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Kurfürst Friedrich der Weise.

(1486-1525)

Friedrich und sein Narr.

Auf einem Stuhl von Sammt gestreckt,
Die Tafel war just abgedeckt,
Lag ganz behaglich Hofnarr Klaus
Und zehrt im Geiste noch vom Schmaus.
Da trat ein Hofmann keck ihn an:

»Wie geht's, Herr Tischrath Lobesan?
Sprich, hält der Kurfürst jetzt noch Ruh?«

Scheel dreht sich Klaus dem Höfling zu:
»Willst doch ein kluger Mann sein, Graf,
Und fragst mich, ob der Fürst im Schlaf?
Wenn er dies thät ganz ungescheut,
Wer wachte dann für Land und Leut'!
Ein Fürst darf keine Ruh sich gönnen
Auf daß wir Faulen schlafen können.«

Der Hofherr schilt den lust'gen Helden,
Und läßt sich stracks dem Fürsten melden.
Es kehrt der Narr und schmunzelt fein:
»Zwei Stiefeln Hofluft, tretet ein!«

Der Graf, sich vor dem Kurfürst beugend,
Die tiefste Demuth ihm bezeugend,
Schwatzt viel von Reich und Regiment,
All' was ihm auf dem Herzen brennt.
Meint auch nach vielem Hin und Her,
Daß es am End' weit besser wär',
Wenn Seine Hoheit sonder Weilen
Das Land thät mit dem Bruder theilen.

Der Kurfürst hört ihn lang' geduldig,
Doch bleibt er ihm die Antwort schuldig,
Ruft seinen Narren Klaus herein
Und weiht ihn in den Vorschlag ein.
Dann spricht er ruhig: »Narr, wie nun:
Gib deinen Rath, was soll ich thun?«

Der stützt sich schmunzelnd auf den Stock:
»Gevatter, gib mir deinen Rock,
Und zwar den liebsten!«
»»Wol, es sei!«« –

Flugs schnitt der Narr den Rock entzwei
In gleiche Hälften; nimmt die Ein',
Kriecht mit dem einen Arm hinein
Und stellt vor seinen Herrn sich hin.
Der fragt: »»Was soll der Tollheit Sinn?««
Und deutet ihn zur Thür hinaus.
Doch unerschrocken lächelt Klaus:
»Gevatter! laß in Ruh den Stock!
Wie mir ansteht der halbe Rock,
So, Fritz, wird dir es auch anstehn,
Willst du zur Ländertheilung gehn!« –

Der Kurfürst, seltsam überrascht,
Welch wahres Wort der Narr erhascht,
Nickt freundlich ihm: »Du Narr hast Recht!
In einem Lande steht es schlecht,
Woselbst der Fürst ist nur ein Kind,
Hat Räth', die unerfahren sind.
Mein und des theuren Bruders Land
Hält ein Gott wohlgefällig Band!

Wie man's zu trennen sich befleißt,
Nur fester wird's, statt daß es reißt.
Johanns Begehr und Friedrichs Rath
Ist ein Befehl und eine That.
Ein schön Ding ist's, sagt Gottes Wort,
Wenn Brüder eins sind fort und fort.
– Graf! sucht mit Rath ihr beizustehn,
Müßt ihr beim Narren zur Schule gehn!«



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