Ludwig Preller
Griechische Mythologie Theogonie, Götter
Ludwig Preller

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

9. Pan.

Dagegen ist Pan wieder ein Gott von rein griechischer Abkunft, der Sohn des arkadischen Alpenlandes und der Geist seiner Berge, von denen alle größeren seine Höhlen und Heiligthümer zeigten, das Maenalische Gebirge, das Lykaeische, das Kylienische, das Parthenion, die Pholoe, wie in den Thälern die Flüsse und die Weideplätze voll von seiner Verehrung warenPaus. 8, 36, 5; 37, 8; 48, 2, Ovid F. 2, 269 ff.. Ein schönes Gedicht unter den kleineren Homerischen (19) erzählt von seiner Abkunft und von seinem Treiben. Der kyllenische Hermesd. i. der ithyphallische, dessen Symbol der Bock ist. hütet in der Nähe seines Stammheiligthums die Schafe des Dryops d. h. des Waldmanns, mit dessen schöner Tochter er den Pan zeugt, ein Kind von seltsam gemischter Bildung, ziegenfüßig, mit zwei Hörnern und einem langen Barte, aber wie es lachte und wie es sprang! Die Mutter fürchtet sich vor ihrem Kinde, Hermes aber wickelt es in Hasenfelle und trägt es auf den Olymp, setzt sich neben den Zeus und zeigt den Göttern seinen Jungen, und Alle haben ihre Freude daran, ganz besonders Bacchus. Und sie nennen ihn Pan, weil er eine Lust für Alle war (ὅτι φρένα πᾶσιν ἔτερψεν). Die richtigere Ableitung seines Namens ist aber die von πάω, ὁ Πάων d. i. der WeidendeΠὰν von der Wurzel pâ, welche im Skr. bedeutet tueri, sustentare, griech. πάομαι, wovon ἐπασάμην und πέπαμαι, daher πᾶμα, ποιμήν, Πάν, pa-sco, pa-bulum u. s. w. Röm. Myth. 365., denn er ist wesentlich νόμιος und ein Gott der Heerden, vornehmlich der Ziegen, weil die griechischen Berge, vollends in Arkadien, immer voll von weidenden Ziegenheerden sind. Auch im Uebrigen beschreibt jenes Gedicht sein ganzes Wesen und Walten außerordentlich lebendig, indem es damit zugleich ein malerisches Bild der arkadischen Natur giebt, wo die schneebedeckten Felsengipfel so kühn und hoch emporstreben, die Quellen so lustig herunterströmen, durch dichtes Gebüsch das überall die Schluchten ausfüllt, und unten in den 582 Thälern die wiesigen Gründe mit den schlängelnden Bächen sich so lieblich dehnen. In solchen schattigen Bergthälern (ἀνὰ πίση δενδρήεντα) treibt sich Pan herum mit den tanzliebenden Nymphen, welche von den jähen Gipfeln der Felsen heruntereilen (Bergquellen) und den Pan rufen, den Weidegott mit dem stattlichen Haarwuchs (νόμιον ϑεὸν ἀγλαέϑειρον), den struppigen (αὐχμήεντα), der auf allen hohen Bergen zu Hause istDaher ὕπατος und Schutzgott der Brut der wilden Vögel neben Apoll und Zeus b. Aesch. Agam. 55., wo der Schnee liegt und schwindelnde Felsenpfade führen, wie im Dickicht des Waldes. Bald geht er den Strömungen der rauschenden Quellen nach, dann wieder eilt er die jähen Pfade hinauf bis zum Gipfel und läuft über die schimmernden Höhen dahin, oder er jagt in den Schluchten das Wild, mit scharfem Blicke spähendSil. Ital. 13, 340 obtendensque manum solem infervescere fronti arcet et umbrato perlustrat pascua visu. Auch eine characteristische Eigenthümlichkeit dieser im Gebirge und in der freien Natur heimischen Dämonen, der Pane und Satyrn. Man nannte diese Geberde ἀποσκοπεῖν, s. Stephani Par. Arch. 14, 552 ff.. Abends aber zieht er sich in seine Höhle zurück und bläst dann so schön auf seiner Hirtenflöte, kein Frühlingsvogel, der in vollen Büschen singt, kann schöner flöten. Und mit ihm singen und springen die Bergnymphen an der Quelle, und der ganze Berg hallt wieder von dem tönenden Echo, und unten im Thale lauschen andachtsvoll die MenschenAuf dem Lykaeischen Gebirge gab es einen Ort Μέλπεια, wo Pan die Syrinx erfunden hatte. Die Umwohner des Maenalischen Gebirgs glaubten ihn oft flöten zu hören. Vgl. auch die Verse b. Athen. 10, 81, das Skolion b. Athen. 15, 50 u. Platos Epigramm Anthol. 9, 823.. Pan aber tanzt hin und wieder springend mit hurtigen Füßen, bald im Reigen bald in der Mitte, wie noch jetzt die griechischen Hirten tanzen. Und er hat ein zottiges Luchsfell über dem Rücken und sein Herz ist voll von Lust über die Tänze und die schallenden Gesänge auf dem weichen Rasen, wo der Krokos und der duftende Hyakinthos zwischen dem dichten Grase blüht.

