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Ludwig der Springer,
Landgraf von Thüringen.

Er war der älteste Sohn des Grafen Ludwig des Bärtigen. Geb. 1042, ein unternehmender thätiger Fürst. Erbauer der Wartburg und der Städte Eisenach und Freiburg. – Die allgemeinbekannte Sage des kühnen Sprunges, der für unmöglich gehalten wird, ist wahrscheinlich nur eine Erfindung der Kerkerwächter, die entweder bestochen oder überlistet waren, und dadurch einer Verantwortung entgehen wollten. Ludwig starb als Mönch zu Reinhardtsbrunn 1123.

Die Wartburg.

(1067 gegründet.)

Rings über mir der Himmel blau und kühl,
Und hier ein Fensterkreuz mit trüben Scheiben,
Tief in dem Thal der Menschen bunt Gewühl, –
Auf diesem Mauervorsprung will ich bleiben.

O Landgraf Ludwig! welche heilge Lust,
Als du verirrt durch einer Hindin Fährte
Den Berg erklommst, entzückte deine Brust:
Du sahst das Paradies der deutschen Erde.

Laut riefst du aus: » Wart' Berg! bei meiner Treu!
Du sollst die allerschönste Burg mir geben!«
Und trotzig ließest du der Ritter Scheu
Die Wartburg sich als Riesenburg erheben.

Dem Blick entsteigt hier alter Größe Macht
Und die Natur in ihrer reichsten Fülle,
Fern ragt der Bergeswände blaue Pracht,
Umwallt vom Lichtglanz ros'ger Wolkenhülle.

Die Ströme glitzern durch der Straße Staub,
Thüringens schöngeformte Silberschlüssel,
Und rothe Dächer lachen aus dem Laub,
Erdbeeren gleich auf blättergrüner Schüssel.

Doch all dies Schöne tritt mir jetzt zurück
Vor deiner Hoheit, königliche Zinne,
Markstein auf kolossalem Felsenstück,
Bekränzt von Ritterthum und Sängerminne.

Ich seh auf deiner Schwelle braunem Moos
Mit goldnem Flügel sich die Sage wiegen,
Und aus des Burggemäuers ödem Schoos
Den finstern Geist des Mittelalters fliegen.



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