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Geschichtliche Uebersicht,
mit Hinweis auf die bezüglichen Gedichte.

Die Sachsen wohnten in den frühesten Zeiten an der Nordsee in Schleswig und Jütland, in Holstein, Ditmarsen und Stomarn. ( Der Stamm der Sachsen. – Opferdienst.) Ein Theil derselben zog 449 unter Anführung Hengst's und Horsa's den Briten gegen die Picten und Scoten zu Hülfe und setzte sich in Britannien fest. ( Hengst und Horsa.) Die andern, in Deutschland verbliebenen, erhielten für geleisteten Beistand von den Franken einen Theil des aufgelösten Königreichs Thüringen: Die Länder über der Unstrut an der Elbe, welche sich bis ins Braunschweigische erstreckten und später mit dem Namen Ostphalen bezeichnet wurden. ( Hermanfried und Hathagast.) Ihre öftern Kriege gegen die Franken endeten mit ihrer völligen Unterwerfung durch Karl den Großen. Ihr letzter Heerführer war Wittekind der Große. ( Karl und die Sachsen. – Die Schlacht am Suntel. – Wittekinds Bekehrung. – Bonifacius in Libtitz.) –

Unter den fränkischen Königen behielt das Land der Sachsen seinen Namen und seine Gesetze, wurde aber von königlichen Statthaltern regiert. Mehrere Nachkommen Wittekind's wurden als Herzöge bestätigt, deren berühmtester, Heinrich I., der Sachse, von dem sterbenden König Konrad selbst vorgeschlagen, zum König der Deutschen gewählt wurde. Er führte gegen Sorben und Wenden erfolgreiche Kriege und gründete zur Abwehr derselben das Markgrafenthum Meißen. ( Mathildis. – Heinrich's Gruß an Hatto. – Belagerung von Gröningen. – Konrad's Vermächtniß. – Die Hunnenschlacht bei Merseburg. – Heinrich's Tod.) Nach seinem Tode, 936, übernahm sein Sohn Otto der Große die Regierung über alle sächsischen Lande. Dieser übergab, da er als Kaiser oft in Italien gegenwärtig sein mußte, den Theil der sächsischen Lande jenseit der Elbe seinem Günstlinge Hermann Billing als Herzogthum zum erblichen Besitze; die diesseit der Elbe gelegenen samt Thüringen behielt Otto für sich. Die herzogliche Würde bekleideten bis 1106 Herzöge aus dem billingschen Stamm, worauf Kaiser Heinrich V. den Grafen Lothar mit Sachsen belehnte, der aber 1125, zum römischen Kaiser gewählt, das Herzogthum seinem Schwiegersohn Heinrich von Baiern übergab; dieser wurde jedoch schon vom folgenden Kaiser Konrad in die Acht erklärt und seiner Länder beraubt. Indeß gelang es seinem Sohne Heinrich dem Löwen, vom Kaiser Friedrich 1154 das Herzogthum Sachsen wieder zu erlangen. Da er aber den Kaiser bei dessen verhängnißvollen Zügen in Italien nicht länger begleitete, und verläumderische Anklagen ihn bei Friedrich anschwärzten, er auch einer viermaligen Vorladung nicht Folge leistete, ward er in die Reichsacht erklärt und das Herzogthum Sachsen Bernhard von Askanien 1180 zuertheilt. ( Der Sachsen Rautenkranz.) Dieses bis dahin so große Herzogthum war sehr zerstückelt worden, so daß der neue Herzog fast nur das Lauenburgische erhielt. Er gründete die Stadt Wittenberg in der Nähe einer von seinem Vater angelegten Burgwarte und stiftete somit das Herzogthum, später Kurfürstenthum Sachsen-Wittenberg. Mit ihm begannen also die Herzoge von Sachsen aus der askanischen Linie, welcher Sachsen bis zum Tode Kurfürst Albrecht III., 1422, verblieb, das in diesem Jahre mit der Mark Meißen unter Markgraf Friedrich dem Streitbaren vereinigt wurde.

