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Lukas Kranach
vor Kaiser Karl V.

Lucas Kranach der Aeltere war einer der geschicktesten Maler seiner Zeit. Zu Kranach in Franken 1472 geb. war sein eigentlicher Name Müller, nach Andern Sunder, er nannte sich aber immer nach seinem Geburtsorte. In Sachsen fühlte er sich heimisch, woselbst er auch zuerst den Kunstsinn geweckt hat; schon Kurfürst Friedrich der Weise zog diesen edlen Mann wegen seiner Kunst und Tugend 1493 an seinen Hof, ernannte ihn zum Hofmaler und zum Begleiter auf seinen Reisen. Diese Gunst stieg unter Johann dem Beständigen, und erreichte ihre Höhe unter Johann Friedrich dem Großmüthigen, Kranach war dessen Freund und Liebling. Er lebte zu Wittemberg als geachteter Bürger, und ward 1537 zum Bürgermeister erhoben. Als der Kurfürst Johann Friedrich aus seiner fünfjährigen Gefangenschaft, wohin ihn Kranach treu begleitet hatte, in seine Länder zurück reiste, saß Kranach bei ihm im Wagen, und folgte seinem Herrn nach Weimar; blieb auch von da an beständig bei ihm. Der alte Lucas starb zu Weimar 1553 im Alter von 81 Jahren.

(1547)

Noch lagert vor Wittenberg unheilschwer
Der Kaiser mit seinem spanischen Heer;
Noch hielt er Sachsens Fürsten gefangen,
Deß Todesgeschick er herzlos verhangen:
Aus dem Kaiserzelt schritten, die Stirne kraus,
Cleve's und Brandenburgs Fürsten heraus,
Ueber Johann Friedrichs Urtheil betreten
Hatten sie Gnade vom Kaiser erbeten,
Doch trotz aller Bitten und Worte Macht
Karls finstern Sinn nicht zur Milde gebracht.

Da begegnen sie einem schlichten Greis,
Dem unter den Locken silberweiß
So lebensvoll blitzt des Auges Stern:
Er zieht sein Barettlein vor den Herrn,
Und lenkt, als wär' er im Lager bekannt,
Den Schritt zum Kaiserzelt unverwandt.
Hier hält ihn ein Hellbardier: »Wohin?«
»»Zur Majestät!«« –

»Wer seid Ihr?« –
»»Ich bin
Ein Maler und Wittenbergs Bürgermeister.««
Barsch fragt ihn der Spanier drauf: »Wie heißt er?«
»»Lukas Kranach meldet dem Kaiser an.««

Stracks geht und kehrt der trotzige Mann:
»Folgt mir!« –
Der greise Maler schreitet
Ins Zelt, vom Hellbardier begleitet
Und vor ihm lächelnden Angesichts steht
Im Kriegsschmuck des Kaisers Majestät:

»Willkommen Lukas! was führt Dich zu mir?
Traf lange Jahr' nicht zusammen mit Dir.
Doch einte mich Dir ein geistiges Band,
Ein köstlich Gemälde von Deiner Hand,
Dein gefangner Kurfürst schenkt' es zur Feier
Des Reichstags mir voreinst zu Speier;
Auch in Mecheln hängt von Dir ein Bild,
Mein Conterfei ist's als Bürschlein wild. –
Wie alt wol war ich, als Du mich gemalt? –«

»Acht Jahr!« entgegnet freudumstrahlt
Der greise Meister frommgeneigt;
Die Hoffnung seiner Wünsche steigt,
Ihm dringt das Blut zum Herzen schier,
Daß er zur guten Stunde hier,
Ermuthigt schildert drum sein Geist
Die Zeit in flotten Strichen dreist:

»Acht Jahr wart ihr, als Kaiser Max
Euch führt', ein Knäblein zart wie Wachs,
Als er euch sorgsam unterwies,
Von den Niederlanden euch huld'gen ließ.
Der hohe Feuergeist ergoß
Schon damals sich in Mechelns Schloß,
Wie ich begann euch abzureißen,
Wollt' mich der treusten Kunst befleißen:
Hat stetig Eure Majestät
Bald rechts, bald links den Kopf gedreht.
Ich traf euch nicht beim besten Willen,
Versucht umsonst euern Sinn zu stillen.
Da half mir endlich ein Gebot
Eures Herrn Präceptors aus der Noth,
Der kannt' Eurer Majestät Behagen
An einem Pfeil, aus Gold geschlagen,
Den ließ er Eurer Lust zum Besten
Genüber an die Wand befesten.
Und sieh – kaum glänzte das goldne Ding,
Als fest daran euer Auge hing
Und so lang blieb drauf hingewendet,
Bis ich das Conterfei vollendet!« –

Den Kaiser erfreute der Jugendschwank,
Er lachte dem Meister lauten Dank,
Drückte des herzigen Alten Hand,
Und sprach dann, mild zu ihm gewandt:

»Lukas! magst eine Gnade begehren,
Sprich, und ich will sie dir gewähren!«

Das Kaiserwort, so sanft gesprochen,
Hat es des Meisters Muth gebrochen?
Stier blickt er vor sich, wie versteint,
Kaum weiß er, was er hört und meint;
Unschlüssig, mit sich selbst im Kampf,
Knittert er das Barett im Krampf;
Dann streicht er die Stirn, und zittert auf,
Den Thränen läßt er freien Lauf
Und mit dem Ruf: »Jetzt oder nie!«
Stürzt er vor Karl auf seine Knie:

»Großmächtigster! ich bitte dich
Um eine Gnade – nicht für mich –
Für meinen lieben, gnädigen Herrn,
Böt' für ihn selbst das Leben gern.
Dem Unglückseligen verzeih',
Gib Sachsens Kurfürst Friedrich frei!«

Der Kaiser, sonst nur von Stolz erregt,
Ward von dem Alten tief bewegt:
»Steh auf! steh auf! Gehör Dir zu leihn,
Will dem Gefangnen ich gnädig sein!«

Karl sprach's und zog aus dem nahen Schrank
Einen Silberteller schwer und blank,
Füllt ihn mit ungrischen Dukaten:
»Nimm dies als Lohn der Künstlerthaten!«

Doch Kranach nahm nur bescheidnen Theil
Und sprach: »Im Golde ruht nicht mein Heil!
Auf Erden bedarf ich deß nicht mehr viel,
Nur drunten zu ruhen ist jetzt mein Ziel.
Laßt mich bei meinem Kurfürsten weilen,
Den Kerker mit ihm, das Grab mit ihm theilen,
Und all meine Wünsche sind erfüllt!«

Der Alte schwieg, das Auge thränumhüllt.
Der Kaiser sah ihn verwundert an,
Dann seufzt er tief: »Du braver Mann!
Solch ehernen Muthes edle Kraft
Versüßt selbst die Gefangenschaft.
Geh! folg' nach Insspruck deinem Herrn!

O hätt' ich, so wahrer Liebe Kern,
Ein einzig Herz nur im ganzen Reich
An Treue Dir, Lukas Kranach, gleich!«



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