Thomas von Kempen
Nachfolge Christi
Thomas von Kempen

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Zweites Kapitel.

Demut.

Lege kein großes Gewicht darauf / ob dieser Mensch für dich oder jener wider dich sei / sondern laß dies allein dein Sorgen und Tun sein / daß Gott in allem es mit dir halte. Hab immer ein gutes Gewissen / und Gott wird immer dein treuer Hüter sein. Und wenn Gott dir helfen will / so mögen alle Menschen ihre verkehrten Anschläge wider dich führen / dir wird keiner schaden können. Wenn du schweigen und leiden kannst / so wirst du gewiß die Hilfe des Herrn kommen sehen. Er weiß es am besten / wann und wie dir zu helfen sei / darum überlaß ihm alles und dich ganz. Denn Gottes Sache ist es / zu helfen und von aller Schande zu erretten. Oft trägt es schon viel bei / uns in der Demut tiefer zu gründen / daß andere unsere Fehler wissen und öffentlich sie strafen.

Sobald ein Mensch wegen seiner Gebrechen sich demütigt / dann besänftigt er andere ohne Mühe und tut denen / die über ihn zürnen / mit geringer Anstrengung genug. Den Demütigen nimmt Gott in seinen Schutz und rettet ihn / den Demütigen liebt und tröstet er / zum Demütigen neigt er sich hernieder / dem Demütigen schenkt er große Gnade und hebt nach den Tagen der Unterdrückung ihn hoch empor zur Ehre / dem Demütigen offenbart er seine Geheimnisse und lädt und zieht ihn freundlich zu sich. Der Demütige hat auch in den Tagen der Schmach festen Frieden in sich / denn Gott ist seine Stütze und nicht die Welt. Darum glaube nicht / daß du im Guten zugenommen habest / wenn du nicht im Gefühl deines Geringseins unter alle übrigen Menschen dich setzen kannst.


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