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Etwas über Tagewählerei.

Schon in den ältesten Zeiten fand die Tagewählerei statt. Die Egyptier, Römer x. wählten die Tage, um etwas zu unternehmen, und die (heidnischen?) Christen ahmen ihnen darin nach. Wer seine Unternehmungen mit Bedacht und Klugheit, und zu rechter Zeit anfängt, dem werden sie auch wohl an dem Tage gelingen, der für den unglücklichsten gehalten wird. Wer aber ohne Bedacht, ohne Klugheit und ohne Rücksicht auf Zeit und Ort, etwas thut, dem wird auch der glücklichste Tag sein Vorhaben nicht begünstigen. Gott selbst verbietet das Tagewählen, aber man achtet nicht darauf. Wenn den Abergläubischen an einem und demselben Tag ein paarmal Glück oder Unglück begegnet; so legen sie ihm eine besondere Kraft bei, und sehen ihn als die Ursach der Dinge an, die sich darin zutragen. Unser eigenes Verhalten, und unser Bestreben, nicht die Tage, die der Aberglaube dazu ausersehen hat, bestimmen unsere Schicksale. Wie manches Geschäft wurde dadurch zurückgesetzt, das heute mit guten Erfolg hätte unternommen werden können; morgen aber versäumt, zurück gestellt werden muß? Wie oft wurde das Lebensglück dadurch verbittert, Freude in Trauer verwandelt, und Zufriedenheit und Ruhe gestöhrt?

Wenn ein Fremder des Montags zur Stubenthür hineinsieht, und nicht ganz hinein geht, der macht, daß der Mann die Frau schlägt. Der unverständige Mann wird glauben, er erfülle des Schicksals Rathschluß, wenn er nach diesen Anzeigen, sein gutes Weib mißhandelt.

Wer am grünen Donnerstag, oder drei Freitage hinter einander fastet, der ist selbiges Jahr vom Fieber frei; wer es aber schon hat, dem vergeht es davon. Durch solche Meinungen werden die Hoffnungen des Elenden nur noch mehr getäuscht, er wird Muthlos, bricht unzufrieden in Klagen aus, und hört auf, dem zu vertrauen, der der Menschen Schicksale lenkt, und die natürlichen Hülfsmittel erschaffen hat.

Die Kinder soll man Freitags nicht baden, weil sie aus ihrer Ruhe kommen. Wenn des Sonnabens der Rocken nicht abgesponnen wird; so wird aus dem übrigen Flachs und Wwrg kein gut Garn, und bleicht sich nicht weiß.

Der Tagewähler unterläßt ungemein viel gutes, weil er die Zeit, da er es eigentlich thun sollte, für unglücklich hält, läßt die Gelegenheit vorüber, und sieht, je länger es ansteht, zu seinem Misvergnügen immer neue Schwierigkeiten. Er hat überall grosse Hoffnung, die ihn aber oft betrügt. Das Mittel, welches er bei Krankheiten gebrauchen soll, muß an einem glücklichen Tag zubereitet seyn. Er fürchtet überall Verderben und Tod; und läßt lieber seine Hände in dem Schoos liegen, als daß er sich nützlich beschäftigen sollte. Auf der andern Seite hofft er von lächerlichen Mitteln alles. Wenn er etwas gethan hat, das seiner Meinung nach gewiß hilft; so bleibt er ruhig, und läßt das Ungeziefer auf Feldern und in Gärten sich vermehren. Der Tagewähler erwartet nichts von Gott; sondern von dem Tage, an welchem er etwas verrichtet, und hofft alles vom St. Veit, St. Kilian, St. Johannes, St. Peter u.s.w. Er schadet sich, indem er auf Nutzen denkt, und macht den, dem er zu helfen sucht, noch elender. Er macht sich Feinde, weil er mit seinem vermeintlich guten Rath jedem zu dienen sucht, und ihn dadurch in Schaden bringt. So ungegründet, widersprechend und abgeschmackt die Meinungen des Tagewählers sind; so fest hält er doch an denselben. Er ist schon oft getäuscht worden, und glaubte dennoch immer wieder. Hellmuth ein wohlhabender Bauersmann in G. konnte daher seinen Kindern nichts bessers hinterlassen, als daß er sie vor der Tagewählerei warnte, und ihnen die Schädlichkeit derselben zeigte. Hier ist etwas von ihm:


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