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Die erwähnten, von Heinrich I. eingesetzten Markgrafen von Meißen beginnen als geschichtlich erwiesen mit Riddag. Ihm folgten in ununterbrochener Reihe Markgrafen aus verschiedenen Häusern, von denen die Nachkommen Dietrich's von Buzici († 985 und soll von Wittekind abstammen), des Stammvaters der gräflich Wettin'schen Familie und mithin der jetzigen sächsischen Fürstenhäuser, die bemerkenswerthesten sind und Konrad der Große (1123-1156) sich dieses glorreichen Beinamens würdig zeigte. Er vergrößerte seine Besitzungen so, daß seine Länder die Grundlagen des Gebietes der jetzigen beiden Linien bilden. ( Konrad der Große. – Deutscher Sinn. – Der Mönch vom Petersberg. – Dietrich in Venedig. – Ludwig der Springer.) Ihm folgte sein ältester Sohn Otto, der sogenannte Reiche, in der Mark Meißen, welche durch Entdeckung der Silbergruben besondere Bedeutung erlangte. Er gründete die Leipziger Messe. Otto's ältester Sohn Albrecht der Stolze (1190-1195) starb, gleich seiner Gemahlin, vermuthlich an Gift auf Anstiften des Kaisers. Albrecht's ältester Bruder Dietrich, der wegen seiner Streitigkeiten um den Besitz seines Erbtheils den Beinamen » der Bedrängte« erhielt, gewann mit Hülfe des Landgrafen Hermann von Thüringen die von Heinrich VI. besetzten Länder seines verstorbenen Bruders wieder. Bei seinem Tode, der (1221) durch Gift herbeigeführt worden sein soll, fielen seine Länder dem jüngsten Sohne Heinrich dem Erlauchten zu, da seine beiden älteren Söhne sich dem geistlichen Stande gewidmet hatten. Heinrich war bei seines Vaters Tode erst drei Jahr alt und stand daher unter Vormundschaft bis 1230, wo er die Regierung selbst übernahm. Von einem Zuge, den er mit dem deutschen Ritterorden gegen die heidnischen Preußen unternahm, kehrte er ruhmgekrönt zurück und gelangte 1247, wo Landgraf Heinrich Raspe ohne Nachkommen starb, als Sohn der Schwester desselben, Jutta's, in den Besitz der Landgrafschaft Thüringen. ( Ludwig der Eiserne. – Elisabeth von Thüringen. – Die armen Mönche.) Heinrich's bewegtes Leben endete 1288 nach einer beinahe 70jährigen Regierung. Von seinen Söhnen ward Albrecht der Entartete Landgraf von Thüringen, und Dietrich Markgraf von Landsberg schon bei Lebzeiten ihres Vaters. Albrecht unterhielt mit Kunigunde von Eisenberg ein vertrautes Verhältniß und ging auf deren Plan ein, seine Gemahlin Margarethe ermorden zu lassen; die Ausführung ward indeß vereitelt, die Landgräfin entfloh von der Wartburg und zeichnete bei dem Abschied im Schmerz ihres Sohnes Wange. ( Friedrich der Gebissene.) Albrecht vermählte sich nach Margarethens Tode mit Kunigunde, mit der er bereits einen Sohn (Apitz) gezeugt hatte. – Dietrich von Landsberg erzog seine beiden Neffen Friedrich und Diezmann, die, herangewachsen, ihren Vater zu wiederholten Malen befehdeten, zumal Albrecht ihr Erbtheil zu Gunsten Apitzens schmälern wollte. Zwar kam es zum Vergleich, doch brachen die Feindseligkeiten bald von neuem aus, als Albrecht und seine Söhne einander den Besitz der erledigten meißner Lande streitig machten. Albrecht verkaufte an Adolf von Nassau, römischen König, Thüringen, und seine Ansprüche auf Meißen. Adolf fiel hierauf in Thüringen, und nach einem mißlungenen Versuch, Friedrich in Altenburg ermorden zu lassen, auch in Meißen verheerend ein, er mußte jedoch das Letztere bald wieder verlassen, da sich Herzog Albrecht von Oestreich zum Gegenkönig aufgeworfen hatte. Jetzt sammelten die beiden Brüder neue Kräfte zur Wiedererlangung ihrer Besitzungen, die ihnen durch Adolf's Tod sehr erleichtert wurde. Adolf's Nachfolger Albrecht ward 1307 im Altenburgischen geschlagen, und nach wiederhergestellter Ruhe suchten Friedrich und Diezmann die zerstörten Städte wieder aufzubauen. ( Schlacht bei Lucka. – Friedrich und sein Kind.) Doch noch im selben Jahre fiel Diezmann als ein Opfer des Meuchelmords. ( Diezmann's Tod.) Friedrich nahm nun Besitz von seines Bruders Landen, und durch den bald darauf erfolgten Tod Friedrichs des Kleinen gelangte er zur Herrschaft aller der Lande, welche sein Großvater Heinrich der Erlauchte besessen hatte. Sein Vater, Landgraf Albrecht, starb 1314 in der größten Dürftigkeit. Nach Besiegung seiner Feinde suchte Friedrich den innern Frieden seines Landes zu sichern und zerstörte die noch vorhandenen Raubschlösser in Thüringen. Einige Jahre vor seinem Tode, welcher 1324 erfolgte, ward er von Schwermuth und völliger Lähmung befallen, weshalb seine Gemahlin Elisabeth im Namen ihres 13jährigen Sohnes gemeinschaftlich mit Heinrich von Schwarzburg die Regierung führte. Friedrich II., der Ernsthafte, der nach seiner Mündigerklärung 1329 die Regierung übernahm, führte, den allgemeinen Landfrieden herzustellen bemüht, gegen die Erfurter, Treffurter und Andere siegreiche Kämpfe. Die ihm angetragene Königswürde schlug er aus, um bei der bereits erfolgten Wahl Karl's IV. seine Lande nicht neuen Unruhen preiszugeben, und ward dafür ansehnlich entschädigt. Nach ihm regierten seine Söhne Friedrich III. oder der Strenge, Balthasar und Wilhelm die Erbländer über 30 Jahre gemeinschaftlich in größter Eintracht. Friedrich verwaltete jedoch die Hauptgeschäfte und zahlte seinen Brüdern eine Jahresrente. Er erwarb sich das Lob der größten Pflichttreue und Tapferkeit. Seine Regierung zeichnet sich durch verschiedene Gebietsvergrößerungen aus. Er starb 1381 und hinterließ drei Söhne, Friedrich (den Streitbaren) Wilhelm und Georg; der Erstere erwarb, wie oben erwähnt, die Kurwürde.

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Friedrich der Streitbare, geb. 1369, erhielt bei der Theilung der wettinschen Lande nur einen Theil des Osterlandes, dessen übriges Gebiet seinen Brüdern Wilhelm II. und Georg zufiel, während deren Oheim Wilhelm I. die Mark Meißen, der andere Oheim Balthasar aber Thüringen erhielt. Als die beiden Letztem ihre Neffen Friedrich und Wilhelm II. (Georg war gestorben) von der Erbfolge ihrer Länder ausschließen wollten, wahrten diese ihre Rechte durch einen Vertrag. Friedrich hatte viele Fehden, focht im sogenannten Städtekriege gegen die heidnischen Litthauer, gegen König Wenzel für den Gegenkönig Ruprecht von der Pfalz, gegen die Burggrafen von Dohna, unterdrückte den Fleglerkrieg und bewies nicht nur im Kampfe Muth und Tapferkeit, sondern unterstützte auch die Wissenschaften. Er gründete 1409 die Universität Leipzig. Als Kaiser Sigismund zur Bekämpfung der Hussiten vor Prag rückte, verband sich Friedrich mit ihm. Auf das während dieser Unruhen durch den Tod Albrecht's III. aus dem askanischen Stamm erledigte Herzogthum Sachsen machten mehrere deutsche Fürsten Anspruch; allein Kaiser Sigismund belehnte Friedrich in Anerkennung seiner Verdienste als Nachfolger im Herzogthum und in der Kurwürde. ( Friedrich der Streitbare wird Kurfürst.) Durch den Tod seines Bruders Wilhelm fielen ihm dessen Länder zu. Der unglückliche Ausgang der in seiner Abwesenheit den Hussiten bei Außig gelieferten Schlacht erfüllte ihn mit tiefem Kummer und beschleunigte seinen Tod. ( Friedrich's des Streitbaren Ende.) Der älteste seiner vier Söhne, Friedrich der Sanftmüthige, folgte ihm in der Kurwürde.

