Thomas von Kempen
Nachfolge Christi
Thomas von Kempen

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Zwölftes Kapitel.

Trübsal nützt uns viel.

Daß uns Dinge begegnen / die uns lästig und durchaus zuwider sind / das ist für uns selbst sehr gut. Denn sie treiben den Menschen / der aus seinem Herzen geflohen ist / wieder in sein Herz zurück; damit er fühlen lerne, daß er hier in der Verbannung weilt / und daß er seine Hoffnung auf kein Gut dieser Welt gründe. Es ist gut / daß wir Widersprüche erfahren und daß die Menschen nicht gut und auch recht böse von uns denken und reden / wenn wir auch recht tun und im Rechttun gute Absichten haben. Denn das sichert unsere Demut und bewahrt uns vor eitler Ruhmsucht. Und gerade dann werden wir weit mehr als sonst gedrungen / Gott aufzusuchen als den einen Zeugen / der unser Innerstes kennt.

Eben deswegen sollte der Mensch sich ganz an Gott und so fest an Gott allein halten / daß er es nicht nötig hätte / viel Trost bei den Menschen zu suchen. Wenn ein Mensch / der eines guten Willens sich bewußt ist / geplagt oder angefochten oder von bösen Gedanken umhergetrieben wird / dann leuchtet es ihm helle ein / und heller als sonst / daß ihm Gott unentbehrlich sei / und daß er ohne ihn nichts Gutes tun kann. Dann fühlt er nichts als Traurigkeit / dann seufzt und betet er in der heißen Angst seines Herzens. Dann wird er seines Lebens überdrüssig und sähe es gern / daß der Tod käme und die Bande des Leibes löste und ihn zu Christus heimbrächte. Dann lernt er wohl verstehen / daß vollkommene Sicherheit und vollkommener Friede hier in dieser Welt nicht zu finden sind.


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