Thomas von Kempen
Nachfolge Christi
Thomas von Kempen

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Sechstes Kapitel.

Vom guten Gewissen.

Der Ruhm des guten Menschen ist das Zeugnis seines guten Gewissens. Hab immer ein gutes Gewissen / und du wirst immer Freude haben. Ein gutes Gewissen kann viele Lasten tragen und kann auch mitten in Trübsalen heiter sein. Aber ein böses Gewissen ist immer voll Furcht und Unruhe. Nie wird es dir an einem sanften Ruhekissen fehlen / wenn dich dein Herz nicht straft. Suche keine Freude außer im Rechttun. Denn die Bösen haben keine wahre Freude und genießen nichts vom inneren Frieden. Kein Friede den Gottlosen / spricht der Herr. Und wenn sie es noch so oft sagen: O ja / wir haben Frieden / über uns kommt kein Übel / wer sollte es wagen dürfen / uns wehe zu tun? so glaube du ihnen nicht. Denn sieh / schnell bricht der Zorn des Herrn herein / und zunichte wird alles Tun des Gottlosen / und verloren auf immer sind alle ihre Anschläge. Wer die Liebe hat / wird es nicht schwer finden / sogar seiner Trübsal sich zu rühmen. Denn das heißt eigentlich / seinen Ruhm im Kreuze Christi suchen. Flüchtig und kurz ist alle Ehre / die Menschen voneinander nehmen und Menschen einander geben. Die Ehre der Welt hat immer Angst und Traurigkeit in ihrem Gefolge. Die Guten haben ihre Ehre in sich / in ihrem Gewissen / nicht außer sich / in dem Munde der Menschen. Die Gerechten freuen sich nur in Gott und um ihres Gottes wegen / sie haben ihre Lust an der Wahrheit. Wer die wahre / die unvergängliche Ehre sucht / der bekümmert sich nicht viel um die vergängliche. Und wer noch vergängliche Ehre sucht oder sie noch nicht von ganzem Herzen verschmäht / der beweist eben dadurch / daß ihm die unvergängliche Ehre noch nicht über alles lieb und teuer ist. Große Seelenruhe hat der / welcher weder die Lobsprüche noch die Schmähworte der Menschen sich nahe zu Herzen gehen läßt.

Wer ein reines Gewissen hat / der ist mit wenigem zufrieden und leicht zu begnügen. Du bist nicht besser / wenn man dich lobt / und nicht schlechter / wenn man dich lästert. Was du bist / das bist du / und alle Worte der Menschen können dich nicht größer reden / als du in dem Urteile Gottes wirklich bist. Wenn du nur darauf siehst / was du im Innern wirklich bist / so wird es nicht sonderlich dich kränken / was die Menschen von außen gern aus dir machten. Der Mensch sieht auf das Gesicht / Gott in das Herz. Der Mensch legt auf die Wage nur / was die Menschen tun; Gott hat eine Wage für die Absicht / welche die Menschen treibt / das zu tun / was sie wirklich tun. Immer recht zu tun vor Gottes Auge und doch gering in seinen eigenen zu sein / das ist der Prüfstein einer demütigen Seele. Wenn du keinen Trost mehr von den Geschöpfen dir holen magst / so ist das ein sicheres Zeichen / daß dein Herz große Lauterkeit / und deine Zuversicht bleibende Herrlichkeit in sich hat.

Wer kein Zeugnis von außen für sich aufsucht / der gibt zu verstehen / daß er ganz in die Hand Gottes sich gelegt habe. Denn nicht der ist ein bewährter Mann / der selber von sich gut spricht / sondern der / für den sein Gott gut spricht / der ist wahrhaftig gut / wie der heilige Paulus lehrt. Im Innern mit Gott freien Umgang zu haben und in diesem freien Umgang sich durch keine Neigung nach außen stören zu lassen / darin besteht das Leben des innerlichen Menschen.


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