Unter der Regierung Friedrich's II. oder des Sanftmüthigen setzten die Hussiten ihre gräßlichen Verwüstungen fort. Eine durch den Tod des Landgrafen Friedrich von Hessen veranlaßte Theilung der Länder desselben unter die beiden Brüder Friedrich den Sanftmüthigen und Wilhelm veranlaßte einen Krieg zwischen diesen, der unter dem Namen des Bruderkrieges bekannt ist ( Bürgertreue und der Brüder Aussöhnung.) und 1451 durch einen vertrauensvollen Vergleich beendigt wurde. Apel von Vitzthum, dessen Ränke Wilhelm hauptsächlich zu dem Kriege bewogen hatten, wurden seine unredlich erworbenen Besitzungen genommen und er mußte fliehen. In Folge der bei dem Friedensschluß getroffenen Verabredung sollte Jeder die eroberten Besitzungen wieder zurückgeben, und demgemäß wurde Kunz von Kauffungen, ein Vasall Friedrich's aufgefordert, die Güter, welche ihm der Kurfürst im Meißnischen als Entschädigung für seine im Kriege verwüsteten thüringischen Güter bis zur Wiedererlangung dieser gegeben, abzutreten. Da Kunz sich dem widersetzte, sollte ein Kriegsgericht entscheiden. Doch Kunz suchte sich durch den Raub der beiden Söhne des Kurfürsten, Ernst und Albrecht, selbst Recht zu verschaffen. ( Der Prinzenraub. – Albrecht der Beherzte. – St. Georgenzeche. – Albrecht in Lübeck.) Neun Jahre nach dieser schweren Prüfung (1464) beschloß Friedrich sein durch Menschlichkeit, Milde und Tapferkeit ausgezeichnetes Leben. Seiner Anordnung gemäß regierten Ernst und Albrecht anfangs die sämmtlichen Erblande gemeinschaftlich, das Herzogthum Sachsen aber und die Kurwürde behielt Ernst. Später, 1485, erhielt durch eine zu Leipzig vorgenommene Theilung Ernst Thüringen, Albrecht die meißnischen Lande. Somit entstand die ernestinische und die albertinische Linie. In die Zeit der Regierung Ernst's fällt die Entdeckung der Schneeberger Silberbergwerke, welche ihn in den Stand setzten durch Kauf seine Besitzungen zu vermehren. Er starb am 26. August 1486, am Jahrestage der Leipziger Theilung, und nach ihm regierten seine Söhne Friedrich (der Weise) und Johann (der Beständige), mit Ausnahme des Kurlandes, welches Ersterem allein verblieb, die übrigen ernestinischen Länder gemeinschaftlich in ungestörter Eintracht. ( Traum Friedrichs des Weisen. – Friedrich der Weise und sein Narr. – Der Ritt ins Kornfeld.) Friedrich III. oder der Weise hatte sich eifrigst mit den Studien beschäftigt: er wallfahrtete zum heiligen Grabe nach Palästina, führte mehrmals das Reichsvicariat und gründete die bald aufblühende Universität zu Wittenberg. Als man nach Maximilians I. Tode Friedrich die Kaiserkrone antrug, lehnte er sie unter weiser Berücksichtigung der Umstände und der ihm obliegenden Regentenpflichten ab. ( Friedrich erwählter Kaiser.) In die Zeit seiner Regierung fällt die durch Martin Luther bewirkte Kirchenreformation, die er, wenn auch anfänglich nicht aus religiöser Ueberzeugung begünstigte, doch durch den Schutz, den seine Gerechtigkeitsliebe Luthern gegen gewaltsame Maßregeln Seiten seiner Gegner angedeihen ließ, sehr förderte. ( Junker Jörg auf der Wartburg. – Friedrich und Erasmus.) Jedoch starb er (1525) als evangelischer Christ, indem er kurz vor seinem Tode sich das Abendmahl unter beiderlei Gestalt reichen ließ. Aufrichtige Frömmigkeit, Geduld in Leiden, Mäßigkeit, Großmuth und Sorge für die Armen werden als seine vorzüglichsten Tugenden gerühmt. Sein nachfolgender Bruder Johann der Standhafte zeichnete sich in mehrern Feldzügen durch Entschlossenheit und Thatkraft aus und unterstützte das Werk der Reformation eifrigst; nach Unterdrückung der Bauernunruhen führte er die gereinigte Lehre auch in seinen Landen ein und schloß mit mehreren evangelischen Fürsten zum Schutze der Reformation das Torgauer Bündniß. Er ließ auf den Rath Luthers eine Kirchenvisitation halten und verwendete die Klostergüter zu religiösen und milden Zwecken, betheiligte sich an dem von den evangelischen Fürsten gefaßten Plane zur Vertheidigung der neuangenommenen Lehre, an der Protestation gegen die Speier'schen Reichstagsbeschlüsse, und wohnte dem Reichstag bei, den Kaiser Karl V. 1530 nach Augsburg ausgeschrieben hatte. Hier bewies er dem Kaiser gegenüber seinen männlichen Muth, indem er sich durch keine Drohung einschüchtern ließ, alle Theilnahme an katholischen Processionen ablehnte und den Kaiser veranlaßte, die Vorlesung des Glaubensbekenntnisses der Evangelischen in deutscher Sprache zu bewilligen. Als Schutz- und Trutzbündniß schlossen die evangelischen Fürsten auf Anregung Johann's nebst 15 Reichsstädten den Schmalkaldischen Bund. Durch diese entschlossene Haltung kam der erste Nürnberger Religionsfriede zu Stande; wenige Tage nach Abschluß desselben starb Johann. Ihn zeichneten Wohlthätigkeit und strenge Rechtschaffenheit aus. ( Johann der Standhafte.) Sein ältester Sohn, Johann Friedrich der Großmüthige, war gleich jenem ein eifriger Anhänger der evangelischen Lehre. Sein Geist entwickelte sich so rasch und erfreulich, daß sein Vater ihn schon frühzeitig in Religions- und politischen Angelegenheiten mitwirken ließ. Seine Gemahlin Sybille bewies in Glück und Unglück Demuth und Standhaftigkeit. Schwer ward Johann Friedrich in dem sogenannten schmalkaldischen Bundeskriege heimgesucht. Herzog Moritz, sein Vetter, dem er für die Dauer seiner Abwesenheit sein Land zum Schutze gegen die katholischen Mächte übergeben, hatte sich insgeheim mit dem Kaiser verbunden, den Auftrag übernommen, an Johann Friedrich die Acht zu vollziehen, und demgemäß dessen Länder besetzt. Empört über diese Treulosigkeit, eilte Johann Friedrich zurück und eroberte seine Länder wieder. Während des einmonatlichen Waffenstillstandes, den er Moritz bewilligte, hatte dieser mit seinem Bruder August und König Ferdinand an der böhmischen Grenze Truppen zusammengezogen und sie mit denen des Kaisers vereinigt. Johann Friedrich wähnte sich so sicher, daß ihm das Anrücken der Feinde ganz unerwartet kam. Er verließ Meißen und lagerte sich mit einem kleinen Heere bei Mühlberg. Die Feinde setzten durch eine Furth über die Elbe, die Schlacht begann und sie endete mit der Auflösung des Heeres und mit der Gefangennehmung des Kurfürsten. ( Schlacht bei Mühlberg. – Johann Friedrichs Todesurtheil.) Seine Gefangenschaft währte fünf Jahre, und der unglückliche Fürst hatte während derselben manchen Hohn und manches Ungemach zu ertragen. ( Friedrich der Großmüthige im Gefängniß.) Die ihm entzogenen Länder nebst der Kurwürde übergab der Kaiser dem Herzog Moritz. Im Jahr 1552 erhielt Johann Friedrich seine Freiheit wieder und ward der Acht entbunden, jedoch nicht in seine alten Rechte eingesetzt. Er genoß die wiedererlangte Freiheit nicht lange; nachdem ihm sein treuer Freund Lucas Kranach und seine durch den Kummer gebeugte Gattin Sybille vorausgegangen war, starb er 1554. ( Lucas Kranach vor Karl V. – Die Gräfin von Rudolstadt.) Er war der letzte sächsische Kurfürst aus der ernestinischen Linie, mit Herzog Moritz ging sie auf die albertinische über.

