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Vom Geistercitiren.

Es hat von jeher Leute gegeben, welche die Geschicklichkeit zu besitzen vorgaben, durch allerhand Cirkel, künstliche und eingeweihte Lichter, Beschwörungen, Zaubergesänge und Töne, die Seelen der Verstorbenen herbeizufodern. Diese, wiewohl nur vorgegebne Kunst heißt Necronmantie, und der sich damit abgiebt, Necromantist. Man will dadurch zukünftige, oder verborgene Dinge überhaupt erfahren. Heyden und Juden (jetzt noch Christen!) hingen ehemals an dieser abscheulichen Gattung von Weissagen; und die Heyden hielten sie den Orakeln gleich, und sie waren bei ihnen sehr heilig. Es waren hin und her öffentliche Plätze zu dieser Art zu weissagen bestimmt, und man beobachtet viele Ceremonien, ehe man zum Werk schritt. – Man baute einen, auch wohl zween Altäre auf, welche man mit schwarzen oder himmelblauen Bändern, und mit Zipressenzweigen schmückte. Schwarze Thiere wurden geschlachtet, deren warmes Blut man mit Milch, Wein und Honig vermischt auf die Erde goß. Sobald das Feuer auf dem Altar angezündet war, trug man die Eingeweide dreimal um denselben, trank man aus Bechern, suchte dadurch die Geister zu versöhnen, und besprengte in dieser Absicht noch das Grab, nebst dem erblaßten Körper, mit umgewandter Hand mit Wein. Das geschah immer zur Nachtzeit, oder doch bei Sonnenuntergang, nie des Morgens, weil man dafür hielt, daß die Geister den Glanz der Sonne nicht vertragen könnten, sondern vor demselben flöhen. Dann wurden Zauberverse gesprochen, um die Seelen hervorzulocken, die man im Abgrund dachte: Man rief die unterirdischen Gottheiten (die aber nirgends sind) an, daß sie die unter ihrer Bothmässigkeit stehenden Seelen hervorschicken möchten; hieb mit dem Schwerdt, welches man in den Händen trug, immer einmal um sich, damit die Geister nicht zu nahe kommen oder Schaden thun möchten; goß warmes Wasser oder Blut in den Hals des Verstorbenen, welches, wie man glaubte, die Seele in den Körper zurückbringe. – Daß auch die Juden wider das Verbot Gottes sich auf Zaubereien gelegt haben, beweist die Geschichte Sauls bei dem Weibe zu Endor.

Unmöglich ists, daß die Seelen der Todten durch irgend etwas herbeigebracht werden können; denn der Zustand der abgeschiedenen Seelen ist nach dem Unterricht der heil. Schrift (nur hier finden wir über diese wichtige Angelegenheit etwas) von solcher Beschaffenheit, daß sie nie wieder erscheinen können. Der Teufel kann die Gestalt x. des Verstorbenen nicht annehmen; eben so wenig ein anderer böser Geist. Aber die Betrüger, welche sich für Geisterbeschwörer ausgeben, wissen durch Anwendung natürlicher Mittel, Gestalten hervorzubringen, wodurch die in Erstaunen gesetzt werden, welche jene Mittel nicht kennen. Diese Gestalten bewegen sich, reden x. welche Wunder! Eine sogenannte Zauberlaterne, eine spanische Wand, und ein Hohlspiegel sind die Dinge, durch welche dergleichen Erscheinungen hervorgebracht werden. Die Zauberlaterne, welche zusamt denen, die die Gaukeleien treiben, von der spanischen Wand verborgen werden, stellt die Figuren dar. Der Hohlspiegel macht, daß die Worte, die der Meister leise nach ihm hinspricht, laut schallen, so daß man glaubt, die erschienene für einen Geist gehaltene Gestalt rede: Oder es ist ein Bauchredner als Hülfsperson dabei; welches solche Leute sind, die die Kunst verstehen, Töne hervorzubringen und zu