Tags die weidenden Heerden, die lustige Jagd des Wildes, die strahlenden Gipfel der Berge, Abends die Musik der Pansflöte und der fröhliche Tanz und Gesang der Nymphen, die immer zur Umgebung des Pan gehören, welch ein lebendiges Gemälde! Zur Vervollständigung desselben gehört aber auch der Schlaf des Pan um die heiße Mittagsstunde, wenn die Sonne 583 brütet und Alles so heimlich und so stille und so müde ist, kein Hirte wagt dann zu flöten, denn Pan ruht um diese Zeit von der Jagd und ist sehr empfindlich wenn er gestört wird (Theokr. 1, 15). Eben so das gleich ausdrucksvolle Bild von dem Panischen Schrecken, wenn es in den einsamen Bergen ruft und schallt und das menschliche Gemüth dem großen Naturgeiste gegenüber von Furcht und Angst und plötzlicher Muthlosigkeit ergriffen wird. Oder das Klingen und Singen von allerlei Stimmen und Lauten und der Widerhall in den Felsen und SchluchtenLucr. 4, 578 ff. Stimmen der Nymphen in den Bergen Od. 6, 122. Vgl. Διόπαν φιλεύηχος C. I. n. 4538 u. oben S. 568., welches zu dem Märchen von Pans Liebe zur Echo geführt hat, und das liebliche Bild der Schalmei in den Bergen, welche zu der Dichtung von der Syrinx Veranlassung gegeben hat. Denn auch diese galt für eine Geliebte des Pan, obwohl sie eigentlich nur die personificirte Hirtenflöte und seine Erfindung istOvid M. 1, 690 ff., Longus 2, 34. 37. Eine musikalische Nymphe, sie verbirgt sich vor Pan im Röhricht, er greift nach ihr, faßt aber nur das Rohr, aus dem er die Flöte bildet., wie Andre von seiner Liebe zur Pitys erzählten, der personificirten Fichte, deren Laub gewöhnlich seinen Kopfputz bildeteLukian D. D. 22, 4, Longus 2, 39 ἠράσϑη μὲν Πιτυος, ἠράσϑη δὲ Σύριγγος, παύεται δὲ οὐδέποτε Δρυάσιν ἐνοχλῶν καὶ Ἐπιμηλίσι Νύμφαις παρέχων πράγματα.. Ueberall ist Pan ein großer Liebhaber der Nymphen und brünstiger Natur, wie sein naher Verwandter, der italische Faunus.

