Thomas von Kempen
Nachfolge Christi
Thomas von Kempen

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Siebentes Kapitel.

Antwort auf die vorhergehende Frage: Prüfe dich selbst / und dann iß von diesem Brote:

Der Geliebte spricht.

Vor allem soll der Priester Gottes in tiefer Demut seines Herzens / voll Ehrerbietung / mit lebendigem Glauben und aus der reinen Absicht / Gott zu verherrlichen / zum Opfer und zum Genuß dieses heiligen Sakramentes hinzutreten. So durchforsche denn dein Gewissen mit allem Fleiße und laß es / soweit deine Kräfte reichen / weder an wahrer Reue noch an demütigem Bekenntnis deiner Sünden fehlen / damit dein Innerstes rein und hell werde. Alles / was dich drücken / ängstigen und im freien Zutritt zu Gott hindern kann / soll nach deinem besten Wissen aus deinem Herzen verbannt sein. Alle deine Sünden sollen im allgemeinen dir mißfallen / und jeder deiner täglichen Fehltritte insbesonders. Darüber sollst du wahres Herzeleid / soviel es sein kann / in dir fühlen und nähren und deine zerrütteten Neigungen und all den Jammer / der daraus entsteht / vor Gott im Innersten deines Herzens bekennen. Sieh / was du noch alles an dir zu beweinen und zu verbessern hast: Du bist noch so tierisch und irdisch gesinnt / so unbezähmt in deinen Leidenschaften / so voll Regungen der Fleischeslust / so unbewacht in den äußern Sinnen / so verwickelt in törichten Einbildungen; noch so zugekehrt dem / was außer dir ist / und so unachtsam auf das / was in dir ist; noch so leichtfertig zum Lachen und zur Ausgelassenheit und so felsenhart zur Träne der Reue und zum Schmerz der Buße; noch so vorschnell zu allem / was freiere Lebensart ist und die Sinnlichkeit liebkost / und so träge zum Ernst und zu heiligem Eifer; noch so gierig / Neues zu hören und Liebliches zu sehen / und so kraftlos / das anzufassen / was gering und unangenehm ist; noch so eilig zum Empfangen / so karg zum Geben und so geizig zum Behalten; noch so unüberlegt im Reden und so ungeübt im Schweigen; noch so ungestüm in Handlungen und so ungeordnet in Gebärden und in allem / was Ausdruck des Innern ist; noch so versenkt mit Leib und Seele in die Ernährung des Leibes und so gehör- und gefühllos für Gottes Wort; noch so eilig zur Ruhe und so langsam zur Arbeit; noch so wachsam bei törichten Erzählungen und so schläfrig beim Gottesdienst; noch so zerstreut / wo die Aufmerksamkeit sich sammeln / so dringend und treibend auf das Ende / wo man aushalten sollte; noch so nachlässig im Stundengebet / so lau im Messelesen / so dürr am Tisch des Herrn; noch so selten ganz in dir gesammelt und so oft und so leicht außer dir zerstreut; noch so entzündbar zum Zorn und so bereit / andern weh zu tun; noch so nachsichtig gegen deine Fehler und so geneigt / andere zu richten und so streng sie zu bestrafen; noch so ausgelassen in heiteren und so niedergeschlagen in trüben Stunden; noch so reich an guten Vorsätzen und so bettelarm an guten Werken. Wenn du diese und andere Gebrechen / die dein Gewissen dir vorhält / mit geheimem Seelenleiden und beschämendem Mißfallen an deinen Schwachheiten bekannt und beweint hast / so ermanne dich zum festen / heiligen Entschluß / dein Leben zu bessern und in allem Guten vorwärts zu schreiten. Endlich opfere dich selbst ganz / ohne etwas für dich zurückzubehalten / willig und ungezwungen auf dem Altar deines Herzens zur Ehre meines Namens / gib dich mir als ein ewiges Brandopfer hin / deinen Leib und deine Seele / übergib und überlaß mit aller Treue dich mir allein / damit du würdig wirst / Gott das Opfer darzubringen und das Sakrament meines Leibes zu deinem Heil zu empfangen. Denn es ist kein edleres und würdigeres Sühnopfer für unsere Sünden / als in der Messe und Kommunion sich selbst ganz und ohne Ausnahme mit dem Leibe Christi Gott hinzugeben. Wenn der Mensch tut / was er vermag / und wahrhaft bereut / was er verübt hat / wenn er um Gnade und Vergebung zu mir fleht / so spricht der Herr: So wahr ich lebe / so gewiß will ich den Tod des Sünders nicht / sondern vielmehr / daß er sich bekehre und lebe; nicht mehr will ich seiner Sünden gedenken / alle sollen sie ihm verziehen sein.


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