sprechen, ohne daß man an ihrem Munde Bewegungen merkt: Denn daß der erscheinende Schatten kein Geist sey, würde man, wenn man auch weiter nichts wüßte, schon hieraus abnehmen können. Wenn auch die abgeschiedenen Seelen Verlangen haben könnten, welches wir aber nicht wissen, in die Welt zurückzukehren, wenn sie dazu gerufen würden; so könnten sie das doch aus eigener Macht nicht. Menschen müßten einen Grad von Allmacht besitzen, müßten Wunder thun können, wenn sie die Geister der Verstorbenen zurückbringen wollten. Ist die Erscheinung nur ein Schatten; so kann sie nicht reden, wie es doch geschieht; Ist sie aber ein Körper, so kann sie nicht durch zugeschlossene Thüren und Wände kommen, oder in einem Hut verschwinden, wie es hier geschieht. Schröpfer und Schwedenborg, die berühmtesten Geisterbanner ihrer Zeit, machten grosses Aufsehen. Schröpfer hintergieng nicht nur Unwissende, sondern auch ansehnliche Gelehrte, die aus Mangel der dahin gehörenden Kenntnisse die Sache nicht beurtheilen konnten, oder aus Vorurtheil, und weil sie einmal dafür eingenommen waren, beurtheilen wollten. Damals bezweifelte man es nicht, daß S. die Verstorbenen beschwören und herausfodern könne; denn die Gestalten, welche er den Zuschauern darstellte, und für die beschwornen Seelen verstorbener Personen ausgab, haben geredet, sich bewegt, in der Luft geschwebt, und zum Theil ein jämmerliches Geheul gemacht. Aber als Schröpfer mit seinem Betrügereien nicht weiter konnte, erschoß er sich aus Verzweiflung selbst am 8 October 1774 in dem Rosenthal vor Leipzig, und zeigte dadurch aller Welt, daß er kein Geisterbezwinger gewesen.

Schwedenborg war 1688 den 9 Jänner gebohren; und starb 1772 den 29 März auf einer Reise in London. Er war ein Thor und ein Schwärmer; aber es fehlte ihm nicht am Verstande, auch war er ein ehrlicher Mann, und ließ sich zu heimlichen Absichten nicht leicht brauchen. Er selbst nennte sich einen Missionair (Gesendeten) des Herrn; sagte mehrmals, er rede blos wie der Herr ihm die Augen geöfnet und die Schrift erklärt habe; er habe Befehl und Sendung vom Herrn. Der Herr habe ihm den Himmel gezeigt, und er beschreibe ihn aus Gehorsam gegen den Herrn. Die Geister, sagte er, wohnen im Himmel; und da sind Rosenhaine, schöne Gefilde, Kornäcker, Häuser, Paläste usw. Schwedenborg fand bei seinen Verzückungen in den Himmel dort alles gerade so, wie hier auf Erden: Zimmer mit Fenstern, mit geheitzten Oefen, Männer mit Schlafröcken und Pelzmützen. Als er einst an einer wohlbesetzten Tafel in guter und lustiger Gesellschaft solche Visionen erzählte, fragte ihn einer: »Ob denn im Himmel gerade so wie hier, solche Tische, solche Speisen, solche Teller, Messer x. wären?« – Er bejahete es. »Nun wer weiß (setzte dieser hinzu) ob wir nicht jetzt schon im Himmel sind?«

Gottes Gestalt ist menschlich, sagte er, auch die Engel und Geister haben menschliche Gestalt. Das jüngste Gericht sey 1757 wirklich in der Geisterwelt gehalten worden, und er sey Augenzeuge davon gewesen. – Man sieht leicht, daß Schwedenborg es so wie andre wußte, daß man durch Dreustigkeit in gewissen Fällen gewinnt. Wirklich schien es, daß er so klug seyn wolle, als Gott; denn er wollte bekannt machen, was dieser weislich verbarg. Schwedenborg war zu seiner Zeit ein seltsamer, bewunderter und nicht zu enträthselnder Mann, und ist es zum Theil noch jetzt. Aber man hat auch in der Folgezeit über