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Ludwig der Eiserne.

Landgraf von Thüringen

(1150)

Ludwig in der Schmiede.

In der Ruhla verfolgt den flüchtigen Hirsch
Der Graf auf schäumendem Rosse,
In das dickste Gehölz verlockt ihn das Wild
Und trennt ihn vom säumenden Trosse.

Sein Jagdhorn klingt durch die reifige Nacht,
Trostlos verhallt's in den Winden;
Kalt schneidet die Luft – irr' kreuzet der Graf,
Ein schirmendes Obdach zu finden.

Da sprüht aus dem Busch eine flackernde Glut,
Hoch stieben die Funken, die hellen;
Der Landgraf spornt nach der Schmiede das Roß
Und hält vor dem ruß'gen Gesellen:

»Gott grüße dich Schmied!« – »»Euch gleichfalls Herr!
Was bringt denn den nächtigen Gast mir?««
»Ich hab' mich verirrt auf der Fährte des Wilds,
Drum bitt' ich, gönnt Herberg und Rast mir!« –

»»Wer seid ihr Kumpan?«« – »Eine redliche Haut!
Bin Jäger am Hofe des Grafen!«
Drob schneidet der Schmied ihm ein saures Gesicht:
»Da seid ihr im saubersten Hafen!

»Pfui Ludwig dem Herrn! dieser Puppe von Wachs,
Diesem Milchbart fürstlichen Standes!
Vom Adel genarrt wie ein läppisches Kind,
Ueberhört er den Nothschrei des Landes!«

Ein jegliches Wort bekräftigt der Schmied
Mit amboßerschütterndem Hammer,
Als schmiedet' er stracks in den glühenden Stahl
Des Herzens ausströmenden Jammer.

Der Landgraf schweigt, da kehrt sich der Schmied:
»Nicht will ich die Rast dir versagen;
Im Schuppen ist Heu für dich und dein Roß,
So laß denn die Nacht dir behagen!« –

Der Landgraf ruht auf der knisternden Streu,
Doch flieht den Erschrocknen der Schlummer,
Bald wirft er sich links, bald wirft er sich rechts,
Wach hält ihn der quälende Kummer:

»So wär' ich verkannt denn, so würd' ich gehaßt
Von den biedersten Herzen im Lande,
Verrathen vom Trug des erlauchtesten Stands, –
Wie tilg' ich, wie räch' ich die Schande!«

Da horch! – laut dröhnt ein rauher Gesang
In des Hammertacts donnernde Weisen:
» Landgraf, werde hart! – Landgraf, werde hart!
O! Ludwig, werde wie Eisen!

»Unmännlicher Herr, was stellst du dich nicht
Dem gepeinigten Volke zum Schutze?
Die Räthe des Reichs, frech schaffen sie – weh!
Des Landmanns Schweiß sich zu Nutze!

»Indessen der Fürst und das Jägergefolg
Die Eber erlegen und Lüchse,
Treibt lachend die Schaar der geadelten Herrn
In die Beutel die goldenen Füchse!

»Uns spannt in den Pflug der geißelnde Voigt,
Wir müssen ihn tränken und speisen!
Landgraf, werde hart! – Landgraf, werde hart! –
O Ludwig, werde wie Eisen!« –

So erhob durch die Nacht der Schmied den Gesang
Und schwang den aufdröhnenden Hammer,
Als schmiedet' er selbst in das fürstliche Herz
Des Herzens ausströmenden Jammer.

Und jeglicher Schlag und jegliches Wort
Ging Ludwig tief zu Gemüthe,
Daß plötzlich sein Haupt, von Gedanken erhitzt,
Wie das Eisen des Schmiedes erglühte. –

Kaum dämmert der Tag, dankt Ludwig dem Wirth,
Im Nu dann sitzt er zu Rosse;
Er spornt es seitab, und jagt im Galopp
Nach Neuenburgs heimischem Schlosse.

Noch klang ihm im Ohr bei jeglichem Schritt
Der Tact des gewaltigen Liedes;
Sein jugendlich Herz war eisern zu Nacht
Geschmiedet vom Hammer des Schmiedes.



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