Der Stammvater dieser Linie, Albert oder Albrecht der Beherzte, der jüngere Sohn Friedrich des Sanftmüthigen regierte wie bereits oben erwähnt, mit Ernst gemeinschaftlich 20 Jahre lang. Er kämpfte im Interesse Oestreichs gegen Karl von Burgund und Matthias von Ungarn, führte den Oberbefehl über die Reichsarmee gegen Matthias, focht gegen die Niederländer, bekämpfte die Provinzen Seeland, Friesland, Brabant und Geldern, wofür er vom Kaiser die Erbstatthalterschaft über Friesland erhielt. Seinem Sohn Heinrich, den er zum Vicestatthalter in Friesland eingesetzt hatte, zog er gegen die aufständischen Friesen zu Hülfe und befreite ihn. ( Die Eisenkette der Friesen.) Schon während der Belagerung von Gröningen erkrankt, starb er am 12. September 1500. Albrecht war eben so tapfer, als für die innere Wohlfahrt des Landes besorgt. In seine Zeit fällt der Bau der Albrechtsburg in Meißen, er legte den Grund zur Domkirche in Freiberg und ließ mehrere andere bedeutende Bauten ausführen. Herzog Georg (der Bärtige, auch der Reiche genannt), Albrechts älterer Sohn, regierte die ihm zugefallenen Landestheile selbstständig und übernahm bald auch Friesland, dessen sein jüngerer Bruder Heinrich überdrüssig war, wogegen er diesen nach des Vaters Vorherbestimmung durch die Aemter Freiberg und Wolkenstein und eine Jahresrente entschädigte. Aber auch Georg trat seine Rechte auf Friesland gegen eine Entschädigung an Oestreich ab. Er nahm persönlich thätigen Antheil an Unterdrückung der Bauernunruhen, trug zur Förderung der Universität Leipzig bei, befestigte und verschönerte Dresden und erbaute daselbst ein neues Residenzschloß. Unter seiner Regierung wurden die Evangelischen und die der lutherischen Ketzerei Verdächtigten heftig verfolgt. Er starb 1539. Sein Bruder Heinrich der Fromme, welcher ihm in der Regierung folgte, begünstigte die Reformation auf das wirksamste. ( Herzog Heinrich und die Bürger. – Heinrich in Versuchung.) Die feierliche Einführung derselben fand in Leipzig am Pfingstfeste 1539 statt, wo Luther die Predigt hielt, in Dresden kurz darauf; die übrigen Bewohner des Landes folgten dem Beispiele der Hauptstädte. Heinrich starb schon 1541, nachdem er seinem ältern Sohne Moritz den größten Theil der Regierungsgeschäfte übertragen hatte.