einige seiner Geistersehereien sehr deutliche Aufschlüsse bekommen. Zum Beispiel: Die verstorbene Königinn von Schweden, Louise Ulrike gab einst Schwedenborg auf, ihren damals schon verstorbenen Bruder, den Prinz von Preussen, zu fragen, warum er ihr auf einen gewissen Brief nicht geantwortet habe. Schwedenborg hinterbrachte hierauf, nach vier und zwanzigstündigem Zeitraum der Königinn in einer geheimen Audienz die Antwort des Prinzen solchergestalt, daß die Königinn, die völlig überzeugt war, Niemand kenne den Innhalt des Briefs, als sie und ihr verstorbener Bruder, in die größte Bestürzung gerieth, und des Mannes Wunterkraft anerkannte. Aber der Graf F. erklärte die Sache. Von der im Jahr 1756 beabsichteten Revolution in Schweden ward die Königinn als eine der Haupturheber angesehen; und es fehlte nicht viel, daß sie nicht dafür hätte leiden müssen. In dieser so bedenklichen Lage schrieb sie ihrem Burder, dem Prinz von Preussen, um sich Rath und Hülfe bei ihm zu erbitten. Die Königinn erhielt keine Antwort; und da der Prinz bald nachher starb, so erfuhr sie nie, warum er nicht geantwortet hatte; Daher trug sie Schwedenborg auf, seinen Geist zu fragen. Eben als Schwedenborg von der Königinn den Auftrag bekam, waren die Reichsräthe, Grafen T. und H. zugegen. Letzerer, der den Brief unterschlagen hatte, wußte sowohl als der erste, warum keine Antwort erfolgt war; denn beide hatten beschlossen, den Schwedenborg zu gebrauchen, der Königinn ihre Meinung über etwas zu sagen, was sie ihr fühlbar zu machen wünschten. Sie giengen daher des Nachts zu dem Geisterseher, und legten ihm die Worte in den Mund, die er sagen sollte. Schwedenborg, froh in Ermanglung übernatürlicher Einflössungen diese zu erhalten, eilte des andern Tags zur Königinn, und dort in der Stille des Cabinets sagte er ihr: Der Geist des Prinzen sey ihm erschienen (aber niemand außer dem Propheten hatte ihn gesehen) und habe ihm aufgetragen, ihr zu sagen; Er hätte darum nicht geantwortet, weil er das Betragen seiner Schwester zu sehr gemißbilliget, da sie vor Gott schuld an dem, ihrer unvorsichtigen Staatsklugheit und ihres Ehrgeizes wegen, vergoßnen Bluts wär, und dafür büssen müsse. Er bäte sie daher, sich nie wieder in Staatshändel zu mischen, die Regierung sich nicht anzumassen, und keine Unruhen zu stiften, wovon sie über kurz oder lang ein Opfer seyn würde. – Die Königinn, äußerst verwundert über diese Erklärung, und in der festen Ueberzeugung, niemand, als ihr verstorbener Bruder könne geheime Umstände und Briefe wissen, die sie nur ihm entdeckt hätte, glaubte von diesem Augenblick an Schwedenborg, und war seine Vertheidigerinn.

Jene beide Herren hüteten sich wohl, davon zu sprechen. Der Ritter Beylon sahe die beiden Staatsmänner aus Schwedenborgs Hause schleichen, und da er auch zugegen war, da die Königinn ihm den Auftrag gab, so errieth er bald den ganzen Plan, den er aber nicht verrieth, weil er der Königinn gern einige Ermahnungen gönnte. Nur sehr wenige in Schweden wußten, so lange die Königinn lebte, die Anecdote.

Man sieht hieraus, wie mißlich es mit der Glaubwürdigkeit der Wundergeschichten steht. Gewöhnlich pflegen solche Begebenheiten von den Wundermännern mit Fleiß hohen Personen beigelegt zu werden, bei welchen das Untersuchen und Befragen grössere Schwierigkeiten hat. Man sollte nichts, am wenigsten etwas unwahrscheinliches ohne Bestätigung fest glauben.

