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Kurfürst Friedrich der Sanftmüthige.

(1428-1464)

Bürgertreue.

(1446)

Was furchtbar der streitbare Friedrich geahnt,
Als herzlich die Söhn' er sterbend ermahnt,
Ging auf als blutiger Bruderkampf,
Schon lagen die Dörfer in Schutt und Dampf.
Im Schloßhof zu Weimar klirrt Wilhelms Sporn,
Thüringen erzittert vor seinem Zorn,
Durchs Osterland scholl ängstlich der Schrei:
Mit Feuer und Schwert zieht der Herzog herbei!

Als Kurfürst Friedrich die Kunde hört,
Befiehlt er zu Freiberg wuthempört,
Die Stadt soll der Pflicht gegen Wilhelm entsagen,
Mit der Mannschaft auf seine Seite sich schlagen,
Wer sich widersetzt mit frevlem Muth,
Der soll es verbüßen mit Gut und Blut.

Da erhob in der Bergstadt sich große Noth,
Die Rathsherrn erschreckte des Fürsten Gebot.
Unschlüssig und jeglicher Mahnung taub
Zitterten sie alle wie Espenlaub,
Und eh sie zu einem Beschluß noch erstarkt,
Hielt schon der Kurfürst auf offnem Markt.

Der Bürgermeister, ein würdiger Greis,
Trat ruhig in den versammelten Kreis;
Nahm das Käpplein von dem silbernen Haar
Und sprach:
»Vertraut dem Herrn in Gefahr!
Holt eure Sterbekleider herbei,
Barhäuptig folgt mir, je zwei und zwei;
Euer Niclas Weller schreitet voran,
Gott schütz' uns auf der betretnen Bahn!«

Nach dem Markt geht der Zug in schweigendem Harm,
Entblößten Hauptes, das Sterbhemd am Arm;
Sie nahen dem Fürsten, der stattlich zu Roß
Inmitten ragt aus dem Rittertroß.
Die Bürger knien mit trübem Gesicht,
Und der standhafte Weller tritt vor und spricht:
»Gehorsam gebührt dem Landesherrn,
Und was wir ihm schulden, wir leisten es gern.
Doch ist uns allen, o Kurfürst, bekannt,
Sanftmüthig wirst Du vom Volk ja genannt,
Daß Du nur verlangst, was Recht ist und Pflicht, –
Auf die härteste Probe stell' heut uns nicht!
Des Bürgers, des Bauers Marter ist
Hochfürstlicher Brüder unheilvoller Zwist.
Gott geb', daß er Alles zum besten lenkt,
Den Dämon Verleumdung zur Hölle versenkt.
Durch heiligen Eidschwur verpflichtet sind wir
Dem Herzog Wilhelm so gut wie Dir.
Drum bitten, o Herr, um Gnade wir jetzt,
Nicht sei das Gewissen im Busen verletzt.
Wir opfern dir Ehre, Leben und Gut,
Nur gegen den Bruder vergieße kein Blut.
Doch Kurfürst hältst Du hartnäckig Gericht,
Die Schmach überleben die Bürger nicht –
Ich selbst bin der Erste – der kalt sich Dir stellt,
Deß weißes Haupt unterm Schwerte fällt!«

Der Rathsherr schweigt – und Alles harrt stumm –
Kaum hebt ein Athem sich rings herum.
Das Wort bringt den Fürsten aus seiner Ruh,
Er lenkt den Rappen dem Alten zu,
Klopft ihm die Schulter und spricht ganz weich:
»Nicht Kopf weg, Alter! Kopf weg nicht gleich!
Solch redliche Männer braucht länger das Land,
Die heilig achten ein heiliges Band!« –



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