Ludwig Preller
Griechische Mythologie Theogonie, Götter
Ludwig Preller

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8. Aphrodite.

Die Göttin der Liebe in einem so weiten Umfange des Wortes wie ihn nur die Naturreligion zu fassen vermochte. Es ist zunächst die Liebe mit welcher der Himmel die Mutter Erde liebt und die Macht des Eros die werdende Schöpfung durchdringt, kurz jener kosmogonische Werdetrieb der Theogonie, von dem auch der Cultus des Zeus in so vielen Bildern zu erzählen wußte. Dann der schöpferische und zeugerische Trieb in dem Gebiete wo er sich am allervernehmlichsten darstellt, nehmlich in dem des organischen Erdelebens, besonders in dem der geschlechtlichen Zeugung, welche die Naturreligion von den Thieren und Menschen auf die Götter überträgt und dadurch zu einem allgemeinen Gesetze der Schöpfung erhebt. Daher die Eigenthümlichkeit dieses Gottesdienstes, wodurch er ein Sinnbild der Naturreligion überhaupt wird, daß wir in ihm das Schöne und das Häßliche, das Erhabene und das Gemeine, das Sittliche und das Unsittliche in seltsamer Verwirrung neben einander finden. Doch ist dabei wohl zu beachten daß die Religion der Aphrodite, obgleich von den Griechen als einem den Einflüssen des Orients damals wie jetzt in Europa am meisten zugänglichen Volke zwar sehr früh adoptirt, doch ursprünglich keine griechische ist, so wie zweitens dieses, daß die Griechen in ihrer besseren Zeit überwiegend die feineren und schöneren Momente dieser Religion ergriffen und in der dichterischen Sage und Kunst entwickelt haben. Dahingegen bei größerer Ausartung der Nation, namentlich in dem Zeitalter der Hetären, allerdings auch der griechische Aphroditedienst vorzüglich die üppigen und weichlichen, ganz ins Sinnliche und Gemeine ausgearteten Formen herauskehrt.

Es ist nehmlich immerhin wahrscheinlich, ja für gewiß zu halten daß das griechische Volk, so gut wie die verwandte Bevölkerung in Italien und im germanischen und skandinavischen Norden, eine der Venus und der Freyja verwandte Liebesgöttin auch vor der Berührung mit der orientalischen Cultur bereits verehrte. Ja es ist uns in der Dione, welche in der Ilias (5, 370. 428) für die Mutter der Aphrodite gilt, in Dodona an der 260 Seite des Zeus verehrt und von Euripides für identisch mit der Thyone, der Mutter des Dionysos gehalten wurde (S. 97), sogar eine bestimmte Andeutung von einer derartigen Göttin gegeben, wie andrerseits auch Hera als Mutter der Hebe, Herrin der Chariten und Göttin der Ehe und der Frauen die entschiedene Anlage hatte eine ähnliche Göttin zu werden. Aber eben so gewiß und eine der wichtigsten Thatsachen der griechischen Cultur- und Religionsgeschichte ist es daß Aphrodite d. h. die mit diesem ausländischen Namen benannte Göttin, welche jene einheimische Liebesgöttin der Griechen verdrängt oder absorbirt hat, ursprünglich nicht dem Göttersysteme der Griechen, sondern dem der großen Völkerfamilie semitischer Abstammung angehört, welche von Kleinasien bis Babylon und Arabien verbreitet war und durch Vermittlung der phoenikischen und kanaanitischen Küste bekanntlich sehr früh das mittelländische Meer gewann, dessen Handelsverkehr es lange behauptete. Namentlich hat Kypros, die fruchtbare und für diesen Handelsverkehr sehr günstig gelegene Insel, immer für die wahre Heimath und das Geburtsland der Aphrodite gegolten, welche deshalb schon in der Ilias Κύπρις und bei den folgenden Dichtern so oft Κυπρογενής und Κυπρογένεια genannt wirdΚύπρις Il. 5, 330. 422. 760. 883, Κυπρογενής, Κυπρογένεια b. Hesiod th. 199, Panvasis b. Athen. 2, 3, Κυπρία b. Pind. Ol. 1, 75, N. 8, 7. Vgl. Od. 8, 362 ἣ δ' ἄρα Κύπρον ἵκανε φιλομμειδὴς Ἀφροδίτη ἐς Πάφον, ἔνϑα τέ οἱ τέμενος βωμός τε ϑυήεις, Hom. H. in Ven. 59. 66, Virg. A. 1, 415, Tacit. A. 3, 62, H. 2, 3., vorzüglich die beiden Städte von unbestritten phoenikischer Abkunft Paphos und Amathus, nach denen sie Παφία und Ἀμαϑουσία heißt. Eben so galt in den griechischen Gewässern die südlich vom Peloponnes gelegene Insel Kythera, von welcher diese Göttin den Namen Κυϑέρεια bekommen hatΚυϑέρεια Od. 8, 288; 18, 193, vgl. Il. 15, 432 Κυϑήροισι ζαϑέοισι, Hom. H. 10, 1 Κυπρογενῆ Κυϑέρειαν ἀείσομαι., für einen ihrer ältesten Sitze, auch sie ein alter Stapelplatz des phoenikischen Handels. Auch hatte sich an beiden Punkten, sowohl auf Cypern als auf Kythera, die bestimmte Ueberlieferung eines Zusammenhanges mit dem Dienste der Aphrodite Urania zu Askalon an der kanaanitischen Küste erhaltenHerod. 1, 105, Paus. 1, 14, 6, vgl. Böckh metrol. Unters. S. 43., deren nahe Verwandte die Astarte von Phoenikien, die Mylitta von Babylon, die Alilat der Araber war, eine kosmische Liebesgöttin von so weitem Umfange daß sie zugleich den Himmel, die Erde und das Meer umfaßte. Von Cypern oder 261 direct aus Phoenikien hatte diese Religion sich über einen großen Theil von Kleinasien, namentlich nach Karien und Lydien, nach Troas in der Gegend des adramyttenischen MeerbusensWo der Name Adramyttion und Astyra mit Sicherheit auf eine phoenikische Ansiedlung schließen läßt, s. I. Olshausen im Rh. Mus. f. Phil. N. F. 8, 322. 325. Aphrodite wurde auf der Höhe des Gebirges Gargara und oberhalb der Stadt Antandros verehrt, Strabo 13, 606. Doch gab es auch in der Ebene von Troja ein H. der Aphrodite, Plut. Lucull. 12, Aeschin. ep. 10., nach Lemnos Lesbos Boeotien, auch wohl nach Attika DelosNach Paus. 1, 14, 6 kam der Dienst der Urania nach Athen durch Aegeus, den gewöhnlichen Repräsentanten des ionischen Seelebens. Ausserdem wurde diese Göttin, angeblich seit älterer Zeit, in dem nicht weit von Athen gelegenen Demos Athmonon verehrt. Auf Delos galt ein altes Bild der Aphrodite für eine Stiftung des Theseus, Kallim. Del. 307, Plut. Thes. 21, Paus. 9, 40, 2. und Kreta verbreitet, während die Aphrodite der Insel Kythera sich von dort der Bevölkerung des Peloponnes mittheilte. So läßt sich ein Zweig derselben an der lakonischen Küste und im Eurotasthale aufwärts bis Amyklae und Sparta verfolgen, wo die Sage von der Helena einen frühen Einfluß dieses Glaubens deutlich genug beweist. Ein andrer Zweig führt nach der reichen Handelsstadt KorinthAlkiphr. 3, 60 καίτοι γέ φασι τὴν Ἀφροδίτην ἐκ Κυϑήρων ἀνασχοῦσαν τὴν Ἀκροκόρινϑον ἀσπάσασϑαι. Paus. 3, 23, 1 von Kythera: τὸ δὲ ἱερὸν τῆς Οὐρανίας ἁγιώτατον καὶ ἱερῶν ὁπόσα Ἀφροδίτης παρ' Ἕλλησίν ἐστιν ἀρχαιότατον., welche bald zum Lieblingssitze der griechischen Aphrodite wurde, nach Argos und Sikyon, wieder ein andrer nach Elis. Endlich im Westen hatte Aphrodite in Sicilien auf dem Berge Eryx zwischen Drepana und Egesta eine Station gewonnen, welche nicht blos bei der eingebornen Bevölkerung und den Griechen der Insel, sondern auch bei den Puniern in Karthago und PanormosPolyb. 1, 55, Strabo 6, 272, Diod. 4, 83, Aelian N. A. 10, 50, Sappho fr. 6 ἢ σε Κύπρος ἢ Πάφος ἢ Πάνορμος, C. I. Gr. n. 5499, 5543, 5553, 5615. Ueber die erycinische Venus in Italien u. Rom s. Röm. Myth. 385. 391. 669. und bei der Bevölkerung von Italien wie in Rom und Latium eines außerordentlichen Ansehns sich erfreute. In Karthago war die »himmlische Göttin« mit der mythischen Umgebung der Dido und Anna im Wesentlichen dieselbe GöttinRöm. Myth. 753., über Italien und bis Rom hatte sich der Dienst der erycinischen Venus theils in Folge seines eignen Ansehns theils im Anschlusse an die Aeneassage verbreitet.

262 Als die Griechen die ausländischen Culturelemente ihres Landes in ihr eigenstes Blut umgesetzt hatten und sich in einem reichen Strome von Auswanderungen und Ansiedelungen über die Inseln und Küsten des Ostens und Westens ergossen, hat unter andern Gottesdiensten und Sagen vorzüglich der Aphroditedienst eine durchgreifende Umbildung erfahren. Wir begegnen demselben in älteren und jüngeren Formen sowohl bei den Ioniern von Athen bis Milet und seinen Colonien als bei den Doriern von Rhodos und Knidos bis Kyrene. Wie die Sagendichtung seitdem die gegebenen Elemente veredelt und mit den hellenischen Stoffen und Vorstellungen verschmolzen hat, davon können besonders die Kyprien und der Homerische Hymnus auf Aphrodite einen Begriff geben. Doch lehrt eben jenes für die Sagengeschichte des trojanischen Kreises sehr wichtige Gedicht und schon durch seinen Namen, daß Kypros und seine Aphrodite nach wie vor ein Vorrecht und das höchste Ansehn behauptete, nur daß sich auch hier seitdem die hellenischen und orientalischen Culturelemente mit einander vermischten und neue Formen gleichsam eines ersten Hellenismus schufen, wie es einen solchen überhaupt schon lange vor Alexander d. Gr. gegeben hat. Salamis auf Cypern, welches seine Bewohner von Athen und der Insel Salamis ableitete und wo die Feste der Kypris durch poetische Wettkämpfe verherrlicht wurdenHom. H. 6, 19 χαῖρ' ἐλικοβλέφαρε, γλυκυμέλιχε, δὸς δ' ἐν ἀγῶνι νίκην τῷδε φέρεσϑαι. 10, 4 χαῖρε ϑεὰ Σαλαμῖνος εὐκτιμένης μεδέουσα καὶ πάσης Κύπρου, δὸς δ' ἱμερόεσσαν ἀοιδήν. Daher die Sage von Homer's Geburt zu Salamis auf Cypern und die Musen auf dem Olymp derselben Insel b. Eurip. Bacch. 400 ff., scheint ein alter Mittelpunkt dieser hellenisirenden Sagenbildung gewesen zu sein, deren Früchte die Dichtungen vom Kinyras, vom Pygmalion, vom Adonis, vom Anchises, von Paris und Helena waren.