Man mag nun von obiger Erzählung annehmen, was man will; so steht Schwedenborg immer in armseliger Blöse da. Noch eine Geschichte von ihm, die das gesagte nur noch mehr beweist:

Die Wittwe des Grafen von Martefeld ward um eine ansehnliche Summe gemahnt, die ihr seliger Mann, wie sie wohl wußte, schon bezahlt hatte; doch konnte sie die von ihm verlegte Quittung nicht finden. Sie klagt Schwedenborg ihre Verlegenheit, und der sagt ihr den andern Tag, er habe mit ihrem verstorbenen Mann gesprochen, und dieser habe ihm den Ort, wo die Quittung liege, genennt. Man sahe nach, und fand sie. Es war in Schweden nicht ungewöhnlich, daß man ein kleines verborgenes Schränkchen zu Büchern hatte, welche man aus mancherlei Ursachen eben nicht wollte sehen lassen. Ein solches hatte auch Schwedenborg einst von dem Grafen von Martefeld geliehen gehabt, und darinn die (nachher vermißte) Quittung wahrscheinlich als ein hineingelegtes Zeichen gesehen; oder glücklich vermuthet, daß sie darinn liegen werde, wie es denn auch eintraf. Statt nun der Wittwe aus dem Gedächtnis zu sagen, der Zettel liege da oder da; stellt er sich, als ob er erst einen Geist bemühen müsse, der ihm diese Nachrichten hinterbringe. Durch auffallende Sätze und Behauptungen erregen Leute, wie Schwedenborg war, Aufmerksamkeit, und bleiben, da wo ein Bescheidener erröthen würde, unbeweglich. Es fehlt ihnen an Gegenwart des Geistes nicht, um sich aus den Verlegenheiten zu wickeln, in welche sie beim Betreiben ihrer Wundersachen oft gerathen. Bleiben sie unentdeckt; so folgt daraus nicht, daß sie so bewährt gewesen, als wofür sie sich ausgaben und von andern gehalten wurden: Oft geschieht dieß erst nach dem Tode: Die erzählte Geschichte des S. ist ein Beweis davon. Auch das regelmässigscheinende Verfahren bei dem Geistercitiren ist kein Beweis für dessen Aechtheit; denn was erdenkt der Betrüger nicht, um Kurzsichtige zu blenden?

Der Geistercitirer soll sich den Tag merken, darinn er gebohren ist, und das regierende Himmelszeichen; soll an diesem Tag eine Masse von verschiedenem Metall machen, daraus eine Glocke giessen, und an dem Schlägel Adonai (Gott) an die Dicke oder Runde der Glocke Terragrammaron, das heist ein vierbuchstabigtes Wort, und an die Handhabe Jesus schreiben. Neun Tage zuvor soll er sich durch Reinigkeit des Leibes, Enthaltung von Speisen und durch Beten vorbereiten; dann sich räuchern und neue Kleider anziehen, und diese Vorbereitungstage so einrichten, daß sie sich in einem Donnserstag endigen. Dann soll er in der Nacht an einen einsamen Ort, gegen Morgen gelegen, gehen, einen neuen Tisch mit einem Teppich überdecken, Stühle dabei und drei Wachskerzen auf neuen Leuchtern darauf setzen, und hierauf mit einer neuen, mit einem gleichfalls neuen Messer geschnittenen Pfauenfeder und einer besonders zubereiteten Dinte, die Namen der Geister aufschreiben, welche er haben wolle; und dann sprechen: «O Gott Tetragrammaron, Adonai; Ich N.N. dein Geschöpf, bitte durch Jesum, allda mein Begehren im Glück, durch deine Gnade mit diesen Geistern zu erfahren, ohne Uebel, mit Gewalt deiner Macht, Herr Zebaoth, ein Herr aller Herren, Amen.« Wenn solches Gebet geendigt, soll er mit jener Glocke zu läuten anfangen und sagen: »Du Geist (Engel) N. ich begehre durch mein Begehren, und diese und eure Namen, mir augenblicklich zu erscheinen.« Dreimal das gesagt, und dreimal drei Schläge geläutet, soll die Geister zwingen oder bewegen, zu kommen. Wenn sie kommen, soll er ihnen den Ort zu sitzen zeigen, und anfangen, jeden mit Namen zu nennen, und sagen: »Ich N. begehre von dir Geist N. daß du mir – sagest und vorzeichnest, so in deinem Vermögen ist; und du magst alles nennen, was du willst; Das begehre ich durch die heiligen Namen Gottes: Tetragrammaton, Adonai und Jesus.« Wenn man ihnen denn eine besonders zubereitete Dinte, neue Feder und Papier gebe; so zeichneten sie alles auf, was man verlange. Man soll dann die Geisternamen mit Milch auslöschen und sagen; »Fahrt hin, ihr guten Geister, im Namen des Schöpfers; und so ich euch in seinem Namen durch dieses Werk foderte, daß ihr mir alle Tritte erscheinet, und gehorsam seyd; im Namen der heiligen Trinität; Amen.«

Aratron soll der Geist des Saturns heissen; Bethor des Jupiters; Phaleg des Mars; Och der Sonne; Hagith der Venus; Ophriel des Merkurs; Phuel des Monds. Die Zeit, da sie sollen gefordert werden können, sind der Donnerstag, Sonntag auch Mittwoch, bei zunehmenden Mond. Jene genannte Geister der Planeten sollen unter den andern die mächtigsten seyn: Wenn man sie zum Freunde habe, bedürfe man der andern Geister nicht. Durch sie könne man auch erfahren, wie, wenn und wo man die Engel selbst citiren könne, welche aber nicht viel Geschwätz vertragen können. Wenn man die Geister nicht allzulange aufhalte, und ihnen nicht beschwerlich sey, so sollen sie zu jeder Zeit wieder erscheinen.

