Thomas von Kempen
Nachfolge Christi
Thomas von Kempen

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Vierundvierzigstes Kapitel.

Daß man das Äußere nicht zu nahe an sein Herz kommen lassen soll.

Mein Sohn / lerne in vielen Dingen nichts wissen und dich als einen Toten auf Erden und als einen / dem die ganze Welt gekreuzigt ist / ansehen. O man muß vieles / das an unser Ohr schlägt / nicht hören können / als wenn man taub wäre / und dafür Sinn und Verstand richten auf das / was das Herz des Menschen ruhig macht und ruhig hält! Es ist besser / beide Augen vor unangenehmen Dingen zu schließen / als in ewigem Zank und Streit mit den Nachbarn zu leben. Wenn du bei Gott recht hast und auf seinen Ausspruch dich verlassen kannst / so wirst du es ganz erträglich finden / vor Menschen unrecht zu haben und vor ihnen als überwunden dazustehen.

O mein Herr / wie tief sind wir gesunken! Sieh / ein zeitlicher Verlust wird mit heißen Tränen beweint / um eines unbedeutenden Gewinnstes willen arbeitet und läuft man sich müde; und wenn der Geist Schaden genommen hat / das verliert sich sogleich aus unserm Gedächtnis / und man mag es nach vielen Jahren kaum einmal wieder zu Herzen fassen. Was nichts oder äußerst wenig nützt / darauf richtet man die erste Aufmerksamkeit / und was das Erste / das Alleinnotwendige ist / das wird wie nichts außer acht gelassen. Und dies alles / weil der Mensch sich so gern in Dingen außer sich verliert / und wenn er nicht noch zur rechten Zeit seinen Sinn ändert / in Dingen außer sich mit Herzenslust versinkt und / einmal versunken / im Schlamm liegen bleibt.


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