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Moritz, Heinrich's des Frommen ältester Sohn, geb. 1521, ward am Hofe seines Vetters, Johann Friedrich's des Großmüthigen mit den Urhebern der Reformation bekannt und dieser immer geneigter. Er vermählte sich mit Agnes, Tochter des Landgrafen Philipp von Hessen, zog gegen die Türken nach Ungarn, focht für Kaiser Karl gegen Franz I. von Frankreich und gegen den vertriebenen bis Wolfenbüttel wieder vorgedrungenen Heinrich von Braunschweig-Wolfenbüttel. In seinem Lande förderte er den Protestantismus, erhöhte die Einnahmen der Universität Leipzig und gründete die Fürsten- oder Landesschulen zu Pforta, Meißen und Merseburg, führte eine neue Kirchenordnung ein und befestigte Dresden, Leipzig und Pirna. – Durch seine enge Verbindung mit dem Kaiser hatte er bei den schmalkaldischen Bundesfürsten den Verdacht erregt, daß er es mit der Reformation nicht redlich meine, und dieser Verdacht ward noch vermehrt, als er vom Kaiser mit Vollziehung der über die Häupter des Bundes ausgesprochenen Acht beauftragt wurde. ( Kurfürst Moritz. – Die besten Pastoren.) Nach Erlangung der Kurwürde faßte Moritz den Plan zum Sturze des immer übermüthiger auftretenden Kaisers und zur Rettung der bürgerlichen und religiösen Freiheit, den er ebenso thatkräftig als klug vollführte. Er verzögerte absichtlich die ihm übertragene Belagerung von Magdeburg, über welches der Kaiser die Acht ausgesprochen hatte, und zog, nachdem dieser ihm die erbetene Freilassung seines Schwiegervaters, des Landgrafen Philipp von Hessen, nicht bewilligt hatte, vor Augsburg, das sich ihm ergab, drang immer weiter vor, erfocht den Sieg bei der Ehrenberger Clause und marschirte gegen Innsbruck, wo der gichtkranke Kaiser sich aufhielt. Letzterer floh bei der Kunde von dem Herannahen der Feinde nach Kärnthen. Moritz hielt seinen Einzug in Innsbruck. Durch den am 2. August 1552 abgeschlossenen Vertrag von Passau erhielten die beiden gefangenen Fürsten Johann Friedrich und Philipp die Freiheit, und der Letztere gelangte auch wieder in den Besitz seiner Lande, die Truppen sollten bis zum 12. August entlassen, durch einen in sechs Monaten einzuberufenden Reichstag die kirchlichen Angelegenheiten geordnet werden, bis zur völligen Entscheidung des Streites aber vollständiger Friede zwischen den Ständen alten und neuen Glaubens sein. So hatte denn Moritzens Muth und Umsicht bewirkt, was seit dreißig Jahren vergebens angestrebt worden war, und Freiheit des Glaubens und bürgerliche Gleichheit der Protestanten mit den Katholiken vermittelt. Er söhnte sich mit dem Kaiser wieder aus und führte ein zahlreiches sächsisches Heer nach Ungarn zur Unterstützung König Ferdinand's, des Bruders Karl's V. Jetzt brach für Moritz der letzte Kampf an. Mit dem Passauer Vertrage unzufrieden, hatte Markgraf Albrecht von Brandenburg ihn und das verbündete Heer verlassen, setzte in Baiern den Raubkrieg fort und ging zu dem Kaiser über; er fiel sodann in Thüringen ein, wendete sich aber plötzlich nach Niedersachsen. Moritz schloß mit Ferdinand und andern Fürsten einen Bund, folgte Albrecht nach Niedersachsen und lieferte ihm bei dem Dorfe Sievershausen am 9. Juli 1553 eine Schlacht, in welcher Albrecht geschlagen ward, Moritz aber meuchlings seinen Tod fand. Er starb am 11. Juli. ( Schlacht bei Sievershausen.) Sein Bruder August, 1526 geb., eilte bei der Nachricht von seines Bruders Tode aus Dänemark zurück und ließ sich zu Dresden huldigen. Die Aufgabe, welche dem Kurfürsten, der bald den Namen »Vater August« erhielt, bei der bedenklichen Lage des Landes gestellt war, löste derselbe auf die erfreulichste Weise, und seine fromme, thätige Gemahlin stand ihm würdig zur Seite. Er glänzt als Gesetzgeber, Staatswirth und Beförderer der Wissenschaften und Künste, der Industrie und des Handels, begründete die Dresdner Bibliothek, das grüne Gewölbe, die Kunst- und Rüstkammer u. s. w.; Augustusburg, Annaburg, die Festungswerke von Königstein und Dresden, das Zeughaus u. s. w. verdanken ihm ihre Entstehung. ( August auf dem Winterberge.) Als Johann Friedrich II. ( der Mittlere), welcher auf Anstiften Wilhelm's von Grumbach die seinem Vater entrissene Kur wieder zu gewinnen beabsichtigte, in die Acht erklärt worden, ward August die Vollstreckung derselben übertragen und er erhielt für die Kriegskosten mehrere Ländergebiete. Ueberhaupt benutzte er die Gelegenheit, wo sie sich bot, um neue Erwerbungen zu machen, wenn deren Besitz auch erst seinen Nachkommen gesichert wurde. Gegen die Krypto-Calvinisten verfuhr er mit äußerster Strenge. Unter seiner Regierung (1562) verbreitete Barbara Uttmann das Spitzenklöppeln im Erzgebirge. ( Barbara Uttmann.) Am 1. October 1585 ward seine Gattin ein Opfer der Pest, er selbst aber starb am 11. Februar 1586, sechs Wochen nach seiner zweiten Vermählung, nachdem er 1584 seinen Sohn Christian zum Mitregenten angenommen hatte. Außer diesem überlebten ihn von 15 Kindern nur noch drei Töchter. Die sechsthalb Jahre währende Regierung Christian's I. ist, abgesehen von den Religionsstreitigkeiten, durch keine Ereignisse von Bedeutung ausgezeichnet. Da der Kurfürst wegen seiner kränklichen Constitution sich nicht sehr um Regierungsgeschäfte kümmerte, hatte sein Kanzler Crell, heimlicher Calvinist, dieselben in die Hand genommen, ward aber, seine Gewalt mißbrauchend, unter der nach dem Tode Christian's (1591) folgenden Regierung enthauptet. Der mündig gewordene Christian II. übernahm 1601 die Regierung. Er war ein eifriger Anhänger der augsburgischen Confession. Seine auf die Herzogthümer Jülich, Cleve und Berg, die Grafschaften Mark und Ravensberg und die Herrschaft Ravenstein nach Aussterben des herzoglichen Stammes jener Länder erhobenen Ansprüche konnte er gegen andere Bewerber nicht durchsetzen und erhielt nur Titel und Wappen jener Lande. Der 1608 gegründeten »Union« protestantischer Fürsten, welcher sich im nächsten Jahre die katholische »Liga« entgegenstellte, trat er nicht bei. Christian verschied 1611, und sein Bruder Johann Georg I. übernahm die Kurwürde. Auch er trat der »Union« nicht bei. Im Jahre 1617 ordnete er eine Feier des ersten Reformationsjubiläums an. Schon 1618 brach der für Sachsen so unheilvolle dreißigjährige Krieg aus. Johann Georg ergriff für Kaiser Ferdinand Partei, unterwarf die beiden Lausitzen und Schlesien, erkannte aber bald, daß er sich in Ferdinand, der nach der Schlacht am weißen Berge bei Prag mit Härte gegen die Böhmen verfuhr und die größten Gewaltthätigkeiten gegen die Protestanten verübte, sehr getäuscht habe. Johann Georg trat seiner Willkür entgegen, und der Kaiser stellte das gute Einvernehmen auf kurze Zeit dadurch her, daß er dem Kurfürsten für seine im Kriege aufgewendeten Kosten die beiden Lausitzen als Unterpfand gab, ihm auch die Anwartschaft auf die Grafschaften Hanau und Schwarzburg verlieh. Namentlich das berüchtigte Restitutionsedict (1629), nach welchem die Protestanten alle nach dem Passauer Vertrage eingezogenen Stiftungen und Kirchengüter zurückgeben sollten, bewog Johann Georg, welcher am 25-27. Juni 1630 in seinen Landen die erste Säcularfeier der Uebergabe der augsburgischen Confession hatte begehen lassen, den Anmaßungen des Kaisers entschieden entgegen zu treten. Nach mehrern fruchtlosen Protestationen faßten die protestantischen Stände auf einem 1631 zu Leipzig abgehaltenen Convent den Beschluß, den Kaiser zur Zurücknahme des Edicts nöthigenfalls zu zwingen. Obschon Johann Georg anfangs sich nicht mit dem an der Küste Pommerns gelandeten schwedischen König Gustav Adolf verbünden wollte, entschloß er sich doch zuletzt dazu, worauf sich die sächsische Armee mit der schwedischen zu Düben bei Leipzig vereinigte. Jetzt, nach dem Abfall des Kurfürsten vom Kaiser, fiel Tilly verheerend in Sachsen ein, und ward am 7. September 1631 in der Schlacht bei Breitenfeld geschlagen. Die Sachsen siegten in Böhmen und nahmen Besitz von demselben, wurden aber durch Wallenstein, der nach Tilly's Tod den Oberbefehl erhalten hatte, wieder daraus vertrieben, worauf sie sich nach der Lausitz und nach Schlesien wandten. Nachdem die Generale Holk und Gallas im Voigtlande und Erzgebirge gehaust und, mit Wallenstein's Armee verbunden, Leipzig zur Uebergabe genöthigt hatten, kam es am 6. November 1632 zur Schlacht bei Lützen, wohin auf Bitten des Kurfürsten, dessen Truppen in Schlesien fochten, Gustav Adolf, der sich gegen die Donau gewendet hatte, und der in Franken stehende Herzog Bernhard von Weimar zurückgeeilt waren. ( Bernhard von Weimar. – Johann Ernst von Weimar. – Ernst der Fromme.) Durch diese Schlacht ward Sachsen gerettet, doch der Sieg wurde mit dem Leben des schwedischen Heldenkönigs bezahlt. Nur ungern hatte Johann Georg die Einmischung Fremder in die deutschen Angelegenheiten ertragen, und die für die Schweden unglückliche Schlacht bei Nördlingen brachte seinen Entschluß zur Reife, sich von den Schweden zu trennen. Er wünschte den Verwüstungen des Vaterlandes ein Ziel zu setzen, und schloß mit dem Kaiser am 30. Mai 1635 zu Prag einen Separatfrieden, nach welchem das Restitutionsedict als aufgehoben zu betrachten war, der Kurfürst aber die Ober- und die Niederlausitz (das Markgrafthum Lausitz) nunmehr erblich erhielt. Am 24. Juni 1635 ward in den sächsischen Kirchen das Friedensfest gefeiert. Die Fürsten, welche den Frieden unterzeichneten, übernahmen die Verpflichtung, zur Unterdrückung der Schweden hinzuwirken, und da Letztere durch das Anerbieten einer Entschädigung nicht dazu vermocht werden konnten, den Krieg in Deutschland aufzugeben, mußte man zu den Waffen greifen. Zehn Jahre lang verübten die durch den angeblichen Treubruch des Kurfürsten erbitterten Schweden die schrecklichsten Greuel im Sachsenlande unter Banner und Torstenson. Sie siegten abermals bei Breitenfeld und bekamen Leipzig in ihre Gewalt. In dieser Zeit der Drangsal bewogen endlich den Kurfürsten die dringenden Bitten seiner Söhne und Unterthanen, zu Kötzschenbroda mit den Schweden auf sechs Monate einen Waffenstillstand zu schließen, der dann bis zum westphälischen Frieden verlängert ward. Der am 24. October 1648 zwischen den Schweden und Oestreichern zu Osnabrück in Westphalen abgeschlossene und deshalb der westphälische genannte Friede endete den Krieg, der 30 Jahre lang Deutschland verheert hatte. Allein Sachsen hielt das Dank- und Friedensfest erst am 22. Juli 1650, nachdem es zuvor eine Contribution von 267,107 Thalern entrichtet hatte. – ( Georg I. auf dem Todtenbett.)