Die allgemeine Folge dieser geschichtlichen Verhältnisse ist ein Schwanken der die Aphrodite betreffenden Sagen zwischen griechischer und orientalischer Anschauung. So ist gleich die Dichtung von der Geburt und Abkunft dieser Göttin eine doppelte, principiell verschiedene. Einmal jene ältere und hellenische, wo Aphrodite als Tochter des Zeus (Διὸς κούρη Il. 5, 312) und der Dione in das Olympische Göttersystem eingereiht wurde, eine Genealogie welche auch später namentlich bei den Dichtern ihr Ansehn behauptet hat, so daß selbst die kyprische Aphrodite nicht selten Tochter der Dione genannt wirdEurip. Hel. 1098 κούρη Διώνης Κύπρι, Phaeth. fr. 781, 15 τὰν Διὸς οὐρανίαν ἀείδομεν Ἀφροδίταν, Theokr. 17, 36 Κύπρον ἔχοισα Διώνας πότνια κώρα. Daher Κύπροι Διωναία ib. 15, 106, vgl. Virg. A. 3, 19. Nach Steph. B. gab es auf Cypern eine Stadt Διωνία, vgl. C. I. n. 4366 m aus Termessos in Pisidien: ἱερευς Διὸς καὶ Διώνης., oder mit der 263 Zeit, nach dem Vorgange des dodonaeischen Gottesdienstes wie es scheint, Dione und Aphrodite auch wohl völlig gleichgesetzt wurdenTheokr. 7, 116, Bion 1, 93. Vollends ist dieses der Sprachgebrauch der lateinischen Dichter, des Ovid, Statius, des Pervigilium Veneris u. s. w. Nach Clem. Ro. Homil. 4, 16; 5, 13 nannte man sie auch Δωδώνη.. Zweitens die Hesiodische, welche ausdrücklich auf den Cult von Kythera und Kypros zurückgeht (th. 188–206), also orientalischen Ursprungs ist. Auch entspricht dieser Mythus ganz dem Wesen jener Urania, welche zugleich eine himmlische Göttin, eine Göttin der beruhigten Fluth und eine Göttin der von dem Anhauche des Frühlings befruchteten Erde ist. Das vom Kronos mit seiner Sichel abgeschnittene Zeugungsglied des Uranos fällt nach dieser Dichtung in das Meer und schwimmt in demselben lange umher, bis aus dem aufgährenden Schaume die Göttin geboren ward, welche die Griechen deshalb Ἀφροδίτη d. h. die Schaumgeborne genannt glaubtenAls ἀφρογενὴς und οὕνεκ' ἐν ἀφρῶ ϑρέφϑη, wie es bei Hesiod heißt, welche Erklärung Plato Kratyl. 406 C billigt. Vgl. Anakreont. 54 χαροπῆς ὅτ' ἐκ ϑαλάσσης δεδροσωμένην Κυϑήρην ἐλόχευε Πόντος ἀφρῷ. Apul. Met. 4, 28 quam caerulum profundum pelagi peperit et ros spumantium fluctuum educavit. Nikander Alexiph. 406 gebraucht die abgekürzte Form Ἀφρώ. In latinischen Ueberlieferungen hieß sie Frutis, s. Röm. Myth. 384. Roth Gesch. d. Philos. 1 Not. S. 252 vergleicht das chaldaeische Wort פְּרִירָה d. i. Taube und eine Nebenform davon mit dem phoenikischen Artikel אַפְרוּרֶת, worauf sie zuerst in den Gewässern von Kythera erschienen, dann auf der meerumflossenen Kypros ans Land gestiegen sei, »die schöne und würdige Göttin, der Rasen schwoll unter ihren Füßen, als sie leichten Schrittes dahinwandelte, und Eros begleitete sie und der schöne Himeros, als sie sich in die Mitte der Götter begab. Das ist ihre Ehre und ihr Antheil unter den Menschen und den unsterblichen Göttern, magdliches Kosen und Lächeln und Schalkhaftigkeit, süße Lust und Liebe und sanfte Anmuth.« Ein Thema welches in den folgenden Zeiten in vielen Dichtungen und Kunstwerken weiter ausgeführt wurde, die sie als Ἀναδυομένη d. h. die aus dem Meere Auftauchende feierten. Ein sanfter Hauch des Zephyrs hat sie im weichen Schaume der bewegten Fluth zu Kypros ans Land getragen, wo die Horen sie empfingen, 264 bekleideten und köstlich schmückten und darauf zu den unsterblichen Göttern führten, welche sie von solcher Schöne entzückt begrüßten, ein jeder hätte sie gerne zur Gattin gehabt, die veilchenbekränzte Kythereia (Hom. H. 6). Oder wie Phidias es in einer schönen Gruppe am Piedestal seines Olympischen Zeuscolosses ausgedrückt hatte, wie Eros die aus dem Meere Auftauchende am Lande empfing, Peitho sie bekränzte und alle Götter des Himmels, der Erde und des Meeres anstaunend sie umgabenPaus. 5, 11, 3, vgl. 2, 1, 7, Pervigil. Ven. 9–11, Himer ecl. 18 ὤδινεν ἐξ Οὐρανοῦ τὴν Ἀφροδίτην ἡ ϑάλαττα u. s. w. wofür Bion 10 beide Genealogien combinirend sagt: ἅμερε Κυπρογένεια, Διὸς τέκος ἠδὴ ϑαλάσσης. Himer or. 1, 20 τὴν Ἀφροδίτην ἐκ μέσου τοῦ πελάγους ἀνιεῖσαν, ἔτι τὸν ἀφρὸν μετὰ τὴν ϑάλασσαν ἐξ ἄκρων πλοκάμων στάζουσαν.. Oder man schilderte und malte Thalassa, die personificirte Meeresgöttin, wie sie die Neugeborne aus ihrer Fluth emporhielt und die Nereiden, die Tritonen und andre Geschöpfe des Meeres sie mit jubelndem Chore begrüßten, oder wie sie mit tropfenden Locken aus dem sanft bewegten Gewässer als größtes Wunder der Schöpfung emportauchte, oder so wie man auf der Insel Kythera erzählte, daß eine Muschel die Neugeborne, nur mit dem natürlichen Reize ihrer Schönheit Bekleidete, bei ihnen zuerst ans Land getragen habePaul. p. 52 Cytherea Venus ab urbe Cythera, in quam primum devecta esse dicitur concha, quum in mari esset concepta. Vgl. O. Jahn Berichte d. K. S. G. d. W. zu Leipzig 1853 S. 16..

Auf solche Weise haben die Griechen mit ihrem unvergleichlichen Schönheitssinn jenen bei Hesiod noch unschönen Mythus zu einer lieblichen Dichtung umgeschaffen, welche die Kunst begeisterte, während die Philosophen, namentlich die älteren Naturphilosophen, nicht zögerten sich den Begriff einer weiblichen Macht der Liebe, welche Himmel Erde und Meer und alle sichtbaren Erscheinungen zum schönen Kosmos verband, auch für ihre Zwecke anzueignen. In diesem Sinne dichteten Parmenides und Empedokles von der himmlischen Liebesgöttin, und viele anderen Dichter sind ihnen gefolgt, Aeschylos und Euripidesb. Athen. 13, 73, vgl. oben S. 38 u. Eurip. Hippol. 447., und später Lucrez, welcher in seiner begeisterten Ansprache an die Venus Genetrix der Aeneaden, die keine andere als die Urania ist, ihre Macht über alle drei Naturgebiete, Himmel Meer und Erde, ausdrücklich hervorhebt, endlich Virgil und OvidVirg. G. 2, 323 ff., Ovid F. 4, 91 ff., wo u. a. iuraque dat caelo terrae et natalibus undis. Orph. H. 55, 5 καὶ κρατέεις τρισσῶν μοιρῶν, γεννᾷς δὲ τὰ παντα ὅσσα τ' ἐν οὐρανῷ ἐστι καὶ ἐν γαίῃ πολυκάρπῳ, ἐν πόντου τε βυϑῷ. Pervigil. Ven. 65 perque caelum perque terras perque pontum subditum pervium sui tenorem seminali tramite imbuit iussitque mundum nosse nascendi vias. Apul. Met. 4, 29 en rerum naturae prisca parens, en elementorum origo initialis, en orbis totius alma Venus. und andre Dichter bis hinab zu den Orphischen 265 Hymnen. Dagegen die ethische Philosophie zu einer Unterscheidung der Aphrodite Urania und der Aphrodite Pandemos geführt hat, welche wenigstens für die Mythologie nicht zu brauchen ist. Die Urania wurde nehmlich nun, soviel wir wissen seit Plato, als eine Göttin der reinen und ehelichen Liebe von der Pandemos als Göttin der vagabunden Liebe und der Prostitution auch genealogisch unterschieden, indem man jene eine Tochter des Himmels und die ältere, diese eine Tochter des Zeus und der Dione und die jüngere nanntePlato Symp. 180 D ἡ μέν γέ που πρεσβυτέρα καὶ ἀμήτωρ Οὐρανοῦ ϑυγάτηρ, ἣν δὴ καὶ Οὐρανίαν ἐπονομάζομεν, ἡ δὲ νεωτέρα Διὸς καὶ Διώνης, ἣν δὴ Πάνδημον καλοῦμεν. Vgl. Xenophon Symp. 8, 9 und Cic. N. D. 3, 23, 59, wo vier verschiedene Veneres unterschieden werden: 1) Caelo et Die (Ἡμέρα) nata, cuius Elide delubrum videmus, 2) spuma procreata, ex qua et Mercurio Cupidinem secundum natum accepimus, 3) Iove nata et Diona, quae nupsit Vulcano, sed ex ea et Marte natus Anteros dicitur, 4) Syria Cyproque concepta, quae Astarte vocatur, quam Adonidi nupsisse proditum est, vgl. Io. Lydos d. mens. 4, 44. Ein Beispiel jener willkürlichen Unterscheidungen und Eintheilungen, denen wir bei Cicero und den kirchlichen Schriftstellern oft begegnen.; da Urania doch in der That ursprünglich so gut wie die Venus des Meeres und des Erdelebens eine physikalische Macht ist und so gut wie die Pandemos als eine Göttin der Prostitution verehrt wurde, während diese letztere eigentlich umgekehrt einen mehr ethischen und politischen als physikalischen Sinn, nehmlich den einer römischen Concordia gehabt zu haben und erst durch Solon zur Göttin der Prostitution geworden zu sein scheint. Ja Aphrodite Urania wurde in Athen selbst als Gartengöttin verehrt, also als eine Göttin der Vegetation und des geilen Triebes, welcher Dionysos und selbst Priapos sehr nahe gestanden haben müssen, wie sich denn die Hetären so gut zu ihr als zur Pandemos hieltenLukian dial. mer. 7, 1 ϑῦσαι μὲν τῇ Πανδήμῳ λευκὴν μηκάδα, τῇ Οὐρανίᾳ δὲ τῇ ἐν κήποις δάμαλιν. Vgl. Athen. 13, 31.. Daher wir im Folgenden von dieser Unterscheidung gänzlich absehen und uns vielmehr an jene Dreitheilung der Naturgebiete halten, in denen die kosmische Göttin waltet, wie dieses der Mythus ihrer Geburt andeutet und die ältere Naturphilosophie es richtig anerkannte. Auch geschah dieses in einigen örtlichen Gottesdiensten 266 z. B. dem von Knidos, einem alten Lieblingssitze der GöttinCatull 36, 11 O caeruleo creata ponto, quae sanctum Idalium Uriosque apertos quaeque Ancona (beide Städte in Italien, an der Küste des adriatischen Meeres) Cnidumque arundinosam colis, quaeque Amathunta quaeque Golgos quaeque Durrachium Adriae tabernam., wo man sie in drei Heiligthümern verehrte, in dem ältesten als δωρῖτις d. h. als gabenreiche Erdgöttin, in einem andern als ἀκραία d. h. als Göttin der Höhen, in dem jüngsten und angesehensten, weil Knidos eben vorzugsweise Hafen und Handelsstadt war, als εὔπλοια d. h. als Göttin des Meeres und der SchifffahrtPaus. 1, 1, 3, wo δωρῖτις weder von den Doriern noch von einer Stadt Doros abzuleiten, sondern i. q. εὔδωρος, ἠπιόδωρος ist, vgl. δωρίτης ἀγὼν b. Plut. pr. ger. reip. 27. In Theben wurde im Sinne der attischen Philosophie eine A. Οὐρανία, Πάνδημος und daneben als dritte eine Ἀποστροφία unterschieden, in Megalopolis eine Οὐρανία, Πάνδημος und eine dritte ohne Beinamen, P. 8, 32, 1; 9, 16, 2..