Doch ist Pan auch ein Gott des Lichtes, das ja zuerst die Gipfel der Berge röthet und am längsten auf ihnen verweilt; daher in einigen seiner Heiligthümer ein ewiges Feuer unterhalten (Paus. 8, 37, 8) und er selbst mit einer Fackel in der Hand gebildet und durch Fackelfeste ausgezeichnet wurde. Man erzählte deshalb auch von seiner Liebe zur Luna, welche er durch einen Theil seiner Heerde gewonnen habe, während er auf einem Vasengemälde, welches den Anbruch des Tages darstellt, auf einem Berge stehend zuerst den aufgehenden Helios begrüßtVgl. S. 340 und 347. Pan und Luna auf einer M. v. Patrae D. A. K. 2, 174. Heilige Heerde des Pan Longus 4, 4.. Ferner ist er ein Gott der natürlichen Begeisterung und Wahrsagung, wie die Natur der Berge und Wälder sie von selbst eingiebt, daher es Orakel des Pan gab und in Arkadien die Nymphe Erato, die Geliebte des Arkas, für seine Prophetin galtPaus. 8, 37, 9. So ist Pan auch ein Gott der Träume und der Heilung durch Träume, P. 2, 32, 5; 10, 2 u. das Epigramm im Bullet. Arch. 1853 p. 137. Selbst Apollo galt für seinen Schüler in der Mantik, Argum. Pind. Pyth. p. 297.. 584 Auch ist er ein Gott der Wege und Stege und Geleitsgott (ἐνόδιος, πομπαῖος), sowohl auf den Bergen als auf dem Meere, dessen Fluthen er mit seiner Flöte von den Bergen herab besänftigtEurip. Iph. T. 1125, Himer ecl. 12, 8. εὔοδος in Inschriften s. Keil im Philol. 1853 S. 176., ferner ein Schutzgott aller Hirten und Jäger, wie er denn selbst ein eifriger Jäger und als solcher aller Reviere kundig istArrian d. venat. 34, Hesych ἀγρεὺς ὁ Πὰν παρὰ Ἀϑηναίοις, Paus. 8, 42, 2.. Die Berge, die Höhlen, alte und ansehnliche Eichen und Fichten, die Schildkröten waren ihm heilig (Paus. 8, 54, 4. 5). Und nie ist er ohne Tanz und Gesang, ohne seine Flöte und ohne den Chor der Nymphen zu denken. Ja er galt für den göttlichen Vortänzer und Pfeifer schlechthin und war für die volkstümlichen Lustbarkeiten der Hirten und Bauern ziemlich dasselbe was Apollo für die vornehmeren Kreise der Musen und der Olympischen Götterfeste warAristoph. Ran. 229 ἐμὲ γὰρ ἔστερξαν εὐλυροί τε Μοῦσαι καὶ κεροβάτας Πὰν ὁ καλαμόφϑογγα παίζων· προσεπιτέρπεται δ' ὁ φορμικτὰς Ἀπόλλων ἕνεκα δόνακος, ὃν ὑπολύριον ἔνυδρον ἐν λίμναις τρέφω. Soph. Ai. 693 ἰὼ ἰὼ Πὰν Πὰν ἁλίπλαγκτε Κυλλανίας χιονοκτύπου πετραίας ἀπὸ δειράδος φάνηϑ' ὦ ϑεῶν χοροποί' ἄναξ. Pindar nannte ihn χορευτὴν τελεώτατον ϑεῶν b. Aristides T. 1 p. 49 Ddf..