Auf Johann Georg I. folgte 1656 dessen ältester Sohn Johann Georg II., der viele heilsame Gesetze gab und manche nützliche Einrichtungen traf, Ackerbau und Industrie beförderte und den verwüsteten Städten wieder aufhalf. Den reichen Ertrag der Bergwerke verwendete er zur Ausführung vieler Bauwerke; gleich seinem Vater war er ein großer Freund der Jagd, aber im Gegensatz zu demselben sehr prachtliebend. Er verordnete die alljährliche Feier des Reformationsfestes. ( Georg II. und sein Page. – Christian Thomasius.) Im Jahre 1680 folgte ihm sein einziger Sohn Johann Georg III., der schon frühzeitig Vorliebe für ritterliche Uebungen zeigte und sich in mehreren Feldzügen, wie im Reichskriege gegen Ludwig XIV. und gegen die Wien bedrohenden Türken, tapfer bewies. Auch in Morea kämpften die in Folge eines mit dem Dogen von Venedig geschlossenen Vertrags dahin gesandten Sachsen mit großer Tapferkeit gegen die Türken. Johann Georg IV. nahm an den Feldzügen seines Vaters Theil, dem er 1691 in der Regierung folgte. Er besaß geistige Gewandtheit und Kraft und wirkte durch manche Veränderungen im Post- und Münzwesen wohlthätig auf den Handel ein. Nach einer dreijährigen Regierung starb er an den Blattern. Friedrich August I. oder der Starke, sein Bruder, auf welchen nun die Kurwürde überging, verbreitete durch seine Reisen, welche seinen Geschmack ausbildeten und den Grund zu seiner Prachtliebe legten, den Ruf seiner Schönheit, Stärke, Gewandtheit und Liebenswürdigkeit in ferne Länder. Wie seinen Vater den »sächsischen Mars«, so hieß man ihn den »sächsischen Herkules«. ( August der Starke vor der Schmiede. – Der Teufel geht um.) Er nahm an mehreren Feldzügen seines Vaters Theil, und vermählte sich mit Christiane Eberhardine von Baireuth (wegen ihrer Frömmigkeit »die Betsäule von Sachsen« genannt). In dem Türkenkriege (1695) führte er den Oberbefehl, legte ihn aber bald nieder. Durch den Einfluß des Kaisers und durch Aufwendung bedeutender Summen brachte er es dahin, daß er als August II. zum König von Polen ausgerufen ward, nachdem er, um seine Wahl möglich zu machen, zur katholischen Kirche übergetreten war, wobei er jedoch erklärte, daß dieser Schritt rein persönlicher Natur sei und daß Niemand in seinem Gewissen beschwert werden solle. Die Kosten, welche die Erhaltung der polnischen Krone erheischte, veranlaßten erhöhte Steuern und Veräußerungen mehrerer kurfürstlichen Besitzungen und Rechte. Das Versprechen, welches der Kurfürst den Polen gegeben, die vom polnischen Reiche abgetrennten Theile demselben wieder zu vereinigen, verwickelte ihn in Kämpfe, welche auf den Kurstaat Sachsen höchst verderblich wirkten. Nach dem Kriege gegen die Türkei kämpfte er gegen den schwedischen König Karl XII. um Livland; trotz der Tapferkeit der Sachsen aber ging es ihm verloren, Karl drang in Polen selbst siegreich vor und nach manchen Wechselfällen des Krieges war Friedrich August genöthigt, mit Karl, welcher in das von Truppen entblößte Sachsen eingefallen war, durch Commissarien zu Altranstädt am 24. September 1706 einen Frieden abzuschließen, den er nach seiner Rückkehr in Leipzig am 19. Januar 1707 eigenhändig unterzeichnete. In Folge dieses Friedens mußte er der polnischen Krone entsagen und mehrere drückende Verpflichtungen übernehmen. Die Schweden blieben bis zum Herbst in Sachsen und legten diesem Lande dadurch schwere Opfer auf. Friedrich August versuchte, sich die polnische Krone wieder zu erkämpfen und ward nach dem plötzlichen Falle Karl's XII. von dessen Schwester und Nachfolgerin Ulrike Eleonore 1719 als König von Polen anerkannt, er mußte jedoch den Polen urkundlich zusichern, daß ihnen nach seinem Tode die freie Wahl seines Nachfolgers verbliebe. Hinsichtlich der übertriebenen Prunksucht, die am Hofe und bei den Festen Friedrich August's herrschte, sind uns manche Schilderungen aufbewahrt. Doch wirkte seine Regierung durch heilsame Einrichtungen und Verbesserungen auch wohlthätig für sein Stammland, viele seiner Bauten und angehäuften Kunstschätze sind noch jetzt die Zierde Dresdens. In seine Regierung fällt die 1709 durch Böttger gemachte Erfindung des Porzellans. ( Joh. Friedrich Böttger.) Der Kurfürst starb in Polen am 1. Februar 1733. Sein in der Lehre des evangelischen Bekenntnisses erzogener Sohn war bereits 1712 zu Bologna zur katholischen Religion übergetreten, und seitdem ist diese Confession die des sächsisch-albertinischen Regentenhauses geblieben. Von Oestreich und Rußland unterstützt, errang sich Friedrich August II. die polnische Königskrone als August III. Nach einigen Jahren des Friedens ward er namentlich durch die unheilvolle Politik seines allwaltenden Premierministers Grafen von Brühl in die durch die östreichischen Erbfolgestreitigkeiten veranlaßten drei schlesischen Kriege verwickelt. Der erste derselben begann 1741 und endete im folgenden Jahre durch den Frieden zu Berlin; der zweite währte von 1744-1746, wo nach der blutigen Schlacht bei Kesselsdorf der Friede zu Dresden zwischen Preußen und Sachsen geschlossen wurde; vorzüglich aber der dritte schlesische oder sogenannte siebenjährige Krieg, 1756-1763, brachte Schrecken und Noth über Sachsen. ( Soldatentreue.) Schlachten und Bombardements rafften Tausende von Menschen hin und verwüsteten Städte und Dörfer, die Felder blieben unbebaut, Handel und Verkehr war gelähmt, die Sittlichkeit untergraben, den Besiegten wurden unerschwingliche Contributionen auferlegt, und Noth und Theurung steigerten das Elend auf den höchsten Grad. Endlich am 31. März 1763 ward, nachdem am 15. Februar der Hubertusburger Friede geschlossen worden, das Friedensfest in Sachsen gefeiert. Mitten in seinen Bestrebungen, nach diesen Drangsalen den gesunkenen Wohlstand des Landes durch zweckmäßige Einrichtungen wieder zu heben, ereilte Friedrich August II. der Tod am 5. October 1763. Unter seiner Regierung lebten viele berühmte Männer: Gellert, Oeser, Lessing, Bach, Silbermann, Neuberin, Zinzendorf, u. A.; er erbaute die katholische Hofkirche zu Dresden. Die Regierung seines Sohnes und Nachfolgers Friedrich Christian, deren Anfang vielversprechend war, dauerte nur zehn Wochen, und für den noch minderjährigen Kronprinzen übernahm dessen Oheim Prinz Xaver die Regierung, welche 1768 Friedrich August, der Gerechte, selbst antrat.