Also zuerst von der himmlischen Aphrodite im engeren Sinne des Worts d. h. der Göttin der Höhen, der Atmosphäre, des Wetters, aber auch der himmlischen Erscheinungen und ihrer Gesetze. Als Höhengöttin wurde sie viel auf Bergen und Burgen verehrt, auch auf Cypern, wo der an der östlichen Küste gelegene Olympos ein solches Heiligthum trug, welches Frauen nicht zugänglich warStrabo 14, 682. Auch Idalium mit dem berühmten Hain der Venus scheint in dieser Gegend gelegen zu haben, Theokr. 15, 100, Virg. A. 1, 691, Claudian nupt. Hon. et Mar. 49 ff., Steph. B. v. Ἰδάλιον, nach welchem der Ort gegen Morgen lag., ferner zu Knidos und bei MiletTheokr. 7, 116 Οἰκεῦντα ξανϑᾶς ἕδος αἰπὺ Διώνας, vgl. Schol. Dionys. P. 825, Steph. B. v. Οἰκοῦς., auch in Troas auf der Höhe von Gargara, in Theben auf der Kadmea, in Korinth auf Akrokorinthos, in Argos auf der LarissaHes. ἀκρία ἡ Ἀϑηνᾶ ἐν Ἄργει. – ἔστι δὲ καὶ ἡ Ἥρα καὶ Ἄρτεμις καὶ Ἀφροδίτη προσαγορευομένη ἐν Ἄργει, κατὰ τὸ ὅμοιον ἐπ' ἄκρῳ ἱδρυμέναι. Paus. 2, 23, 8 nennt sie Οὐρανία., endlich in Sicilien auf dem hohen Berge Eryx, dessen Göttin von einer Inschrift auf Egesta (C. I. n. 5543) ausdrücklich Οὐρανία genannt wird. In Paphos und auf dem Eryx stand der große Hauptaltar unter freiem Himmel, und zwar wurde derselbe dort von jedem Blute rein gehalten, während man auf dem Eryx des Glaubens lebte daß die Göttin selbst in jeder Nacht und mit jedem frühen Morgen durch Thau und frischen Gras-Wuchs alle Spuren der vielen auf diesem Altare dargebrachten Brandopfer wieder vertilgeÄelian N. A. 10, 50, Tacit. H. 2, 3, vgl. die Legende b. Porph. d. abst. 4, 15 u. Hes. κάρπωσις ϑυσία Ἀφροδίτης ἐν Ἀμαϑοῦντι. Auch in Athen waren νηφάλια in diesem Dienste herkömmlich, Schol. Soph. O. C. 100. Thau spendet Venus auch Pervig. Ven. 15.. Aber auch als Mondgöttin und 267 Herrin der himmlischen Heerschaaren wurde sie verehrt, wie dieses namentlich der kretische Mythus von der Entführung der Europa auf dem Stiere, zu welchem die Münzen von Sidon und Cypern in entsprechenden Bildern der Astarte und Aphrodite den Commentar liefernAuf den Münzen von Cypern b. De Luynes pl. 5, 1. 2 eine weibliche Figur von einem rennenden Stier getragen, an dessen Hörnern sie sich hält. Von Sidon Lukian de dea Syria 4. Eine Aphrodite Πασιφάεσσα b. Aristot. Mirab. 133 (145)., auch der von der Pasiphae d. h. der Anleuchtenden, endlich der verwandte Dienst der Caelestis in Karthago beweisen, welche über Mond und Sterne, über Blitz und Regen gebot. Dazu kommt der alte Glaube an den Venusstern, welcher bei Hesiod th. 986 Phaethon heißt und ein Sohn der Eos und des Kephalos, den Aphrodite in zarter Jugend seinen Eltern entführt und zum nächtlichen Aufseher ihres Tempels d. h. des Himmels gemacht habe. Als eine Göttin des Gewitters und des Blitzes wurde sie gewöhnlich bewehrt und kriegerisch gedacht, wodurch sich zugleich der alte Bund zwischen Ares und Aphrodite in Theben und andern örtlichen Culten und Sagen erklärt, daher sie hin und wieder auch den Beinamen ἀρεία führte. So war ihr Bildniß in dem alten Heiligthume auf Kythera ein bewaffnetesPaus. 3, 23, 1. Auf Cypern eine ἔγχειος Ἀφροδίτη Hes. Zu Mylasa in Karien Ἀφρ. Στρατεία C. I. n. 2693 f., auch in Sparta, wo spätere Deutung ohne Grund eine Andeutung der kriegerischen Natur seiner Einwohner in dieser Ausrüstung des Bildes suchtePlut. d. fort. Ro. ὥσπερ οἱ Σπαρτιᾶται τὴν Ἀφροδίτην λέγουσι διαβαίνουσαν τὸν Ευρώταν τὰ μὲν ἔσοπτρα καὶ τους χλιδῶνας καὶ τὸν κέστον ἀποϑέσϑαι, δόρυ δὲ καὶ ἀσπίδα λαβεῖν κοσμουμένην τῷ Λυκούργῳ. Vgl. inst. Lacon. 28, Lactant. 1, 20, 32 u. Anthol. Gr. 2, 677–679 ed. Jacobs. Sie hieß ἀρεία Paus. 3, 17, 5. In Korinth A. ὡπλισμένη neben Helios und Eros P. 2, 5, 1. Auf der Insel Amorgos eine Urania ἐν ἀσπίδι Roß Inscr. n. 126, Inselr. 2, 47., desgleichen in Korinth. Als Göttin der himmlischen Erscheinungen und ihrer Gesetze war sie zugleich eine Göttin des Schicksals und seiner Fügungen, daher eine Inschrift in Athen sie die älteste der Moeren nanntePaus. 1, 19, 2, vgl. C. I. n. 1444 aus Sparta, eine Priesterin der Artemis Orthia καὶ τῶν συγκαϑιδρυμένων αὐτῇ ϑεῶν καὶ Μοιρῶν Λαχέσεων καὶ Ἀφροδίτης ἐνοπλίου u. s. w. Artemid. 2, 37 ἀγαϑὴ δὲ καὶ μάντεσι, πάσης γὰρ μαντείας καὶ προγνώσεως εὑρετὶς εἶναι νενόμισται. Nach Ennius lernte Anchises von der Venus fata fari, divinum ut pectus haberet p. 7 ed. Vahlen. und in andern Gegenden in ihrem Dienste 268 auch geweissagt wurde. Ihre Natur dachte man sich oft jungfräulich wie die der Athena und aus demselben Grunde, daher sie in Karthago Virgo Caelestis, die himmlische Jungfrau schlechthin hieß, aber freilich auch Iuno und Venus Caelestis, denn sie war und blieb auch in dieser Auffassung eine Göttin der weiblichen Fruchtbarkeit und der Geschlechtslust, welcher ihre Hierodulen zu Korinth und auf dem Eryx dienten. So führte in Sikyon, wo ihren Priesterinnen Keuschheit vorgeschrieben war, das von Kanachos gearbeitete Bild auf dem Haupte einen Polos als Sinnbild des Himmelsgewölbes und in den Händen Mohn und Apfel als Sinnbilder der Fruchtbarkeit und der Liebe (Paus. 2, 10, 4). Endlich in Elis, wo man Aphrodite Urania eine Tochter des Himmels und der Tageshelle nannte, hatte das von Phidias gearbeitete Bild den einen Fuß auf eine Schildkröte gestellt, das Sinnbild einer sittigen Häuslichkeit, während ein daneben stehendes Bild des Skopas, welches man Aphrodite Pandemos nannte, die Göttin auf dem geilen Bocke sitzend zeigteP. 6, 25, 2, Plut. pr. coni. 32 τὴν Ἠλείων ὁ Φειδίας Ἀφροδίτην ἐποίησε χελώνην πατοῦσαν, οἰκουρίας σύμβολον ταῖς γυναιξὶ καὶ σιοπῆς. Jenes ist das Richtige, s. das Sprichwort οἶκος φίλος οἶκος ἄριστος Paroemiogr. 1, 438 u. Serv. V. A. 1, 505. Die Aphrodite ἐπιτραγία scheint in Athen und Cypern nicht die Bedeutung einer Pandemos, sondern die einer Führerin über See gehabt zu haben, s. Plut. Thes. 18 und die Münzen b. De Luynes pl. 5, 3 u. 6, 5.. Zuletzt d. h. in der hellenistischen und römischen Periode wurde bei den Ueberlieferungen von dieser Göttin vorzüglich an der Vorstellung der ehelichen Liebe und Fruchtbarkeit und der siegreichen Wehrhaftigkeit festgehalten. In jener Hinsicht ist Venus Urania nun sogar im Gegensatze zur Pandemos eine Göttin des KindersegensArtemid. l. c. μάλιστα δὲ ἀγαϑὴ περὶ γάμους καὶ κοινωνίας καὶ περὶ τέκνων γονάς, συνδέσμων γὰρ καὶ ἐπιγόνων ἐστὶν αἰτία.; in welchem Sinne auch die Venus der Aeneaden Genetrix ist d. h. eine Göttin des Geschlechts und der Zeugung, als Stammmutter und ideale Hausfrau, daher bekleidet, wie die älteren Bilder der Aphrodite überhaupt gewöhnlich bekleidet waren. Oder sie ist bewaffnet und Siegesgöttin, νικηφόρος, unter welchem Beinamen Aphrodite in Pergamum, in Smyrna, in Argos, in Samnium verehrt wurdeVon Pergamum Polyb. 17, 2, von Smyrna bezeugen es die Münzen, von Argos Paus. 2, 19, 6, von Samnium Plut. parall. 37, wo Equus Tuticus zu verstehen ist. Vgl. Röm. Myth. 389., oder mit den Waffen 269 des Ares beschäftigt, wie die bekannten Statuen der Venus von Capua und die nach dieser zu ergänzende der Venus von Milo sie vergegenwärtigenVgl. Apollon. 1, 742–746 und die mit den Waffen des Mars kämpfende Venus des Sulla, Anthol. 2, 788 n. 91 Jacobs, Anthol. lat. 1, 582 ed. Meyer..

Das andere Gebiet der Aphrodite ist das Meer, wo sie so gut herrscht und heimisch ist wie in dem HimmelEurip. Hippol. 447 φοιτᾷ δ' ἀν' αἰϑέρ', ἐστὶ δ' ἐν ϑαλασσίῳ κλύδωνι Κύπρις. Musaeos Hero et Leand. 249 Κύπρις ἀπόσπορός ἐστι ϑαλάσσης καὶ κρατέει πόντοιο. Venus in der Tiefe des Meeres hausend b. Apul. Met. 4, 31; 5, 29., daher sie als ποντία, πελαγία, ϑαλασσία und εὔπλοια weit und breit verehrt wurde, natürlich besonders in den Häfen und an den Küsten, wie immer die Wege des Handels und der Schifffahrt von Ort zu Ort führten. So auf Kypros, wo das Orakel zu Paphos auch über die Schicksale der Schifffahrt befragt wurdeTacit. H. 2, 4, Sueton Tit. 5, vgl. Chariton 8, 4 und die Inschr. aus Aegae in Kilikien am issischen Meerbusen C. I. n. 443 Θεῶ Σεβαστῶ Καίσαρι καὶ Ποσειδῶνι Ἀσφαλείω καὶ Ἀφροδίτη Εὐπλοία., und in dem Dienste der idaeischen Aphrodite von Troas, welche sowohl den Paris als den Aeneas auf ihren Fahrten über See behütete. Auch wird die hin und wieder, vorzüglich in der Bucht von Salonichi, ferner auf Zante, auf Leukas, auf dem Vorgebirge Action, an der Küste gegenüber Corfu, endlich in Sicilien neben der erycinischen Venus verehrte Aphrodite Αἰνειὰς oder des Aeneas, welche die Sage von diesem Heroen auf denselben Wegen verbreitete und zuletzt bis an die latinische Küste getragen hatDionys H. 1, 49–53, vgl. Röm. Myth. 668., gleichfalls am besten als Pelagia d. h. als die Göttin des Seeverkehres aufgefaßt werden, wie wir derselben bereits in KnidosSie wurde seit Konon auch im Piraeeus verehrt, s. Paus. 1, 1, 3, Rangabé Ant. Hell. 2 n. 809. Zu Hermione T. der Aphr. ποντία καὶ λιμενία P. 2, 34, 11., in Ancona, in Dyrrhachium und in andern Häfen begegnet sind. Und zwar ist die Wirkung der Aphrodite auch in diesem Naturgebiete gewöhnlich eine besänftigende, Winde und Wogen beschwichtigendeLucret. 1, 6 Te dea te fugiunt venti, te nubila caeli adventumque tuum, tibi suavis daedala tellus summittit flores tibi rident aequora ponti placatumque nitet diffuso lumine caelum. Kallim. b. Athen. 7, 106 γαληναίη λιπαρὴ ϑεός. Himer ecl. 18, 2 von der Geburt der Aphr. ἵσταται μὲν εὐϑὺς καὶ ἄγει γαλήνην ἡ ϑάλαττα, ἀπαλοῖς κύμασι περὶ τὸν τόκον πορφύρουσα. Artemid. l. c., wie die der Ino Leukothea, ihrer nahen Verwandten. Daher sie als eine Göttin des heitern Meeres 270 (γαληναίη) und der glücklichen Fahrt und des sichernden Hafens unter entsprechenden Beinamen verehrt wurde, oft neben PoseidonPaus. 7, 21, 4; 24, 1, O. Müller D. A. K. 2 t. 6, 68. 75. und zwar neben dem stürmischen als die besänftigende Gewalt des Meeres. Sehr bezeichnend ist in dieser Hinsicht eine Feier des Poseidon und der Aphrodite λιμνησία und γαληναία auf Aegina, wo erst dem Poseidon zu Ehren geopfert und geschmaust wurde, aber mit Erinnerung an die auf dem Meere Gebliebenen, zuletzt eine Feier der Aphrodite mit ausgelassener Fröhlichkeit nachfolgtePlut. Qu. Gr. 44, Athen. 13, 55. 59, vgl. Müller Aegin. 148.. Eben deshalb pflegten die Künstler die schönste Geburt des feuchten Abgrundes am liebsten mit jenen grotesken Gestalten und Dämonen des Meeres zusammenzustellen, an denen die griechische Mythologie so reich ist, um in diesem Contraste die Macht der Liebesgöttin auch über die unbändige und wechselvolle Natur des Meeres recht ausdrücklich hervorzuheben, in der Begleitung von Nereiden und Eroten von Tritonen und andern Ungeheuern über das Meer getragenO. Jahn Ber. d. G. d. W. zu Leipzig 1854 S. 179 ff., vgl. den Zug der Kleopatra b. Plut. Anton. 26.. Auch die Fischer verehrten diese meergeborne und meerbeherrschende AphroditePlaut. Rud. 2, 1, 16. Eine fischende Venus sieht man wiederholt unter den Gemälden aus Pompeji.. Und wie die Griechen überall Wellen und Rosse, Schiffe und Wogen zusammendachten, so wurde auch Aphrodite auf diesem Wege eine ἔφιππος und ἱπποδάμεια, obwohl diese Eigenschaft nur selten bei ihr erwähnt wirdHesych v. ἱπποδάμεια, vgl. Schol. Il. 2, 820, Röm. Myth. 393..

Weit anregender für die Phantasie und der gewöhnlichen Vorstellung zugänglicher mußte sich drittens die Aphrodite des Erdelebens bewähren, sowohl für die Symbolik des Cultus als für die Sagendichtung. Es ist die Göttin der Gärten, der Blumen, der Lusthaine, die reizende Göttin des Frühlings und der Frühlingslust, die Göttin des sinnlichen Reizes und der Liebe, kurz die Venus an welche Jeder bei diesem Namen zunächst denkt. Ihr besonders war der Frühling geweiht, in Italien der Monat April, sammt allen Blumen und Blüthen welche der Frühling bringt, vorzüglich die schönen und zarten Blumen und Gewächse, wie Myrten und Rosen, sammt anderen Pflanzungen die man in Gärten und feuchten Gründen zu ziehen pflegte. Daher die heiligen Gärten (ἱεροκηπὶς) zu Alt-Paphos, die Urania ἐν κήποις 271 in Athen, eine A. ἐν καλάμοις oder ἐν ἕλει, d. h. im Sumpf, im Röhricht, zu Samos und ihre Verehrung in feuchten Hainen und Gärten gleich der Artemis und den NymphenStrabo 8, 343, Athen. 13, 31.. Anderswo wurde sie im Schmucke der Blumen als ἄνϑεια verehrtSo in Knosos nach Hesych v. Ἄνϑειαι sind auch die Horen, Ἀνϑεὺς Dionysos s. Lobeck Paralip. 164. In Aphrodisias eine ἀνϑηφόρος der Aphrodite C. I. n. 2821. Vgl. Auson. id. 14, Pervig. Ven. 13. und immer ist sie mit Blumen bekränzt, die durch sie gedeihen und blühen, vor allen mit Myrten und Rosen, den Blumen der schönsten Jahreszeit. Und immer ist es der feuchte Erdboden und die feuchte Jahreszeit in denen sich Aphrodite am meisten offenbart, wenn der Zephyr wieder zu wehen anfängt, Zeus und Hera ihre Vermählung feiern, diese geziert mit dem Gürtel der Charis den Aphrodite ihr gegeben, wenn der Himmel sich in brünstigen Regenschauern über die Erde ergießt und wie sonst die Dichter diese Bilder ausführen; denn es war von jeher ein Lieblingsthema der Dichter, die Macht der Liebe wie sie sich im Frühlinge offenbart zu schildern. Aphrodite selbst heißt deshalb ζείδωρος, ἠπιόδωρος, εὔκαρπος und δωρῖτις d. h. die Gabenreiche, die Fruchtbare. Und schnell pflanzt sich der neue Trieb des Jahres auf die anderen Geschöpfe fort und vor allen empfindet ihn die Göttin selbst und erfreut sich ihrer Geliebten, des Adonis auf Kypros, des Hephaestos auf Lemnos, des Ares zu Theben, des Anchises in dem idaeischen Waldgebirge, wie davon der Homerische Hymnus singt. Im Frühlinge schreitet sie durch die Waldung zum geliebten Manne und wo sie sich blicken läßt folgen ihr schmeichelnd die Thiere des Gebirges und huldigen dem süßen Triebe (H. in Ven. 69 ff.). Daher auch die Hauptfeste der Venus, welche in den Frühling fielenHorat. Od. 1, 4, 5 Iam Cytherea choros ducit Venus imminente luna., ganz in diesem Sinne gefeiert wurden, größtentheils bei nächtlicher Weile in Gärten und blühenden Lauben, unter Reigen und Tänzen und in ungezügelter Hingebung an Lust und Liebe, zumal auf Cypern, der sehr fruchtbaren, an allen Blumen und Blüthen überschwenglich reichen und in ihren Wohlgerüchen duftenden Insel, wo die Myrte, die Rose, die Anemone, die Granate, die Tamariske der Sage nach durch sie entstanden warenHesych v. Μυρίκαι, Athen. 3, 27, Engel Kypros 1, 38.. Es war die Feier ihrer Geburt aus dem liebeathmenden Meere, nach welcher sie das auserwählte Eiland zuerst betreten, am Strande zu Paphos, wo sich dann 272 alles Volk der Insel, Männer und Frauen versammelten um die Reizende zu empfangen und im Jubel des Festes hinaufzugeleiten nach jenen heiligen Gärten von Alt-Paphos, ihrem LieblingssitzeStrabo 14, 683, vgl. Ovid M. 10, 270, Engel a. a. O. 2, 160 ff. Auch das mehrfach erwähnte Γυλγοὶ scheint in der Gegend von Alt-Paphos gelegen zu haben, s. Paus. 8, 5, 2, Steph. B. v.. Natürlich waren vorzüglich die Frauen betheiligt, welche das Bild der Göttin dann badeten und schmückten wie einst die Göttin bei ihrer Geburt gebadet und geschmückt worden war, und darauf selbst unter Myrtengebüschen oder im Flusse badeten um sich zu dem Genusse der Liebe vorzubereitenAeschines ep. 10, vgl. Ovid F. 4, 133 ff. und die λουτροφόρος der Aphrodite zu Sikyon Paus. 2, 10, 4..

