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(1181)
Umwölbt von grünen Hallen
      
 Im duftigen Bosket
      
 Hielt unter den Vasallen
      
 Der Kaiser das Banket.
      
 Kernvolle Sprüche flossen
      
 Begeisternd wie der Wein:
      
 Der Reichstag war geschlossen
      
 Zu Würzburg an dem Main.
Wie Flagg' an Flagg' im Hafen
      
 Ein Siegerschiff umweht:
      
 Umreihten Herrn und Grafen
      
 Des Rothbarts Majestät. 
      
 Vertauscht ward Erz und Leder
      
 Mit Seid' und goldnem Glanz,
      
 Es ziert statt Helm und Feder
      
 Ihr Haupt ein leichter Kranz.
Dem Kreis der hohen Ritter
      
 Blieb nur der Welfe fern,
      
 Der Leuchtthurm im Gewitter,
      
 Braunschweigs gewalt'ger Stern.
      
 Zu bändigen sein Wachsen
      
 Hat kaiserliche Macht
      
 Heinrich den Leu'n von Sachsen
      
 Erklärt in Reichesacht.
Es irrte scheu indessen
      
 Das weiße Roß umher,
      
 Das einst der Leu besessen,
      
 Erfaßte gern der Bär.
      
 Was Anhalts Graf ersehnte,
      
 Heut krönt es seinen Ruhm,
      
 Da Friedrich ihn belehnte
      
 Mit Sachsens Herzogthum.
Im Schatten der Kastanien
      
 Kann nun des Mahls sich freun
      
 Der Bernhard von Askanien,
      
 Der Erbe von dem Leu'n. 
      
 Doch theilt er nicht das Scherzen,
      
 Er sitzt gedankenschwer,
      
 Als hätt' er auf dem Herzen
      
 Ein Wünschlein oder mehr.
Der Kaiser ruft von drüben
      
 Ihm endlich lachend zu:
      
 »Was will euch doch betrüben,
      
 Herzog! wo drückt der Schuh?«
      
 Der schweigt, doch von den Zweigen
      
 Nimmt seinen Schild er dann,
      
 Sich nahend mit Verneigen
      
 Spricht er den Kaiser an:
»Du gabst mir Herr voll Gnaden
      
 Der Sachsen Herzogshut,
      
 Nun mach' auch noch den Schaden
      
 In meinem Wappen gut:
      
Ein Roß und viele Knappen,
      
 Viel Brüder und 
      ein Schild!
      
 Gib, Herr, ein neues Wappen
      
 Dem neuen Stamm als Bild!«
Der Kaiser, der vor Schwüle
      
 Von manchem derben Zug
      
 Ein Kränzlein frisch und kühle
      
 Um seine Schläfe trug, 
      
 Nahm's rasch von seinen Locken
      
 Und warf es gnädigmild
      
 Dem Herzog, süßerschrocken,
      
 Quer über's Wappenschild:
»Getrost! – will nicht mehr klappen
      
 Des weißen Rosses Huf?
      
 Der sorgt auch für ein Wappen,
      
 Der dich zum Herzog schuf.
      
 Dein Stamm mag blühn und wachsen
      
 In immergrünem Glanz:
      
 Im Schilde trag' von Sachsen
      
 Des Kaisers Rautenkranz!«