Aber wer kann das glauben? Wem leuchtet nicht der Unsinn davon ein? Wer könnte den phantasirenden Thor in dieser Sprache verkennen? Ein Geisterbeschwörer führt die Gesellschaft in ein Zimmer, das gewöhnlich ganz schwarz ausgeschlagen ist; und in dessen Mitte ein schwarz behangener Altar steht, auf welchem zwei Lichter brennen, auch Todtenköpfe und Menschenknochen liegen. Durch diese unerwartete Gegenstände werden die Zuschauer gleich Anfangs in Furcht un Schrecken gesetzt. Dann macht er an der Ecke um den Altar einen Kreis, und bittet die Anwesenden, ja nicht zu sprechen, viel weniger über den Kreis zu kommen, weil ihnen sonst der Hals leicht gebrochen werden könne. Nun fängt er an, lauter kauderwelche Wörter zu sprechen, welches die Beschwörung seyn soll, und räuchert mit allerhand Specereien. Auf einmal verlöschen die Lichter von selbst, es entsteht ein heftiges Gepolter, und der Geist erscheint schwebend über dem Altar, in beständiger Bewegung. Der Beschwörer haut mit seinem Degen mitten durch den Geist, ohne ihn zu verletzen, der aber dabei ein jämmerliches Geheul anfängt. Nun legt der Beschwörer dem Geist allerlei Fragen vor, die er mit einer rauhen und fürchterlichen Stimme beantwortet. Auf einmal entsteht ein neues Gepolter, wodurch das Zimmer erschüttert wird, und der Geist verschwindet. Die ganze Zurüstung hiebei ist so künstlich und versteckt, daß auch der Scharfsinnigste und Entschlossenste darüber stutzig werden, und das Geheimnis nicht leicht entdecken kann. Die obengenannte Zauberlaterne, welche dabei gebraucht wird, heißt wegen ihrer wunderbaren Wirkungen so, und ist eben die, mit der die Schattenspiele an der Wand gemacht werden. In derselben befindet sich ein Spiegel, eine Lampe und eine Glasscheibe, auf welche man die Figuren, welche vorgestellt werden sollen, mit durchsichtigen Farben mahlt. Diese kleinen Figuren stellt sie an der Wand in einem dunkeln Zimmer vergrössert vor; oder zeigt sie schwebend in dem Rauche, der aus der obern Oeffnung derselben in die Höhe steigt, oder durch betäubende Räucherpulver von dem Geisterbeschwörer verursacht wird; auf welchen sodann das aus der Laterne herausgehende Licht hingerichtet wird. Ist nun auf das Glas ein Gespenst gemahlt, so erscheint es auf vorbeschriebene Art; und die Geisterbeschwörer haben einen reichen Vorrath davon, um alle mögliche Figuren darstellen zu können; oder mahlen selbst eine Gestalt, so wie sie jetzt gebraucht wird; Denn gewöhnlich lassen sie sich das Aeußere der Person, die sie jetzt hervorrufen sollen, beschreiben; außerdem, daß sie sich noch verschiedene andere Umstände, die zu iher Sache gehören, angeben lassen, oder künstlich zu erfragen wissen. Das ganze übrige Glas ist mit schwarzer undurchsichtiger Farbe bemahlt, damit nur die verlangten Figuren sichtbar werden. Gewöhnlich wird erst der Kopf, und so nach und nach die ganze scheußliche Gestalt sichtbar. Weil das Zimmer ganz schwarz ausgeschlagen ist; so kann man den aus der Laterne steigenden Rauch um so weniger bemerken. Die Auslöschung der Lichter und das Gepolter verursachen versteckte Hülfpersonen; und damit von alle dem nichts entdeckt werden, dürfen die Zuschauer nicht über den bezeichneten Kreis gehen. Folgende hier ganz kurz erzählte Geschichte widerfuhr dem Professor Werdenkampf: »Wir giengen, sagt er, des Abends nach der Wohnung des Necromantisten, weil sie ihre Kunst nirgends