Aber in allen Religionen wo das Erdeleben gefeiert wird entspricht der Ausgelassenheit der Frühlingslust ein eben so ausgelassener Schmerz in der Jahreszeit welche die Blüthen und Früchte bricht und die Felder ihres Schmuckes beraubt, und so finden wir denn auch in dem Culte der Aphrodite sehr wehmüthige Bilder dieses Schmerzes, besonders in der Mythe und der Feier des schönen Adonis, die sich fast überall mit der der Aphrodite verbunden findet. In Syrien war Byblos und dessen Umgegend am Libanon ein alter Mittelpunkt dieser Adonisfeier, auf Kypros Amathus (Paus. 9, 41, 2); aber auch über Kleinasien und Griechenland war sie verbreitet, namentlich treffen wir sie in Athen, wohin sie vermuthlich in der Zeit des Kimon und Perikles bei dem damals sehr lebhaften Verkehre mit Kypros gekommen war. Im Wesentlichen überall dieselbe Fabel und dieselben Gebräuche. Ein schöner Jüngling, nach kyprischer Legende ein Sohn des Kinyras und seiner Tochter Myrrha oder SmyrnaDie gewöhnliche Fabel b. Ovid M. 10, 297 ff., Hygin f. 58, Serv. V. Ecl. 10, 18, A. 5, 72, abweichende Version b. Apollod. 3, 14, 4 u. Antonin Lib. 34. Myrrha ist die T. des Kinyras, der das Priesterthum der paphischen Aphrodite repräsentirt, in demselben Sinne wie Amarakos sein Sohn ist. Beide Gewächse, Myrrhen und Amarakos, wurden in jenem Gottesdienste zu Salben und Specereien viel gebraucht. Adonis entspringt aus der geborstenen Rinde des Myrrhenbaums., wächst in der Pflege der Nymphen auf, schön wie ein Liebesgott und die Wonne der Liebesgöttin, die über ihn alles Andre vergißt. Mit ihm hütete sie die Heerden auf den fruchtbaren Triften der Insel, mit ihm jagte sie in den Wäldern, bis der böse Eber ihn in der besten Blüthe seiner Jahre tödtete. Einige sagten daß Artemis ihn gesendet, nach Andern hatte sich der eifersüchtige 273 Ares in diesen Eber verwandeltApollod. l. c, Ovid M. 10, 503 ff., Theokr. 3, 46–48 Schol. u. A. Schon Sappho sang vom Tode des Adonis und von seiner Klage, Paus. 9, 29, 3 und fr. 62 (128). Auch nannte sie die Myrrha fr. 163. Praxilla dichtete einen Hymnus auf Adonis.. Da überläßt die Göttin sich der wildesten Verzweiflung und will selbst von dem todten Adonis nicht lassen, aber auch Persephone in der Unterwelt, so groß war der Reiz seiner Schönheit, vermag sich nicht von ihm zu trennen: bis Zeus den Streit der beiden dahin entscheidet daß Adonis die eine Hälfte des Jahres bei der Persephone, die andre bei der Aphrodite verweilen solle, welche letztere aus seinem Blute die Anemonen oder die Rosen entstehen läßt, die Symbole seiner kurzen Lebensdauer und seines blutigen Schicksals, aber auch die seiner Wiederkehr mit der schönen JahreszeitAnemonen nannte Nikander nach Schol. Theokr. 5, 92, vgl. Ovid M. 10, 731 ff. Von der Rose s. Philostrat ep. 1 und 3 p. 343 K., Prokop Soph. ep. p. 431 u. A. Bion 1, 66 αἷμα ῥόδον τίκτει, τὰ δὲ δάκρυα τὰν ἀνεμώναν. Auch der Lattich (ϑρῖδαξ), dem man eine abkühlende, den Liebesgenuß hindernde Wirkung zuschrieb, wurde in dieser Fabel genannt. Adonis sei darauf von dem Eber getödtet oder von der Aphrodite darunter verborgen worden, Athen. 2, 80, Hes. v. ἀδωνηίς.. Denn nur im Frühlinge und im Sommer kann Adonis sich des süßen Sonnenlichtes und des schönen Himmels und aller Wonnen des Erdelebens erfreuen; wenn die Erndte und der Herbst kommen, muß er wieder hinab zu den Todten und seiner neuen Emporkunft harren. Dieser Mythe entsprach die Festfeier welche in den heißen Sommer fielNach Hieron. in Ez. 8, 13 entspräche der Mt. Tamus, in welchem die Frauen den Tod und die Auferstehung des Adonis feierten, dem Juni. Der Sommer war auf Cypern außerordentlich heiß, Martial 9, 90, 9. Mehr von der Feier im Orient, namentlich zu Byblos und Alexandrien, b. Lukian de dea Syr. 6–9 und Cyrill Al. in Es. 2, 3 (op. ed. P. 1638 T. 2 p. 274), vgl. Movers Phoenizier 1, 191 ff., Engel Kypr. 2, 536 ff. und im Morgenlande mit großem Pomp begangen wurde, indem man zuerst das Verschwinden des Adonis sinnbildlich ausdrückte, darauf ihn als Verstorbenen beklagte, durch Ausstellung seines Bildes und mit düstern Klaggesängen und allen Gebräuchen eines Leichenbegängnisses, bis endlich diese Feierlichkeit und die verwandten Feste der Persephone, des Hyakinthos, des Attis mit der jubelnden Freude über seine Wiederkehr aus der Unterwelt und seine Erhöhung endete. Einfacher war sie in Griechenland, z. B. in Athen, obwohl auch hier die Ausstellung des Leichnams und die heftigen Klagen der Frauen nicht fehltenPlut. Alkib. 18, Nik. 13, vgl. Arist. Pac. 420, Lysistr. 389, Plato Leg. 5 p. 738 C. Das Fest hieß Ἀδώνια, die Ausstellung πρόϑεσις oder καϑέδρα, die Klagen der Frauen ἀδωνιασμοί. Die Zeit war auch hier die Mitte des Sommers, vgl. Thuk. 6, 30, Plato Phaedr. 276 B und über die Adonisgärten Theophr. hist. pl. 6, 7, 3, caus. pl. 1, 12, 2, Hes. Suid. s. v., Zenob. 1, 49, Diogen. 1, 14., auch nicht die 274 sogenannten Adonisgärten (Ἀδώνιδος κῆποι), das sind Scherben mit allerlei zarten Pflanzen, die in wenigen Tagen getrieben wurden, aber auch eben so schnell wieder verwelkten und dann ins Wasser geworfen wurden: Sinnbilder der vergänglichen Blüthe des Jahres und des Lebens, welche Adonis darstellte. Endlich schildert Theokrit in seinem reizenden Gedichte der Adoniazusen die prachtvolle Ausstellung des Adonisbildes am königlichen Hofe in Alexandrien, wie er mit allen Mitteln der Kunst geschmückt auf silberner Bahre da lag, umgeben von den Blüthen und Früchten des Jahres, kostbaren Salben, Gewinden Teppichen u. s. w., um am andern Morgen von den Frauen ans Meer getragen und dort den Wogen übergeben zu werden. Ueberall derselbe tiefe Schmerz über die verlorne Schöne, dieselbe Angst vor dem mit dem Tode gleichbedeutenden Absterben der Natur, mit den heftigsten Aeußerungen einer Verzweifelung die nur durch den Hoffnungsstrahl des Frühlings und der Wiederkehr des Adonis gemildert wurde. Sein Name bedeutete in den semitischen Sprachen zunächst blos Herr, daher neben diesem allgemeineren verschiedene andre vorkommen, in Palaestina Tammuz, auf Cypern Κύρις oder ΚίρριςHes. Et. M. v., C. I. Gr. n. 5966 Κῦρι χαῖρε. Deo amabili etc. Neben Ἄδωνις gebrauchten die Griechen auch die Form Ἄδων.. Ueberdies war mit seinem Namen und mit seiner Feier wie bei allen gleichartigen Gestalten eine Tradition alter musikalischer Weisen und Lieder traurigen Inhalts verbunden, die zur Harfe oder zur Flöte gesungen wurden, daher der Name Kinyras (von κινύρα, phoenikisch kinnor, einer Harfe, daher κινύρεσϑαι) für den ersten Priester der paphischen Aphrodite und der Name Gingras für den Adonis selbst, von einer klagenden Flötenmusik welche bei den Phoeniciern diesen Namen führte und auch in Karien herkömmlich warAthen. 4, 76, Poll. 4, 76. Von abub oder ambub stammen die collegia Ambubaiarum b. Horat. S. 1, 2, 1. Hes. Ἀβώβας ὁ Ἄδωνις ὑπὸ Περγαίων. Andre Formen desselben oder eines andern Namens sind Ἀῶος und Ἠοίης, auf Cypern Γαύας, welche Namen von den Griechen auf die Morgenröthe gedeutet wurden, s. Meineke Anal. Al. 281, Schoem. op. 2, 381, vgl. Hes. ἀοῖα δένδρα κοπτόμενα καὶ ἀνατιϑέμενα τῇ Ἀφροδίτῃ – πρὸς ταῖς εἰσόδοις., bei den Syrern aber abub hieß, womit der in Perge 275 gebräuchliche Name Abobas für Adonis zusammenhängt. Und so hat auch die bildende Kunst und die Malerei die Adonisfeier und die Sage vom Adonis durch manche schöne Compositionen verewigt, welche freilich oft blos dazu dienten den sinnlichen Reiz der Schönheit auszudrücken, aber häufig und zwar in der Uebertragung auf Sarkophage doch auch ihre tiefere symbolische Bedeutung bewährtenO. Jahn Ann. d. Inst. 1846 p. 347–386, Archäol. Beitr. 45 ff. Die Darstellung ist beliebt auf Sarkophagen Wandgemälden Spiegeln, auf Vasen aber bis jetzt nicht sicher nachgewiesen. Bei Gerhard etr. Sp. t. 115 gleicht Adonis ganz dem Eros..

Aber auch auf Aphrodite selbst wird der Schmerz und Tod des Winters übertragen. Sie ist ohne ihren Adonis nicht mehr die goldene, die süßlächelnde, Alles beseligende, sondern sie wird zur Trauernden und Verhüllten, ja zur Verstorbenen, wie man denn auf Cypern ihr Grab zeigte, so gut wie das des Zeus auf KretaClem. Ro. Homil. 5, 23, Recognit. 10 p. 55 ed. Bursian Iul. Firm. Vgl. die Adonisklage b. Bion 1, 4 ἔγρεο δειλαία κυανοστόλε καὶ πλατάγησον στήϑεα und das von Macrob. S. 1, 21, 5 beschriebene Bild der Aphrodite auf dem Libanon.. Sie steigt selbst in die Unterwelt hinab zu ihrem Geliebten und wird zur Todesgöttin, die auf Gräbern und wie eine zweite Persephone verehrt wurde, und zwar wie diese mit dem Gedanken an Wiedererweckungἐπιτυμβιδία ein Bild der Aphr. zu Delphi πρὸς ὃ τοὺς κατοιχομένους ἐπὶ τὰς χοὰς ἀνακαλοῦνται, Plut. Qu. Ro. 23, τυμβώρυχος in Argos und Lakonien, Clem. Al. Protr. p. 32. Vgl. Gerhard Archäol. Nachlaß aus Rom B. 1852 S. 121–195., in Italien zugleich als Libera und als Libitina, in welchem Namen sich diese doppelte Beziehung auf Tod und Wiedergeburt besonders deutlich ausspricht. Oder sie wurde wie eine erstarrte, aber durch die Liebe von neuem belebte gedacht, wie dieses der ursprüngliche Sinn der bekannten Fabel vom Pygmalion d. i. Adonis in einer andern Gestalt zu sein scheint, in welcher das Fest der Aphrodite, bei welchem das Bild lebendig wird, wohl kein andres ist als die gewöhnliche FrühlingsfeierOvid M. 10, 243 ff., Hes., Πυγμαίων ὁ Ἄδωνις παρὰ Κυπρίοις.. Auch gab es hin und wieder, namentlich zu Theben, winterliche Feste der AphroditeXenoph. Hell. 5, 4, 4, Plut. Pelop. 9, Polyaen 2, 4, 3., mit denen sich solche Gedanken der Belebung durch Liebe wohl vertragen mochten.

So weit die Beziehungen dieser Göttin zum Naturleben in seiner engeren Bedeutung. Nun mögen die Bilder und Sagen 276 folgen, welche ihr Walten in dem Kreise des menschlichen Lebens und der menschlichen Leidenschaften veranschaulichen, zunächst sofern sie die Göttin der Schönheit, des weiblichen Reizes ist. Natürlich ist es hier vornehmlich, ja fast ausschließlich der griechische Geist, mit dem wir es bei solchen Schilderungen zu thun haben.

