Ludwig Preller
Griechische Mythologie Theogonie, Götter
Ludwig Preller

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d. Nike.

Nike ist der Triumph des Sieges, daher sie unzertrennlich vom Zeus ist, dem ihre Mutter Styx sie beim Titanenkampfe zuführt und den sie bei diesem und dem Gigantenkampfe begleitet, wie sie nach demselben mit ihm den Sieg feiert (S. 48. 62). Eben so unzertrennlich ist sie von der Pallas Athena, die neben Zeus alle höchste Naturkraft und Weltmacht vertritt und in dem Culte der Athena Nike sogar die Siegesgöttin selbst ist, welche deshalb wohl auch die Tochter des Zeus genannt wirdHimer or. 19, 3 Νίκη χρυσοπτέρυγε, Νίκη Διὸς τοῦ μεγάλου παῖ, εὐπατέρεια καὶ φιλόγελως, τούτοις γάρ σε τοῖς ὀνόμασιν ἀγάλλει ἡ ποίησις. Aristid. Athena p. 26 ἣ μόνη μὲν ἁπάντων ϑεῶν, ὁμοίως δὲ πασῶν οὐκ ἐπώνυμος τῆς Νίκης ἐστὶν ἀλλ' ὁμώνυμος. Vgl. S. 171, [Anmerkung 459].. Weiterhin ist Nike im Leben der Griechen und deshalb auch in der darstellenden Kunst zum Symbole jedes Sieges und jedes Erfolgs, jedes glücklichen Vollbringens geworden, sowohl bei den Göttern als bei den MenschenBacchylides fr. 9 Νίκα γλυκύδωρος, ἐν πολυχρύσῳ δ' Ὀλύμπῳ Ζηνὶ παρισταμένα, κρίνει τέλος ἀϑανάτοισί τε καὶ ϑνατοῖς ἀρετᾶς.. Daher ist sie bei allen kriegerischen Veranlassungen betheiligt, desgleichen bei den vielen Wettkämpfen, gymnischen und musischen, an denen das Leben der Griechen so reich war, endlich bei vielen sacralen Gelegenheiten, Dankopfern und festlichen Verherrlichungen eines bei solchen Veranlassungen gewonnenen Erfolgs, wo Nike selbst theilzunehmen pflegt und darüber mit der Zeit zu einer Art von helfendem Opfergenius geworden ist. In ältester Zeit soll sie ungeflügelt vorgestellt sein (Schol. Arist. Av. 574), später ist sie gewöhnlich beflügelt. Ihre Attribute sind Palme und Kranz, 389 Waffen oder ein ganzes Tropaeon. Der vorherrschende Gedanke der Nikebilder, die auf Vasen und kleineren Bildwerken außerordentlich oft zu sehen, in größeren statuarischen Werken seltner erhalten sind, ist entweder die Siegesfeier durch Triumph und Opfer oder die Siegesbotschaft, daher sie nicht selten den Hermesstab führt. Auf letzterer schwebt sie bald mit weit ausgebreiteten Flügeln durch die Luft, oder sie läßt sich mit flatternden Gewändern aus dem Himmel auf die Erde hinabWie in der Bronze zu Cassel, s. Böttiger kl. Schr. 2 S. 173 ff. und in dem Torso eines colossalen Marmorbildes zu Athen, welches bis zum J. 1841 bei Megara am Strande lag und von Einigen für eine Athena Nike gehalten wird.. Bald winkt sie dem Sieger, bald schwebt sie über ihm und kränzt sein Haupt, oder sie führt die Zügel seines Wagens. Oder sie schreitet zur Siegesfeier, wie die zu einer Procession geordneten Niken die einst den Unterbau des Tempels der Nike Apteros in Athen schmückten, die schönsten und anmuthigsten Bilder in ihrer Art. Eine schreitet mit weit geöffneten Flügeln voran, eine andere folgt einen widerstrebenden Stier am Stricke zum Opfer heranzerrend, eine dritte trägt einen Candelaber wie sie zu den Weihrauchsopfern gebraucht wurden, eine vierte löst in höchst anmuthiger Stellung die Sohle von ihren Füßen, wohl um in den Tempel zu treten. Andere Bildwerke der Art sind die zur Spende eingießende Nike oder die einen Opferstier niederstoßende (βουϑυτοῦσα), wie man sie besonders auf agonistischen und musischen Siegesdenkmälern zu sehen pflegtStephani d. ausr. Herakles S. 257 ff. Es gab ein angesehenes Bild der Νίκη βουϑυτοῦσα, welche Darstellungsform später auf Mithras übertragen wurde, von dem Künstler Myron.. Oder sie trägt das Kreuz zum Aufhängen der Waffenstücke des Tropaeon, wie dieses auf den Goldstateren Alexanders d. Gr. der Fall ist, oder sie setzt aus feindlichen Waffen ein Tropaeon zusammen, oder sie gräbt in ein Schild das Gedächtniß des Sieges, wie auf vielen Münzen und Siegesdenkmälern und in einer ausgezeichnet schönen Bronzestatue zu BresciaMus. Bresc. 1 t. 38–40, R. Rochette Journ. d. Sav. 1845 p. 533 ff. Vgl. Müller Handb. § 406, 2, El. céramogr. 1, 91 ff. und die Terracotten b. Campana t. 84–88.. Oder sie steht trauernd und mit gesenkten Flügeln am Grabe des Siegers, wie auf einem vorzüglichen Marmorrelief welches in der Nähe von Thespiae in die Außenwand einer Kirche eingemauert ist. Endlich war Nike auch als Attribut gewisser Götter, auf ihrer ausgestreckten 390 Rechten stehend, bei den Griechen herkömmlich, insbesondere bei dem thronenden Zeus und bei Athena und AphroditeAuch das Bild der Demeter zu Enna war νικηφόρος, s. Cic. Verr. 4, 49, 110. Vgl. Cic. N. D. 3, 34, 84 von Dionysius: idem victoriolas aureas et pateras et Coronas, quae simulacrorum porrectis manibus sustinebantur, sine dubitatione tollebat..


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