anders als in ihrem Hause spielen wollten: Sie versprachen unser Begehren zu erfüllen, wenn wir bis Mitternacht warten wollten. Unterdeß suchten sie uns den Kopf mit Gespensterhistorien und dergleichen anzufüllen, und fragten endlich, ob wir furchtsam wären? Es schlug elfe, und man machte Anstalten, den Geist heraus zu fodern; uns wurden Stühle zum Sitzen gegeben. Der eine gieng in die gerade überstehende Kammer, worinn es ganz finster war, und warf die Thür sogleich hinter sich zu. Dann fragte mich der andere ganz leise, wen er jetzt herausfodern sollte, es müßte aber ein Todter seyn: Den Aristoteles, antwortete ich. Dann fodert er von meinem Freund den Degen, holte das Zaubergeräth, breitete ein Todtentuch auf die Erde, und setzte darauf einen mit schwarzem Tuch überzogenen Tisch, auf welchen er einen gräßlichen Todenkopf legte. Neben ihm standen zwei Lichter, von denen er nachgehends behauptete, daß sie aus Menschenfett gezogen worden. Zu seiner Rechten lagen zauberische mit wunderlichen Charakteren bezeichnete Bücher, darin er aufschlug, und uns winkte, daß keiner ein Wort reden sollte. Darauf ergrif er den entblösten Degen, haute dreimal um sich, und machte einen Kreis, der bis an die Thür der Kammer gieng. Endlich bildete er theils in der Luft, theils auf der Erde allerlei seltsame Figuren, verdrehte die Augen, schäumte mit dem Munde, wies die Zähne u.s.w. Dann wurde er ruhiger, und stieß im brüllenden Ton die Worte aus; »Satan, ich beschwöre dich im Namen Beelzebubs und der ganzen Hölle, daß du dich jetzo in einer lebendigen und sichtbaren Gestalt zeigest. – Dann verdrehete er wieder die Augen, ward blaß und schlug sich dreimal stark an die Brust. Hier sprang eine erschreckliche (aber abgerichtete; denn Schlangen lassen sich so abrichten, und man kann ihnen das Gift benehmen) Schlange aus dem Busen, wand sich um den Todenkopf, und wollte schon auf uns los, als sie der Zauberer ergrif; und bald war sie weg. Der Zauberer fluchte auf den Todtenkopf, als ob er die Schlange verschlungen hätte, und wir sahen Blutstropfen aus den Augenhöhlungen desselben fließen. Nun wendete der Zauberer sich wie rasend nach der Thür der verschlossenen Kammer, in welcher ein fürchterlich Geräusch entstund, schlug mit der Spitze des Degens einmal an, trat wieder zurück und hieb mit dem Degen um sich; trat abermals an die Thür, schlug stillschweigend siebenzehnmal an; sprang aber wieder in den Kreis, und fieng an zu zittern; hieb etlichemal wieder um sich, gieng wieder ganz leise an die Thür der Kammer, wo er neunmal anklopfte. Er nahm hierauf sein Zauberbuch, machte allerhand wunderliche Charaktere auf den Tisch, schlug achtzehnmal, dann vierzehnmal an, und rief; Satan, ich beschwöre dich, daß du mir den Todten heraufbringest. Dann sprang er eilends auf, und rief den Geist durch 19, 5, 11, 5 und endlich durch 18 Schläge. Nach Endigung dessen rief er mit fürchterlicher Simmte; Satan, ich beschwöre dich zum dritten und letztenmal, daß du mir den Todten heraufbringest. Darauf entstand ein heftiges Gepolter in der Kammer, aus welcher der andre Nekromatist hervorsprang, lang hin auf die Erde fiel, und ausrief, daß er den Geist des Aristoteles gesehen. Ich wollte selbst in die Kammer gehen; sie aber verweigerten es, weil ich mich zu sehr erschrecken möchte. Endlich liessen sie es geschehen. Himmel, was sah ich! Einen alten abgelebten Mann, mit einem