So ist zunächst ihr eignes Bild und schon bei Homer ein Bild der vollendeten Anmuth und aller weiblichen Reize. Seine Götter und Helden kennen sie sehr genau, diese Göttin von Kypros und Kythera, doch kennen sie sie vorzüglich als die weichliche, üppige, die sich wohl auf Schönheit und Putz und die Werke der Liebe und auf leichtfertige Sitte versteht, aber nicht auf männliche Thaten und auf Krieg wie Athena, die ihr mit Verachtung entgegen trittIl. 5, 330 ff. δῶρα Ἀφροδίτης sind Schönheit und Anmuth, weiblicher Putz, Salben, die ἱμερόεντα ἔργα γάμοιο u. s. w., Il. 3, 54; 5, 429; 22, 470; 23, 185.. Also ganz wie ein rüstiges und kriegerisches Volk eine Gottheit ansehen mußte, welche ihrem eignen nationalen Glauben zwar wahlverwandt entgegenkam, aber eigentlich doch der Religion eines in der Civilisation weiter gediehenen und dabei üppigen und weichlichen Volkes angehörte. Doch ist dieses Bild durchweg ein überaus reizendes, ihre Gewalt über die Gemüther eine unwiderstehliche, der Beistand den Aphrodite den Troern namentlich durch ihre Lieblinge Paris und Aeneas leistet ein sehr mächtiger. Die goldne Aphrodite ist ihr gewöhnliches BeiwortIl. 3, 64. 424; 4, 10; 5, 427, Od. 8, 288. Besonders bedeutsam sind solche Prädikate in dem Munde des Apoll und Hermes, Od. 8, 337. 342. Hom. H. 6, 19 ἐλικοβλέφαρε γλυκυμείλιχε. 10, 1 ἥ τε βροτοῖσιν μείλιχα δῶρα δίδωσιν, ἐφ' ἱμερτῷ δὲ προσώπῳ αἰεὶ μειδιάει καὶ ἐφ' ἱμερτὸν φέρει ἄνϑος. Es ist die Blüthe und das Lächeln der Schönheit, s. Grimm D. M. 1054., ein anderes φιλομμειδὴς und εὐστέφανος, die süß lächelnde und die mit der schönen Kopfbinde geschmückte, die Inhaberin des verführerischen Gürtels der Liebe worin aller Zauber steckt, Gunst und Verlangen und bethörende Ueberredung, die selbst Verständige berücktIl.14, 214 κεστὸν ἱμάντα ποικίλον, ἔνϑα τέ οἱ ϑελκτήρια πάντα τέτυκτο, ἔνϑ' ἔνι μὲν φιλότης, ἐν δ' ἵμερος, ἐν δ' ὀαριστὺς πάρφασις, ἥ τ' ἔκλεψε νόον πύκα περ φρονεόντων. Vgl. die Ann. d. Inst. 1842 t. F. und b. O. Müller D. A. K. 2 n. 282 abgebildeten Bronzen.. Andre Praedikate schildern die strahlende Schönheit der Augen oder ihren lockenden Blick, den schönen Nacken und Busen, den lieblichen Mund der mit einer Rosenknospe verglichen wird, die zierliche Kleinheit 277 der Ohrenκαλυκῶπις, ἐλικοβλέφαρος, H. in Ven. 284, Hes. th. 16, Il. 3, 396, wo Helena die Göttin erkennt, als sie bemerkt ϑεᾶς περικαλλέα δειρὴν στήϑεά ϑ' ἱμερόεντα καὶ ὄμματα μαρμαίροντα. An ihren Blicken wird sonst τὸ ὑγρὸν hervorgehoben oder sie heißt Venus paeta, vgl. Petron 68 sicut Venus spectat. Auf die Ohren ist zu beziehn Hesych βαίωτις Ἀφροδίτη παρὰ Συρακουσίοις. Selbst Momos fand nichts an ihr zu tadeln als den Schuh, Aristid. 2 p. 535.. Immer bedienen und umgeben sie die Chariten (Il. 5, 338, Od. 18, 194) und wo ein schönes, ein reizendes Weib geschildert werden soll, da wird sie mit der goldnen Aphrodite verglichenIl. 19, 282; 24, 699, Od. 4, 14. Penelope ist Ἀρτέμιδι ἰκέλη ἠὲ χρυσέη Ἀφροδίτη Od. 17, 36; 19, 54.. Ihr süßes Lächeln, ihrer Rede Gewalt wird von den griechischen Dichtern mit eben so treffenden als reizenden Farben geschildert; man braucht nur an Sappho und Anakreon zu erinnern, obwohl auch der ernste Aeschylos und Pindar nicht verschmähen, wo sie der Aphrodite gedenken, ihrer Schönheit und Anmuth ehrfurchtsvolle Worte der Huldigung zu widmen. Vor allem war dieses Bild aber in den Kyprien ausgeführt, in welchem Gedichte der Streit um die Schönheit den sie mit Hera und Athena bestand und die unwiderstehliche Macht die sie über Helena ausübte, eine natürliche Veranlassung sowohl zur Schilderung ihrer Schönheit als ihres glänzenden Schmuckes darbot, welcher letztere bei den Schilderungen der Aphrodite nicht minder wesentlich ist als jene. So ist aus diesem Gedichte namentlich eine Beschreibung ihrer Bekleidung und Bekränzung erhalten, welche schon als Bild der leibhaftigen Frühlingsgöttin und Blumenkönigin sehr merkwürdig ist. Die Chariten und die Horen haben ihre Kleidung gewirkt und mit den Farben und dem Wohlgeruch der Frühlingsblumen durchdrungen, so daß sie von lauter Krokos und Hyakinthos, Veilchen und Rosen, Narcissen und Lilien duftet. Auch die Kränze, welche sie und ihre Umgebung tragen, die Chariten und die Nymphen des idaeischen Waldgebirgs, bestehen aus duftenden Blumen, den natürlichen Gaben der Erde. Dahingegen bei andern Gelegenheiten der künstliche Schmuck einer auserlesenen und glänzenden Toilette hervorgehoben wird, welche auch in Griechenland nicht von dem Bilde einer schönen Frau getrennt werden konnte und namentlich auf den die Aphrodite, ihre Künste, ihre Umgebungen vergegenwärtigenden Vasen und Spiegelbildern immer sehr geflissentlich hervorgehoben wird: das häufige Baden und SalbenOd. 8, 364, Hom. H. in Ven. 61 ἔνϑα δέ μιν Χάριτες λοῦσαν καὶ χρῖσαν ἐλαίῳ ἀμβρότῳ. Od. 18, 192 κάλλει μέν οἱ πρῶτα προσώπατα καλὰ κάϑηρεν ἀμβροσίῳ, οἵῳ περ εὐστέφανος Κυϑέρεια χρίεται, wo die Scholien und Hesych v. κάλλει eine Salbe verstehen, doch wird χρίειν auch in allgemeinerer Bedeutung gebraucht, Eur. Med. 634 ἱμέρῳ χρίσασ' ἄφυκτον οἰστόν. Den Leichnam des Hektor salbt A. mit Rosenöl Il. 23, 186. Sophokles hatte sie im Urtheil des Paris von Parfüms duftend und mit einem Spiegel in der Hand auf die Bühne gebracht, Athen. 15, 35. Auch auf den Vasenbildern sind Spiegel und Salbenfläschchen gewöhnliche Attribute der A. oder ihrer dienenden Umgebung., der 278 kostbare Kopfschmuck und der des Halsbandes, der Spangen und der Ohrringe, welchen auch die Dichter schildernHom. H. in Ven. 86 πέπλον μὲν γὰρ ἔεστο φαεινότερον πυρὸς αὐγῆς, εἶχεδ' ἐπιγναμπτὰς ἕλικας καλυκάς τε φαεινάς, ὅρμοι δ' ἀμφ' ἀπαλῇ δειρῇ περικαλλέες ἦσαν καλοὶ χρύσειοι παμποίκιλοι, ὡς δὲ σελήνη στήϑεσιν ἀμφ' ἀπαλοῖσιν ἐλάμπετο, ϑαῦμα ἰδέσϑαι. Vgl. die ähnliche Beschreibung Hom. H. 6, 7–11 und Il. 18, 491 πόρπας τε γναμπτάς ϑ' ἕλικας κάλυκάς τε καὶ ὅρμους. ἕλικες sind spiralförmig gewundene Spangen, welche A. auf Vasen- und Spiegelbildern an Armen und Beinen trägt, κάλυκες Ohrgehänge, ὅρμοι Halsschmuck, vgl. den der Freyja b. Grimm D. M. 283. Die χρυσέη Ἀφροδίτη sollte ursprünglich wohl nur den strahlenden Glanz ihrer Schönheit ausdrücken, s. Diod. 4,26, Stephani Nimbus u. Strahlenkr. S. 129. Doch wurde auch dieses Epithet auf Goldschmuck gedeutet, vgl. Hom. in Ven. 1 πολύχρυσος, 65 χρυσῷ κοσμηϑεῖσα, Sappho fr. 9 χρυσοστέφανος., endlich die Zier der bunten Gewänder welche wie der Goldschmuck den griechischen Frauen für gewöhnlich durch die Gesetzgebung verboten, aber bei der Liebesgöttin und allen die sich ihrer Künste befleißigten um so mehr an ihrer Stelle warenWelcker proleg. Theogu. p. 88.. Auch mag in dieser Hinsicht der Einfluß des Orients und des griechischen Kleinasiens über das Gesetz und die Sitte viel vermocht haben, während bei den Doriern überhaupt und namentlich in Sparta das strengere Herkommen sich am längsten behauptete. So wurde in Sparta Aphrodite zwar als Μορφὼ d. h. als Göttin der Schönheit verehrt, wie die spartanischen Frauen denn seit Helena für die schönsten in Griechenland galten und die spartanischen Männer seit Menelaos für Frauenreiz sehr empfänglich waren, aber neben der bewehrten Urania und mit einem Schleier vor dem Gesicht und mit Fesseln an den Beinen, welche dem alterthümlichen Bilde der Sage nach von Tyndareos in Erinnerung an die Leidenschaften seiner Töchter angelegt worden warenPaus. 3, 15, 8, vgl. Stesichoros b. Eur. Or. 239..

Ferner ist Aphrodite die Göttin der Liebe, d. h. eine Herrin über die Herzen, sowohl der Menschen als der Götter, welche letzteren bei den Griechen bekanntlich mit wenigen 279 Ausnahmen für die Liebe auch sehr empfänglich sind, und sowohl mit der Macht einer ἀποστροφία als einer ἐπιστροφία d. h. die Herzen von leidenschaftlichen Neigungen entweder abhaltend oder sie denselben zuwendendἀποστροφία in Theben d. i. die römische Verticordia, die vor leidenschaftlichen Verirrungen behütende, ἐπιστροφία in Megara, P. 1, 40, 5; 16, 2.. Daher sowohl die glückliche Gabe der Liebenswürdigkeit, welche die Herzen an sich zieht, als die Empfindung und Leidenschaft der Liebe von ihr ausgeht; wobei zu beachten ist daß die Liebenswürdigkeit als Glücksgabe der Aphrodite von der Sage meist an Männern geschildert wird und daß solche Sagen meist orientalischen Ursprungs sind, dahingegen die Leidenschaft der Liebe meist eine Sache des schwächeren Geschlechts ist.