Ueberall liebte Pan die Einsamkeit und die freie Ländlichkeit des Gebirgs, sei es daß er im höheren Oberlande oder daß er an der Küste verehrt wurdeἄκτιος Theokr. 5, 14, b. Malea ib. 7, 103 nach Meineke zu ds. St. u. Steph. B. p. 43, obgleich Panscult im thessal. Geb. Homole nicht auffallen sollte, da er im benachbarten Makedonien, wie die Münzen der Könige lehren, und seit den Perserkriegen gewiß überhaupt allgemein verbreitet war., z. B. beim Vorgebirge Malea oder in Makedonien oder wo ihm sonst in Griechenland oder auf den Inseln eine Höhle geweiht worden war, ihm und den Nymphen, denn gewöhnlich fanden sich beide zusammen. Ja so sehr war dieser Gott ein Gott der freien Natur in Bergen und Wäldern, daß es eines besonderen Anlasses bedurfte um ihn auch in die Stadt einzuführen. Für Athen war ein solcher eine eilige Botschaft, die man nach Sparta sandte, als sich die Perser naheten (Herod. 6, 105). Der Bote glaubte unterwegs beim Parthenischen Gebirge an der argolisch-arkadischen Grenze den Ruf des Pan zu hören, er solle in Athen melden daß er den 585 Bürgern dieser Stadt sehr wohl wolle, obschon sie sich gar nicht um ihn bekümmerten. Nach dem Kriege erinnerte man sich des Panischen Schreckens, der die Feinde bei Marathon und bei Salamis gejagt hatteDas Epigramm des Simonides: τὸν τραγόπουν ἐμὲ Πᾶνα, τὸν Ἀρκάδα, τὸν κατὰ Μήδων, τὸν μετ' Ἀϑηναίων στήσατο Μιλτιάδης. Panshöhle b. Marathon Paus. 1, 32, 6, auf der kleinen Insel Psyttaleia b. Salamis Aesch. Pers. 448, P. 1, 36, 2, b. Anaphlystos Str. 9, 398. und stiftete ihm nun die Pansgrotte an der Burg von Athen, wo er seitdem mit großem Eifer verehrt wurdeDie Höhle wird oft erwähnt. Vgl. die anathematischen Bildwerke b. Müller Handb. § 387, 7, Schöll Archäol. Mitth. S. 95., mit jährlichen Opfern und einer Fackelfeier.

Ein andrer Anlaß zur Erweiterung seines Gottesdienstes und zur Vermischung seiner Figur mit den Sagen und Bildern verwandter Culte war das Orgiastische seiner Natur, die Neigung zum Lärmen und zur wilden Aufregung, wie sie allen Berggeistern eigenthümlich ist und zum Wesen des Pan nicht weniger gehörte als zu dem des Bacchus und der Großen Mutter und ihrer Korybantischen UmgebungEurip. Hippol. 141 (oben S. 517, [Anmerkung 1618]). Vgl. Plut. Amator. 16, Lob. Agl. 641, Schneidewin Philol. 1848 p. 265.. Daher die häufige Verschmelzung seines Dienstes und des Dienstes der Großen Mutter, schon in Pindars Gedichten, wie dieser denn auch bei seiner eignen Stiftung eines Heiligthums der Göttin den Pan mitbedachte, man sprach sogar von einer Erscheinung desselben die der große Dichter gehabt habePind. P. 3, 78, vgl. Aristid. T. 2 p. 231 u. dazu die Scholien. Die zu Pindar a. a. O. führen aus einem verlornen Gedichte auf Pan diese Verse an: ὦ Πὰν Ἀρκαδίας μεδέων καὶ σεμνῶν ἀδύτων φύλαξ, Ματρὸς μεγάλας ὀπαδέ, σεμνᾶν Χαρίτων μέλημα τερπνόν, u. Arist. Rhet. 2, 24 diese Verse aus demselben Gedichte: ὦ μάκαρ ὄντε μεγάλας ϑεοῦ κύνα παντοδαπὸν καλέοισιν Ὀλύμπιοι.. Noch weiter ging man natürlich in Kleinasien, daher Pan in lydischen Sagen und späteren Dichtungen geradeswegs mit Marsyas identificirt und anstatt dessen im Wettkampfe mit Apollo und als Lehrer des Olympos genannt wurdeOvid M. 11, 146 ff. Pan streitet hier mit Apoll wie sonst Marsyas und zwar auf dem lydischen Berge Tmolos, welcher Kampfrichter ist.. Eben so nahe ist aber der Geist dieses Gottesdienstes auch dem bacchischen verwandt, daher Pan nach späterer Auffassung auch eben so nothwendig zum bacchischen Thiasos gehörteLukian D. D. 22, 3 καὶ ὁ Διόνυσος οὐδὲν ἐμοῦ ἄνευ ποιεῖν δύναται, ἀλλὰ ἑταῖρον καὶ ϑιασώτην πεποίηταί με καὶ ἡγοῦμαι αὐτῶ τοῦ χοροῦ. Bacchus gestützt auf einen Satyr und Pan, eine mehrfach wiederholte Gruppe, Braun Ann. d. I. 1846 p. 218–227 t. K., Mon. 4 t. 35, Brunn Mon. d. I. 1856 t. 27 p. 114.. Entweder als kriegerischer Geist und Verbreiter des 586 Panischen Schreckens, in welcher Eigenschaft er bei dem Zuge gegen die Inder die besten Dienste thutPolyaen 1, 2, Köhler Nonn. 46. Vgl. Eur. Rhes. 36 Κρονίου Πανὸς τρομερᾶ μάστιγι φοβεῖ, Pan στρατιώτης auf Lesbos b. Longus 4, 39, sein Kriegsgeschrei b. Valer. Fl. 3, 51 ff. und auch sonst oft bei kriegerischen Veranlassungen gefeiert wurde. Oder als lüsterner und cynischer Liebhaber der Maenaden, der Nymphen und Hermaphroditen, auch als scurriler Springer und Spaßmacher, der mit den Satyrn wetteifert, mit seinem Fuße den Deckel von der heiligen Lade mit den verborgnen Heiligthümern stößt und überhaupt das Element einer derben und unbändigen Sinnlichkeit unter gleichartigen Umgebungen wesentlich verstärkte. Daher Pan in dieser späteren Kunst und Dichtung auch für andere erotische Gelegenheiten eine beliebte Figur und anhänglicher Begleiter der Aphrodite wurde, wie wenn er bald von der Echo bald von der Peitho für den Vater der Iynx galt, mit Eros zudringlich ringt und gelegentlich gar den Herakles beschleichen willOvid F. 2, 301–357, vgl. Serv. V. Ecl. 2, 31 a poetis fingitur cum Amore luctatus et ab eo victus u. Welcker Zeitschr. f. A. K. 475 ff., L. Friedländer Mon. d. I. 1856 p. 34, Stark Frankr. 572. Pan et Olympus luctantes Welcker D. A. K. 1, 318. Pan neben Aphrodite u. Peitho Stephani Par. Arch. 14, 564..