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Unter der Regierung des vielseitig gebildeten, durch Sitteneinfachheit sich auszeichnenden Friedrich August, der den Beinamen der Gerechte erhielt, wurde das Finanzwesen, die Justizpflege, die Landwirthschaft verbessert, der Volksunterricht gefördert, Lehranstalten wurden gegründet oder erweitert, die Industrie unterstützt und der Handel gehoben. In den Theurungsjahren 1772 und 1805 bewies sich die Fürsorge des Landesherrn durch weise Verordnungen und durch Unterstützungen. Ein in Bezug auf die oberlehnsherrlichen Rechte über die drei schönburgischen Receßherrschaften zwischen Oestreich und Sachsen entstandener Streit, bei welchem Friedrich August seine Executionstruppen vor den einrückenden Oestreichern zurückzog, ward 1779 durch den Frieden zu Teschen, welcher den schlachtenlosen bairischen Erbfolgekrieg, den sogenannten Kartoffelkrieg, beendete, erledigt. Im folgenden Jahre fiel die Grafschaft Mansfeld an Sachsen. Friedrich August verwaltete das Reichsvicariat zweimal, nach dem Tode Joseph's II. und Leopold's, lehnte aber die ihm angetragene Krone von Polen ab. Den 1790 entstandenen Bauernaufruhr dämpfte er fast ohne alles Blutvergießen. Er betheiligte sich nicht an der 1791 zu Pillnitz zwischen Kaiser Leopold II. und Friedrich Wilhelm II. von Preußen stattfindenden Zusammenkunft, bei welcher die gegen die französische Republik zu ergreifenden Maaßregeln besprochen wurden; stellte aber 1793 beim Ausbruch des Reichskrieges ein Reichscontingent von 6000 Mann; die sächsischen Truppen nahmen an den Feldzügen von 1703-1796 rühmlichen Antheil, in welchem letztern Jahre zu Erlangen ein Waffenstillstands- und Neutralitätsvertrag geschlossen wurde. Im Jahre 1806 schloß sich Friedrich August an Preußen an, durch die Schlacht bei Jena und Auerstädt aber (16. October 1806) in welcher 6000 Sachsen in französische Gefangenschaft geriethen, ward er vom Kaiser Napoleon genöthigt, seine Truppen von Preußen abzurufen und in den Rheinbund einzutreten. Bei dem auf dem Vaterlande lastenden Drucke war der Kurfürst darauf bedacht, die Noth der Einwohner durch mannhafte Unterstützungen aus eignen Mitteln zu lindern. Der Posener Friede bestimmte, daß der Kurfürst von Sachsen Mitglied des Rheinbundes werden, den Königstitel annehmen, den Katholiken und Protestanten in Ausübung des Gottesdienstes, wie in bürgerlicher und politischer Hinsicht gleiche Rechte gewähren und gegen Abtretung eines Landstrichs zwischen Erfurt und Eichsfelde den cottbusser Kreis erhalten sollte. Am 20. December 1805 ward Friedrich August als König von Sachsen ausgerufen, nachdem das Haus Wettin 400 Jahre lang die Kurwürde bekleidet hatte. Auf die Aufforderung Napoleon's ließ der König 6000 Mann seiner Truppen zum französischen Heere stoßen, um mit diesem vereint Preußen zu bekämpfen, und durch den Tilsiter Frieden ward er erblicher und souveräner Herzog des neugebildeten Herzogthums Warschau. Im Jahre 1809 nahmen Sachsen an Napoleon's Siege in der Schlacht bei Wagram Theil, welcher der Friede von Wien folgte, durch den das Herzogthum Warschau noch einen Zuwachs erhielt. In dem verhängnißvollen Feldzuge Napoleon's gegen Rußland 1812 fochten sechs sächsische Regimenter und theilten die Gefahren und gräßlichen Leiden der Hauptarmee. Nach dem für Napoleon so unglücklichen Ausgange des Krieges suchte der König einen engern Anschluß an Oestreich zu bewirken und ließ sich nicht durch Preußens Drohungen bewegen, dessen Aufrufen an die deutsche Nation Folge zu leisten. Noch war die Uebereinkunft mit Oestreich nicht unterzeichnet, als Napoleon in den Schlachten bei Groß-Görschen (Lützen) und bei Wurschen (Bautzen) siegte und Sachsen wieder in die Gewalt der Franzosen fiel. Am 12. Mai war der König auf das Verlangen Napoleons von Prag, wo er während der Verhandlungen mit Oestreich weilte, nach Dresden zurückgekehrt. Die Hauptarmee der verbündeten Mächte Rußland, Preußen und Oestreich war über Böhmen nach Sachsen gedrungen, Napoleon eilte aus Schlesien zurück und zog nach der Schlacht bei Dresden als Sieger in diese Stadt ein. Friedrich August folgte nebst seiner Gemahlin dem Hauptquartier der französischen Armee, welche nach Leipzig marschirte, wo am 16., 17. und 18. October die große Völkerschlacht geschlagen wurde, welche Napoleon's Macht fast gänzlich vernichtete. Auf den von Napoleon gemachten Vorschlag, ihm nach Weißenfels zu folgen, von wo aus er Unterhandlungen mit den verbündeten Mächten einleiten wollte, erwiderte der König, er sei entschlossen, das Schicksal seines Volkes zu theilen. Am 19. October drangen die Verbündeten in Leipzig ein, Kaiser Alexander erklärte den König zu seinem Gefangenen, und Letzterem nebst dessen Gemahlin und Tochter ward erst das Schloß zu Berlin, dann Friedrichsfelde als Aufenthalt angewiesen, bis er 1815 auf Veranlassung des Kaisers von Oestreich zu Presburg in Ungarn wohnte, am 7. Juni desselben Jahres aber mit seiner Familie (seine Brüder hatten sich nach Prag begeben) zu seinem geliebten Volke zurückkehrte. Während der Gefangenschaft des Königs stand Sachsen unter russischem Gouvernement; 1814 übertrug Fürst von Repnin das Generalgouvernement an Preußen, indem er bekannt machte, daß Sachsen den preußischen Landen werde einverleibt werden. Friedrich August ertrug sein Mißgeschick mit Fassung und erhielt, trotz der Verpönung, vielfache Beweise der Anhänglichkeit und Liebe seines Volkes. Auf dem Wiener Congreß (October 1814) ward der größere Theil Sachsens, 373 Quadratmeilen mit 845,000 Einwohnern, unter dem Namen »Herzogthum Sachsen« Preußen zuerkannt, das Herzogthum Warschau aber zwischen Rußland und Preußen getheilt. Nach der Rückkehr Napoleons von Elba schickte der König gegen denselben ein Heer nach Frankreich, es nahm jedoch nicht am Kampfe Theil, da die Schlacht bei Waterloo bereits das Schicksal Napoleons entschieden hatte. Er ließ die deutsche Bundesacte in seinem Namen unterzeichnen und trat dem vom Kaiser Alexander gestifteten heiligen Bunde bei. Seine Regierung zeichnet sich durch viele Verbesserungen im Post- und Forstwesen, durch nützliche Einrichtungen in Bezug auf Ackerbau und Gewerbe aus. Nachdem er sein fünfzigjähriges Regierungs- und Ehejubiläum gefeiert, beschloß er sein erfahrungreiches Leben am 5. Mai 1827.

