Thomas von Kempen
Nachfolge Christi
Thomas von Kempen

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Zwölftes Kapitel.

Bereite dich mit allem Fleiß zur heiligen Kommunion!

Der Geliebte spricht.

Ich habe die reinen Seelen lieb und ich mache sie rein / denn meine Heiligkeit ist die Quelle aller Heiligkeit. Ich suche ein reines Herz / und wo ich eines finde / da schlage ich meine Herberge auf. So bereite mir denn einen großen / wohl zugerüsteten Speisesaal / und ich will bei dir mit meinen Jüngern das Ostermahl halten. Wenn du willst / daß ich zu dir kommen und bei dir bleiben soll / so fege den alten Sauerteig aus und reinige die Wohnstätte deines Herzens. Hinausgejagt soll die ganze Welt aus deinem Herzen / und fest zugeschlossen soll die Türe sein vor der Sünde und all ihrem ungestümen / aufrührerischen Gefolge. Sei einsam wie der Sperling auf dem Dache und denk mit reuevollem Herzen an deine Sünden. Denn / wer die Liebe hat / der bereitet für seinen geliebten Freund die reinste und schönste Wohnstätte / und eben dadurch beweist sich die Liebe dessen / der den Geliebten beherbergt.

Wisse aber auch dies: aus dir selbst / und wenn bloß auf den Wert deiner Arbeit gesehen würde / könntest du die würdige Vorbereitung nie vollenden / wenn du auch ein ganzes Jahr dich vorbereitetest und nichts anderes als nur die einzige Vorbereitung im Sinn und Herzen hättest. Es ist doch immer meine Gnade und Liebe allein / die dir den Zugang zu meinem Tische öffnet. Es ist im Grunde nichts anderes / als wenn ein Bettler / von einem reichen / guten Mann zum Gastmahl geladen / diese Wohltat nicht anders zu vergelten weiß / als daß er nach Bedürfnis esse und im Gefühl der Demut danke und wieder danke. Tu / was an dir ist / und tu es mit aller Treue / empfange den Leib des Herrn / deines Gottes / der sich herabwürdigt / zu dir zu kommen / nicht aus Gewohnheit / nicht aus Zwang / sondern in heiliger Ehrfurcht / Anbetung und Liebe. Ich bin es / der dir das Gebot auferlegt hat / mich zu beherbergen  / ich will alles das / was dir mangelt / ersetzen / komm nur und beherberge mich.

Wenn ich dir die Gabe der Andacht schenke / so danke deinem Gott dafür. Denn es war nicht deine Würdigkeit / sondern mein Erbarmen / das dich zur Andacht stimmte. Hast du die Gabe der Andacht nicht und fühlst dich trocken und dürr / so halte nur an im Gebete / seufze und klopfe an und höre nicht auf anzuklopfen / bis dir ein Brosamen meiner heilsamen Gnade / ein Tropfen des himmlischen Trostes gereicht werde. Du bedarfst meiner / ich bedarf deiner nicht. Du kommst nicht / um mich heilig zu machen / sondern ich komme zu dir / um dich besser / dich heilig zu machen. Du kommst / um durch mich heilig / durch mich eins in Liebe mit mir zu werden / du kommst / um neue Gnade zu empfangen und zur Besserung deines Herzens neue Kraft von meinem Feuerherd zu holen. Versäume diese Gnadenstunde nicht / sondern bereite dein Herz mit allem Fleiße und führe deinen Geliebten zu dir / in dein Haus ein.

Aber du sollst nicht nur mit aller Innigkeit und Andacht des Herzens zur Kommunion dich vorbereiten / sondern auch nach der Kommunion mit aller Treue in dieser Innigkeit und Andacht dich bewahren. Und dieses Bewahren ist dir gerade so unentbehrlich wie die Vorbereitung. Denn die treue Bewahrung des Herzens nach der Kommunion ist wieder die beste Vorbereitung zum Empfang einer neuen Gnade; wie denn auch den Menschen nichts so unfähig macht / Gottes Gnade zu empfangen / als daß er sogleich wieder in die äußerlichen Tröstungen sich ergießt und versenkt. Meide die Geschwätzigkeit / bleib bei dir daheim und genieße dort deinen Gott. Denn du hast den / den die ganze Welt dir nicht rauben kann. Ich bin es / dem du dich ganz ergeben sollst / damit du in Zukunft nicht mehr in dir / sondern in mir / fern von aller Sorge und Angst / leben mögest.


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