Hippol. ref. haer. 4, 35 p. 102, Orph. Argon. 952 ff., Schoemann l. c. p. 236. ἄφραττος ἡ Ἑκάτη παρὰ Ταραντίνοις Hes. oder abzuwenden galt, wie das sinkende Heidenthum denn an solchem Aberglauben außerordentlich reich war. Auch die Spukgestalten der populären Phantasie, eine Antaia, eine Empusa, gehören zur Umgebung der HekateHesych v. ἀνταία, ἔμπουσα, Lobeck Agl. 121.. So wurde diese Göttin zuletzt ganz zur Lieblingsgestalt des Aberglaubens und jeder auf den Aberglauben des weiblichen Geschlechts, des gemeinen Volks, oder auch der Schwächlichen und Ueberbildeten berechneten Winkelpraxis.

Eine eigenthümliche, der Hekate nah verwandte Gestalt des thrakischen Monddienstes war auch die aus Kratin und Plato bekannte Bendis, eine über Himmel und Erde gebietende Göttin welche in den Zeiten des Perikles in der Hafenstadt von Athen Eingang gefunden hatte, wo ihr Tempel in der Nähe der Artemis Munychia lag und ihr Fest am 19 Thargelion vorzüglich von den in Athen oder im Piraeeus ansässigen Thrakern gefeiert wurdePlato rep. z. A. Schol., Xenoph. Hellen. 2, 4,11, Hesych v. Βενδῖς und δίλογχος, Bergk reliq. com. Att. p. 76 sqq. Auch in Alexandrien gab es ein Bendideion und in Bithynien einen Mt. Βεμδιαῖος oder Βεμδιδαῖος, welcher dem griechischen Artemisios entsprach. J. Grimm in den Monatsber. d. K. Preuß. A. d. W. 1859 S. 515 ff. hält den Namen Bendis für identisch mit dem nordischen Vanadis, einem Beinamen der Freyja, d. i. schöne, leuchtende, weiße Frau..

Sowohl die Mythologie als die bildende Kunst hat die eigentliche hellenische Artemis von diesen Zwittergestalten ausländischer Religion immer streng unterschieden, ja diese Verschiedenheit tritt gerade in den bildlichen Darstellungen am sichersten hervor. Artemis wurde nach hellenischer Weise ein Idealbild der weiblichen Schönheit, während jene Götter in bildlicher 250 Hinsicht immer Götzen geblieben sind. Sie ward nun dargestellt wie die Dichter sie beschreiben, als die hohe stattliche keusche Jungfrau, in der Umgebung von Nymphen, mit Bogen und Köcher oder mit der FackelAuch wohl mit 2 Fackeln, Soph. Tr. 214 Ἄρτεμιν Ὀρτυγίαν ἐλαφηβόλον ἀμφίπυρον, vgl. die attische Münze b. Beulé p. 325. Es ist die vorleuchtende Führerin der Demeter, s. Paus. 8, 37, 1. Φιλολάμπαδος ἡ Ἄρτεμις Hesych. oder mit der Leier, wie man sie eben auffassen wollte. Ein sehr gewöhnliches Attribut ist die Hirschkuh, die sie entweder begleitet, oder die Göttin wird von ihr getragen, oder sie ist sonst mit ihr beschäftigt, oder sie fährt mit HirschkühenApoll und Artemis auf einem mit Hirschkühen bespannten Wagen auf dem Fries von Phigalia. Art. mit einem Hirschfell bekleidet P. 8. 37, 2. Apollo mit dem Schwan auf dem Schooße, das Geschoß zu seinen Füßen, Artemis auf dem Hirsch, unter demselben ein Jagdhund, auf der Dareiosvase.. Sonst ist die üblichste Darstellung die der Jägerin, wobei sie oft von einem Jagdhunde begleitet ist. Bald ist sie im Begriff den Pfeil aus dem Köcher zu nehmen oder sie hat ihn so eben abgeschossen, dann ist sie bewegterer Stimmung und Stellung. Oder der Köcher ist geschlossen, der Bogen auf den Rücken zurückgeworfen, die Haltung eine ruhige, welche Bilder man die der A. Soteira zu nennen pflegtMüller Handb. § 363–365, D. A. K. 2 t. 15–17. Braun K. M. t. 48–55. Die Diana Colonna des Berl. Mus. ist am besten abgebildet bei Friedrichs Praxiteles Leipz. 1855. Eine amazonenartig bewaffnete Art. auf einer Vase alten Stils, die den Tod des Tityos darstellt, Mon. d. Inst. 1856 t. 10.. In älterer Zeit wurde ihre körperliche Bildung völliger kräftiger blühender genommen, ihre Bekleidung vollständiger. Die jüngere Kunst dagegen, welche nach Vorbildern des eleganteren Geschmacks arbeitete, zeigt Artemis jugendlicher schlanker und leichtfüßiger, ohne weibliche Fülle, mit großer Anmuth im Gesichte, ganz als die Schwester des Apoll derselben Kunstschule, das Haar oben aufgebunden, die Kleidung hoch aufgeschürzt und am Busen durch das Köcherband auf anmuthige Weise durchkreuzt, an den Füßen die kretischen Schuhe der Jägerin. Viele schöne Statuen der Art sind erhalten, vor allen übrigen berühmt die Diana von Versailles, ein Gegenstück zum Apoll von Belvedere, während der archaistische Geschmack durch die einst bemalte Marmorstatue der Diana von Herculanum am besten vertreten ist. Dazu kommen die besseren Münzen von Arkadien Aetolien Kreta und Sicilien, welche den Kopf der Artemis in sehr verschiedener Auflassung zeigen, 251 sammt den Vasengemälden Reliefs und sonstigen Bildwerken, welche die Geschichte des Aktaeon, des Meleager oder andere Acte aus dem mythologischen Leben der Göttin vergegenwärtigen.


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