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Wittekind's Bekehrung.

(785)

Die frohe Weihnacht ward gefeiert im Lager Karl's bei Bardewick,
Im Zelte kniet' die Schaar der Christen, zum Kreuze hob sich fromm ihr Blick.
Auf Melodieenwogen schwammen die Seelen, wundersam erhellt,
Da schlich sich vom Gesang gezogen in Bettlertracht ein Heid' in's Zelt.

Erstaunt sieht er den großen Kaiser sammt seiner Edelinge Schaar
Von einem Lichtermeer umflutet demüthig knien am Hochaltar,
Daraus im Bild die Jungfrau lächelt, das Christuskind auf ihrem Schooß,
Das diese Welt der Sünd' erlöste mit seinem Blute sündelos.
Der Heide starrt wie angefesselt ins Göttliche des Knabenblicks,
Er liest im goldnen Glorienscheine den Ruhm des künftigen Geschicks.
Der schöne Knabe lebt und winket: »O komm, und Du sollst selig sein!« –
Nichts hält den Heiden mehr, verzücket schreit er: »Der Wittekind ist Dein
Der Bischof hält im heilgen Amte, die Beter schrecken plötzlich auf,
Nach jenem irren Bettler wendet sich jedes Aug' im scheuen Lauf;
Der aber reißt von seiner Schulter das ärmliche Gewand geschwind,
Und glänzend sich zum Kaiser wendend tritt er, der Herzog Wittekind:
»Du hast besiegt mit Deinem Glauben den Geist, den nie Dein Schwert gebeugt,
Was nie ein Riesenheer von Streitern, ein Wunder hat es heut erzeugt.
So nimm mich in die Schaar der Christen, der alte Groll – er sei verbannt,
Und Wittekind, Dir Treue schwörend, sei Bruder nun von Karl genannt.«
Drauf Karl vertrauenvollen Blickes: »Sei Freund mir denn zu jeder Frist,
Was all der Heid' an mir verschuldet, vergessen läßt es mich der Christ;
Und wie die Taufe Dich entsündigt, die Seele lauter strahlt und mild,
So wandle sich zum weißen Rosse des Sachsenrosses schwarzes Bild!«

Karl reicht die Hand ihm zur Versöhnung und führt ihn zu dem Hochaltar,
Wo Priesterhand die Häupter weihte dem treu verbund'nen Heldenpaar:
Zwei Riesengeister, deren einer sich Reich' und Kronen unterjocht,
Der andre, groß im Stolz der Freiheit, die Freiheit seines Volks verfocht.



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