grauen Bart, eingefallenen Gesicht, und einem langen Todtenhemd umkleidet, der die Augen zu bewegen schien, bald still stehen blieb, bald sich bewegte; als ob er auf mich zuwollte. Ich entsetzte mich, wich zurück, gab den Todtenbeschwörern, und wir giengen nach Hause. Es machte mich die ganze Nach hindurch unruhig; ich überdachte alles, und endlich fiel mir ein, daß ich an dem Gespenst eine Perüque gesehen hatte, die Aristoteles doch nicht kann getragen haben, weil die Erfindung noch nicht gar alt ist; und glaubte nun noch weniger, daß es der Geist des A. gewesen seyn könne. Um in meiner Ueberzeugung gewisser zu werden, ließ ich mir des andern Tags den Cicero fodern. Alle Ceremonien waren so wie am vorigen Tag; aber die Verschiedenheit der Schläge entdeckte mir das Räthsel. Erst schlug er drei, dann neunmal u.s.w. an die Thür, weil C der dritte, J der neunte Buchstabe x. des Alphabets ist. So hatte der Beschwörer auch vorher dem in der Kammer steckenden den Namen des Aristoteles gesagt; erst einmal, dann siebenzehnmal u.s.f. angeschlagen, weil A. der erste, R. der siebzehnte Buchstabe des Alphabets ist. – Ich lief nach der Kammer; aber wie sehr mußte ich erschrecken, als ich ein Gespenst vor mir stehen sah, das den Kopf unterm Arm hatte; zum Glück entdeckte ich die magische Laterne, die hinter einem Schirm versteckt war. Nun grif ich auch nach dem Todtenkopf, und sahe eine Schweinsblase mit Blut darinn, welche es langsam aus den Augenhöhlungen herausträufelte. Die Necromantisten baten mir sehr, daß ich sie nicht verrathen möchte; und ich erfuhr nachher, daß sie verlaufene Balbiergesellen wären.«

Dieses Capitel würde zu weitläufig ausfallen, wenn die in Berlin entdeckten Gaukeleien des Philidor ganz erzählt werden sollten; daher es hier an dem genug seyn mag; Das Zimmer, darinn sich die Gesellschaft befand, war von allen Seiten verwahrt. Auf dem Fußboden sah man einen mit Kreide bezeichneten Kreis, in dessen Mitte ein länglich zusammengeschlagenes schwarzes Tuch lag. Auf dieses Tuch war ein kleiner schwarzer Zauberstab hingeworfen, und auf der Mitte desselben stand eine kleine Todtenlampe; neben dem Tuch aber ein viereckigtes Kohlenbecken mit fast ausgebrannten Kohlen. Philidor bemühte sich, die Gesellschaft, davon jeder einen Louisd'or hatte geben müssen, auf alle Art zu betäuben und in Erstaunen und Furcht zu setzen. Er räucherte, ließ (durch ein auf einem tiefen Reif ausgespanntes aber verstecktes Trommelfell) donnern; gebot, daß man still seyn möchte, und drohete; wollte einen electrischen Schlag beibringen; Aber vergebens, seine Betrügerei wurde entdeckt, und er in seiner Blöße dargestellt. Müssiggang und Liebe zur Bequemlichkeit sind die gewöhnlichen Ursachen, daß sich Leute auf die Necromantie legen. Sie entstellen ihre Körper und ihre Gesichtszüge auf die seltsamsten Arten, um ihren Possen einen Schein zu geben, und lassen den Abergläubischen dabei, wenn er glauben will, daß sie mit dem Teufel in enger Verbindung stünden. Die grossen Erwartungen und die Einbildungskraft thut auch hiebei sehr viel. Als einst ein junger Mann in einer Gesellschaft behauptete, daß er Geister citiren könne, auf Verlangen einiger, sein Hokus Pokus zu manchen anfieng, liefen alle, bis auf einen davon, als ein Gepolter entstand; und alle versicherten, da sie zurückkamen, daß sie den Geist gesehen, der ihnen ein schiefes Maul gemacht hätte.

