Ludwig Preller
Griechische Mythologie Theogonie, Götter
Ludwig Preller

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9. Proteus.

Er ist vorzüglich aus der Menelaossage bekannt, s. Od. 4, 351 ff. und die Nachahmung bei Virgil Ge. 4, 386 ff. Ein kundiger und weissagerischer Meeresgreis wie Nereus (γέρων ἅλιος νημερτής), der die Tiefen des ganzen Meeres kennt wie Atlas und dabei verschlagenen Gemüths (ὀλοφώια εἰδώς) und wandelbar ist wie alle Dämonen der See. Seine Tochter heißt Εἰδοϑέα d. i. die Vielgestaltige oder Θεονόη d. i. göttliche Einsicht, also mit Beziehung auf die beiden hervorragenden Eigenschaften aller Meeresgötter, wie der Name Πρωτεὺς vielleicht auf das Uranfängliche der Fluth hindeutetPott Ztschr. f. vgl. Sprachf. 6, 115, Welcker Gr. G. 1, 648. Εἰδοϑέα d. i. πολύμορφος hieß abgekürzt Εἰδώ. Der Name Πρωτεὺς erinnert an die Nereide Πρωτώ.. Doch wird er in der Erzählung Homers ein Untergebener des Poseidon genannt (Ποσειδάωνος ὑποδμώς) und zwar ist er der Hirte über die Seethiere welche die Heerden des Poseidon und der Amphitrite bilden. Sein eigentlicher Aufenthalt ist die Tiefe des Meeres, doch lieben es alle diese Dämonen der Fluth sich am Strande zu sonnen und in der heißen Mittagsstunde in kühler Grotte, wo die Wellen sanft anplätschern, sich dem Schlummer zu überlassen. Proteus ruht dann mitten in der Schaar der Seerobben, den Kindern der schönen Ἁλοσύδνη d. h. der Meereskönigin welche ihm diese Heerde anvertraut hatBei Virgil. Ge. 4, 394 Poseidon, immania cuius armenta et turpes pascit sub gurgite phocas. Ueber Ἁλοσύδνη s. S. 432.. Und zwar pflegte er so auf der Insel Pharos zu thun, die nach der Odyssee eine Tagereise weit von dem großen Aegyptosstrome liegt, daher ihn dasselbe Gedicht einen Aegyptier nennt und die spätere Sage ihn vollends immer weiter mit der aegyptischen Sage zu verflechten wußteHerod. 2, 112. 118, Euripides in der Helena, Diod. 1, 62.. Indessen erzählte man sich auch in der Gegend von Pallene und Torone vom Proteus und er ist in dieser Gegend durch seine Tochter Kabeiro auch in die lemnische Hephaestossage, durch seine beiden Söhne in die Heraklessage der Insel Thasos verflochten wordenLykophr. Al. 115, Virg. Ge. 4, 387, Apollod. 2, 5, 9, Steph. B. v. Καβειρία und Τορώνη. Schon Pherekydes kannte diese Καβειρὼ Πρωτέως Strabo 10, 472.. Menelaos aber beschleicht den Proteus auf jener Insel 478 Pharos, da er in die Nähe Aegyptens verschlagen war. Wie er der Fluth entstiegen und mitten unter seiner Heerde entschlafen war, mußte er ihn greifen und trotz aller Verwandlungen festhalten, denn alle Meeresgötter pflegen nur gezwungen ihre Kenntniß von verborgenen und zukünftigen Dingen zu offenbaren. Proteus verwandelt sich dann in alle möglichen Gestalten von wilden Thieren und in Wasser und Feuer, in einen Löwen, eine Schlange, einen Panther, eine ungeheure Sau, in schlüpfriges Wasser und in einen riesigen Baum. Aber Menelaos läßt nicht los und so muß er sich zuletzt ergeben und weissagt nun untrüglich: wodurch zugleich die verwandten Abenteuer anderer Helden mit anderen Seegöttern geschildert werden, namentlich die des Herakles mit dem Nereus und des Peleus mit der Nereide Thetis.


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