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Der Kobold

ist nach der gemeinen Meinung eine Art von Teufel, den ein Mensch, nachdem er mit dem Hauptteufel in Verbindung getreten, oft aber ganz wider Willen in dieser oder jener Gestalt überkommen, und seiner dann nie wieder los werden könne. »Ein Mann, der den Kobold gern los gewesen wär, bauete eine Hütte von Stroh, darin mußte der Kobold arbeiten; bauete sie dann zu, zündete die Hütte von allen Seiten auf einmal an, und jagte mit seinem Pferd davon. Da er sich aber umsah, saß der Kobold schon hinter ihm. Die Leute hatten Flachs gekriegt, in dem Flachs war eine Schachtel, in der Schachtel eine Fliege gewesen, und das war der Kobold. Die Fliege kann verschiedene Gestalten annehmen, und dem Menschen alle Wünsche erfüllen.« Thor, halt ein mit deinen Erzählungen! die Koboldbetrügereien sind schon allzuoft entdeckt worden, als daß man sie fernerhin glaubwürdig finden könnte. Viele Abergläubige hörten den Kobold pfeifen und lachen, und sahen Steine sich um den Kopf fliegen, und wenn sie frugen: »Hänsgen, wo bist du? so antwortete er: Hier! Hänsgen, wie heißt du? Hans! Am Ende entdeckte es sich, daß die verbuhlte Magd, um ungestörter die nächtlichen Zusammenkünfte abzuwarten, oder sicherer zu stehlen, die Ursach davon war. Knecht Görg stiehlt dem Herrn das Getraide, und füttert die Pferde damit, daß sie fett werden. Daß aber der leichtgäubige Herr es nicht merkte, läßt er ihn glauben, daß der Kobold im Hause sey, der in Gestalt eines kleinen grauen Männchens die Pferde füttere. Andre entdeckte Betrüger gestanden, daß sie bei dem Koboldspiel blos die Absicht gehabt, das Haus in Furcht zu setzen, oder durch Bannen und Vertreiben des Kobolds etwas zu verdienen, oder andern einen bösen Namen zu machen. Freilich gehört dazu ein Grad von Bosheit; aber die Erfahrung lehrt es doch, daß Menschen fähig dazu sind; daß Leute, die in aller Absicht dumm waren, Fertigkeit hatten und schlau genug gewesen sind, diesen Betrug lange genug zu spielen, bis sie genau beobachtet und entdeckt wurden. In dem Hause eines Pfarrers spielte eine Magd den Kobold eine ziemliche Weile. Es kam ihr zu statten, daß die Schwester des Pfarrers leichtgläubig war, und der Pfarrer nicht weit sehen konnte. Einst besuchte ein andrer Pfarrer diesen. Die Magd, die sich auf ihre Geschwindigkeit verließ, wollte auch jetzt ihre Rolle spielen, und warf, wie Kobolde pflegen, mit Steinen. Der fremde Pfarrer merkte sich die Gegend in der Stube, woher die Steinchen kamen, und gab auf die Magd Achtung, doch so, daß sie es nicht merkte. Bald sah er, daß sie einen Stein aus der Ficke hohlte und damit warf. Er bemerkte die geschwinde Bewegung der Hand und den Wurf des Steinchen. Ohnerachtet die Magd eine Miene annahm, die ihre Bosheit bemänteln sollte; so gieng er doch auf sie zu, und redete sie hart an. Sie kam bald ausser Fassung, gestand ihren Betrug, und der Kobold verschwand ohne Gespensterbanner.

Auch dafür ist gesorgt, daß Leute, die Verstand und Herz genug haben, Kobolds- und andere Geschichten dieser Art zu untersuchen, sich nicht sobald daran wagen; denn man giebt vor, daß sie bald sterben. Vermuthlich tödtet der Kobold sie? Aber wer wird dadurch sich hindern lassen, dem listigen Betrüger nachzuschleichen und zu beobachten?! Jener Prediger wurde achtzig Jahr alt. Einst soll der Kobold das Fleisch, das für viele Leute gekocht war, aus der Schüssel gefressen und der Frau unter dem gewöhnlichen Gelächter die Knochen an den Kopf geworfen haben. So etwas kann kein Geist, unter welche auch der Kobold gehören soll; das müssen andere Kobolde gewesen seyn, die das Fleisch wegfressen und mit den Knochen werfen!

Der Neid ist die gewöhnliche Ursach, warum Koboldsgeschichten erdichtet werden. Wenn jemand durch Sparsamkeit, Fleiß und Geschicklichkeit reich wird; so, sagt der Neider, er habe den Kobold. Von jenem fleisigen Schmidt sagt man, der Kobold helfe ihm ohne Feuer schmieden. Ist das nicht unmöglich! Und wenn der Kobold solche Wunder thun könnte; warum bringt er seinem treuen Schmide nicht lieber Geld, und überhebt ihn dadurch der Arbeit. Der geschickte Wundarzt soll durch Hülfe seines Kobolds so glücklich heilen; der Hirte, der von dem Heilen nichts versteht, giebt nicht undeutlich zu erkennen, daß er den Kobold habe, und geht daher, ehe er einem Antwort, oder sogenannte Arznei giebt, in die Kammer, als ob er seinen Kobold frage, spricht darin auch wohl so laut, daß es die Außenstehenden hören können; und – man läuft ihm haufenweis zu.

Was könnte für den, der einiges Gefühl für Tugend und Rechtschaffenheit hat, beleidigender seyn, als wenn man ihm beschuldigt, er habe den Kobold? Daher sind daraus unversöhnliche Feindschaften, Verfolgungen und gerichtliche Klagen oft entstanden. Wie könnte man jemand empfindlicher beleidigen, als wenn man ihm eine Verbindung mit dem Teufel selbst Schuld giebt?


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