Zunächst gehören dahin die Lieblinge der Aphrodite, die in den asiatischen Traditionen fast immer mit denselben Farben geschildert werden, bezaubernd schön und liebenswürdig und von ihrer Göttin mit allen Arten von Lebensglück, Reichthum, Macht, Herrlichkeit begnadet, obschon diese Herrlichkeit nicht immer lange dauert. Eine der ältesten Gestalten der Art ist Kinyras, der Inhalt vieler Sagen auf Kypros wie Pindar sagt, weil ihn Apollo geliebt den Zögling und Priester der AphroditeP. 2, 15 κελαδέοντι ἀμφὶ Κινύραν πολλάκις φᾶμαι Κυπρίων τὸν ὁ χρυσοχαῖτα προφρόνως ἐφίλησ' Ἀπόλλων, ἱερέα κτίλον Ἀφροδίτας. N. 8, 17 σὺν ϑεῷ γάρ τοι φυτευϑεὶς ὄλβος ἀνϑρώποισι παρμονώτερος, ὅσπερ καὶ Κινύραν ἔβρισε πλούτῳ ποντίᾳ ἔν ποτε Κύπρῳ.. Er galt für den ersten Priester der Göttin, namentlich auch für den Urheber der in diesem Gottesdienste kunstreich ausgebildeten Festgesänge und klagenden Adoniasmen, um derentwillen er unter den ältesten Musikern und Sängern genannt wurde, auch der nächtlichen Venusfeier und ihrer Mysterien, von denen die kirchlichen Schriftsteller wissenAuch als König von Byblos und Stifter des dortigen Aphroditedienstes kannte ihn die spätere Tradition, Strabo 16, 755, Lukian D. S. 9.. Zugleich nannte ihn die Sage den ersten König auf Cypern, von welcher Seite ihn schon die Ilias kennt (11, 20) und den Ahnherrn des priesterlichen Geschlechts der Kinyraden, welche das Priesterthum sowohl bei dem Dienste von Paphos als bei dem von Amathus erblich inne hattenDaneben kommen Tamiraden aus Kilikien vor, aber nur für das mit dem paphischen Dienste verbundene Orakel, welches später gleichfalls im Besitze der Kinyraden war, Tacit. H. 2, 3.. Als Pflegling und Geliebter der Venus ist Kinyras 280 wunderbar schön, aber in der weichlichen, von Salben duftenden und von schmelzender Musik tönenden Weise des orientalischen Geschmacks, wie Sardanapal und andere seines GleichenLukian rhet. pr. 11, vgl. Tyrt. fr. 12, 5 οὐδ' εἰ Τιϑωνοῖο φυὴν χαριέστερος εἴη, πλουτοίη δὲ Μίδεω καὶ Κινύρεω μάλιον, Plato leg. 660 E u. die Sprichwörter Paroemiogr. 1 p. 316.: wunderbar reich, so daß er in dieser Beziehung zum Sprichwort geworden war, wie der lydische Gyges und der phrygische Midas, und so fertig in der Kunst der Musik, daß er mit dem Apoll zu kämpfen wagte: zugleich der friedliche Begründer aller Cultur auf Cypern, sowohl der Schafzucht und der künstlichen Bearbeitung der Wolle als des Bergbaues und der Metallurgie, auf welchen Künsten und Segnungen der Flor der Insel beruhte. Und zwar ist dieser Zögling und Liebling der Venus bis ans Ende seines Lebens, das er auf 160 Jahre brachte, und darüber hinaus ein wahrer Fortunatus geblieben, denn noch im Tode ruhte er und sein Geschlecht im Tempel der VenusAnakreon b. Plin H. N. 7, 48, Clem. Protr. p. 40.. Andre brachten es nicht so weit, namentlich der gleichartige Paris, auch ein Liebling der Aphrodite, nur daß er mehr in der Rolle des muthigen Heiden und kühnen Abenteurers auftritt, wie gleichfalls Aeneas. Paris ist hinlänglich bekannt aus der Ilias, wo er als Liebling der Aphrodite dem ἀρηίφιλος Μενέλαος ausdrücklich entgegengesetzt wird, ein Weiberheld der die Laute spielt und beim Tanze der erste ist, sich zierlich zu tragen und berückend zu reden weiß, dabei wunderschön und von jener dämonischen Macht über die weiblichen Herzen und Nerven, wie die Alten sie einer besondern Mitwirkung der Venus zuzuschreiben pflegten. So hat er dem Menelaos hinterrücks sein Weib verführt und so wird er auch von den Dichtern geschildertVirg. A. 4, 215 ille Paris cum semiviro comitatu, Maeonia mentum mitra crinemque madentem subnixus. und auf Bildwerken dargestellt, nur daß in den Kyprien neben seiner Schönheit und seinem Glück doch auch seine Stärke und sein Muth ausgezeichnet wurde. Indessen Paris sollte mit dem ganzen Priamidenstamme zuletzt zu Grunde gehen, dahingegen die Sage an den Helden des andern Dardanidenstammes, Anchises und Aeneas, auch die göttliche Gabe des Glücks bis zu den letzten Erfolgen einer ganz unverhofften Zukunft ausgeführt hatte. Schon in der Ilias wird dieser Ausgang angedeutet, wie er in alten Weissagungen begründet war (Il. 5, 311 ff.; 20, 302 ff.). Die spätere Dichtung, der 281 Homerische Hymnus auf Aphrodite, die Lieder von der Zerstörung Trojas und den Nosten, endlich Stesichoros geben den ganzen Zusammenhang, wenn gleich die Kette von Wanderungen und Abenteuern, welche beide Helden, den alten Anchises auf dem Rücken seines frommen Sohnes, zuletzt bis an die entlegene Latinerküste führten, erst in einer späteren Zeit von Glied zu Glied abgeschlossen wurde. Im H. auf Aphrodite wird Anchises geschildert wie er an den waldigen Abhängen des quellenreichen Ida seine Rinder weidetAuch die Schilderung b. Propert. 3 (2), 32, 33 ff. ist auf diese Liebe zu beziehen. Es ist mit M. Haupt ind. lect. Ber. 1854/55 zu lesen: quamvis Ida palam (für Parim) pastorem dicat amasse atque inter pecudes accubuisse deam etc. Doch wurde selbst am Anchises die ausserordentliche Gunst der Aphrodite vom Zeus durch Lähmung bestraft, Virg. A. 2, 648 Serv., Hom. in Ven. 188–190. Für einen andern Sohn desselben Paares galt Lyrnos, der Ktistes von Lyrnessos, Apollod. 3, 12, 2., wunderschön (δέμας ἀϑανάτοισιν ἐοικώς) und die Zither schlagend (διαπρύσιον κιϑαρίζων), der Geliebte der Aphrodite, die von ihm einen Sohn geboren, der wie sie selbst sagt der Glücklichste unter den Glücklichen des immer schönen und von den Göttern geliebten Dardanidenstammes sein wird. Die Nymphen des Gebirges pflegen der Jugend dieses auserkorenen Sprößlings der idaeischen Liebesgöttin, als starker Held ist er aus dem schicksalsvollen Kampfe, als frommer Sohn und Retter der Penaten aus den Thoren der brennenden Stadt hervorgegangen, und wie er sich nun auch von einem Lande zum andern, von einem Abenteuer zum andern hindurchkämpfen muß, immer begleitete ihn Aphrodite mit ihrer Gunst und KraftKonon 46 sagt sehr bezeichnend vom Aeneas: πᾶσι δ' ἦν ἐφίμερος οἷς ἐντυγχάνοι κατὰ χάριν τῆς Ἀφροδίτης. Ein späteres Bild des Glückes, das von der Aphrodite kommt, war nach lydischem Volksglauben der reiche Kroesos, Ptolem. Nov. Histor. p. 187 Westerm. καὶ τὸν Κροῖσόν φασι γεννηϑῆναι ἐν ἑορτῇ Ἀφροδίτης, καϑ' ἣν Λυδοὶ τὸν ἅπαντα πλοῦτον περιτιϑέντες αὐτῇ πομπεύουσι. Ueberhaupt ist Aphrodite oft Glücksgöttin. Daher ἐπαφρόδιτος für felix und iactus Veneris., bis er im neuen Lande einer großen Zukunft der Stammvater des Geschlechts der Iulier wurde, auf welches sich nach römischem Glauben jene Gunst der Aphrodite und ihre Wunder gleichfalls fortpflanzten. Auch Phaon, der schöne und durch Sapphos Liebe berühmte Phaon ist eine ähnliche Figur, nur daß gewöhnlich in entstellter Ueberlieferung von ihm erzählt wurde. Eigentlich war er der Held einer lesbischen Volkssage. Als Fährmann, der sein Schiff zwischen Lesbos und Chios hin und her führte, soll er einmal die Aphrodite, welche ihn in der 282 häßlichen Gestalt eines alten Weibes um seine Hülfe gebeten, so gutwillig und freundlich bedient haben, daß sie ihm zur Belohnung eine Salbe schenkte, die ihn zugleich verjüngte und wunderschön machte. Da entbrannten alle Frauen auf Lesbos für ihn, unter ihnen auch Sappho, wie die attische Komödie erzählte, die sie nach dem Eindruck ihrer Gedichte als die heißeste von allen schilderte und als die verzweifelste, denn Phaon war und blieb kalt und spröde, auch dieses in Folge von Mitteln und Kräutern welche Aphrodite ihm an die Hand gegebenAelian V. H. 12, 18, Lukian D. M. 9, 2, Palaeph. 49, Apostol. 17, 80, Serv. V. A. 3, 279 u. A., vgl. Welcker kl. Schr. 2, 106. Aphrodites Verwandlung wie die der Hera in der Iasonssage..

Noch häufiger als diese Bilder der männlichen Liebenswürdigkeit sind die weiblichen Beispiele der Liebe als Leidenschaft, die als unwiderstehliche Macht über die Herzen und Sinne kommt und darin ihre göttliche Berechtigung und für Menschen ihre Entschuldigung findet. So in der Ilias und Odyssee die Helena, die schon in der Ilias so erscheint, als die gegen ihren Willen, nur durch dämonischen Einfluß Bezwungene, ihrer Heimath und dem trefflichen Menelaos Entführte (3, 173 ff.; 399 ff.) und vollends in der Odyssee diese verhängnißvolle Liebe eine Ate nennt, die ihr von der Aphrodite gekommen (4, 261 ff.); wie dieses die Kyprien des Stasinos in sehr bewegten Schilderungen, die noch im Ausdrucke der späteren Bildwerke nachklingen, weiter ausführten. Dann in der Argonautensage das furchtbar leidenschaftliche Bild der Medea, deren aller Pflicht, aller Neigung zu den Eltern und zum Bruder vergessene Liebe zum Iason schon in den ältesten uns bekannten Gedichten dieser Sage als das mächtigste Motiv ihrer verhängnißvollen Schicksalsverwicklung erscheint. Ferner die kretischen Heroinen Pasiphae, Ariadne und Phaedra, in denen die Fabel und die Dichtung der attischen Tragiker das Aeußerste von Liebeswahnsinn und Liebesverzweiflung gezeichnet hatte: besonders Phaedra mit ihrer unglücklichen Liebe zum keuschen Hippolytos, wo die beiden göttlichen Mächte, Aphrodite und Artemis, den Kampf um menschliche Herzen bis zum Untergange beider Leidenden durchführten. Namentlich hat Sophokles, welcher mit seiner tiefen Gemüthserfahrung und Gemüthsempfindung auch die Macht der Liebe mit den zartesten und wahrsten Farben zu schildern weiß (Antig. 781–800), bei einer andern Gelegenheit die Allgewalt der 283 Kypris in Versen verherrlicht, die zu dem Ausdrucksvollsten gehören was über diesen Lieblingsgegenstand aller Dichter je gesagt worden istb. Stob, floril. 63, 6, wenn diese Verse nicht vielmehr vom Euripides sind, s. fr. 856 Nauck.. Die Liebe ist ihm Tod, unvergängliche Gewalt, wüthende Raserei, heißes Verlangen, bitterer Seelenschmerz, die größte Naturgewalt, die Mutter alles Schönen und Guten. Dagegen hatte Euripides in seiner ersten Bearbeitung des Hippolytos bei gleich begeisterter Schilderung der Macht der Liebe, wie ja auch seine Lieder in dieser Hinsicht berühmt waren, doch in der Characteristik der Phaedra fehlgegriffen, indem er sie bis zur Schaamlosigkeit herausfordernd erscheinen ließ, ein treues Bild seiner eignen Verstimmung gegen das weibliche Geschlecht. Desto mehr ist das Bild der Phaedra in der zweiten Bearbeitung, der uns vorliegenden zu bewundern, ein Bild der Leidenschaft eines liebeskranken Gemüths, wie sie bei südlichen Naturen auf Geist und Körper zu wirken pflegt und wie in früheren Zeiten namentlich Sappho die Gluth ihrer eignen Gefühle geschildert hatteVgl. bes. die Verse b. Longin d. subl. 10 (fr. 2), auf welche Plut. Amator. 18 hindeutet, und die des Ibykos b. Athen. 13, 76.. Die Lust an solchen Schilderungen der Liebe, wie diese unter den idealen Gestalten des heroischen Alterthums gewirkt, wurde übrigens mit der Zeit sehr allgemein, wie die Liebesgeschichten des Antimachos, Hermesianax, Phanokles u. A. beweisen, deren Beispiel später auf die Römer wirkte. Oder es waren ältere Volkslieder und örtliche Ueberlieferungen des Gottesdienstes, welche solchen immer sehr beliebten Dichtungen zu Grunde gelegt wurden, wie Stesichoros sein Gedicht von der Kalyke einem solchen Liede »wie es ehemals die Mädchen sangen« und das von der Rhadine einer Ueberlieferung aus Elis entlehnt hatteStrabo 8, 347, Athen. 14, 11., während die bekannte Erzählung von der Liebe des Kaunos und der Byblis mit den Traditionen des Aphroditedienstes in der Nähe von MiletAntonin Lib. 30, Parthen. Erot. 11, Konon 2, Ovid M. 9, 453–665. und eine dem Hermesianax nacherzählte Geschichte von der unglücklichen Liebe eines Jünglings zur hartherzigen Tochter des Königs Nikokreon von Salamis auf Cypern mit denen des dortigen Dienstes der Liebesgöttin zusammenhängtAntonin L. 29, Ovid M. 14, 698–761, Plut. Amator. 20. Man verehrte in Salamis eine παρακύπτουσα d. i. die Ausschauende, prospiciens. Aphr. ἐλεήμων, ἐπήκοος, εὐμενὴς, ψίϑυρος (vom Liebesgeflüster) u. a. in verschiedenen Localculten b. Hesych.. Bis darüber Aphrodite und Eros immer mehr zu 284 Gottheiten des poetischen Romans geworden waren, dessen verschiedene Motive sich in den vielen Beinamen spiegeln, welche die mächtige Göttin in solchen Dichtungen führte, denn alle Liebe geht ja von ihr aus, erlaubte und unerlaubte, glückliche und unglückliche, mit allen ihren Wirkungen und mit allen ihren Verwicklungen. Hat doch die spätere Poesie für die Bilder der unglücklichen Liebe noch in der Unterwelt einen eignen Raum erfunden, wo sie auch dort ohne Rast und Ruhe auf einsamen Pfaden in einem Myrtenhaine wandeln, Phaedra Prokris Eriphyle Evadne Pasiphae Laodamia u. A. (Virgil. A. 6, 444 ff.). Obwohl auf der andern Seite auch der Aberglaube eine Veranlassung hatte bei diesen Fabeln anzuknüpfen, indem Aphrodite zugleich für die Urheberin des Liebeszaubers galt. So erzählt Pindar P. 4, 215 ff. wie Aphrodite dem Iason zu Liebe den magischen Zauber des Iynx zuerst vom Olymp gebracht und dem Iason gegeben und ihn auch die entsprechenden Zaubergesänge gelehrt habe, daß er ihr alle Schaam und Scheu aus der Seele reiße und glühendes Verlangen nach Hellas einflöße: denselben Zauber, welcher aus Theokrit bekannt istDer Vogel Wendehals, welcher auf ein magisches Rad geflochten und mit diesem umgedreht wurde. Man erzählte daß Iynx früher eine Nymphe gewesen, die T. des Pan und der Echo oder Peitho, welche Zeus durch einen Liebestrank die Io zu lieben bestimmt habe und welche deswegen von der Hera in jenen Vogel verwandelt sei, Schol. Pind. N. 4, 56, Schol. Theokr. 2, 17, Phot. Suid. v., Böttiger kl. Schr. 1, 183 ff., Kunstm. 2, 261. Eine Aphr. μανδραγορῖτις b. Hesych.. Und so wurde auch sonst der Liebeszauber sowohl von der Aphrodite als von der Hekate abgeleitet, welche beiden Göttinnen bei solchem Glauben nicht selten zu demselben Ziele wirken mußten.