Ein so vielgestaltiges Wesen beschäftigte mit der Zeit die künstelnde Mythologie nicht wenig, wie sich dieses theils in den verschiedenen Genealogieen des Pan zeigt, indem man ihn bald einen Sohn des Zeus bald des Hermes bald des Apollo nannteHerod. 2, 145, Pind. fr. 76, Schol. Eur. Rhes. 36, Schol. Theokr. 1, 3 u. 123, ed. Ahrens p. 461., theils darin daß man ihn vermöge seines Namens zu einem All-Gott (Πᾶν) umdeutete. Für seine Mutter galt bald Kallisto bald die Nymphe Oenoe bald Penelope, letztere offenbar gleichfalls in der Bedeutung einer arkadischen Nymphe, da der Name Penelope zunächst nur eine Spinnerin bedeuteteVgl. πήνη πῆνος πηνίζω. Meineke Anal. Al. p. 158.. Doch wurde diese arkadische Penelope später allgemein für identisch mit der von Ithaka gehalten, woraus mit der Zeit die widerliche Sage entstanden ist daß Pan ein Sohn der Penelope und aller Freier sei. Wie sich andrerseits das seltsame Märchen vom Tode des großen Pan bei Plut. d. def. orac. 17 von selbst dadurch erklärt daß man in dieser Zeit den älteren Berg- und Wald-Pan 587 des arkadischen Volksglaubens neben dem jüngeren All-Pan der Philosophie für einen sterblichen Dämon nach Art der Nymphen und der Satyrn zu halten geneigt war.