Noch muß die bekannte Saulsgeschichte aus 1. B. Sam. 28 berührt werden, die man als einen Beweis angeführt hat, daß es doch möglich sey, die Geister der Verstorbenen herbeizuführen. Es gab damals listige Weiber, die nicht weit von ihren Wohnungen, etwa in einem kleinen Wald Höhlen hatten, darinn sie abgerichtete Leute versteckten, und diese mußten aus den Höhlen reden, was ihnen von diesen Weibern eingegeben war. Ein solches Handwerk trieb auch diese Frau. Daß es König Saul war, der zu ihr kam, und ihre Hülfe begehrte, konnte sie leicht wissen, weil sie im jüdischen Lande wohnte, und den König, der viel im Lande umher zog, oft gesehen hatte. Sie konnte es auch aus seiner Begleitung schliessen, denn er hatte zween Gefährten bei sich. Der König muthmaßte selbst, daß sie ihn kennen würde, daher wechselte er seine Kleider. Sie fiel auch bald darauf, daß es Saul seyn möchte, ob sie ihm gleich nicht sagt, daß sie ihn kenne; denn sie sagt V. 9: Siehe du weist wohl, was Saul gethan x. Saul schwur ihr hierauf bei dem Herrn, und dieser Schwur entdeckte ihr noch mehr! Sie konnte auch schon daraus wissen, daß Saul mit ihr rede, da sie den Samuel herauf bringen sollte, mit welchen Saul viel Umgang gehabt, und ihn in wichtigen Angelegenheiten um Rath gefragt hatte. Um gewiß zu erfahren, daß der, der mit ihr rede, der König sey, stellt sie sich erschrocken, da der Geist erscheinen soll, und sagt V. 12: Warum hast du mich betrogen, du bist Saul! Und er gesteht es. Samuel aber erschien gewiß nicht. Saul fragte das Weib: Was siehest du? er selbst sehe nichts. Das lügenhafte Weib antwortete V. 13: Ich sahe eine obrigkeitliche Person heraufsteigen aus der Erde. Sie beschreibt nun V. 14 das was sie sahe, so, wie sie den Samuel bei seinem Leben gesehen hatte. – Samuel war überdieß nicht hier, sondern zu Rama begraben, wie konnte er hier in der Höhle heraufkommen. Auch war es nicht Samuel, der aus der Höhle redete, sondern der in der Höhle versteckte Mensch, der von der Betrügerinn unterrichtet war; denn er redet wahres und falsches untereinander, welches der Geist des Propheten nicht gethan haben würde. Es traf z.B. nicht ein, was V. 19 steht; Morgen wird du und deine Söhne mit mir seyn; denn alle Söhne Sauls kamen nicht um, dazu starb Saul noch nicht den folgenden Tag. Das wahre, welches der in der Höhle versteckte Betrüger redet, hatte er aus dem, was Samuel bei seinem Leben geweissagt. 1 S. 15. V. 28. Wenn die ganze Beschaffenheit der Frau, der Ort, wo der Geist erschienen, die dabei ohne Zweifel gebrauchten Ceremonien, die Stellung des Königs x. ausführlicher beschrieben wär, so würde daraus die Art des Betrugs noch einleuchtender können dargestellt werden. So ist also die vorgespiegelte Kunst, Todte zu citiren eitel, und lauter Betrug. Gott hat dem Menschen keine Macht über die Geister Verstorbener oder Lebender verliehen: Denn so würde nichts mehr Geheimnis seyn; und wie unsicher wär das Leben der Könige, und das Wohl ihrer Staaten. Wohl uns daher, daß es keine solche Kunst giebt!


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