Ludwig Preller
Griechische Mythologie Theogonie, Götter
Ludwig Preller

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8. Priapos.

Es ist der thierische Begattungstrieb in seiner unverhüllten Gestalt, obwohl die Alten sich auch hier die Kraft der animalischen Befruchtung nicht ohne vegetativen und andern Segen zu denken wußten, daher Priapos wesentlich zum bacchischen Gottesdienste gehört, speciell dem kleinasiatischenDiod. 4, 6, Str. 13, 587, Paus. 9, 31, 2, Catull 18, Virg. Ge. 4, 111. Andre nannten ihn Ἰϑύφαλλος und Τύχων d. i. der ithyphallische Glücksdämon, s. oben S. 423, [Anmerkung 1305]. Auch Ὀρϑάνης und Κονίσαλος waren verwandte Gestalten, vgl. Plato com. b. Athen. 10, 58.. Besonders war sein Cultus in den am Hellespont und der Propontis gelegenen Städten heimisch, in Lampsakos, Parion, Priapos und Kyzikos, wo eine üppige Fruchtbarkeit des Bodens sich mit der üppigen Phantasie der Bevölkerung vereinigte um diese für uns anstößige, aber bei den Alten populäre Gestalt hervorzurufen. Denn auch über Lydien, Lesbos, Thasos und andere Inseln war dieser Dienst verbreitetPetron Satyr. 133 Nympharum Bacchique comes, quem pulcra Dione divitibus silvis numen dedit, inclyta paret cui Lesbos viridisque Thasos, quem Lydus adorat vestifluus templumque tuis imponit Hypaepis. Vgl. die Inschr. a. Thera C. I. 2 p. 1085., ferner über Griechenland, wo das in einer fruchtbaren Gegend bei Phlius gelegene Orneae sogar bei Manchen für seine Heimath galtStr. 8, 382. Am Helikon Paus. l. c., und über Italien. Ueberall galt er für einen Dämon der Zeugungskraft und der Fruchtbarkeit, der in feuchten Gründen, Weinpflanzungen und Gärten verehrt wurde, aber auch bei der Ziegen- Schaf- und Bienenzucht und selbst als Gott der Häfen und des FischfangsAnthol. Pal. 6, 33. 89; 10, 1. 2., endlich in den bacchischen und andern Mysterien als Symbol der unermüdlichen Schöpfungs- und Wiedergeburtskraft des Naturlebens, daher man sein Bild selbst auf Gräbern fand. In Lampsakos hielt man den Namen Priapos für einen Beinamen des Dionysosὁ αὐτὸς ὢν τῷ Διονύσῳ, ἐξ ἐπιϑέτου καλούμενος οὕτως, ὡς ϑρίαμβος καὶ διϑύραμβος, Athen. 1, 54, vgl. 5, 33, Schol. Theokr. 1, 21, Schol. Lukian p. 61. 172. Man sagte Πρίαπος und Πρίηπος, Meineke z. Theokr. 1, 21., obwohl dieser Dämon dort gewöhnlich für einen 580 Sohn des Dionysos und der Aphrodite galtDiod. Paus. l. c, Steph. B. v. Ἄβαρνος und Λάμψακος, Schol. Apollon. 1, 932., mit welcher er die Gärten und die feuchten Gründe und die Sorge für Häfen und heiteres Wetter auf beruhigtem Meere theilte. In Priapos nannte man ihn einen Sohn des Dionysos von einer OrtsnympheStr. 13, 587, Hesych v. Πριηπίδος., da er auch sonst oft neben den Nymphen verehrt wurde. Auch dem Eros stand er nahe d. h. dem Eros in physikalischer Bedeutung, wie er vor Alters zu Thespiae und Parion in einer dem Priapos verwandten Gestalt verehrt zu sein scheint (S. 395), wogegen der letztere später gewöhnlich den gemeinen sinnlichen Naturtrieb im Gegensatz zu dem geistiger gedachten Eros ausdrückte. Hin und wieder nannte man ihn auch einen Sohn des Hermes, nehmlich des ithyphallischen, und Hermaphroditos. Endlich seine nahe Verwandtschaft mit Silen zeigt sich darin daß ihm wie diesem der Esel heilig war, dessen priapeische Natur und dessen wüstes Geschrei manchen derben Spaß veranlaßteVgl. die Fabeln b. Ovid F. 1, 391 ff.; 6, 313 ff., Lactant. 1, 21, 25, Hygin P. A. 2, 23..

Die Bildung des Priap war eine doppelte, je nachdem er Gegenstand eines eignen Cultus war oder in den Gärten zum Schutz gegen Diebe und Vögel aufgestellt wurde. Jene ist die eines weichlichen, nach asiatischer Weise bekleideten Alten mit spärlichem Barte, einem Kopftuch und einem bunten Kaftan, welches Gewand vorne aufgehoben einen Schooß bildet, in welchem der Segen der Früchte und unter welchem das characteristische Merkmal des unverhältnißmäßig großen Gliedes zu sehen istO. Jahn Leipz. Ber. 1855 S. 234 ff. u. Ibb. d. V. v. A. im Rheinl. 27, 45–62 m. 3 Taf. Diese Figur trat bald allein auf, als Symbol des Jahressegens, umgeben von den 4 Jahreszeiten in Gestalt von Knaben, oder neben Bacchus epheubekränzt, mit Thyrsos und Früchten, auch wohl mit einem Trinkgeschirr, auch als Nebenfigur der Aphrodite und des Eros, vgl. die Terracotten v. Pantikapaeum Antiq. du Bosph. Cimmer. S. Petersb. 1854 t. 65.. In den Gärten d. h. als hortorum custos stellte er sich so dar wie ihn die Dichter oft im Scherz beschreiben, ein zugehauener Pfahl mit gewaltigem roth angestrichenen Gliede, in der Hand eine Sichel oder eine Keule, auf dem Kopfe ein Rohr, 581 welches vom Winde hin und herbewegt die Vögel scheuchteTheokr. ep. 4, Virg. Ge. 4, 110, Horat. S. 1, 8, Ovid F. 1, 400. 415, C. I. n. 5960., während man dem Attribut des zeugenden Gliedes zugleich einen Schutz gegen den bösen Blick des Neides und andern dämonischen Einfluß zuschrieb.


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