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der Wasserprobe

bediente man sich ehedem zur Untersuchung solcher Händel, die vor Gericht nicht ausgemacht werden konnten; besonders zur Untersuchung der Hexereien; denn nicht etwa nur gemeine Leute, sondern auch, obrigkeitliche Personen bildeten sich ein, daß die Leiber der Hexen durch ihre Gemeinschaft mit dem Teufel andre Eigenschaften bekämen, unter welchen auch diese mit begriffen sey, daß sie leichter als das Wasser würden, und daher auf demselben schwämmen. Wenn daher ein alter Mann, oder ein altes Weib der rothen Augen wegen verdächtig waren, oder von andern der Hexerei beschuldigt wurden; so stellte man mit ihnen die Waserprobe an, um dadurch ihre Schuld oder Unschuld zu entdecken. Der Beschuldigte ward nehmlich in die Kirche geführt, wo man Messe hielt und das Wasser beschwor, daß es sich in der Offenbahrung der Schuld oder Unschuld des Beklagten kräftig erweisen möchte. Drauf wurde er an das Wasser gebracht, man band ihm die Daumen kreuzweis an die grossen Zehen, und warf ihn nackend hinein. Nur den Frauenspersonen ließ man zu ihrer Bedeckung einen kleinen Unterrock. Von demjenigen, der untergieng, glaubte man, daß er unschuldig sey; einen andern, der oben schwimmen blieb, hielt man für schuldig: Und dieser wurde sogleich verurtheilt, lebendig verbrannt zu werden. Damit nun die untergehenden Unschuldigen nicht ersaufen möchten; so ward jedem, mit dem man die Probe anstellen wollte, ein Strick um den Hals gebunden, woran man den zu Grunde gehenden sogleich wieder heraus zog. Geschah die Probe an einem Fluß; so hielten zwo Personen, die zu beiden Enden des Flusses stand, die Enden des Stricks in den Händen, und gaben auf den hineingeworfenen acht. Das Schwimmen und Untersinken solcher Personen rührte nun blos von zufälligen Ursachen her. Wir wissen, daß der menschliche Körper nicht viel schwerer ist als das Wasser, folglich durch einige Bewegungen leicht auf demselben erhalten werden kann. Sobald ein Mensch die Luft einathmet, so wird sein Leib ausgedehnt, er wird minder schwer, und schwimmt leichter auf dem Wasser. Jene Unglücklichen, die mit Furcht und Schrecken erfüllt waren, indem man sie ins Wasser warf, holten in der Angst tief Athem, und beförderten dadurch aus Unwissenheit ihr Schwimmen. Auch die Art des Bindens trug dazu nicht wenig bei; denn je mehr sie der Länge nach auf dem Wasser lagen, desto leichter schwammen sie. Der Unterrock war bei den Frauenspersonen ebenfalls ein Mittel, sie schwimmend zu erhalten. Die Leute welche das Seil hielten, durften es nur etwas anziehen, und es war unmöglich, daß die hineingeworfene untersinken konnte; dieß konnten sie theils aus Eifer, die Hexen ausrotten zu helfen, theils in der gewissen Ueberzeugung, daß die hineingeworfenen Hexen wären, theils aus Haß und Groll thun; und man kann glauben, daß sie es gethan haben. So sind viele Unschuldige durch den häßlichen Verdacht, daß sie hexen könnten, vom Leben zum Tode gebracht worden. Noch in dem Jahr 1777 begab sich davon eine traurige Geschichte. In Tarenta, einer Stadt in Dalmatien, brach ein Viehsterben aus, welches der dumme Pöbel für eine Wirkung der Hexerei hielt. Der Pfarrer selbst war schwach genug, dieß zu glauben, und klagte einem benachbarten Pfarrer dieses Unglück seiner Gemeinde. Nehmet, sagte dieser, alle Weiber, die im Verdacht der Hexerei stehen, und werfet sie ins Wasser, Diejenigen, die untergehen, sind unschuldig, und diese müßt ihr geschwinde wieder herausziehen: Die aber oben schwimmen, die erhält der Teufel über dem Wasser, und die züchtigt so, wie ihr es für gut findet. Der Pfarrer, froh über diese Entdeckung, ließ sogleich die Probe machen, die Untergesunkenen wieder heraus ziehen, die andern mit Schlägen fast umbringen. Man war schon im Begrif, zu noch grausamern Executionen zu schreiten, als der General-Proveditor von Dalmatien zu rechter Zeit Nachricht davon erhielt, einige Truppen dahin schickte, und dadurch der abergläubischen Wuth Einhalt that.

Dergleichen traurige Fälle liessen sich noch mehrere anführen, doch genug; Gott Lob, daß wir über die Zeiten weg sind, oder doch nicht unter Menschen leben, die so unrichtig denken, und so grausam handeln.


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