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siehe Bildunterschrift

Gemeine Roßkastanie, Aésculus Hippocástanum L.

»Kastanie, du Frühlings-Weihnachtsbaum mit leuchtenden Blütenkerzen, welch wunderlieblichen Mainachtstraum zauberst du meinem Herzen!« So spricht der Dichter uns aus dem Herzen; denn obwohl ein Fremdling, wahrscheinlich aus den Hochgebirgen Nordgriechenlands, hat die Roßkastanie sich bei uns doch Heimatrecht und allgemeine Zuneigung erworben, besonders in der Kinderwelt, welche von den rotbraunen, glänzenden Samen gar nicht genug bekommen kann. Schon im Winter fällt der Baum durch die bogenförmige, die Zweigspitzen wieder etwas nach oben hebende Krümmung der Äste und durch den lackglänzenden, klebrigen Überzug der Knospen auf. Dieser bildet einen wirksamen Schutz gegen Kälte, Austrocknung und die Angriffe hungriger Tiere. Auch die jungen Blätter besitzen in einer anfänglichen Flaumbehaarung, die später verschwindet, und in der zusammengefalteten Stellung der Einzelblättchen einen Schutz gegen Nachtkälte und allzustarke Verdunstung. Das erwachsene Blatt dagegen breitet seine 5 bis 7 Finger fächerförmig so aus, daß es möglichst viel Licht und Wärme von den Sonnenstrahlen erhält. Die Blüten stehen in einer aufrechten, pyramidenförmigen Rispe. Sie sind weiß und tragen auf den Blütenblättern gelbe Flecke. Die untersten besitzen Staubblätter und Griffel, bei den oberen sind die Griffel meistens verkümmert; es können sich also an dem oberen schwachen Teile des Rispenstiels keine Früchte bilden; derselbe wäre auch wahrscheinlich gar nicht imstande, die schweren, stacheligen Kapseln zu tragen. Die Blumen blühen von unten nach oben auf. Zuerst öffnen sich an den untersten die Narben, während noch alle Antheren derselben Rispe geschlossen sind. Ist die Narbe befruchtet, so richten sich die bis dahin abwärts geneigten Staubblätter auf, die Antheren öffnen sich und geben ihren Pollen an die honigsammelnden Bienen und Hummeln ab. Sind sie ihres Pollens beraubt, so nehmen die gelben Flecke der Blumenblätter rötliche Farbe an und der bis dahin zweifarbige Blütenstand wird nun durch den Hinzutritt der dritten Farbe noch auffälliger für die Infekten. (Endlich sind nur noch die oberen, rein männlichen Blüten vorhanden, deren Pollen nun den Nachbarblüten zu teil wird. Die Roßkastanie ist also für Fremdbestäubung vorzüglich eingerichtet.

Der Fruchtknoten enthält 6 Samenknospen oder Eichen, von denen aber nur 2 bis 3 zur Entwickelung gelangen. Die Frucht ist eine Kapsel, deren Wände nicht austrocknen, sondern bis zum Aufspringen und Ausstreuen der Samen saftig und grün bleiben, also eine Springfrucht. Seinen Namen hat der Baum von der Ähnlichkeit seiner Samen mit denen der eßbaren Kastanie oder Marone und daher, daß die Türken, welche den Baum nach Mitteleuropa brachten, die Samen gegen den Husten der Pferde benutzt haben sollen.

Roßkastaniengewächse, Hippocastanaceen. Klasse VII. Holzgewächs. Mai, Juni. H. 20 – 25 m.

 


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