Thomas von Kempen
Nachfolge Christi
Thomas von Kempen

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Vierzehntes Kapitel.

Von der besonderen Andacht einiger Christen am Tisch des Herrn.

Der Jünger Jesu spricht.

Wie ist doch die Fülle der Seligkeit so groß / die du deinen Freunden im verborgenen Schatze deiner Führungen für alle / die in heiliger Ehrfurcht vor dir wandeln / aufbewahrt hast! Wenn ich daran denke / daß viele anderen Christen mit glühender Andacht zum Tisch des Herrn hinzutreten / so erröte ich vor mir und kann es selbst kaum ertragen / daß ich so kalt und gefühllos zu deinem Tisch hinzutrete; daß ich so dürr und ohne Rührung des Herzens bleibe; daß ich von dir / o mein Gott / nicht ganz entflammt / nicht so mächtig angezogen und von dir zu dir hingezogen werde wie viele Andächtige / welche die übermannende Begierde zur heiligen Kommunion nicht aushalten konnten und vor Übermaß der Liebe in Tränen zerflossen und vom innersten Grund aus mit einem unwiderstehlichen Durst und Hunger nach dir / o Gott / du lebende Quelle alles Trostes / schmachteten und ihr Sehnen nach dir nicht mäßigen oder stillen konnten / bis sie an deinem Tische dein Fleisch und Blut mit aller Seelenlust genossen hatten.

Wahrhaftig / dieser ihr Glaube voll Licht und Flamme ist ein zuverlässiger Beweis deiner heiligen Gegenwart! Denn diese erkennen ihren Herrn wahrhaftig am Brotbrechen / ihr Herz glüht / indem Jesus mit ihnen wandelt und es entzündet. Aber diese glühende Empfindung / diese flammende Andacht und Liebe ist fern von mir. Guter Jesus / du bist ja die Liebe und Milde selbst / darum sei auch mir gut und milde / laß deinen armen Bettler auch nur einen Funken von deiner Liebe in der heiligen Kommunion empfinden; damit mein Glaube an dein Wort neubelebt / meine Zuversicht auf deine Güte neugestärkt / meine Liebe zu dir einmal recht angefacht und / durch den Genuß des Himmelsbrotes neubeseelt / niemals ohnmächtig werde.

Deine Barmherzigkeit ist mächtig genug / auch mir die so ersehnte Gnade / diese deine Heimsuchung / die das Herz zur heiligen Liebe entzündet / angedeihen zu lassen. Denn wenn schon das große Verlangen deiner Freunde / welche die Gabe der besonderen Andacht haben / in mir noch nicht glüht / so habe ich / durch deine Gnade gestärkt / doch ein Verlangen nach jenem glühenden Verlangen. Ich wünsche wenigstens und bitte um die Gnade / der heiligen Gesellschaft all jener beigezählt zu werden / die von der wahren Liebe zu dir ergriffen sind.


 << zurück weiter >>