Auch den Genuß der Liebe giebt Aphrodite, ja er ist nach der Ansicht der Alten ihr göttliches Gebot, daher er durch ihren Cultus gefördert wurde. Das ist die verfänglichste Seite des Aphroditedienstes, doch sind manche auffallende Eigenthümlichkeiten desselben, besonders wenn man auf den wirklichen Zusammenhang derselben mit dem religiösen Glauben und der Landessitte zurückgeht, obgleich sie in sittlicher Hinsicht verwerflich bleiben, doch in culturgeschichtlicher Hinsicht merkwürdig. So die von dem babylonischen Mylittadienste und dem gleichartigen Dienste der Aphrodite zu Byblos, auf Cypern, in Lydien und selbst hin und wieder in Griechenland entweder gebotene oder doch erlaubte, ja durch den Glauben geheiligte 285 Prostitution der Mädchen und Frauen, von denen sich jene auf solche Weise einen Brautschatz zu verdienen pflegten, während die Frauen zu Babylon sich im Tempel jener Göttin einmal einem Fremden preisgeben und das dafür erhaltene Geld in ihren Schatz thun mußtenHerod. 1, 196. 199, Strabo 1, 745, von Byblos Lukian D. S. 6, von Cypern und Lydien Her. 1, 93. 94. 199, Athen. 12, 11, Iustin 18, 5, Lactant. 1, 17. Auch nach Armenien und in den Dienst der Anaïtis war der Gebrauch gedrungen, Strabo 11, 532. Die italischen Lokrer gelobten in einem Kriege mit Rhegion, si victores forent, ut die festo Veneria virgines suas prostituerent, Iustin 21, 3.: ein Gebrauch bei welchem man bedenken muß daß es ein der Göttin, von welcher alle weibliche Reife und Fruchtbarkeit kam, dargebrachtes Opfer war und daß auch sonst bei manchen Völkern und in manchen Zeiten die Jungfräulichkeit nicht zu den unerläßlichen Bedingungen einer glücklichen Ehe gehörte, endlich daß bei eben jenen Völkern in der Ehe die strengste Keuschheit zur Pflicht gemacht wurde. Ferner das in dem Dienste der orientalischen Liebesgöttin und verwandter Göttinnen gleichfalls gewöhnliche Institut der Hierodulen d. h. großer Schaaren von dienstbaren Mädchen, welche meist von Andächtigen geweiht wurden und wie die indischen Bajaderen zugleich beim Gottesdienste durch ihre Tänze und ihre Musik mitwirkten und zur Prostitution dienten. Auch diesem Institute begegnen wir hin und wieder in Griechenland, namentlich in der reichen Handelsstadt Korinth und auf dem Berge Eryx, sowohl hier als dort in den Umgebungen der Aphrodite Urania, die sich also in dieser Beziehung keineswegs von der Pandemos unterschied. In Korinth hatte Aphrodite in den besten Zeiten der Stadt über tausend solcher Mädchen in ihrem Dienste, welche den Fremden eben so gefährlich waren als sie dem Gottesdienste Glanz und Ansehn verliehen. Hatten doch auch sie in der Noth der Perserkriege durch brünstiges Gebet zu ihrer Göttin zum Wohle der Stadt mitgewirkt, wie dieses hernach von der Stadt dankbar anerkannt wurde, und hat doch selbst die Muse Pindars es nicht verschmäht den Dienst dieser Mädchen mit zierlichen Worten zu verherrlichen, als ein vornehmer Korinthier nach einem Siege in Olympia der Aphrodite seiner Vaterstadt eine Anzahl davon geweiht hatteAthen. 13, 33, vgl. Strabo 8, 378 und Alkiphr. 3, 60.. Im Dienste der erycinischen Venus auf Sicilien aber hat dasselbe Institut sich bis in die Zeiten der Römer erhalten, welche jenen Gottesdienst auch in dieser 286 Hinsicht unter ihren mächtigen Schutz nahmenStrabo 6, 272, Diod. 4, 83, Cic. in Q. Caec. divin. 17.. Obwohl es sich von selbst versteht daß bei solchen Sitten neben dem ästhetisch Anmuthigen das gemein Unsittliche und Verderbliche vorherrschte, zumal in der späteren Zeit wo in Korinth mit dem Wohlstande auch das Familienleben sehr verfallen war.

Indessen war Aphrodite in den älteren Zeiten um so mehr auch eine Göttin der Ehe und des Familienlebens, ja selbst der allgemeineren Geschlechts- und Gemeindeverbindung, sofern alle diese sittlichen und bürgerlichen Institute auf dem gemeinsamen Grunde der Gesellung von Mann und Weib und auf der Regeneration der Familie beruhten. Eben deswegen wurde sie neben den andern Göttinnen des ehelichen und weiblichen Lebens angerufen und für eine beim Gedeihen junger Mädchen vorzüglich wirksame Gottheit gehalten, z. B. in der alten Fabel von den früh verwaisten Töchtern des Pandareos (Od. 20, 67 ff.), die Aphrodite erst mit zarter Speise aufzieht und für die sie dann, nachdem ihnen Hera Schönheit und Verstand, Artemis ragenden Wuchs, Athena Kunstfertigkeit verliehen, beim Zeus um die letzte Vollendung des weiblichen Geschlechtslebens, τέλος ϑαλεροῖο γάμοιο bittet. Aus demselben Grunde verehrte man in Sparta eine Aphrodite Hera d. h. als Ehegöttin, welcher die Mütter bei Verheirathung ihrer Töchter opferten (P. 3, 13, 6), und in Athen die Aphrodite Kolias auf dem Vorgebirge gleiches Namens neben der Demeter Thesmophoros, welchen Göttinnen die attischen Frauen in dem nahe dabei gelegenen Demos Halimus gewisse Mysterien feierten, die einen besondern Act der Thesmophorienfeier im Monate Pyanepsion bildetenHarp. Hes. v. Κωλιάς, Schol. Arist. Thesm. 80, Clem. Protr. p. 29, Arnob. 5, 28. Aphrodite Καλιάς einer Inschrift auf Samothrake b. Conze Reise a. d. Ins. d. thrak. Meers S. 69.. Und zwar wurden bei diesem Gottesdienste neben der Aphrodite weibliche Dämonen der Geburt unter dem Namen Γενετυλλίδες verehrt, welche zu Phokaea in Kleinasien Γενναΐδες hießen und wahrscheinlich eine Ausgeburt des Artemis- oder Hekatedienstes warenPaus. 1, 1, 4. Γενετυλλὶς b. Arist. Lys. 2, Nub. 52, πότνιαι γενετυλλίδες Thesm. 130, vgl. Εἰλείϑυια und Εἰλείϑυιαι u. dgl. Γενετυλλὶς ist i. q. γενέτειρα, ἀπὸ τῆς γενέσεως τῶν παίδων ὠνομασμένη Schol. Ar. Lys. 2. Nach Hesych glich sie der Hekate, daher ihr Hunde geopfert wurden, Andre hielten sie für eine Artemis oder Aphrodite, vgl. Suid. Κωλιάδες und Γενετυλλίδες b. Lukian Amor. 42, Alkiphr. 3, 11. Alter Artemisdienst zu Phokaea s. oben S. 242, [Anmerkung 681]. Ein χωρίον Γενναΐς in der Nähe dieser Stadt b. Aristid. 1 p. 469 Ddf.. Auch 287 wurde Aphrodite seit alter Zeit auf Delos neben der Artemis in der Bedeutung einer Entbindungsgöttin verehrtOlen hatte in einem seiner delischen Hymnen Eileithyia die Mutter des Eros genannt, P. 9, 27, 2. Vgl. das der Eileithyia geweihte Venusbild b. Gerhard Venusidole t. 4, 6 und Aesch. Suppl. 1031 ff., wie diese beiden Göttinnen sich auch darin glichen daß sie die jungen Mädchen in der Zeit der Geschlechtsreife und bei Verlöbnissen in ihre Obhut nahmen, daher man auf der Insel Keos eine Aphrodite oder Artemis Ktesylla verehrteAnton. Lib. 1, vgl. Aristaenet 1, 10, Ovid Her. 51, Buttmann Mythol. 2, 115–144. und dazu eine rührende Geschichte von dem gebrochenen Verlöbnisse eines Mädchens erzählte, welches jene Göttin durch ihren Tod bei der ersten Entbindung bestraft habe. Auch ist Aphrodite so gut wie Artemis κουροτρόφοςSo namentlich in Athen, s. den Komiker Plato b. Athen. 10, 58, Sophokles ib. 13, 61. d. h. eine Obhut der Kinder, wie dieses schon aus jener Erzählung von den Töchtern des Pandareos hervorgeht. Kein Wunder also daß sie nicht weniger als Hera für eine mächtige Ehegöttin gehalten und als solche bei allen Vermählungen angerufen wurdeDiod. 5, 73, P. 2, 34, 11. Muson. b. Stob. Flor. 67, 20 u. A. Empedocl. v. 205 Κύπριδος ὁρμισϑεῖσα τελείοις ἐν λιμένεσσιν. Hes. Θαλάμων ἄνασσα Ἀφροδίτη. Aphr. νυμφία b. P. 2, 32, 7, A. Πρᾶξις ib. 1, 43, 6 vgl. oben S. 238, [Anmerkung 670]., nach der späteren Auffassung namentlich Aphrodite Urania, welche nun der Pandemos entgegengesetzt wurde, obwohl auch diese in früherer Zeit eine andre Bedeutung gehabt hatte. Sie war nehmlich in Athen, wie oben schon bemerkt wurde, vor Solon in demselben Sinne wie die römische Concordia verehrt worden, als eine das ganze Volk und Land vermittelst seiner natürlichen Geschlechts- und Verwandtschaftsbeziehungen in Eintracht verbindende Gemeindegöttin, unter deren Schutz deshalb auch die Gemeindeversammlungen gestellt wurdenApollodor b. Harp. πάνδημος, Paus. 1, 22, 3.. Wie Aphrodite denn auch sonst in den ionischen Staaten als eine Göttin des Phratrienvereins verehrt zu sein scheint; wenigstens wissen wir von einer Aphrodite Apaturia in den ionischen Colonien des schwarzen Meers, namentlich zu Phanagoria, wo sie von der Urania nicht unterschieden wurdeStrabo 11, 495, O. Müller Proleg. 401, Böckh z. C. I. Gr. n. 2120. Mt. Ἀπατουρεὼν in Kyzikos und Olbia. C. I. n. 2109b Θεᾶ Ἀφροδίτη Οὐρανία Ἀπατούρη.. Also kann Aphrodite Pandemos erst durch Solon die Bedeutung einer Göttin der Prostitution bekommen haben, welche er zum Schutze des 288 Familienlebens zuerst in Athen eingeführt haben sollNikander b. Harpokr. πάνδημος, welches Wort nun i. q. πάγκοινος ist, vgl. Philemon b. Athen. 13, 25. Von einem Feste dieser Aphrodite spricht Menander ib. 14, 78. Bei Artemid. 2, 37 ist A. πάνδημος eine Göttin aller Gewerbe die mit der Oeffentlichkeit und dem Volk zu thun haben.. Hatte doch auch in Theben jene Harmonia, die Gemahlin des Kadmos und die Tochter der Aphrodite, von welcher sie erst durch die Mythologie unterschieden wurde, ganz wesentlich die Bedeutung einer Schutzgöttin des bürgerlichen Verbandes. Endlich befand sich in Sparta neben der Skias, wo die Gemeindeversammlungen gehalten wurden, ein dem Zeus Olympios und der Aphrodite Olympia d. h. der himmlischen geweihtes Gebäude, welches angeblich Epimenides gestiftet hattePaus. 3, 12, 9..

Aber allerdings veränderte sich diese Auffassung der Aphrodite und die ganze Natur des Aphroditendienstes außerordentlich, seitdem der Umgang mit den Hetären zur Mode und gewissermaßen zur Bildung gehörte und überhaupt die Sinnlichkeit in allen Stücken höher geschätzt wurde als die Sittlichkeit. Die Philosophen der Genußsucht und die Künstler gingen voran, jene indem sie die Hetären in ihre Kreise zogen, diese indem sie das Ideal der Aphrodite bei Hetären suchten; aber auch die schöne Litteratur folgte bald dem tieferen Zuge der Zeit und so hatten denn die feilen Dirnen in Sachen des Geschlechtes und des Geschmacks gewöhnlich die erste Stimme. Aphrodite war ihre Schutzgöttin, die Adonien und die Aphrodisien ihre liebsten Feste und die der Profession, daher es sich von selbst verstand daß die A. πάνδημος im gemeinen Sinne des Wortes und die A. ἑταίρα, welcher Beiname ehemals auch eine bessere Bedeutung gehabt hatte, oder wie man sich zu Abydos ganz unverhüllt ausdrückte die Aphrodite πόρνη jetzt vorherrschteAthen. 13, 28–31. Verschiedene Beinamen dieser Aphrodite finden sich b. Clem. Al. Protr. p. 33 P und Hesych, z. B. περιβασὼ oder περιβασία in Argos, eine τρυμαλῖτις, eine εὐδωσὼ in Syrakus.. Kurz sie wurde die Göttin der Unzucht in allen ihren Arten und Afterarten und als solche mit vielen Beinamen und zum Theil sehr schmutzigen ausgestattet. Immer sind es die Hetären welche Aphrodite am meisten verherrlichen, mit dieser Göttin verglichen oder mit ihrem Namen benannt und selbst nach ihrem Tode als neue Aphroditen verehrt werden, durch Monumente und Heiligthümer, deren Glanz an öffentlicher und vielbesuchter Straße wohl manches würdige Denkmal einer besseren Zeit verdunkelte. Künstler wie 289 Praxiteles und Apelles ließen sich durch eine Lais, eine Phryne zu ihren schönsten Venusbildern begeistern und die der späteren Zeit geläufige Vorstellung der nackten Venus mit allem Raffinement des weiblichen KörperreizesDahin gehört namentlich die A. καλλίπυγος, von welcher in Neapel mehrere Statuen erhalten sind; vgl. Alkiphron 1, 39, Athen. 12, 80. ist wesentlich als eine Folge der freieren Sitte dieser Zeit anzusehen, wo die Schönsten der Schönen sich gelegentlich selbst als Anadyomenen vor allem Volk sehen ließen. Die Kehrseite dieser ästhetischen Schwelgereien fiel der Komödie zu, welche es denn auch nicht unterließ sich viel mit der Aphrodite und den Aphrodisien dieser Periode zu beschäftigen und die weichliche Ziererei, das verliebte Geckenthum, die verbuhlte Arglist, die Prahlerei und den Leichtsinn dieser Kreise in vielen treffenden Characterbildern vorzuführen.

Endlich ist zu beachten daß im hellenistischen Zeitalter auch die syrische Aphrodite ihren Dienst und ihre Verschnittenen über Griechenland zu verbreiten anfing. Es ist dies die aus Lukian bekannte Dea Syria zu Hierapolis, eine Frucht der Theokrasie dieses Zeitalters. In Smyrna wurde sie unter dem Namen der Aphrodite Stratonikis neben der Urania verehrtTacit. A. 3, 63, C. I. Gr. n. 3137. 3156. 3157., im Piraeeus und in einzelnen Häfen der messenischen und achaeischen Küste unter dem der syrischen Göttin oder der syrischen Aphrodite, welche in diesem Zeitalter neben der erycinischen und der von Kythera und Paphos sogar für die angesehenste gehalten wurdeDiod. 5, 77, vgl. Rangabé Ant. Hell. 2 n. 809, Paus. 4, 31, 2; 7, 26, 3, Röm. Myth. 744..