Pans Bildung war nach dem Volksglauben die des sogenannten Αἰγίπαν d. h. des Bockspan mit Bocksbeinen, gehörntem Kopfe und einer entsprechenden Gesichtsbildungαἰγιπόδης δίκερως Hom. H. 19, 2. 37, τραγόπους Simonides, κεροβάτης Arist. Ran. 230, αἰγοπρόσωπος καὶ τραγοσκελής Herod. 2, 46, vgl. Longus 2, 24 u die lebendige Schilderung b. Sil. Ital. 13, 327 ff. Neben dem Αἰγίπαν kannte man auch einen Ἑρμόπαν und auf Kreta einen Sohn des Pan und Pflegebruder des Zeus Αἰγόκερως, s. Eratosth. cat. 27. Bilder des Pan D. A. K. 2, 522–556. Besonders zu beachten sind die Münzen aus Arkadien, Makedonien, Pantikapaeum und Pandosia in Italien., obwohl daneben auch eine menschlichere Bildung, bis auf das borstige Haar und die Hörner, in der Kunst herkömmlich war. Seine gewöhnlichen Attribute sind die Syrinx, ein Hirtenstab, ein Fichtenkranz oder ein Fichtenzweig in seiner Hand, sammt andern Merkmalen des im Gebirge hausenden Jägers oder Hirten. Der Ausdruck seines Gesichts ist je nach den verschiedenen Stimmungen verschieden, bis zur Verzerrung furchtbar und schrecklich, wenn der Panische Schrecken ausgedrückt werden soll. Der Cultus war meist ein ländlicher, indem man ihn neben den Nymphen in natürlichen Höhlen und Grotten verehrte oder sein Bild unter Bäumen aufstellte und mit einfachen Gaben und Weihgeschenken verehrteViel Dahingehöriges b. Longus. Panshöhlen auf dem Parnaß (die korykische), auf Paros, Thasos u. s. w., vgl. Alkiphr. p. 80 ed. Meineke. Die Arkader peitschten ihren Pan, wenn er ihnen nicht zu Willen war, Theokr. 7, 106..

Auch Pan hat sich als Gattungsbegriff vervielfacht. Er selbst wurde zum Familienvater, so daß neben ihm auch Pansfrauen und Panskinder auftauchen, aus denen dann, wie bei den Satyrn, den Kentauren u. s. w. von den Künstlern ganze Familienstücke zur idyllischen Staffirung der Berge und Wälder zusammengesetzt wurden. Außerdem gab es aber auch noch das besondere dämonische Geschlecht der sogenannten ΠᾶνεςΠᾶνες neben den Satyrn kannten schon Aeschylos u. Sophokles nach Schol. Theokr. 4, 62, vgl. Arist. Eccles. 1069 ὦ Πᾶνες ὦ Κορύβαντες. oder Πανίσκοι, eine gemeine Art von Waldteufeln und bocksartigen Dämonen, welche die Menschen durch koboldartigen Spuk, Alpendrücken und böse Träume plagenHes. Πανὸς σκότος οἷον νυκτερινὰς φαντασίας, Artemid. 2, 34 Ἑκάτη καὶ Πὰν καὶ Ἐφιάλτης. 37 ὁ δὲ Ἐφιάλτης ὁ αὐτὸς τῷ Πανὶ νενόμισται. Ἐφιάλτης ist der Alp, der italische Incubus. Die Allgemeinheit des Volksglaubens an solche Geister beweisen die vielen Namen dafür, Hes. ἐπιάλης ὁ ἐφιάλτης, ὃν Αἰολεῖς ἐφέλην, ἄλλοι ἐπιάλλην καὶ ἐπωφέλην καλοῦσιν, vgl. v. ἰφίαλος u. ὠφέλης u. Didymos b. Schol. Ar. Vesp. 1038 δαίμων ὃν ἐπιάλην καὶ τῖφυν καὶ εὐόπαν καλοῦσι. Ueber ähnlichen Volksglauben der Neugriechen Pashley Crete 2, 220 ff., im Walde mit 588 den Ziegen und Böcken wie mit ihres Gleichen leben, aber auch vertraute Kameraden der Satyrn sind, mit denen sie nach gemeinem Glauben die gewöhnliche Bevölkerung unbekannter Gebirge und Waldungen bildeten. Die anmuthige Gruppe, wo ein gutmüthiger Panisk einem Satyr oder umgekehrt ein Satyr einem Pan den Dorn aus dem Fuße zieht, gehört zu den schönsten Compositionen aus diesem Kreise.


 << zurück weiter >>