Zur selben Zeit regierte in den ernestinischen Landen der berühmte Großherzog Karl August von Weimar († l828), der als Beschützer der Wissenschaften und Künste Weimar zu einem deutschen Athen erhob. ( Karl August, Großherzog von Weimar.)

König Anton, der Gütige, begann seine Regierung im Geiste seines verewigten Bruders; im Gebiete der Gesetzgebung ward das Wohl des Landes sorgfältig beachtet, das Finanzwesen verbessert, dem öffentlichen Unterricht ernste Beachtung geschenkt. Im Jahre 1830 brachen an mehreren Orten Sachsens Unruhen aus; der König ernannte nach Verzichtleistung seines Bruders Maximilian am 13. September dessen ältern Sohn Friedrich August zum Mitregenten und verlieh gemeinschaftlich mit diesem am 4. September 1831 dem Lande eine Constitution, und nun folgte eine Reihe wichtiger, heilsamer Veränderungen im Staatsleben. Anton der Gütige verschied am 6. Juni 1836, und Friedrich August übernahm die Regierung allein. Eine sorgfältige Erziehung hatte die herrlichen Anlagen des Prinzen in erfreulicher Weise ausgebildet, und schon frühzeitig ward er durch seinen Oheim in das Praktische des Staatslebens und in die Kriegskunst eingeweiht; seiner Vorliebe für die militairische Laufbahn folgend, entschloß er sich nach Napoleons Rückkehr von Elba, zu dessen Bekämpfung mit seinem Bruder Clemens nach Frankreich zu gehen, wo er jedoch nicht Gelegenheit fand, am Kampfe selbst Theil zu nehmen. Mehrere Reisen in fremde Länder bildeten seinen Kunstsinn und gaben seiner Vorliebe für die Naturwissenschaften, namentlich für Botanik, reichliche Befriedigung. Auf einer mit seinen Brüdern Clemens und Johann unternommenen Reise erfuhr er den Schmerz, den Ersteren zu Pisa durch den Tod zu verlieren, wie er später den Verlust zweier Schwestern, der Königin von Spanien und der Großherzogin von Toskana, betrauerte. Er vermählte sich das erste Mal 1819 mit der Erzherzogin Caroline von Oestreich, welche nach vieljährigen körperlichen Leiden 1832 starb, das zweite Mal 1833 mit der Prinzessin Maria von Baiern, welche mit edlem Eifer sich der Armen und Bedrängten annahm und durch Gründung und Beförderung vieler Wohlthätigkeitsanstalten sich ein bleibendes Andenken in den Herzen der Sachsen gesichert hat. Wie Friedrich August als Mitregent seit 1831 segensreich für die Entwickelung des Staatslebens thätig war, so verdankt Sachsen ihm als König Friedrich August II. seit 1836 die gedeihlichsten Veränderungen in der Gesetzgebung und in den Staatseinrichtungen. Im Jahre 1838 unternahm er eine Reise nach Istrien, Dalmatien und Montenegro, und als er 1844 von einer nach England und Schottland gemachten Reise zurückkehrte, sprach sich die Liebe des Volkes durch festlichen Empfang unverkennbar aus. So regierte der milde Fürst zwölf Jahre lang, von Allen verehrt und geliebt, als 1848 die in Frankreich ausgebrochene Revolution auch in Sachsen nachhallte und unlautere Elemente an verschiedenen Orten Sachsens Wühlereien und Unruhen erregt hatten, welche, nachdem von der in Frankfurt zusammengetretenen Nationalversammlung eine deutsche Reichsverfassung beschlossen, aber von der sächsischen, wie von mehreren anderen Regierungen nicht anerkannt worden war, am 3. Mai 1849 im Dresdner Aufstande zur offenen Rebellion wurden. Auch in Leipzig ward ein Aufstand versucht. Der Aufruhr zu Dresden, bei dessen Ausbruch der König sich auf den Königstein begeben hatte, ward durch sächsisches Militair und preußische Hülfstruppen gedämpft, welche Letztern in Anspruch genommen wurden, weil ein großer Theil der sächsischen Armee in Schleswig-Holstein gegen Dänemark kämpfte. Die traurige Erfahrung jener Tage erfüllte das Herz des edlen Fürsten, der später, wie schon 1830, gegen die Verirrten und Verführten die größte Milde walten ließ, mit dem tiefsten Schmerze. Die Ruhe und Ordnung war wieder hergestellt, und das Land hoffte, sein Fürst, der seinen Sachsen 1831 mit den Worten entgegenkam: »Vertrauen erweckt wieder Vertrauen«, und den man in Erinnerung an jene Worte gar wohl den Vertrauenden nennen könnte, werde noch lange regieren und in der Liebe seiner Treuen jene trübe Zeit mehr und mehr vergessen; da ward er auf einer Reise in Tyrol durch einen Sturz aus dem Wagen und durch den Schlag eines Pferdes so gefährlich verletzt, daß er am 9. August 1854 im Gasthause bei Brennbüchel starb; die Leiche ward in der katholischen Kirche zu Dresden beigesetzt. ( Bei dem Tode Friedrich August II., Königs von Sachsen.)

Im Jahre 1853 verlor die ernestinische Linie durch den Tod ein Mitglied in dem Großherzog Karl Friedrich von Weimar, welchem am 8. Juli desselben Jahres sein Sohn, Se. königl. Hoheit der Erbgroßherzog Karl Alexander, in der Regierung folgte.

Der dahingeschiedene Friedrich August II. ward von seinem Volke aufrichtig betrauert. Sein Andenken wird bei den künftigen Geschlechtern fortleben. Am 10. August 1854 übernahm Se. königl. Hoheit Prinz Johann die Regierung des gesammten Königreiches Sachsen vermöge des nach der verfassungsmäßigen Erbfolge an ihn geschehenen Anfalls der Krone.

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Anmerkungen eingearbeitet. joe_ebc für Projekt Gutenberg-DE

 


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