Eine symbolische Bedeutung hatte im Aphroditedienste fast Alles was auf die geschlechtlichen Beziehungen hindeutete und die Vorstellung von Brunst und geiler Fruchtbarkeit erweckte. So das Bild der männlichen und weiblichen Geschlechtstheile oder was durch Gestalt oder Namen an sie erinnerteS. das Sprichwort γέρρα Νάξια Paroemiogr. 1 p. 390. Zu Paphos wurde bei der Weihe der Aphrodite zur Erinnerung an ihren Ursprung den Eingeweihten ein Stückchen Salz und ein Phallos überreicht, Clem. Protr. p. 13, Arnob. 5, 19, Iul. Firm. p. 15. Auch die Venus fisica in Pompeji, Röm. Myth. 394, wird sich am besten durch φύσις in dem Sinne von natura d. h. pars pudenda erklären lassen, s. O. Schneider Nirandrea p. 130. Dachte man doch selbst bei der Ἀφρ. φιλομμειδὴς an μήδεα φωτός., welche als natürliche Symbole des Geschlechtstriebes und der animalischen Befruchtung im Alterthum bekanntlich bei vielen Gelegenheiten herkömmlich und nicht anstößig waren. Im Pflanzenreiche waren Gewächse und Früchte von verwandter Bedeutung 290 der Venus heilig, namentlich die Myrte und der ApfelBötticher Baumcultus S. 245 ff. 460. Daher das μηλοβολεῖν d. h. εἰς ἀφροδίσια δελεάζειν, Arist. Nub. 997, Theokr. 2, 120, Phisostr. Imag. 1, 6, Antonin. Lib. 1, Propert. 1, 3, 24., im Thierreiche der Widder und der Bock, der Hase, die Taube, der Sperling und andere Thiere von verliebter Natur. Vorzüglich waren der Widder und die Taube sehr alte und sehr weitverbreitete Symbole, von Cypern her fast überall wo man die Venus findet. So ist der Widder ein sehr gewöhnliches Symbol der cyprischen Münzen, in Athen und sonst war eine Aphrodite auf dem Bock (ἐπιτραγία) eine seit alter Zeit herkömmliche VorstellungVgl. oben S. 268, [Anmerkung 767] und das Vasenbild b. Gerhard Denkm. u. F. 1854 n. 70. 71 t. 71, wo das Saitenspiel für den griechischen Ursprung des Dienstes nichts beweist, da auch auf Kypros und in Phoenicien die musikalischen Uebungen im Dienste der A. herkömmlich waren., in Korinth erklären sich daher eigenthümliche Gebräuche beim Opfer, bis später in Elis jene beiden Bilder der Venus Urania mit der Schildkröte von Phidias und das der Pandemos auf dem Bock von Skopas zu sehen waren. Auch Rinder und Schweine wurden der Aphrodite sowohl auf Cypern als in Griechenland z. B. in Thessalien und Argos geopfert, obwohl man dieses Opfer wegen des Ebers, durch den Adonis umgekommen war, an andern Stellen vermiedArist. Acharn. 793 Schol., Paus. 2, 10, 4. Dagegen in Argos ein Fest der ὑστήρια d. h. Schweineopfer Athen. 3, 49 und in Thessalien eine A. Καστνία oder Καστνιῆτις mit denselben Opfern, Kallim. b. Str. 9, 438, Lykophr. 403. 1234. Auch das Schwein ist aphrodisischer Natur, wozu der obscöne Gebrauch des Wortes χοῖρος porcus kam, s. Varro r. r. 2, 4, 9, Fest. p. 310, Hesych ἀφροδισία ἄγρα, Eustath. Il. p. 1183, 18. Daher Eros auf einem Schweine liegend in Terracotta oder mit einem Schweine spielend auf geschnittenen Steinen.. Die Taube sitzt bei den meisten alten Cultusbildern auf der Hand, bei einigen auf dem Kopfe der Göttin, und in manchen Heiligthümern der Aphrodite, besonders auf Cypern und auf dem Berge Eryx, wahrscheinlich auch zu Sikyon, wurden ganze Schaaren von Tauben gehegt, welcher Vogel sich in den orientalischen Religionen von jeher einer besondern Beachtung erfreut hatDie cyprischen Tauben, besonders die paphischen waren berühmt. In Sicilien feierte man ἀναγώγια und καταγώγια, wenn die Tauben vom Berge Eryx, man glaubte die Göttin mit ihnen, nach Libyen und wieder zurück zogen, Aelian N. A. 4, 2. Auf den Münzen von Sikyon die fliegende Taube. Venus auf prächtigem Wagen, den 4 weiße Tauben ziehen und Sperlinge und andre Vögel begleiten b. Apul. Met. 6, 6.. Daher nach dichterischer Anschauung den Vorspann vor dem Wagen der Aphrodite ein Taubenpaar bildete, aber auch Sperlinge wie Sappho sang, 291 gleichfalls ein Thier von sehr verliebter NaturStrutheum membrum virile a salacitate passeris, qui graece στρουϑὸς dicitur, a mimis praecipue appellatur, Paul. p. 312.. Ferner war der Schwan ein altes Symbol der aus dem Wasser gebornen und auf dem Meere heimischen GöttinVenus fährt mit ihnen oder sie wird von einem Schwane über die Fluth getragen, s. Horat. Od. 4. 1, 10, Stat. Silv. 1, 2, 142; 3, 4, 22, O. Jahn Denkm. u. F. 1858 S. 233–236. Die Muschel hatte zugleich eine obscöne Nebenbedeutung, Plaut. Rud. 3, 3, 42 te ex concha natam esse autumant, cave tu harum conchas spernas., wie die Muschel und unter den Fischen der Delphin, auch diese wegen ihres Ursprungs aus dem Meere. In Syrien und Palaestina, namentlich in Askalon, waren der dort halb als Weib halb als Fisch gebildeten Göttin sogar die Fische überhaupt heilig, welche deshalb dort und zu Paphos und Hierapolis in eignen Teichen oder gegrabenen Bassins in der Nähe des Tempels gepflegt wurdenDiod. 2, 4, Lukian dea Syr. 14, Plin. 32, 17..

Was die Bilder der Aphrodite betrifft so ist zwischen den ältesten symbolischen Vergegenwärtigungen der mächtigen Gottheit und zwischen den wirklichen Bildern auch hier wohl zu unterscheiden, da die letzteren sich erst allmälich und erst durch die griechischen Künstler zur freien Idealität erhoben. Zu Paphos wurde Aphrodite im Allerheiligsten unter dem Bilde eines Kegels oder einer Pyramide verehrt, umgeben von brennenden Candelabern oder Fackeln, wie man diese Vorstellung auf vielen Münzen und Gemmen siehtTacit. H. 2, 3, Serv. V. A. 1, 720. Eine Ansicht des Bildes und des Tempels auf den cyprischen Münzen, die unter den römischen Kaisern von August bis Macrin geschlagen sind. Vgl. Münter Rel. d. Karth. 2 Beil. und Engel Kypros 2, 136 ff. Auch Münzen von Sardes und von Pergamon haben dasselbe Gepräge mit der Aufschrift Παφία.. Daneben waren aber auch sowohl auf Kypros als sonst in Asien eigentliche Aphroditebilder gewöhnlich, wie deren in kleineren Nachbildungen von gebranntem Thon in verschiedenen Gegenden gefunden werdenSolche Bilder wurden zu Paphos viel verkauft, Athen. 15, 18, Hesych v. ὀστρακίς. Sie finden sich noch jetzt in Cypern, Syrien, Bagdad, Kyrene, auf der taurischen Halbinsel u. s., meist in Terracotten. Ein alter Typus der bekleideten Göttin mit der Taube auf attischen Tetradrachmen b. Beulé p. 225, der der Aphrodite Spes auf sikyonischen Münzen Alex. d. Gr. Auf paphischen Münzen der K. der Aphrodite mit der Mauerkrone., auch in Sicilien, wo solche bald sitzende bald stehende Figuren, deren Haupt mit einem großen Modius geschmückt ist, während eine Taube auf ihrem Schooße sitzt oder von ihren Händen getragen wird, die erycinische Venus darstellten. In Griechenland mag sich der Gegensatz einer ernsteren und einer sinnlicheren 292 Auffassung in der künstlerischen Tradition früh fixirt haben. Jene überwiegt bei den Darstellungen der Aphrodite Urania oder denen der Gartengöttin, deren Typus später auf die römische Spes übergegangen ist, der Grabesgöttin u. s. w., bei welchen Vorstellungen sie thronend oder stehend mit verschiedenen Attributen ausgestattet ist, der Taube, dem Apfel, einer Blume, einem Ei, bisweilen beflügelt, meist bekleidet, als Urania mit umstrahltem Haupte oder mit der Schildkröte, in andern Bildwerken mit dem Modius, mit dem Tutulus, auch wohl die Hand auf die Brust gelegt, wie eben die eine oder die andere Bedeutung mehr hervorgehoben werden sollteGerhard über Venusidole, Berlin 1845 mit 6 Kupfertafeln.. Dahingegen die Göttin des sinnlichen Reizes durch den Bock, einen Hasen unter ihrem Sitz, durch das sehr gewöhnliche Attribut des Spiegels und durch andere Gegenstände und Scenen des weiblichen Putzes und wohl auch ziemlich früh durch theilweise oder gänzliche Entblößung characterisirt zu werden pflegte, welche letztere meistens durch das Auftauchen aus dem Meere (ἀναδυομένη) oder durch das im Cultus herkömmliche Bad motivirt wurdeO. Müller Handb. § 374–378, D. A. K. 2 t. 24–27, Braun Vorsch. d. K. M. t. 71–82.. Von bedeutenderen Künstlern haben Kanachos und Phidias die Urania gebildet, jener für Sikyon dieser für Elis, und dem Typus dieser ernsteren Himmels- und Lebensgöttin, wie sich ihr Bild als ἀρεία und in dem Verhältniß zum Ares oder als Stammmutter des Geschlechtes der Aeneaden weiter entwickelt und eine freiere Haltung und Bekleidung angenommen hatte, mögen namentlich solche Bilder angehören wo sie als Venus victrix (νικηφόρος) erscheint, in festen kräftigen Körperformen und mit stolzen siegbewußten Zügen, welcher Ausdruck durch den Schmuck der Stephane und das erhöhte Aufstellen des einen Fußes verstärkt wird, auch durch Waffen, welche aber jetzt nicht mehr ihre Gestalt bedecken, sondern nur dem spielenden Gebrauch dienen. Berühmt sind in dieser Hinsicht die Venus von Capua, welche den Fuß auf den Helm des Ares setzt und mit den Armen den Schild emporhebt, die im J. 1820 in der Umgebung des Theaters von Milo gefundene, jetzt in Paris befindliche und durch Gypsabgüsse vielverbreitete Venus von Milo, und die gleichfalls im Louvre aufgestellte Venus von Arles. Andere Bilder stellen die Venus genetrix dar d. h. die Göttin der ehelichen und mütterlichen Liebe, wo sie also in matronaler Haltung und Bekleidung erscheint, nur daß etwa die eine Achsel und Brust aus dem 293 Gewande hervorschimmert, welches bei Venusbildern und überhaupt bei weiblichen Figuren, wo die Liebe im Spiele ist, ein gewöhnliches Motiv war. Indessen pflegte die Kunst ihre größten Triumphe doch erst mit solchen Bildern der Aphrodite zu feiern wo der weibliche Reiz in seiner ganzen sinnlichen Wirkung, also bei völliger Entblößung erscheinen konnte, wie denn besonders seit Skopas Praxiteles und Apelles das Bild des liebeathmenden und liebeschmachtenden Weibes, wie es im Frühlinge der Meeresfluth entstiegen die ganze Natur mit seinen Trieben erfüllt hatte, immer mehr zur Hauptaufgabe wurde. Vor allen andern berühmt war das Bild einer solchen Aphrodite, welches die Knidier vom Praxiteles erstanden und beim Tempel ihrer A. Euploia in einer dazu eingerichteten Kapelle aufgestellt hatten. Lukian hat davon eine entzückte Beschreibung hinterlassen (Am. 13, Imag. 6), nach welcher wir uns, von Münzbildern und gleichartigen Statuen unseres Vorrathes unterstützt, noch jetzt eine sichere Vorstellung wenigstens von der künstlerischen Conception und der körperlichen Bildung dieses hochberühmten Werkes machen können. Andre berühmte Statuen dieser Art, bei denen das Emporsteigen aus dem Meere oder aus dem Bade immer als Motiv der Entblößung hinzuzudenken ist, deren Wirkung durch schamhafte Bewegungen der Hände verstärkt zu werden pflegt, waren ein Bild in Troas von welchem eine Copie auf dem Capitol erhalten ist, ferner die Mediceische Venus in Florenz von einem attischen Künstler späterer Zeit Namens Kleomenes, eine Umbildung der knidischen Aphrodite des Praxiteles bei welcher die Nacktheit nicht mehr durch das Bad motivirt ist und Gesicht und Körper die zarteren Formen des jüngeren Kunstgeschmackes zeigen, endlich die Capitolinische Venus in den üppigen Formen gereifterer körperlicher Entwickelung. Viele andre Venusstatuen der Art pflegen bei gänzlicher Entblößung dem Andenken schöner Frauen, besonders der römischen Kaiserinnen zu huldigen, mit einer Prätension des sinnlichen Reizes, durch welche die Wirkung nicht selten ganz verdorben wird. Noch andre Venusbilder von dieser Gattung stellen die Göttin dar wie sie sich im Bade zusammenschmiegt, sich die nassen Haare auswindet, den Gürtel um den Busen oder die Spangen um die Füße legt, oder endlich wie ein reizendes Muschelthier knieend und so daß die beiden Schaalen der Muschel wie Flügel hinter ihr auseinander schlagen. Mit den Bildhauern wetteiferten die Steinschneider und die Maler, unter welchen letzteren vor allen Apelles durch seine Anadyomene 294 berühmt war, ein Gemälde welches sich ursprünglich im Heiligthume des Asklepios zu Kos befand, aber durch August nach Rom in den Tempel des D. Julius, des Abkömmlings der Venus versetzt wurde.


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