Ludwig Preller
Griechische Mythologie Theogonie, Götter
Ludwig Preller

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a. Eileithyia.

Die Göttin der Entbindung, der Wehen, deren Name Εἰλείϑεια von εἴλω εἰλέω εἰλύω den pressenden drängenden wühlenden Schmerz der Entbindung ausdrückt, während eine andere Form des Namens Ἐλευϑώ (Pindar Ol. 6, 42) das hülfreiche Kommen der Göttin hervorhebtDer Name kommt in sehr verschiedenen Formen vor: Εἰλείϑυια Εἰλήϑυια Εἰλύϑυια Εἰλυϑεία Ἐλειϑύα Ἐλευϑύα u. a. Pott hält das Wort für ausländisch, hebr. jalad d. i. genuit, peperit.. Gewöhnlich ist dieselbe, oder wie die Ilias sie im Plural bezeichnet, sind die Eileithyien Töchter der Hera (μογοστόκοι Εἰλείϑυιαι Ἥρης ϑυγατέρες, πικρὰς ὠδῖνας ἔχουσαι, Il. 11, 270), die sie nach Belieben sendet oder zurückhält, wie bei der Geburt des Apoll und des Herakles. Und so wurde auch die Argivische und Samische Hera als Entbindungsgöttin verehrt und in einem alten Dienste auf Kreta, in einer Höhle zu Amnisos, am Strande von Knosos wurde Eileithyia gleichfalls für die Tochter der Hera gehaltenOd. 19, 188, Strabo 10, 476, Paus. 1, 18, 5. Es gab auch einen Fluß Amnisos, an welchem Artemis in der Umgebung von Nymphen verehrt wurde, Kallim. Dian. 15, Apollon. 3, 877, Steph. B. Hera führte nach Hesych den Beinamen Εἰλείϑυια in Argos. In Attika τέμενος Ἥρας Ἐλειϑυίας b. Vischer Erinnerungen S. 68.. Doch hing das weibliche Geschlechtsleben und namentlich die Krisis der Entbindung nach dem Glauben der Alten so wesentlich von dem Monde ab daß alle himmlischen Göttinnen, die an diesem einen Antheil hatten, auch zugleich als Entbindungsgöttinnen verehrt wurden, vorzüglich Artemis welche oft als Eileithyia und um eine gelinde Geburt angerufen wurdeKallim. Dian. 21, Anthol. Pal. 6, 242. 271, oben S. 238. Artemis ἡ λεγομένη παρὰ Λυκίοις Ἐλεύϑουσα Artemid. Oneir. 2, 35. Art. Εἰλείϑυια und σοωδίνα in Chaeronea C. I. n. 1595–98., aber auch Aphrodite und 402 selbst Albena (oben S. 155); daher auch die Genealogie und Sage von der Eileithyia sehr verschiedene Wendungen nimmt. Einer der ältesten und heiligsten Culte war der auf Delos, wo die Legende von der Entbindung der Leto, von der Geburt der Artemis auf Ortygia, von den hyperboreischen Jungfrauen die Eileithyia auf mehr als eine Weise verherrlichteS. oben S. 186. 229. Bei Kallim. Det. 256 ist Ἐλειϑυίης ἱερὸν μέλος das übliche Freudengeschrei, die ὀλολυγή, vgl. H. in Ap. P. 119.. Namentlich feierte sie ein Hymnus des Lyciers Olen, in welchem dieser alte Dichter sie aus dem Hyperboreerlande der Leto zu Hülfe herbeieilen ließ und sie älter als Kronos nannte und die wohl spinnende (εὔλινος) und die Mutter des Eros, was auf Vorstellungen wie die von der Aphrodite Urania zurückweistPaus. 1, 18, 5; 8, 21, 2; 9, 27, 2. Das Prädikat εὔλινος erklärt Pausanias mit Recht δῆλον ὡς τῇ Πεπρωμένῃ τὴν αὐτήν.. In Athen wurde sowohl die hyperboreisch-delische als die kretische Eileithyia verehrt und überdies an der Küste bei Kolias in der Umgebung der Aphrodite die Genetyllides, welche gleichfalls Göttinnen der Entbindung warenVgl. oben S. 286 und Paus. 1, 18, 5; 7, 23, 5; 8, 48, 5.. Ein anderes altes Heiligthum der Eileithyia gab es zu Tegea, wo sie Auge ἐν γόνασι hieß, weil Auge dort auf den Knieen liegend den Telephos geboren habe, noch andre zu Sparta, zu Messene, zu Aegion in Achaja, zu Kleitor in Arkadien. Ihre Bilder stellten sie in Athen, also wahrscheinlich auch zu Delos und Kreta, bis zu den Füßen verhüllt vor und so war ihr Bild auch zu Aegion, wo die Münzen es zeigen, vom Kopf bis zu den Füßen in ein dünnes Gewebe gehüllt, während die eine Hand zur Hülfe ausgestreckt war, die andere eine Fackel hielt, das Sinnbild der Geburt an das Licht der Welt. Dahingegen jener Beiname zu Tegea auf ein Bild führt welches die Entbindungsgöttin auf den Knieen liegend darstellte, weil man glaubte daß eine solche Lage die Entbindung erleichtere, daher die ältere Sage die Niederkunft der Frauen, auch die der Leto, in dieser Weise zu schildern pflegtVgl. Welcker kl. Schr. 3, 185 ff. und die dii nixi in Rom, Röm. Myth. 578. Andre Bilder der Eileithyia bei der Geburt der Athena, des Dionysos u. s. w., Müller Handb. § 392, 4, D. A. K. 2, 729.. Außer der Niederkunft der Leto auf Delos war die der Alkmene zu Theben sehr berühmt, auch diese eine außerordentlich schwere und durch allerlei Umtriebe der Hera und bösen Zauber verzögert, bis endlich 403 Galanthis oder Galinthias, der mythisch personificirte Wiesel (γαλῆ), die glückliche Geburt des Herakles bewirkte, was auf das Hausmittel eines heilsamen Schrecks deutet.


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